Die SWOT-Analyse als Instrument zur Produktimplementierung im Gesundheitstourismus

Erfolgsfaktoren und Maßnahmen für das Fallbeispiel Ötztaler Naturtherapie


Masterarbeit, 2009

117 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. AUSGANGSSITUATION

2. GESUNDHEITS- UND SPORTTOURISMUS
2.1. Der Gesundheitstourismus
2.2. Der gesundheitsorientierte Urlaub
2.3. Der Sporttourismus
2.4. Zukunft des Gesundheits- und Sporttourismus

3. DIE MARKE IM TOURISMUS
3.1. Die Markendefinition im Allgemeinen
3.2. Die Marke Ötztal

4. DAS TOURISTISCHE PRODUKT
4.1. Aufbau des touristischen Produkts im Allgemeinen
4.1.1. Das ursprüngliche Angebot einer Destination
4.1.2. Das abgeleitete touristische Angebot einer Destination
4.1.3. Das immaterielle Angebot
4.2. Besonderheiten des touristischen Produkts
4.3. Qualitätsverlust auf das touristische Produkt
4.4. Das Gesundheitsprodukt
4.4.1. Medizinischer Check
4.4.2. Bewegung/Fitness
4.4.3. Ernährung
4.4.4. Sozialer Aspekt
4.4.5. Unterkunft
4.4.6. Naturerlebnis
4.4.7. Entspannung
4.4.8. Wissensvermittlung

5. POSITIONIERUNG EINER DESTINATION UND DEREN ORTE
5.1. Die Positionierung im Allgemeinen
5.2. Die Produktpositionierung im Ötztal Tourismus
5.2.1. Die Produktpositionierung des Ötztales
5.2.2. Die Produktpositionierung von Umhausen
5.3. Fazit aus dem ersten Abschnitt

6. DIE SWOT-ANALYSE
6.1. Die Umweltanalyse
6.1.1. Die Umweltanalyse im weiteren Sinne
6.1.2. Die engere Unternehmensumwelt - der Wettbewerb
6.1.3. Die Auswertung der Chancen und Risiken
6.2. Unternehmensanalyse
6.2.1. Ressourcen- und Kompetenzanalyse
6.2.2. Auswertung der Stärken-Schwächen-Analyse
6.3. Zusammenführen der Umwelt- und Unternehmensanalyse
6.4. Fazit des zweiten Abschnitts der Arbeit

7. FALLBEISPIEL ÖTZTALER NATURTHERAPIE AM STUIBENFALL
7.1. Vorgeschichte Krimml
7.1.1. Studienort
7.1.2. Studiendesign
7.1.3. Ergebnisse
7.2. Die präklinische Studie am Stuibenfall, Umhausen
7.2.1. Studienort
7.2.2. Studiendesign
7.2.3. Ergebnisse
7.3. Die klinische Studie am Stuibenfall, Umhausen
7.3.1. Studiendesign
7.3.2. Ergebnisannahme
7.4. Produktdefinition Ötztaler Naturtherapie
7.4.1. Produktname
7.4.2. Produktbeschreibung
7.4.3. Zielgruppe
7.4.4. Alter der Zielgruppe
7.4.5. Anzahl
7.4.6. Aufenthaltsdauer
7.4.7. Zeitraum
7.5. Produktanforderungen Region Ötztal
7.5.1. Anforderungen an die Medizin/Gesundheit
7.5.2. Anforderungen an die Infrastruktur Sport
7.5.3. Anforderungen an das Produktplacement & Vermarktung
7.6. Anforderungen an die Beherbergungsbetriebe Ötztal
7.6.1. Anforderungen an Medizin/Gesundheit
7.6.2. Anforderungen an die Infrastruktur Sport
7.6.3. Anforderungen an das Produktplacement & Vermarktung

8. SWOT-ANALYSE DES FALLBEISPIELS DER ÖTZTALER NATURTHERAPIE
8.1. Die Umweltanalyse im weiteren Sinn
8.1.1. Ökologie - makroökonomische Umwelt
8.1.2. Technologische Entwicklung
8.1.3. Demografische und soziale Entwicklung - die soziokulturelle Umwelt
8.1.4. Wirtschaftlicher Aspekt
8.1.5. Stakeholder-Analyse
8.2. Die engere Destinationsumwelt - der Wettbewerb
8.2.1. Die Branchendynamik
8.2.2. Die Konkurrenzanalyse - Benchmarkmethode
8.2.3. Konkurrenzanalyse Gesundheitsdestinationen
8.2.4. Konkurrenzanalyse Gesundheits- und Sportdestinationen in Europa
8.2.5. Kundenanalyse
8.2.6. Entwicklung und Zukunft der Sport- und Gesundheitstourismusbranche
8.3. Unternehmensanalyse - Destination Ötztal
8.3.1. Ursprüngliches Angebot
8.3.2. Abgeleitetes Angebot
8.4. Die kritischen Erfolgsfaktoren für das Fallbeispiel Ötztaler Naturtherapie

9. AUSWERTUNG DER SWOT-ANALYSE FÜR DIE ÖTZTALER NATURTHERAPIE
9.1. Auswertung der Chancen-Risiken-Analyse
9.2. Auswertung der Stärken-Schwächen-Analyse
9.3. Das Zusammenführen der Umwelt- und Unternehmensanalyse und die MAßNAHMEN Für DIE STAKEHOLDER
9.3.1. Chancen für die Gemeinde Umhausen
9.3.2. Gefahr für die Gemeinde Umhausen
9.3.3. Gefahr für die Unterkunftsbetriebe
9.3.4. Chancen für das Ötztal - Freizeitinfrastruktur
9.3.5. Gefahr für das Ötztal - Strategie und Marke
9.3.6. Gefahr für das Ötztal - Aufenthaltsdauer
9.4. FAZIT dritter Abschnitt - Fallbeispiel Ötztaler Naturtherapie

10. ZUSAMMENFASSUNG

LITERATURVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

TABELLENVERZEICHNIS

1. Ausgangssituation

Die Abgrenzung des Begriffes Tourismus in Reisen mit und ohne Übernachtung, in Geschäftsreisen und Freizeitreisen, in Sport- und Gesundheitstourismus ist bei wei­tem noch nicht abgeschlossen und durch die Überlappung der einzelnen Bereiche auch nicht zu 100 % möglich (BIEGER 2008). Der Tourismus ist weltweit ein Phäno­men geworden, welches viele unserer Lebensbereiche durchdringt und die Umwelt und Landschaft verändert. Weltweit reisten bereits 1998 625 Millionen Menschen und somit zählt der Tourismus zu einem der bedeutendsten Wirtschaftszweige (BIEGER 2008).

