Der Fall EADS: Der Airbus

Beleg für den Erfolg der europäischen Industriepolitik?


Hausarbeit, 2010

28 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

2. GRUNDLAGEN
2.1. EADS
2.2. Airbus
2.3. Europäische Industriepolitik

3. GESCHICHTE

4. ZIELE VON AIRBUS

5. KALIBRIERUNGSMODELL NACH KLEPPER
5.1. Flugzeugbau - Charakteristika
5.2. Modell
5.2.1. Basisfall
5.2.2. Wohlfahrtseffekte
5.2.3. Subventionen

6. MARKT
6.1. Marktdaten
6.1.1. Auslieferungen (2009)
6.1.2. Bestellungen (2009)
6.1.3. Umsatz (2009)
6.1.4. Interpretation
6.2. Barrieren

7. AKTUELLE SITUATION
7.1. Subventionen
7.2. Standorte
7.3. Entwicklung anderer Länder

8. FAZIT

9. LITERATURVERZEICHNIS

1. Einleitung

Der Aufbau und die Etablierung eines europäischen Flugzeugbauers scheint ein gutes Beispiel für die europäische Industriepolitik darzustellen. Mit dem Unternehmen Airbus ist es den europäischen Regierungen gelungen der amerikanischen Konkurrenz Marktanteile abzunehmen und ein Prestigeobjekt in der Öffentlichkeit zu erschaffen.

Kaum eine andere Branche hatte es bislang geschafft einen Handelskrieg zwischen der EU und den USA zu schüren. Demnach stellt sich die Frage, ob das Unternehmen Airbus und der Mutterkonzern EADS wirklich ein Erfolg sind oder ob der Erfolg von der Politik und den Medien propagiert wird, um weitere Projekte ohne öffentlichen Widerstand zu subventionieren. Denn gerade der Erhalt und der Aufbau von Arbeitsplätzen ist von Politikern ein beliebtes Mittel, um die Öffentlichkeit zu weiteren Subventionen zu bewegen.

Das Ziel dieser Hausarbeit wird es im Folgenden sein, die Frage zu beantworten ob Airbus wirklich ein Erfolg ist, also die zu Anfang gesetzten Ziele erfolgreich umgesetzt hat und ob die investierten Subventionen sich tatsächlich rentiert haben. Der erste Teil dieser Hausarbeit beschäftigt sich mit den Grundlagen, in welchen die europäische Industriepolitik erläutert wird, und die Unternehmen EADS und Airbus in aller Kürze vorgestellt werden. Das Kapitel über die Geschichte von Airbus verdeutlicht die Bedeutung des Unternehmens für die europäischen Regierungen und wie viele Subventionen bereits in das den Flugzeugbauer Airbus investiert wurden. Der zweite Teil beschäftigt sich zuerst mit dem Kalibrierungsmodell von Gernot Klepper, mit welchem die weltweite Entwicklung der Wohlfahrtseffekte bei Markteintritt von Airbus aufgezeigt wird und welches die logische Erklärung liefert, ob sich Subventionen lohnen. Im Anschluss daran wird die Marktsituation im Jahr 2009 betrachtet und mit den Ergebnissen von Gernot Kleppers Kalibrierungsmodell verglichen.

In Abgrenzung wird nicht näher auf ähnlichen Marktmodellen, wie das von Gernot Klepper, eingehen, da dies den Rahmen dieser Hausarbeit übersteigen würde.

2. Grundlagen

2.1. EADS

Das Unternehmen EADS wurde unter dem Namen European Aeronautic Defence and Space Company N.V. in den Niederlanden gegründet und ist in Frankreich, Deutschland und Spanien an den Börsen notiert. Bei EADS arbeiten 118.000 Mitarbeiter (Stand 2008)[1]. Der Umsatz betrug im Jahr 2009 42,8 Milliarden Euro[2] [3]. Zu den Produkten gehören der Bau von Flugzeugen, Hubschraubern, Träger-Raketen, Lenkkörper, Satelliten, Avionik und Elektronik.

