Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Abstrakt
1.2. Problemstellung
1.3. Aufbau der Hausarbeit
2. Hintergrund
2.1. Gegenwartsdiagnosen
2.2. Gesellschaft und Individuum
2.3. Elektronischer Sport
3. Richard Münch: Kommunikationsgesellschaft und Massenmedien
3.1. Annahmen
3.2. Kernthesen
4. Jean Baudrillard: Die Illusion des Endes
4.1. Annahmen
4.2. Kernthesen
5. Kritischer Diskurs
5.1. Vergleich bestehender Kritik der Gegenwartsdiagnosen
5.1.1. Auswirkungen auf die Gesellschaft
5.1.2. Auswirkungen auf das Individuum
5.2. Schwerpunkt: Digitalisierung des Sports
6. Zusammenfassung
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Ein Bestandteil der Soziologie sind die Gegenwartsdiagnosen, die zeitgemäße Veränderungen in der Gesellschaft dokumentieren und die Hintergründe (kritisch) hinterfragen. Anhand des gesellschaftlichen Modells und der Akteurmodelle der Individuen werden damit Handlungsempfehlungen für die Zukunft abgeleitet, um gegebenenfalls negative Entwicklungen zu vermindern.
Ein häufig zitiertes Modell zur Darstellung der Gesellschaft ist die Systemtheorie von Luhmann (Luhmann, 1984 – vgl. Prinz, 2007). Dabei teilt sich die Gesellschaft in untereinander dependente Teilsysteme auf, die im Zuge der Zeit eine Ausdifferenzierung und Spezialisierung erfahren.
Ein Teilsystem davon sind die Massenmedien, die im Zuge der aktuellen Entwicklung zu den am stärksten veränderlichen Bereichen der Gesellschaft avancieren. Diese umfassen klassische Printmedien, über Fernsehen bis hin zu rein digitalen Medien und virtuellen Räumen, wie dem Internet. Als zentrale Aufgabe übernehmen sie die Verbreitung von Informationen und die Schaffung von Transparenz und Hintergründen.
Die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Massenmedien werden innerhalb der Gegenwartsdiagnosen teilweise different dargestellt. Besonders die Rolle der digitalen Medien erhält dabei einen unterschiedlichen Stellenwert. Deshalb bietet der kritische Vergleich zwischen zwei exemplarischen Gegenwartsdiagnosen bezüglich der Massenmedien ein weites Feld zur Gegenüberstellung und Abwägung der Aussagen für das Individuum und die gesamte Gesellschaft.
1.1. Abstrakt
In dieser Hausarbeit werden zwei exemplarische Gegenwartsdiagnosen bezüglich des gesellschaftlichen Teilsystems der Massenmedien miteinander verglichen. Im Zuge dieses Vergleichs werden zunächst die aktuellen Gegenwartsdiagnosen anhand von Primärliteratur zusammengefasst und die Kernaussagen extrahiert. Hierbei liegt der Betrachtungsfokus primär auf der Vorstellung von Hintergrundinformationen zu digitalen Massenmedien (also Computer, Internet und digitales Fernsehen).
Diese Hintergrundinformationen dienen als Themeneinstieg für die beiden betrachteten Gegenwartsdiagnosen. Zunächst werden die Inhalte und zum besseren Verständnis der Kernaussagen in separaten Kapiteln extrahiert. Anschließend folgt ein kritischer Vergleich in Bezug auf die Gültigkeit dieser Hauptaussagen sowohl für die Gesellschaft als auch für das Individuum. Diese beiden Gesichtspunkte (Individuum und Gesellschaft) bilden die Eckpunkte für die thematische Betrachtung innerhalb der Hausarbeit, in dem sie teils gleichermaßen teils unterschiedlich auf zeitgemäße Veränderungen reagieren.
Als konkretisierendes Beispiel wird zusätzlich ein aktueller Trend in die kritische Evaluation eingebunden – die Digitalisierung des Sports. Die steigende Anzahl von E-Sport-Veranstaltungen und die Auswirkungen auf den real ausgeführten Sport werden dabei ebenso wie Beobachtungen aus anderen Massenmedien herangezogen. Innerhalb einer differenzierten Auseinandersetzung mit dem Thema wird dabei evaluiert, inwiefern dieses Referenzbeispiel Abstraktionspunkte bietet, die gegebenenfalls verallgemeinert werden können. Außerdem wird überprüft, wie graduell es erscheint und ob das Beispiel konträr zu den Kernaussagen beider Gegenwartsdiagnosen steht.