Im Hinblick auf die Motivation der Reisenden etwas für ihre Gesundheit zu unter­nehmen - im Zusammenhang mit dem Lebenszyklus des Gesundheitstourismus (Einführungsphase) - und den enormen Wachstumsraten der Sportartikelindustrie (WTO 2001) hat auch der Ötztal Tourismus seine Strategie in Richtung Sport- und Gesundheitstourismus festgelegt.

Die Marke Ötztal wurde definiert und die touristischen Produkte in den einzelnen Or­ten positioniert. In diesem Rahmen wurde im Jahr 2008 eine präklinische Studie mit Mäusen am Stuibenfall, einem Wasserfall im Ötztal, durchgeführt. Es stellte sich her­aus, dass die untersuchten Mäuse, die ein sogenanntes Belastungsasthma hatten, eine sehr signifikante Steigerung der Lungenfunktion (um 58 %) aufwiesen (HARTL 2009). Eine ähnliche Studie wurde an den Krimmler Wasserfällen (vgl. Kapitel 7) durchgeführt und führte in weiterer Folge auch zu einer klinischen Untersuchung. Diese belegte eine signifikante Verbesserung der Lungenfunktionswerte bei asthma­tischen Kindern (HARTL 2008). Obwohl die gesamte Region rund um die Krimmler Wasserfälle nicht auf diese Ergebnisse vorbereitet war, setzten die Betriebe nun auf das Thema „Asthma“. Die Schwierigkeiten der Produkteinführungen lagen darin, dass die Betriebe keinen Maßnahmenkatalog bekommen hatten, der sie auf die An­forderungen des Marktes/Produkts vorbereitet hätte. Infrastrukturelle Anpassungen wurden nicht gemacht, Leistungspartner (Ärzte) fehlten und die Besonderheiten der Krankheit Asthma wurden nicht berücksichtigt (Ernährung, Hausstaubmilbenallergie, usw.).

Auch im Ötztal steht die klinische Studie der Untersuchung von Freizeitsportlern mit Belastungsasthma zur Diskussion. Bei positivem Ausgang soll die Region mit allen Leistungspartnern frühzeitig Vorbereitungen treffen können, sodass der Fit zwischen Region und Produkt gegeben ist. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die theoreti­schen Grundlagen für das Fallbeispiel Ötztaler Naturtherapie aufzuarbeiten und die Forschungsfrage „Inwiefern gelingt es kritische Erfolgsfaktoren mittels einer Unternehmens­und Umweltanalyse für das Fallbeispiel zu bestimmen und Maßnahmen für diese Faktoren so festzulegen, dass eine erfolgreiche Produktimplementie­rung möglich ist?“ mittels einer SWOT-Analyse zu beantworten. Die Arbeit wird in drei Abschnitte gegliedert.

Im ersten Teil geht es um eine spezielle Branche im Tourismus - den Gesundheits­und Sporttourismus sowie die Wichtigkeit touristischer Marken, im Besonderen der Marke Ötztal (vgl. Kapitel 2 und 3). Von der allgemeinen Definition des touristischen Produkts (vgl. Kapitel 4) gelangt der Autor zu den Besonderheiten des gesundheits­touristischen Produkts. In Kapitel 5 wird der Positionierungsvorgang beschrieben und die touristischen Produkte für das Ötztal positioniert.

Im zweiten Abschnitt (Kapitel 6) wird die SWOT-Analyse beschrieben und für den Tourismus brauchbar gemacht. Nach diesen zwei Abschnitten, die vorwiegend im Literaturstudium bearbeitet werden, erfolgt der dritte und empirische Teil. Es wird das Ötztal und im Speziellen das Fallbeispiel Ötztaler Naturtherapie aus interner und ex­terner Unternehmenssicht analysiert und auf seine Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken hin untersucht. Die Festsetzung der kritischen Erfolgsfaktoren für die Produktimplementierung und der dazugehörige Maßnahmenkatalog, der die Produkteinführung von „Ötztaler Naturtherapie“ vereinfachen soll, stehen am Ende der Arbeit (vgl. Kapitel 7 bis 10).

2. Gesundheits- und Sporttourismus

Die folgenden Kapitel dienen der Erläuterung der Tourismusbranchen Sport und Ge­sundheit, und sie geben einen Ausblick in die Zukunft.

2.1. Der Gesundheitstourismus

„Diese Form des Tourismus ist geprägt durch den Aspekt Gesundheit.“ (RULLE 2004, S. 20), so lautet eine Definition des Begriffs Gesundheitstourismus.