2.2. Airbus

Airbus ist seit 2006 vollständig ein Tochterunternehmen der EADS N.V. und baut sowohl zivile als auch militärische Flugzeuge. Das Unternehmen wurde 1970 unter dem Namen 'Airbus Industrie GIE' gegründet als ein multinationales Unternehmen der Länder Frankreich, Deutschland und Großbritannien. Der Umsatz betrug 2009 circa 28 Milliarden Euro. Weltweit beschäftigt Airbus über 57.000 Mitarbeiter. Zu den wichtigsten Produkten gehören der A320, A380 und der A400M.

2.3. Europäische Industriepolitik

Eine allgemeingültige europäische Industriepolitik wurde erstmals im Vertrag von Maastricht in Artikel 157 festgelegt. In der aktuellen Version des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist der ursprüngliche Artikel 157 in Artikel 173 aufgegriffen und aktualisiert worden. In Artikel 173 heißt es, dass die EU und dessen Mitgliedsstaaten „[...] die notwendigen Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der Union [...]'3 schaffen und gewährleisten sollen. Neben der Schaffung der nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen kann die europäische Kommission mit Hilfe dieser Grundlage neue Maßnahmen vorschlagen, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrien zu verbessern.

In den Kurzdarstellungen des europäischen Parlamentes werden die Zielsetzungen des Artikels 173 weiter erörtert. Demnach umfasst die Industriepolitik insbesondere Punkte wie globale Maßnahmen, die Außenhandelspolitik (z.B. Antidumping-Politik), die Wettbewerbspolitik, die Forschungs- und Entwicklungspolitik und vieles mehr. Der Fokus gilt vor allem den Branchen, die im weltweiten Vergleich schwach sind.[4]

3. Geschichte

Die Geschichte von Airbus begann 1962 als Frankreich und Großbritannien zusammen eine Projektstudie für ein zweimotoriges Flugzeug mit Platz für 200 Passagiere anfingen. Während dieser Arbeiten gab die Fluglinie Air France den Hinweis, dass der Bedarf für ein Flugzeug mit 300 Passagieren weitaus größer sei. Während Frankreich und Großbritannien weiterhin an dem Projekt zusammen arbeiteten, traten die Franzosen zudem an die Verantwortlichen der Luftfahrtindustrie in Deutschland heran. Im Sommer 1965 liefen die ersten Gespräche zwischen Franzosen und Deutschen ab und im Herbst 1965 trafen sich die Industriellen mit den Vertretern wichtiger Airlines in London. In dem Treffen wurde festgehalten, dass das Marktpotenzial für Großraumflugzeuge nicht ausgeschöpft war, der Verbrauch von amerikanischen Flugzeugen zu viel Kerosin benötigte und diese zugleich sehr laut waren.

Der erste Vertrag wurde im Juli 1967 von Deutschland, Großbritannien und Frankreich zum Bau eines Passagierflugzeugs unterzeichnet. Darin wurde beschlossen, dass das Flugzeug den Namen „A300" tragen würde mit der Kapazität für 300 Passagiere sowie, dass es verbrauchsfreundlicher und leiser als die amerikanischen Modelle sein sollte. Im April 1969 zog sich die britische Regierung zurück, da einerseits die Kosten für das britisch-französische Projekt „Concorde" weitaus höher als kalkuliert waren und andererseits amerikanische Projekte vielversprechender erschienen. Das Unternehmen "Airbus" schien zu scheitern, als die französische Regierung den Ausstieg erwägte, aus Angst vor den gleichen Kostenexplosionen wie bei der "Concorde". Die industriellen Projektteilnehmer baten die französische Regierung um Geduld, denn als Großbritannien ausstieg, bot West-Deutschland an, seinen Anteil von 25 auf 50-Prozent aufzustocken, sofern Frankreich seine Anteile von 37,5 auf 50-Prozent aufstocken würde. Die französische Regierung zögerte erst, nahm das Angebot aber an, als Deutschland die Subventionen für die Kosten aufbrachte und der britische Flügelhersteller Hawker-Siddeley einwilligte sich als Zulieferer für Airbus zu betätigen. Die gewählte Rechtsform GIE „Gropement d'interêt économique" bot den beteiligten Unternehmen den Vorteil, dass alle weiterhin wirtschaftlich selbstständig waren, aber einer gemeinsamen Arbeitsgemeinschaft angehörten. Die gegründete "Airbus Industrie GIE" hatte fortan ihren Hauptsitz in Toulouse. Im Jahr 1971 trat Spanien durch den Staatskonzern Casa mit vier Prozent dem Unternehmen Airbus Industrie bei. Nach vielen Schwierigkeiten flog am 28.Oktober der erste A300 einen Jungfernflug im Südwesten Frankreichs.[5]