1.2. Problemstellung
Die Problemstellung des kritischen Vergleichs mit den Massenmedien umfasst mehrere Teilaspekte. Jedes dieser Teilaspekte muss zum einen im Kontext der Individuenentwicklung und zum anderen mit Bezug auf die gesamtgesellschaftliche Auswirkung betrachtet werden.
Innerhalb der Arbeit fokussiert sich die Betrachtung auf zwei Kernaspekte der massenmedialen Gegenwartsdiagnosen. Erstens auf die Wirkung, welche Massenmedien auf das Publikum besitzen. Dieser Teil kann schematisch als „Output“ der Medien, also die Sendung von Information an das Publikum, betrachtet werden.
Zweitens der scheinbare Kontrast zwischen Wirklichkeit und inszenierter Realität, die durch Massenmedien geschaffen wird. Fasst man diesen Kontrast als eine Folge einer Wahrnehmungsverzerrung oder subjektiven Interpretation der Massenmedien während der Sammlung des „Inputs“ für ihre Inhalte auf, so erstreckt sich zwischen beiden Aspekten ein Spannungsfeld.
Dieses ordnet den Massenmedien eine Position zwischen Informationssammlung (Input) und komprimierter Wiedergabe jener Informationen (Output) zu.
Erfasst man nun beide Differenzierungen (Individuum vs. Gesellschaft und massenmedialen Input vs. Output) als Dimensionen einer möglichen Problembetrachtung, so entstehen vier Sektoren. Jene (vier Sektoren gilt) es innerhalb eines differenzierten Diskurses zu evaluieren.
1.3. Aufbau der Hausarbeit
Die Hausarbeit strukturiert sich wie folgt:
Kapitel 2 umfasst die Aufbereitung von Hintergrundinformationen. Zunächst werden dabei allgemeine Informationen zu Gegenwartsdiagnosen und eine Differenzierung zwischen Individuen und Gesellschaft aufgestellt. Zusätzlich wird das Vertiefungsgebiet – die Digitalisierung des Sports – illustriert.
Kapitel 3 stellt die Gegenwartsdiagnose von Richard Münch (1992, 1995) vor und erörtert die Kernaussagen. Dabei werden unter anderem die Annahmen und Schlussfolgerungen skizziert.
Kapitel 4 ist analog zu Kapitel 3 aufgebaut, orientiert sich allerdings an der Gegenwartsdiagnose von Jean Baudrillard (1992).
Kapitel 5 umfasst den kritischen Diskurs beider vorgestellter Gegenwartsdiagnosen. Dabei wird zwischen individuellen und gesellschaftlichen und Input- vs. Output-Folgewirkungen differenziert. Flankierend erörtert die Betrachtung des Schwerpunktbeispiels der Digitalisierung des Sports weitere mögliche Einflussgrößen.
Kapitel 6 bildet eine Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse und gibt einen Überblick über weitere Ansätze aus dem wissenschaftlichen Diskurs.
2. Hintergrund
Um in einen kritischen Diskurs bezüglich zweier Gegenwartsdiagnosen treten zu können, ist es zunächst notwendig die wichtigsten Begriffe und Hintergründe aufzuzeigen. Dieses Kapitel umfasst zunächst eine Einführung in die aktuellen Gegenwartsdiagnosen, stellt danach die Begriffe des Individuums und der gesamten Gesellschaft dar und gibt schließlich einen Einblick in die Hintergründe des digitalen Sports.
2.1. Gegenwartsdiagnosen
Eine soziologische Gegenwartsdiagnose stellt eine Betrachtung eines Aspekts der Gesellschaft dar, die sich durch signifikante Veränderungsprozesse auszeichnet. In einer solchen Beschreibung werden dann typische Phänomene dieses Wandels und Folgen auf die sozialen Akteure (typischerweise Individuen oder die gesamte Gesellschaft) betrachtet. Die Ursachenanalyse dieses Wandels erfolgt dabei meist über eine kausale Argumentation und empirische Befunde.