KASPAR (1996, S. 19) definiert den Gesundheitstourismus als die „Gesamtheit der Beziehungen und Erscheinungen, die sich aus der Ortsveränderung und dem Auf­enthalt von Personen zur Förderung, Stabilisierung und gegebenenfalls Wiederher­stellung des körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens unter der Inan­spruchnahme von Gesundheitsleistungen ergeben, für die der Aufenthaltsort weder hauptsächlicher noch dauernder Wohn- noch Arbeitsort ist.“

Somit zählen sowohl der Wellness- als auch der Kurgast sowie die Kunden, die zur Rehabilitation Urlaub machen, zum Gesundheitstouristen (LANZ KAUFMANN 1999). Der Grund für diese Verschmelzung der Begriffe ist die breit gefächerte Angebotspa­lette der Destinationen, die eine scharfe Trennung nicht zulässt. Die Welt­Gesundheitsorganisation definiert den Gesundheitstourismus folgendermaßen:

„Tourism associated with travel to health spas or resort destinations where the primary purpose is to improve the traveller's physical well-being through a regimen of physical exercise and therapy, dietary control, and medical ser­vices relevant to health maintenance.” (GEE & FAYOS-SOLA 1997, S. 381)

Der Gesundheitstourismus umfasst somit alle Reise- und Urlaubsformen, welche mit der Wiederherstellung und Entfaltung der Gesundheit zu tun haben (SMERAL, 2003):

- Wellnessurlaube zur Erholung, zur Entspannung und bewussten Entfaltung gesundheitlicher Ressourcen und Kompetenzen;
- Kuraufenthalte zur Linderung chronischer Leiden sowie zur Rehabilitation und Prävention;
- Rehabilitationsaufenthalte nach Erkrankung und Verletzungen;
- Klinikaufenthalte zur Nutzung kurativ- und akutmedizinischer Leistungen.

Nicht nur die Überalterung der westlichen Gesellschaft bringt den Wunsch nach Ge­sundheit mit sich. Die neuen Zielgruppen für den Gesundheitstourismus sind die Personen, die mehrmals im Jahr Urlaub machen, keine Kinder haben und wo beide Partner Geld verdienen (dinkys = double income no kids yet). Weiters wird auch die „Aging Society“ in Zukunft den Großteil der touristischen Kunden ausmachen. Der allgemeine Gesundheitszustand der kommenden Gesundheitstouristen wird bes­ser/jugendlicher sein als jener der jetzigen Sechzigjährigen (PIKKEMAAT/WEIER­MAIR 2006).

2.2. Der gesundheitsorientierte Urlaub

Diese Urlaubsform, die meist eine Erfindung der Destinationen und deren Betriebe ist, lässt sich nicht zum Gesundheitstourismus zählen. Der Gast nützt zwar das vor­handene Wellness- und Bewegungsangebot, jedoch ist der Hauptreisegrund nicht die Verbesserung des Gesundheitszustandes, sondern im Allgemeinen die Erholung zu sehen (RULLE 2004).

2.3. Der Sporttourismus

Die Weltgesundheitsorganisation WTO (2001) hat festgestellt, dass in den Industrie­staaten die Ausgaben für Sport 1 - 2 % des Bruttoinlandsprodukts ausmachen, wäh­rend für den Tourismus 4 - 6 % ausgegeben werden. Weiters hat die WTO die Rei­sebereitschaft für einen Urlaub mit einer Sportkomponente für europäische Länder untersucht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Reisebereitschaft nach Nationen (WTO 2001)

Der innenliegende Erlebnisdrang (SCHULZE 1992) der hauptsächlich multioptiona­len Freizeit- und Erlebnisgesellschaft (MUNDT 2001) sorgt dafür, dass die Verknüp­fung der beiden Wachstumsmärkte Sport und Tourismus in Form von Sportreisen zunehmend eine größere Beliebtheit erfährt. Inzwischen ist dieser zu einem wichti­gen Segment der Tourismusbranche aufgestiegen. Hier unterscheidet die WTO (2001) in folgende Zielgruppen:

- Top-Level-Athleten (komplette Ausrüstung, ernährungsbewusst, mit Trainer, medizinische Serviceleistungen, 4-Sterne-Kategorie, Training im Mittelpunkt, Ernährung und medizinisches Service in unmittelbarer Nähe, Klima als aus­schlaggebender Faktor, usw.)
- Second-Level-Athleten (Ausrüstung ähnlich dem Spitzenathleten, 2- bis 3- Sterne-Kategorie, Klima ist nicht der ausschlaggebende Faktor)
- Jugendgruppen (Nachwuchssportler, begleitende Infrastruktur nicht zwingend notwendig, untere Kategorie, Unterhaltung und Attraktionen können bu­chungsentscheidend sein)
- Sportfanatiker und Amateursportler (hoher Standard in der Ausrüstung, Be­gleitmöglichkeiten erwünscht, 2- bis 5-Sterne-Kategorie, Klima als entschei­dender Faktor, Unterhaltung und Attraktionen wichtig)
- Touristen, die im Urlaub Sport betreiben wollen (gute Ausrüstung, Freiheit der Ernährungswahl, 2- bis 3-Sterne-Kategorie, Unterhaltung und Attraktionen sind buchungsentscheidend)

Allerdings stellt sich SCHWARK (2002) die Frage, was das Eigenständige am Sport­tourismus ist. Denn die Unterscheidung vom Sporttreiben im Urlaub bzw. die ande­ ren Formen des Tourismus im Vergleich zum Sporttourismus sind in der Literatur nicht ausreichend belegt. Bisher gibt es keine eindeutige wissenschaftlich fundierte und allgemeine Begriffsfassung des Sporttourismus (DETTLING 2005). CADUFF (2006) versucht eine Definition, die sich aus beiden Begriffen zusammensetzt und auf dem gesellschaftlichen Wertewandel und dem technischen Fortschritt basiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Definitionsversuch Sporttourismus (CADUFF 2006, S. 8)

RITCHIE/ADAIR (2004, S. 8) definieren Sporttourismus folgendermaßen:

„Sport tourism includes travel to participate in a passive (e.g. sports events and sports museums) sport holiday or and active sport holiday (e.g. scuba di­ving, cycling, golf), and it may involve instance where either sport or tourism are the dominate activity or reason for travel.”