Entgegen der Erwartungen verkaufte Airbus in den ersten Jahren kaum Flugzeuge. Die nationalen Fluggesellschaften wie Lufthansa, Air France und Iberia bestellten erst nach politischen Druck bei Airbus, später nutzte Iberia seine Ausstiegsklausel und bestellte im Nachhinein gar keine Maschine mehr. In den Jahren 1974 bis 1976 bestellten vermehrt Fluglinien aus Korea, Indien und Südafrika den A300. Das Jahr 1976 ging als das "Schwarze Jahr" in die Airbus Geschichte ein. In diesem Jahr ging keine einzige Bestellung ein, allerdings produzierte Airbus weiterhin Flugzeuge, die später den Spitznamen „Whitetails" trugen, da zum einen kein Abnehmer vorhanden war und aus diesem Grund die Flugzeuge komplett weiß lackiert waren.[6]

Mit der Fluglinie Eastern Airlines gewann Airbus den ersten amerikanischen Kunden. Bis dahin waren viele amerikanische Fluglinien skeptisch gegenüber den europäischen Flugzeugen. Zum Verkauf trug das sogenannte „fly and try"-Prinzip bei, bei dem Airbus vier Flugzeuge vom Typ A300 kostenfrei an die Eastern Airlines für sechs Monate übergab. Nach den sechs Testmonaten zeigte sich Eastern Airlines sehr interessiert und kaufte vergünstigt die Flugzeuge. Im März 1979 entschloss sich Eastern Airlines weitere 23 Flugzeuge zu kaufen mit der Option zum Kauf für neun Flugzeuge. Ein Jahr zuvor entschloss sich Großbritannien erneut durch die Beteiligung von British Aerospace ins Airbus-Konsortium einzusteigen.[7]

Nach der Gewinnung von Eastern Airlines als Kunde, betätigte sich Airbus verstärkt in Asien, wo unter anderem wichtige Boeing-Kunden wie die Türkei und der Iran gewonnen werden konnten. Der Markt in Asien ist für Airbus bis heute ein bedeutender, mit Ausnahme der Amerika­Verbündeten Japan und Israel, die bis heute treue Boeing-Kunden sind.[8]

Im Jahr 1979 schlossen die EU sowie 30 westliche Industrienationen ein GATT-Abkommen, in dem aus Sicht der USA die Subventionierung von Airbus beschränkt und der politische Verkauf von Flugzeugen untersagt werden sollte. Aus Sicht des Airbus-Konsortiums durfte kein amerikanischer Flughafen Airbus-Flugzeugen untersagen zu landen und zugleich sah man sich in der Meinung bestätigt, dass Boeing ebenso wie Airbus staatlich subventioniert wurde.[9]

In den 1980er Jahre entschloss sich Airbus die Marktsegmente der Kurz- und Langstrecke mit dem A320 und dem A340 zu besetzen und die Mittelstrecke mit dem A330 zu ergänzen. Mit dem Ausbau des Flotten-Angebots, sollten Flotteneffekte erzielt werden, die erst ab dem Bau von zwei Flugzeugtypen zum Tragen kommen. Ein Flotteneffekt tritt zum Beispiel auf, wenn eine Komponente ohne Veränderungsbedarf in einem anderen Flugzeugtypen verbaut werden kann, wie zum Beispiel der Einbau eines Cockpits in den A300 und den A310. Mit dem Ausstieg von Lockheed aus dem zivilen Flugzeugbau und der Übernahme von McDonnell-Douglas durch Boeing, begehrte die USA ein zweites Abkommen, dass die Subventionen begrenzen sollte und alle Kredite auf maximal 17 Jahre beschränkte sowie das diese zurückgezahlt werden müssen.[10]