Neben der reinen Beschreibung von Ursache–Wirkungsprinzipien innerhalb der sozialen Gegenwartsdiagnose werden auch Stereotype, wie z.B. Verhaltensmuster, benannt. Dies geschieht meist mit einem prägnanten Schlagwort. Ein Beispiel für eine solche Beschreibung wäre die Definition der „Erlebnisgesellschaft“ (Schulze, 1992), die soziale Ordnung in einer stark individualisierten Gesellschaft darstellt (vgl. hierzu Schimank und Volkmann, 2000, S75ff.). Diese Schlagworte dienen als einprägsame Aufhänger, um die zugrunde liegenden, sozialen Interaktionen zu beschreiben.
Auf Basis der Darstellung von Veränderungen in der modernen Gesellschaft und einer (teilweise bewusst stereotypisierten) Zukunftsvision beinhalten die meisten Gegenwartsdiagnosen auch einen Lösungsvorschlag. Dieser greift wahrgenommenen Misstand auf und eröffnet Handlungsmöglichkeiten, um die aktuelle Situation zu verändern.
Diese Ansätze werden wesentlich von Faktoren wie dem zugrunde gelegten Akteurmodell, dem Gesellschaftsmodell und den Annahmen über Einflussmöglichkeiten durch Institutionen (wie z.B. die Regierung) geprägt. Deshalb hängt der Wahrheitsgehalt bzw. die Plausibilität der Aussagen von soziologischen Gegenwartsdiagnosen von den Grundannahmen ab. Ändern sich diese, so können aufgezeigte Kausalitäten und Folgen mit neuen Annahmen widerlegbar sein.
Deshalb ist ein kritischer Diskurs bezüglich der Grundannahmen ein wesentlicher Bestandteil in der Analyse von Gegenwartsdiagnosen. In dieser Arbeit wird ein solcher Diskurs anhand zweier soziologischen Gegenwartsdiagnosen (Münch und Baudrillard) mit einem ähnlichen Fokus durchgeführt.
2.2. Gesellschaft und Individuum
Um die Differenz zwischen Gesellschaft und Individuum zu verstehen ist es zunächst notwendig beide Begriffe zu definieren.
Individuum: „ Unter einem Individuum versteht man etwas Einzelnes in seiner Gesamtheit mit allen Eigenheiten und Eigenarten, die in ihrem Gesamtgefüge wiederum bestimmend für seine Individualität sind.“ (Langenscheid, 2009). Betrachtet man eine allgemeine Definition des Begriffs, so stellt man fest, das ein Individuum nicht nur auf eine Person bezogen werden kann. Im soziologischen Kontext umfasst die Betrachtung allerdings soziale Akteure, also Personen.
Individualisierung: „ (…) bezeichnet einen mit der Industrialisierung und Modernisierung der (westlichen) Gesellschaften einhergehenden Prozess eines Übergangs des Individuums von der Fremd- zur Selbstbestimmung “, (Langenscheid, 2009). Eng mit dem Begriff des Individuums verbunden beschreibt der Vorgang der Individualisierung die Ablösung von der Fremdbestimmung der Gesellschaft.
Jener Prozess der Individualisierung, also der Bildung eines Individuums (in Form eines sozialen Akteurs) wird von verschiedenen Autoren aufgegriffen. Dabei werden unterschiedliche Aspekte der Individualisierung beschrieben Der Prozess als ganzes ist zu komplex, um differenziert dargestellt zu werden. Deshalb fokussieren sich Autoren in der Darstellung auf einen (möglichst abgrenzbaren) Teilbereich.
So betrachtet Beck (1986) z.B. die Individualisierungsprozesse unter dem Aspekt des sozialen Drucks einer Risikogesellschaft. „(Es ist) die Gewalt und Gefahr, die alle Schutzzonen und Differenzierungen der Moderne aufhebt.“ (Beck, 1986, S.7). Die Folge von geschichtlichen Ereignissen ändert also die Wahrnehmung der Individuen und schafft eine präsente Angst, die das Verhalten nachhaltig beeinflusst.
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