Weiters unterscheiden RITCHIE/ADAIR (2004) fünf unterschiedliche Aktivitäten:

- Sporttourismusattraktionen (Himalaya, Walt Disney Sport Park)
- Sporttourismusdestinationen (Winter-Ski-Resort, Höhentrainingslager-Anlage)
- Sporttourismusausflugsfahrten (Transport zum Great Barrier Reef, Heliskiing)
- Sporttourismustouren (organisierte Fahrten zu Fußballspielen)
- Sporttourismusevents (Europameisterschaften, Weltmeisterschaften)

Der Sporttourismus ist somit wiederum ein weit gefasster Begriff, der eine touristi­sche Messbarkeit in den Augen des Verfassers unmöglich macht. Der limitierende Faktor für die Entwicklung der Sporttourismusdestinationen ist die Bereitstellung der Infrastruktur (WTO 2001). Für die Tourismusdestinationen allein ist die Gesamtheit aller Beweggründe, sei es Gesundheit oder Sport, entscheidend. Ein vielfältiges Wellness-, Sport- und Bewegungsprogramm mit einer perfekt inszenierten Infrastruk­tur bringen in den Augen des Verfassers Buchungen in der Zielgruppe Gesundheit und Sport. Weiters berichtet die WTO (2001), dass das Klima ein entscheidender Faktor für die Destinationswahl im Sporttourismus ist, da dieses auch für den „norma­len“ Urlaubsgast ein wichtiger Entscheidungsgrund ist.

DETTLING (2005, S. 19) definiert Sporttourismus folgendermaßen:

„Sporttourismus bezeichnet Formen aktiver körperlicher Betätigung, die we­der zu den notwendigen noch zu den alltäglichen Bewegungsformen zählen. Diese Formen sportlicher Aktivität sind freiwillig und bewusst so und nicht an­ders ausgeführte Formen von Bewegung, die ausschließlich einem Selbst­zweck dienen. Sie werden während eines zeitweiligen Aufenthalts an einem anderen Ort als dem Wohnort ausgeübt. Diese Formen freiwilliger außerhei­matlicher Bewegungsaktivität haben eine direkte reiseauslösende Funktion; sie induzieren den Wunsch nach einer touristischen Reise, oder deren Aus­übung ist erst in Verbindung mit einer touristischen Reise möglich.“

Diese Definition wird im Laufe dieser Studie vom Autor als die Gültige verwendet.

2.4. Zukunft des Gesundheits- und Sporttourismus

Betrachtet man den Produktlebenszyklus der Tourismusprodukte (WTO 2001) ist in diesem Bereich noch enormes Wachstumspotenzial gegeben.

Allerdings fehlt in dieser Abbildung das Produkt „Gesundheitstourismus“. Nach Ein­schätzung des Autors wäre dieses Produkt ebenfalls in der Einführungsphase, da BÄSSLER (2005, S. 20f) etliche Gründe für den Wachstumsmarkt Gesundheitstou­rismus anführt:

- Gesundheitstourismus ist volkswirtschaftlich enorm wertvoll und stellt eine der wertschöpfungs- und kompetenzintensivsten Tourismusformen dar. Die Ta­gesausgaben der Gesundheitsurlauber liegen mit 96,15 € weit über dem Durchschnitt (74,05 €).
- Österreich besitzt einen 10 % Anteil am europäischen Gesundheitsurlauber­anteil in Europa.
- Deutschland ist der wichtigste Herkunftsmarkt für Österreich.
- 40 % der deutschen Bundesbürger sind an Gesundheitsurlaub interessiert. Das sind insgesamt rund 25,5 Millionen potenzielle Gäste.
- Für die Schweiz wird prognostiziert, dass die Haushalte bereits im Jahr 2010 16 % ihres Geldes für Gesundheit ausgeben.
- Die Spa-Branche zählt mit 19 % Zuwachs an Spa-Betrieben zu den interes­santesten Wirtschaftsbranchen in den USA und Kanada.

FREYER (2001) sieht in der Verknüpfung der beiden Wachstumsmärkte Sport und Tourismus sogar einen zukünftigen „doppelten Megamarkt“. DREYER (2002) erwar­tet, bei gleichzeitiger quantitativer Zunahme und einer immer stärkeren Ausdifferen­zierung sporttouristisch motivierter Reisen, folgende „Megatrends“ im Sporttouris­mus:

- Die Differenzierung von Sportarten, Sportgeräten und Sporträumen nimmt zu.
- Die Menschen streben verstärkt nach Erlebnis, kalkulierbarem Risiko und A­benteuer.
- Die bevorzugte Ausübung von Sportarten in naturnahen Räumen wird allen Sportlern Beschränkungen auferlegen.
- Es entstehen künstliche Funsportwelten.
- Es entstehen gigantische Freizeitparks.

Im Gesundheitstourismus charakterisieren PIKKEMAAT/WEIERMAIR (2006) die Ein­flüsse auf die Zukunft im Wellness- und Gesundheitstourismus folgendermaßen:

- Individualisierung: Der Kunde möchte das Produkt mitbestimmen und sich verwirklichen.
- Multioptionalität: Die Auswahlmöglichkeiten, die der Gast bereits im Hotel mit Wellnessanlage treffen kann, erhöhen sich.
- Entschleunigung: Der Wunsch nach Stressbekämpfung aufgrund von Zeit­knappheit und medialer Informationsflut steigt.
- Sinneswahrnehmung: Die Kunden nehmen das Produkt mit immer mehr Sin­nen wahr.
- Überalterung: Der nachhaltige Lebensstil lässt die Gäste auf natürliche Art immer älter werden.
- Gesundheit: Körperliches Wohlbefinden hat einen hohen Stellenwert.
- Wellness kann als Megatrend betrachtet werden (PIKKEMAAT/WEIMEIER 2006), da rund 11 Millionen Gäste jährlich während ihres Österreich-Urlaubes einmal eine Therme oder einen Fitnesstempel besuchen und sich 2,7 Millio­nen als Wellness-/Gesundheitsurlauber bezeichnen.

