Leseprobe
I. Einleitung:
Weltfrieden, sprich ein Leben ohne Krieg, das klingt reißerisch und ist zugleich auch sehnlichster Wunsch des Großteils der Menschen. Vollbringung dieser Wunschvorstellung durch Demokratie und die damit verbundene Demokratisierung? Demokratie („Volksherrschaft“) ist eine Herr- schaftsform, die besondere Ansprüche stellt - an die Regierenden, aber ebenso an das Volk (Souve- rän). Was Demokratie ist und das Verständnis darüber, welchen Nutzen sie hat, hat sich im Laufe der Zeit vertieft und in ein anderes Licht gerückt. Von Demokratie darf gesprochen werden, wenn allgemeines und gleiches Wahlrecht, Meinungs-, Presse-, Rundfunk-, Vereins-, Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit, sowie Grundrechte jedes Einzelnen gegenüber dem Staat, -als Staat gilt „diejenige menschliche Gemeinschaft, welche innerhalb eines bestimmten Gebietes das Monopol legitimer physischer Gewaltsamkeit für sich (mit Erfolg) beansprucht“ (Weber 1956: 8)-, gegenüber gesellschaftlichen Gruppen (besonders Religionsgemeinschaften) und gegenüber anderen Einzelpersonen garantiert sind. Ferner noch sollte eine Gewaltenteilung im Sinne von John Locke und Montesqieu (Riklin 1989: 420ff ) vorherrschen, um der Machtkonzentration und der staatlichen Willkür entgegenzuwirken.
Der Glaube daran, die Herrschaftsform stehe in Relation zu Frieden, geht schon auf die frühen demokratietheoretischen Ansätze zurück, „neben anderen Rousseau und vor allem der Abbé de St. Pierre“ (Geis 2001: 282). Die Vereinigten Staaten von Amerika haben sich diese Denkweise in ihrem außenpolitischen Handeln besonders zu Herzen genommen, als Wegbereiter der Schaffung eines „weltweiten Demokratie-Monopols“, durch militärische Einsätze, Invasion und Intervention, um Nicht-Demokratien zu „befrieden“ (Kuntz 2007: 31-64).
II. Kriegsursachen und Definitionsproblem Frieden
Auslöser für Konflikte mit kriegerischen Handlungen sind individuell, auf der Mikro-Ebene: räumliche Enge, Aggression und kulturelle Verarmung. Möchte man nach einer gesellschaftlichen Ordnung nach Erklärung suchen, dann fallen schnell Begriffe wie Kapitalismus, Herrschaftsbeziehungen, Modernisierung, Desintegration und Feindbilder.
Hinzu kommen intergesellschaftliche, globale Gründe: anarchisches Verhalten des internationalen Staatensystems, „strukturelle Gewalt“ (Galtung 1975: 60) und Bedrohung.
Will man begreifen, was Frieden eigentlich ist, kann man zwischen zwei Punkten unterscheiden: negatives und positives Verständnis von Frieden. Vom „negativen Friedensbegriff“ ist die Rede, wenn -einfach ausgedrückt-, Frieden als Abwesenheit von Krieg herrscht (Fehlen direkter Gewalt). Der „positive Friedensbegriff“ meint die Präsenz sozialer Gerechtigkeit, Einhaltung der Grundrechte und Fehlen von „struktureller Gewalt“ (Galtung 1975: 84-88). Als Kritik ist anzumerken, dass der positive Friedensbegriff zur Ausübung von direkter Gewalt zwischen Staaten (Irak-Krieg) geführt hat.
III. „Volksherrschaft“ - Frieden für alle?
„Volksherrschaft“ bedeutet Herrschaft des Volkes, Herrschaft durch das Volk und vor allem Herrschaft für das Volk. Das stellt die Bedingungen, dass die Herrschenden Beauftragte / Vertreter des „Volkes“ sein müssen, dass das „Volk“ selbst herrscht und das die Herrschaft im Interesse und in seinem Wohl erfolgt. Die „Volksherrschaft“ oder Demokratie ist also besonders anspruchsvoll. Da stellen sich simple Fragen: Wer ist das „Volk“? Und wie weit reicht diese „Herrschaft“? Demokratie als vorausgesetzte politische Kultur, Prägung der gesamten Gesellschaft, gesonderte Lebensform und geschriebene Verfassung löste besonders in den 1970ern Streit aus, zwischen historischdialektisch, bzw. materialistischen ausgerichteten Politikwissenschaftlern und dem Vertreter des normativen Politikbegriffes, Wilhelm Hennis . Den Anfang nahm hierbei die Ansicht, ob Demokratie überhaupt noch nach klassischem Politikverständnis definiert werden kann oder sie mittlerweile schon zu sehr von wirtschaftlichen Zielen voreingenommen ist.
Wilhelm Hennis unterteilt in a) „Politik I“ (klassisch) und b) „Politik II“(modern):
a) Hier wird die Meinung vertreten, dass Ethik und Tugend, Verantwortung und Verfassungsmäßigkeit den zentralen Begriff der Politik im klassischen (aristotelischen) Sinne darstellt. Polis und oikos werden strikt getrennt, die politische Herrschaft solle eine Selbstherrschaft sein, mit dem Zweck, das gute Leben und das politische Handeln des Bürgers zu sichern. Der Staat erfüllt hier nur eine daseinsvorsorgende Aufgabe (subsidiär). Es herrschen Freie über Freie und die politische Herrschaft unterscheidet sich klar von anderen Herrschaften. Rahmenbedingung: eine feste sittliche Grundlage (nach ethischen Vorstellungen), die die Gattung Mensch sichert.
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