In Folge der McDonnell-Douglas Übernahme im Dezember 1996, wurden mit den großen amerikanischen Airlines Exklusivverträge für die folgenden 20 Jahre geschlossen, damit Airbus aus dem amerikanischen Markt ausgeschlossen werden konnte. Die EU-Kommission veranlasste eine Überprüfung der Fusion aus wettbewerbsrechtlichen Gründen, um diese gegebenenfalls zu untersagen und mit Strafen zu belegen.

Dies war durch die internationalen Wettbewerbsregeln möglich, nach denen es der EU- Kommission erlaubt ist auch außereuropäische Fusionen zu untersuchen, unter der Voraussetzung das der Umsatz mindestens fünf Milliarden Euro weltweit oder 250 Millionen Euro in der Europäischen Union beträgt.[11] Wenn die Fusion untersagt worden wäre, hätte die EU als Strafe bis zu zehn Prozent vom Umsatz verlangen können und bei Nichteinhaltung weitere Strafzahlungen fordern können.

Damit verbunden war das Risiko eines möglichen Handelskrieges zwischen der EU und der USA, denn die USA sah dies als einen Eingriff in die amerikanische Wirtschaft. Nach einigen Monaten akzeptierte die EU-Kommission die Fusion mit der Auflage für Boeing auf jegliche Exklusivverträge zu verzichten, was Boeing wiederum akzeptierte.[12]

Im Jahr 2000 wurde die EADS als niederländische Aktiengesellschaft gegründet. Der Gründung gingen viele Verhandlungen zwischen deutschen und französischen Vertretern voraus. Bis zur endgültigen Entscheidung wie die Aktionärsstruktur aussehen würde, vergingen knapp drei Jahre. Letztlich beteiligten sich aus deutscher Sicht Daimler-Chrysler mit 30-Prozent, aus französischer Sicht das Unternehmen Sogeade, an dem Frankreich mit 50-Prozent beteiligt war und die spanische Firma Casa mit vier Prozent. Mit einhergehend wurde Airbus als Tochtergesellschaft in eine französische Aktiengesellschaft (S.A.S.) umgewandelt, woran die British Aerospace mit 20- Prozent beteiligt war. Die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft hatte zur Folge, dass Airbus von nun an gewinnorientiert wirtschaften musste, anders als unter der Rechtsform GIE, die ursprünglich nur für französische Winzer als gemeinsame Vertriebsgesellschaft ausgelegt war und dementsprechend keine Bilanzen oder Jahresabschlüsse vorlegen musste. Gleichzeitig war es möglich Personal zu entlassen ohne Qualitätsverluste befürchten zu müssen sowie den Einkauf zu zentralisieren und dementsprechend zu günstigeren Einkaufspreisen zu gelangen.[13]

Der Streit um die Subventionen wurde im Jahr 2005 von den USA dem WTO-Schiedsgericht vorgelegt, so dass die WTO erstmals Untersuchungen einleitete bezüglich der Subventionen der EU. Die Europäische Union zog gleich, indem sie gegen die Subventionen von Boeing klagte.[14] Fünf Jahre später entschied der WTO-Schiedsspruch, dass nur 30% der Boeing-Einsprüche geltend seien, nichtsdestotrotz seien die Starthilfen für das A350-Projekt von Airbus zulässig. Demnach gewährt Deutschland zurückzahlbare Kredite in Höhe von 1,5 Millarden US-Dollar, weitere Kredite könnten von Frankreich in Höhe von 1,8 Millarden US-Dollar und von Großbritannien in Höhe von 511 Millionen US-Dollar zu erwarten sein.[15]