Für das Fallbeispiel der Ötztaler Naturtherapie und den Autor eröffnet sich ein großer Markt an potenziellen Kunden - unabhängig davon, welcher Tourismusbranche, sei es Gesundheit oder Sport, dieser zugehörig ist (vgl. Fazit - Kapitel 5.3.).

3. Die Marke im Tourismus

Der Tourist konsumiert ein Leistungsbündel, das in einer Destination angeboten wird. Die Einfachheit des Vergleichs solcher Angebote übers Internet setzt die Tourismus­destinationen unter Druck und der Konkurrenzkampf um den Gast beginnt. In dieser überhitzten Wettbewerbssituation nimmt der Kunde nur noch die regionalen Anbieter wahr, die dem Kunden - via Marke - ein klares, emotional aufgeladenes Produktver­sprechen machen und eine solide Leistung zu einem angemessenen Preis anbieten können. Die tendenzielle Verunsicherung des Kunden zwingt die Destinationen zu Markttransparenz, Produktsicherheit und Reduktion von Komplexität. Diese Funktio­nen kann eine Marke übernehmen. Allerdings sind beim Kunden, der an Urlaub denkt, meist nur die Marken der Reisegesellschaft oder der Fluglinie in Erinnerung (STEINECKE 2001).

„Eine Destination wird sich nur dann zu einer erfolgreichen touristischen Mar­ke entwickeln können, wenn innerhalb der regionalen Tourismusbranche (a­ber darüber hinaus auch in anderen Wirtschaftszweigen) der Wille zur Zu­sammenarbeit vorherrscht. Auf dieser Basis kann eine gemeinsame Zielvor­stellung entwickelt werden, die dann diszipliniert in Form von Einzelmaßnah­men und unter Einbeziehung der einheimischen Bevölkerung realisiert wird. “ (STEINECKE 2001, S. 25)

3.1. Die Markendefinition im Allgemeinen

AAKER/JOACHIMSTHALER (2000) und ESCH et al. (2005) verfolgen den Identitäts­ansatz. Aaker unterscheidet zwischen der Markenessenz (brand essence), der Kern­identität (core identity) und der erweiterten Markenidentität (extended identity).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Markenidentitätsansatz nach AAKER/JOACHIMSTHALER (2000,S. 44)

Brand Essence - Markenessenz spiegelt in einem einzigen Wort die „Seele“ der Marke wider.

Core Identity - Kernidentität: Alle Dimensionen der Kernidentität sollten idealerwei­se die Strategie und die Werte des Unternehmens widerspiegeln. Weiters ist es von Vorteil, wenn der Kern der Marke konstant bleibt - egal ob sich die Marke in eine et­was andere Richtung entwickelt -, solange der Kunde die Marke an der Kernidentität erkennt (AAKER/JOACHIMSTHALER 2000).

Extended Identity - erweiterte Markenidentität: Sie beinhaltet alle identifizierenden Elemente, die nicht im Kern enthalten sind, und ist meist in einzelne Worte gefasst, die einen Interpretationsspielraum zulassen.

3.2. Die Marke Ötztal

Die Markenessenz, das Kernleistungsversprechen, wurde mit dem Satz „Lebens­energie durch Anspannung und Entspannung in einem Tal“ definiert. Ein externer Markenexperte erarbeitete mit 70 Leistungspartnern aus dem gesamten Tal diese Markendefinition. In weiterer Folge wird zur einfacheren Handhabung der Begriff „Lebensenergie“ verwendet. Dieser Begriff wurde von den Workshopsteilnehmern im Ötztal als positive, wertvolle Leistung für die Gäste des Ötztales verstanden. Dazu wurden die Kernleistungen Kraft, Selbstfindung und Genuss definiert, die den ganz­heitlichen Ansatz für die Vermarktung der Marke „Ötztal“ bieten (TRASSER 2008).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Das Kernleistungsversprechen der Marke „Ötztal“ (TRASSER 2008, S. 12)

Die Kernidentität oder die Kernleistungswerte beschreiben, mit welcher Einstellung das Leistungsversprechen eingelöst wird. Diese Begriffe sind gesellschaftliche und moralische Werte, die im Ötztal verankert sind, und auch außerhalb des Ötztales mit dem Tal und den Bewohnern in Verbindung gebracht werden (TRASSER, 2008):

Ehrlich: Ehrlichkeit ist einer der zentralen christlichen Grundsätze. Ehrlichkeit bedeu­tet Versprechen und Zusagen einzuhalten und nichts zu verheimlichen. Bodenständig: Dem Ötztaler wird im Volksmund eine besondere Bodenständigkeit nachgesagt. Es wäre jedoch verkehrt, sich hier einen einheitlichen Konservativismus vorzustellen. Auf diese Bodenständigkeit weisen die Wertschätzung der eigenen Wurzeln sowie die Verankerung der Ötztaler im Gemeinwesen hin.

Menschlich: Der Ötztaler hört auf sein „Gespür“ und beweist - wenn nötig - Finger­spitzengefühl, weil der Einheimische, der Mitarbeiter und der Gast im Mittelpunkt der Anstrengungen stehen.

Eigenwillig (umgangssprachlich „täre“): eigenwillig sein - stets unabhängig nach außen, unabhängig von außen: Diese Eigenschaft diente und dient der Sicherung der eigenen Besonderheit. Zuweilen - wenn der Fremdeinfluss zu stark wird - geht der Eigenwille bis an die Grenze des Eigensinns.

Erfinderisch: Das Ötztal schafft das Klima für „Neuerungen“, und zwar nicht nur für neue Ideen und Konzepte, sondern auch für deren Umsetzung bzw. Verwertung. Neu kann in diesem Zusammenhang eine echte Weltneuheit oder aus Sicht eines einzelnen Unternehmens, Mitarbeiters etc. eine subjektive Neuheit bedeuten. Ehrgeizig: Ehrgeiz bedeutet für die Marke „Ötztal“, die Energie dafür einzusetzen, etwas zu erreichen, ein gemeinsames Ziel zu erlangen. Ehrgeiz verstehen wir als Symbol für Beflissenheit und positives Strebertum: nicht aber als egoistische Rück­sichtslosigkeit.

Die erweiterte Markenidentität bzw. der alleinstellende Stil bildet den sinnlich wahr­nehmbaren Bereich. Das Erleben mit allen Sinnen steht im Vordergrund: Wie klingt das Ötztal? Wie schmeckt das Ötztal? Der Stil muss eine überzeugende Überein­stimmung zwischen dem Kernleistungsversprechen, den Kernleistungswerten und der äußeren Form der Marke haben (TRASSER, 2008):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Die Marke Ötztal auf einen Blick (TRASSER 2008, S. 17)

Die Markendefinition ist für den Ötztal Tourismus die Grundlage in der Produktent­wicklung, im Marketing und in der strategischen Ausrichtung im Allgemeinen. Vor allem in Zeiten der wirtschaftlichen Krisen setzen sich Marken und gutes Image auch am Tourismusmarkt durch. Nur so ist es zu erklären, dass große Destination wie das Ötztal trotz Finanzschwierigkeiten gerade im Sommertourismus ein Plus in den Nächtigungen erzielen konnten (vgl. Kapitel 8.).

4. Das touristische Produkt

Die Schwierigkeit ist die unterschiedliche Betrachtungsweise des touristischen Pro­dukts. Der Produktanbieter hat seine Prozesse genau definiert. Der Gast kann aber oft nicht unterscheiden, ob zum Beispiel störende Elemente nicht auch zu dem Pro­dukt gehören. Für den Urlauber beginnt das Angebot meist bei der Anreise und en­det mit der Rückkehr nach Hause, für den Anbieter kann dies aber nur die Leistung vor Ort sein. Hier verhält es sich ähnlich dem Destinationsgedanken.

„Für den Gast kann es ein ganz anderer geografischer Bereich sein wie für den Touristiker. Die Destination ,als Ort mit einem Muster an Attraktionen und damit verbundenen Tourismuseinrichtungen und Dienstleistungen’ stellt als Leistungsbündel für einen bestimmten Gast ein Produkt dar.“ (BIEGER 2008, S. 56)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Eigene Darstellung zur Sichtweise des Produkts (nach FREYER 1997)

Im Folgenden wird der Begriff touristisches Produkt definiert:

„Ein touristisches Produkt ist ein Bündel von einzelnen touristischen Angebo­ten, die zusammen erst einen Aufenthalt oder eine Reise ermöglichen und deshalb erst im Verbund Bedürfnisse beim Konsumenten befriedigen können resp. zu einem Nutzen führen.“ (BIEGER 2008, S.364)

4.1. Aufbau des touristischen Produkts im Allgemeinen

Das touristische Produkt ist die Summe aus den natürlichen Begebenheiten einer Destination und den abgeleiteten Faktoren. FREYER (2006) spricht von der Summe aller Maßnahmen und Einrichtungen, die dem Tourismus dienen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Das touristische Angebot FREYER (2006, S. 254)

4.1.1. Das ursprüngliche Angebot einer Destination

Das Angebot, welches ursprünglich nicht für den Tourismus entwickelt wurde, um­fasst einerseits das naturgegebene Angebot (Landschaft, Topografie, Flora, Fauna, Klima, Wetter, Naturdenkmäler) und andererseits die soziokulturellen Angebote, wie Kultur, Tradition, Sprache und Mentalität (FREYER 2006). Diese ersten zwei Ange­botstypen sind in weiterer Folge wichtig für die Markenbildung einer Destination und für die Produktentwicklung - da sich die lokale Bevölkerung mit der Destination und dem Produkt identifizieren muss, um es dem Gast in erster Linie vorzuleben und na­türlich zu verkaufen. Weiters sind öffentliche Güter, wie Politik, Soziales, Bildung, Kommunikations- und Verkehrswesen, zum ursprünglichen Angebot zu zählen.

4.1.2. Das abgeleitete touristische Angebot einer Destination

Die ursprünglichen Angebote sind meist ein Auslöser für das abgeleitete Angebot. Dieses macht die Destinationen zu Tourismusorten/-gebieten. Hierbei unterscheidet FREYER (2006) zwischen der touristischen Infrastruktur, die speziell für den Touris­mus entwickelt wurden, und Organisationsstrukturen, die den Tourismus institutiona­lisieren.

4.1.3. Das immaterielle Angebot

Zusätzlich zu den zwei Unterteilungen aus Abbildung 8 kommt in der Tourismuslitera­tur noch eine Reihe immaterieller Aspekte hinzu; sogenannte Zusatzleistungen, At­traktivität, Image, Erlebnis oder Glück (FREYER 2006).

4.2. Besonderheiten des touristischen Produkts

BIEGER (2008) zeigt die zahlreichen Besonderheiten eines touristischen Produkts im Vergleich zu Konsumgütern:

Eine touristische Leistung ist aus vielen Teilleistungen zusammengesetzt, wie Attrak­tionen in Erlebnisanlagen, Museen, Landschaften, Events und Infrastruktur (Unter­kunft, Verpflegung, Transport, Wegenetz, usw.).

Das touristische Produkt setzt sich aus meist vielen Einzelleistungen unterschiedli­cher Leistungspartner zusammen (Transportbetriebe, Unterkunft, Reiseorganisation, Skilehrer, usw.). Ein touristisches Produkt ist eine nichtmaterielle Leistung, die nur schwer vermittelbar und mit Unsicherheit behaftet ist. FREYER (1997) begründet dies unter anderem mit der Beschaffenheit des Produkts aus den Komponenten Zeit, Raum und Person.