Am 27.Oktober 2007 flog der erste Airbus A380 für Singapore Airlines.[16] Anfang Juni 2010 bestellte die Fluggesellschaft Emirates 32 A380-Flugzeuge bei der internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin. Der Auftragswert beläuft sich auf 9,24 Milliarden Euro. Dazu kam ein Auftrag der brasilianischen Fluggesellschaft TAM, die fünf A350 und 20 A320- Flugzeuge bestellte.[17]

Bis heute liegen Airbus 202 Bestellungen für den A380 vor, wovon bereits 29 Flugzeuge ausgeliefert wurden[18] (Stand: April 2010). Der Listenpreis für ein Flugzeug beträgt im Schnitt 327,4 Millionen US-Dollar (Listenpreis: 2010).[19] Neben der Auslieferung des A380, entwickelt Airbus derzeit den A350 und den A400M.

4. Ziele von Airbus

Mit der Entdeckung der Marktlücke für ein Mittelstreckenflugzeug mit bis zu 300 Passagieren, war das Ziel das Wissen und die Technik europäischer Flugzeughersteller zu bündeln. Der Airbus 300 sollte technisch besser als die amerikanischen Modelle sein, also leiser und verbrauchsfreundlicher. Zudem mussten die nationalen Luftfahrtindustrien weiter beschäftigt und damit Arbeitsplätze geschaffen und erhalten werden. Ein Grund für den Arbeitsplatzerhalt war die Angst davor, dass gut ausgebildete Entwicklungsteams entweder die Branche wechseln oder gar ins Ausland abwandern.[20]

Mit den Subventionen verbunden musste auch wenn nicht öffentlich ausgesprochen, das Ziel verbunden worden sein, dass ein Rententransfer stattfände, sobald Airbus auf dem Markt etabliert sein würde. Die Autoren Brander/Spencer zeigten, dass eine sorgfältige strategische Handelspolitik dazu führt, dass ausländische Unternehmen von einem internationalen Markt gedrängt werden können. Die Voraussetzung dafür besteht in der gezielten Subventionierung der Forschung-und-Entwicklung sowie der Exportförderung von einheimischen Unternehmen.[21]

5. Kalibrierungsmodell nach Klepper

Das Modell von Gernot Klepper[22] wurde entwickelt, um die Frage zu beantworten, ob die damals aktuellen (Stand: 1986) und die zukünftig erwarteten Marktanteile für den Großflugzeugbau vernünftig erklärt werden können, ohne Berücksichtigung der Preise und der technologischen Differenzen. Damit konnte Klepper schließlich eine Vorhersage treffen, ob die Airbus­Subventionen sich lohnen und schlussfolgerte daraus sein Fazit.

In Kapitel 5.1. werden zu erst die Charakteristika des Flugzeugbaus erläutert, um dem Leser die Voraussetzungen für die Modellberechnungen näher zu bringen. In Kapitel 5.2. simulierte Klepper das Modell mit drei unterschiedlichen Ausgangsfällen. Der erste und zugleich der Basisfall wird unter 5.2.1. erläutert. Demnach ging Klepper davon aus, dass McDonnell Douglas im Laufe der Zeit sich aus dem zivilen Flugzeugbau zurück ziehen würde und am Ende nur noch Boeing und Airbus übrig bleiben würden. Anhand dieses Ausgangsfalls berechnete Klepper die Marktanteile der beiden Hersteller bis 1986 ohne McDonnell Douglas und Lockheed und prognostizierte anhand der Marktvorhersagen das Marktergebnis bis ins Jahr 2006. Für Klepper war der Basisfall ein ungleiches starkes Boeing-Airbus-Duopol.

Damit Klepper Rückschlüsse auf die weltweiten Wohlfahrtseffekte (5.2.2.) erzielen konnte, betrachtete er in zwei weiteren Fällen wie sich die Märkte verhalten wenn einerseits ein Boeing- Monopol und andererseits ein gleichstarkes Boeing-McDonnell Douglas-Duopol vorliegen würde. In beiden Fällen war Airbus bis 1986 nicht in den Markt eingestiegen. Klepper untersuchte nun wie sich die Märkte und dementsprechend die Wohlfahrtseffekte verhielten als Airbus in den Markt eingetreten ist, um daraus Rückschlüsse zu erhalten wie sich der Markt 1970 beim Airbus Markteintritt verhielt. Durch die Berechnung der Wohlfahrtseffekte bei den verschiedenen Marktsimulationen, ließ sich zeigen für wen die Subventionierung von Airbus am sinnvollsten war.

5.1. Flugzeugbau - Charakteristika

Die Marktdaten, die Klepper in seiner Theorie verwendete, stammen aus dem Jahr 1986. Klepper ging davon aus, dass Boeing einen Marktanteil von mehr als 50% besaß, während Airbus einen Marktanteil von 30-35% für sich beanspruchte und McDonnell Douglas 10-15%.

Pro Jahr werden zwischen 400 bis 500 Flugzeuge verkauft, die Preise für ein Flugzeug variieren dabei zwischen 25-30 Millionen Dollar für eine Boeing 737 bis hin zu 120 Millionen Dollar für eine Boeing 747. Weiter geht er davon aus, dass die Zeit bis zur Markteinführung für einen neuen Flugzeugtypen fünf bis sechs Jahre dauert und der Produktlebenszyklus bei 20 bis 25 Jahren liegt. Da ein Flugzeug aus mehreren Millionen Einzelteilen besteht und zumeist viele Zulieferer an einem Flugzeug mitarbeiten, ergeben sich mit der Zeit starke Lerneffekte, die sich im Laufe der Jahre in der Senkung der Produktionskosten bemerkbar macht. Laut empirischen Untersuchungen sinken die Produktionskosten um 20%, wenn die Produktionsmenge verdoppelt wird.

Neben den Skaleneffekten, bedingt durch die Lerneffekte, treten in der Flugzeugbaubranche vor allem Flotteneffekte auf, die dadurch zustande kommen, dass verschiedene Teile im Flugzeug auch in anderen Flugzeugtypen verwendet werden können, zum Beispiel der Einbau eines Cockpits. Solche Flotteneffekte treten allerdings erst dann in Kraft, wenn mindestens zwei Flugzeugtypen gebaut werden.

Die wichtigsten Effekte nach Klepper sind: die Skaleneffekte, bedingt durch Lerneffekte in der Produktion und die Flotteneffekte, die beim Bau von neuen Flugzeugtypen genutzt werden können.

In Bezug auf den Wettbewerb sind laut Klepper zwei Variablen für den Erfolg entscheidend: die Produktwahl und die Kapazität. Die Marktgröße für Flugzeuge wird für die nächsten 20 Jahre als konstant eingeschätzt, 3.000 - 4.000 Flugzeuge im Segment für die Kurz- und Mittelstrecken­Flugzeuge und in etwa 2.000 Langstrecken-Flugzeuge. Obwohl normalerweise die Nachfrage schwierig einzuschätzen ist, sind sich alle Marktteilnehmer (Boeing, Airbus und McDonnell Douglas) über die Größe der Nachfrage mit geringen Differenzen einig.

Sobald der Flugzeugtyp bestimmt und die Kapazität für die nächsten Jahre festgesetzt wurde, produzieren die Hersteller an der Kapazitätsgrenze, um die Lerneffekte bestmöglich auszuschöpfen und gleichzeitig schnellstmöglich Flugzeuge ausliefern zu können. Eine kurzfristige Entscheidung wie die Kapazität zu erweitern, kommt einem Neustart auf der Lernkurve gleich. Ein Beispiel dafür war die Entscheidung Boeings im Jahr 1996 die Kapazitäten zu erweitern und die Marktanteile zu erhöhen. Zwar gelang es mehr Aufträge zu generieren, doch in der Folge dessen musste Boeing die Produktion unkontrolliert erheblich steigern und somit die eigenen Fabriken und Zulieferer unvorbereitet überfordern. Daraufhin unterbrach Boeing die Produktion der B747 und der B737 für knapp vier Wochen, um die Produktion neu zu sortieren, weshalb die Auslieferung neuer Flugzeuge sich verzögerte und einige Airlines die Auszahlung von Vertragsstrafen verlangten.[23]