Ein touristisches Produkt bringt externe Effekte in großem Umfang mit sich. Dement­sprechend besteht ein großes öffentliches Interesse an dessen Gestaltung. Das Pro­dukt wirkt in den Bereichen Ökonomie, Ökologie und Soziales und somit muss ein Produkt mit der Region, den Betrieben und Meinungsbildnern gemeinsam entwickelt werden. Die Betreiber der örtlichen Infrastruktur, meist öffentliche Hand, sind ein wichtiger Faktor für ein funktionierendes touristisches Produkt. Zahlreiche Teilleis­tungen werden nicht unternehmerisch angeboten, sondern werden vom Gast unent­geltlich in Anspruch genommen (z.B. Wanderwege), müssen aber trotzdem vorhan­den sein. Beim touristischen Produkt wird die Leistung direkt am Objekt bzw. Men­schen erbracht, und diese Leistung ist nicht lagerfähig. Eines der wesentlichsten Merkmale hält TSCHIDERER (1980, S. 16) fest:

„Im Tourismus stellt der Kunde sein Endprodukt normalerweise selbst zu­sammen, d.h. er wählt selbst unter den angebotenen Marktleistungen die für ihn geeignete Leistungskombination.“

4.3. Qualitätsverlust auf das touristische Produkt

Die Komplexität des touristischen Produkts birgt die Gefahr hoher Qualitätsverluste mit sich.

„Die Gesamtqualität des touristischen Produkts ergibt sich aus der Summe der Teilqualitäten der einzelnen Leistungsbausteine, wobei eine Kompensati­on von Qualitätsunterschieden verschiedener Leistungskomponenten nicht möglich ist.“ (BREIDENBACH 2002, S. 44).

Ein Ausgleich einer schlechten Leistung durch eine andere Leistung hoher Qualität ist aus Sicht des Gastes meist nicht möglich. Durch die beschränkte Einflussnahme auf das Gesamtprodukt, durch z.B. den Tourismusverband, ist eine Qualitätskontrolle oft nur schwer möglich.

4.4. Das Gesundheitsprodukt

Aus Sicht des Gastes sind die Erwartungen an ein Gesundheitsprodukt verschieden ausgeprägt. Bei Kuraufenthalten und dem selbstfinanzierten Gesundheitsurlaub ste­hen vor allem die Verbesserung des Gesundheitszustandes und des allgemeinen Wohlbefindens im Vordergrund (WAGNER 2006). Dem Wellnessgast ist es wichtig, den Aufenthalt zu genießen und sich etwas Gutes zu tun. Im Gegensatz zum Kurgast ist der Wellnessgast eher genussorientiert und nicht problemorientiert (WAGNER 2006). Der wachsenden Erfahrung der Gäste im Gesundheitsurlaub muss eine hohe Qualität und Diversifikation des Gesundheitsprodukts folgen (WAGNER 2006). Nach DAHLKE et al. (2000) basiert unsere Gesundheit auf den Säulen Ernährung, Bewe­gung und Regeneration, Umwelt und Bewusstsein, die allesamt von großer Bedeu­tung für den Menschen sind und in ihrem positiven Zusammenwirken den Zustand der Gesundheit ergeben.

In den Augen des Verfassers ist die Struktur eines Gesundheitsprodukts weitaus komplexer. Die folgende Abbildung 8 zeigt die wichtigsten Merkmale eines Produkts im Gesundheitstourismus. Je nach Zielgruppe und Art des Produkts fällt die Gewich­tung der einzelnen Säulen unterschiedlich aus.

4.4.1. Medizinischer Check

Die wohl wichtigste Komponente, um dem Titel Gesundheitsprodukt gerecht zu wer­den, ist die der medizinischen Diagnose. Diese kann von reiner Pulsmessung bis hin zur Laktat- oder Herzfrequenzmessung gehen. Je nach Produkt sind diese zu defi­nieren und auch mit den entsprechenden Fachleuten zu besetzen. Für den Kunden eines Kuraufenthaltes zählt vor allem die medizinische und therapeutische Betreu- ung. Die Reiseformen mit dem Schwerpunkt Sport und Fitness zielen besonders auf Stressabbau und Abbau beruflicher Belastungen (WAGNER 2006).

4.4.2. Bewegung/Fitness

Entscheidend für den Gesundheitsurlaub werden die individuellen Bewegungspro­gramme sein. Neuerdings dient der Gesundheitsurlaub nicht mehr als Ausgleich zur Überbelastung des Bewegungsapparates (im klassischen Sinn - die Kur), sondern dem Aufbau desselbigen, durch Bewegungsarmut verkümmerter Körper (LINSER 2006). RULLE (2004) verlangt eine Anleitung zur körperlichen Betätigung, die die physischen und motorischen Eigenschaften, wie Schnelligkeit, Kraft, Ausdauer, Be­weglichkeit und Koordination, verbessern. Die individuellen Bewegungseinheiten müssen jedoch auf den Gast abgestimmt werden, welche in der Durchführung unter Umständen zu einem hohen „Traineraufwand“ führen kann. Individuelles Coaching ist kostenintensiv und lässt das Produkt in die höhere Preiskategorie aufsteigen.

4.4.3. Ernährung

WAGNER (2006) bekräftigt die Notwendigkeit einer gesunden Ernährung im Ge­sundheitsurlaub und RULLE (2004) setzt die Ernährung als einen Schwerpunkt von Wellnessprodukten an. Hierbei zählt neben der gesunden Nahrungsaufnahme auch Verhaltensweisen zu erlernen, die auch im Alltag zu einer veränderten Einstellung gegenüber der eigenen Ernährungsweise führen.

4.4.4. Sozialer Aspekt

„Eine wichtige Erwartungshaltung der Gäste im Segment des Gesundheits­tourismus sind auch eine aktive Freizeitgestaltung und der Kontakt und die Geselligkeit mit anderen Leuten.“ (WAGNER 2006, S. 51)

Weiters glaubt der Autor, dass gerade im Gesundheitstourismus die individuelle Betreuung, die Beziehungsebene zwischen Gast und „Trainer“ wichtig ist; egal ob Bergführer, Hotelier oder Mitarbeiter im Tourismusverband. In touristischen Produk­ten steht das subjektive Wohlbefinden des Gastes im Mittelpunkt und ist somit im Gesundheitstourismus eine unverzichtbare Komponente (Hüttenabende, Gästeeh­rungen, usw.).