In dem Tagesgeschäft des Vertriebs verhandeln die Airlines und die Flugzeugbauer schließlich über den Preis. Während die Kapazitäten langfristig geplant sind, wird der Preis kurzfristig festgelegt. Wenn die Nachfrage sehr groß ist, dann verlangen die Flugzeugbauer sehr hohe Preise, um die eigenen Profite zu maximieren. Wenn hingegen die Nachfrage geringer als erwartet ist, dann liegen die Preise in etwa auf dem Produktionskosten-Niveau. Im Extremfall werden „WhitetailS' produziert. Whitetails sind Flugzeuge ohne Abnehmer, die dem Namen nach komplett in weiß lackiert sind.

Laut Klepper wäre es ohne die Subventionen der europäischen Regierung gar nicht möglich gewesen ein Unternehmen wie Airbus aufzubauen, da jeder Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten ohne Sicherheiten, auf dem Kapitalmarkt verwehrt worden wären. Die europäischen Subventionen hatten zudem den Vorteil, dass Airbus nicht über einen Preiskampf aus dem Markt gedrängt werden konnte, denn trotz langfristiger Verluste, würde Airbus mit der Aussicht auf eine erfolgreiche Etablierung im Markt, weiterhin subventioniert werden.[24]

[...]


[1] Vgl. EADS N.V. (2008, III): Annual Review 2008

[2] Vgl. EADS N.V. (2009, 6): Financial Statements 2009

[3] Europäische Union (2009): Amtsblatt der Europäischen Union

[4] Europäisches Parlament (2000): Allgemeine Grundsätze der Industriepolitik der EU

[5] Vgl. Braunberger (2006, 24-35): Airbus gegen Boeing

[6] Vgl. ebenda, 49-50

[7] Vgl. Braunberger (2006, 53): Airbus gegen Boeing

[8] Vgl. ebenda, 60-64

[9] Vgl. ebenda, 67-69

[10] Vgl. ebenda, 96-97

[11] Vgl. ebenda, 109

[12] Vgl. Braunberger (2006, 107-109): Airbus gegen Boeing

[13] Vgl. ebenda, 120-123

[14] Vgl. Manager Magazin (2005): Teuerster Rechtsstreit

[15] Vgl. Koch (2010): Harter Wettstreit Airbus - Boeing

[16] Vgl. Meiler (2007): Singapore Airlines startet Mission A380

[17] Vgl. Schmid (2010): ILA: Airbus bekommt Milliarden für seine Superflieger

[18] Vgl. Airbus (2010): A380 Family

[19] Vgl. Airbus (2008): Airbus Aircraft Range of 2008 List Prices

[20] Vgl. Der Spiegel (1972, 73-76): Letzte Hoffnung: Airbus A300B

[21] Vgl. Klepper (1994, 107; zitiert nach Brander/Spencer (1985)): Industrial Policy in the Transport Aircraft Industry

[22] Vgl. Klepper (1994): Industrial Policy in the Transport Aircraft Industry

[23] Vgl. Braunberger (2006, 110): Airbus gegen Boeing

[24] Vgl. Klepper (1994, 106): Industrial Policy in the Transport Aircraft Industry

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Der Fall EADS: Der Airbus
Untertitel
Beleg für den Erfolg der europäischen Industriepolitik?
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
28
Katalognummer
V163735
ISBN (eBook)
9783640801589
ISBN (Buch)
9783640801374
Dateigröße
1751 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Airbus, EADS, Branchenpolitik, Industriepolitik, europäische Industriepolitik, Hochschule Bochum, Hochschule Bochum - University of Applied Sciences, Pascal Hennig, Erfolg, Beleg, Volkswirtschaftslehre
Arbeit zitieren
Pascal Hennig (Autor:in), 2010, Der Fall EADS: Der Airbus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163735

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