4.4.5. Unterkunft

Bei Kuraufenthalten oder Rehabilitationstherapien sind die Kuranstalt oder das medi­zinische Zentrum, meist mit spezieller medizinischer Ausrichtung, für den Urlauber unerlässlich. Wellness-, Fitness-, Sport- und Aktivurlaube hingegen werden von den Gästen bevorzugt eher in Hotelanlagen oder Ferienresorts verbracht.

4.4.6. Naturerlebnis

Um den Gast aus seinem Alltagsstress, seiner gewohnten Umgebung heraus zu ho­len, bedarf es einer intakten Natur und das Erlebbarmachen der Umwelt. Die Aspek­te frische Luft, Höhenlage und sauberes Wasser spielen eine große Rolle. Der Gast will mit allen Sinnen seinen Urlaub genießen (WAGNER 2006).

4.4.7. Entspannung

Die Entschleunigung, durch Entspannungsübungen oder durch Wellness-Spa-An- wendungen, ist ein weiteres Wesensmerkmal des Gesundheitsprodukts. Passive Formen der Entspannung, wie Sauna- und Dampfbadbenützung, sind ebenso wichti­ge Komponenten des Gesundheitsprodukts wie die aktive Behandlung durch Thera­peuten. BÄSSLER (2006) hält Ausspannen, Erholen und Krafttanken als zentrale Anliegen der berufstätigen Bevölkerung. Im Gesundheitsurlaub gilt es, einen bewuss­ten Kontrapunkt zum Alltag zu setzen, um wieder zur eigenen Mitte zu finden. RULLE (2004) hält die Anwendung von Entspannungstechniken als notwendig, um längerfristige psychische und körperliche Schäden zu vermeiden.

4.4.8. Wissensvermittlung

Der hohe Informationsstand zur eigenen Gesundheit bedingt, dass die Wissensver­mittlung zu diesem Thema ein sensibler Bereich ist. Der Gast will wissen, was er wie und warum machen muss, um seinen Gesundheitszustand zu erhalten oder zu verbessern. Wissensvermittlung kann neben der Bewegungsanweisung ein Vortrag, ein Seminar und auch ein persönliches Coaching sein. Die Schulung der einzelnen Leistungspartner ist somit notwendig, damit auch ein Bergführer zum Thema Herz­kreislauf Bescheid weiß. Durch den beschränkten Einfluss der Tourismusorganisati­onen auf die privatwirtschaftlich geführten Leistungspartner sind in diesem Bereich sehr oft sehr schnell die Grenzen erreicht. Die Gesundheitsbildung verschafft dem Kunden Zugang zu einer gesundheitsfördernden Lebensweise (RULLE 2004).

5. Positionierung einer Destination und deren Orte

Die Vielfalt an Angeboten und Produkten sind für den Kunden oftmals undurch­schaubar. Eine Positionierung ist somit im Tourismus ein notwendig gewordener Prozess, der im folgenden Kapitel beschrieben wird (KOTLER/BLIEMEL 2001).

5.1. Die Positionierung im Allgemeinen

Der Kunde ist oft nicht in der Lage zu erkennen oder nicht interessiert, inwiefern sich das Produktangebot einer Destination von einer anderen unterscheidet. Gerade in den Tourismusregionen der Alpen ist daher eine Positionierungsstrategie notwendig. Durch das vielfältige Urlaubsangebot im Ötztal ist die Positionierung der einzelnen Orte eine Notwendigkeit. KOTLER/BLIEMEL (2001, S. 495) definieren die Positionie­rung folgendermaßen:

„Positionierung ist das Bestreben des Unternehmens, sein Angebot so zu gestalten, dass es im Bewusstsein des Zielkunden einen besonderen, ge­schätzten und vom Wettbewerb abgesegneten Platz einnimmt.“

Eine Konsequenz der Positionierung ist die Konzentration auf bestimmte Produkte und Entwicklungen. Dies hat zur Folge, dass Angebote wegfallen, da sie dem Prinzip der Positionierung nicht genügen, das heißt, dass sie zum Beispiel aus mangelnder Glaubwürdigkeit, Imagegründen oder fehlender Authentizität weggelassen werden. Von einer klaren Positionierung am Markt spricht man, wenn das Produkt

- zu der Destination im weitesten Sinne passt,
- für den Kunden relevant ist (urlaubsentscheidend),
- vom Kunden auch subjektiv wahrgenommen wird,
- eine Abgrenzung von der Konkurrenz ermöglicht und
- langfristig verfolgt werden kann (ESCH, 2005).

„Vermittelt man hingegen zu viele Positionierungseigenschaften, so ist damit zu rechnen, dass kaum konsistente Richtlinien zur Positionierung vermittelt werden können, daraus ein stärkerer Wettbewerb mit mehr konkurrierenden Angeboten resultiert, weniger effektiv ein Image beim Konsumenten aufge­baut werden kann sowie die Kosten zur Implementierung einer solchen Stra­tegie höher sind als bei Konzentration auf wenige Positionierungseigenschaf­ten“. (ESCH, 2005, S. 136)

HINTERHUBER (2004, S. 12) spricht bei touristischen Produkten von Kernkompe­tenzen:

„Kernkompetenzen sind integrierte und durch organisationale Lernprozesse koordinierte Gesamtheiten von Technologien, Know-how, Prozessen und Einstellungen,

- die für den Kunden erkennbar wertvoll sind,
- gegenüber der Konkurrenz einmalig sind,
- schwer imitierbar sind und
- potentiell den Zugang zu einer Vielzahl von Märkten eröffnen.“

Er schlägt vor, die strategischen Geschäftsfelder oder Produkte in ein Diagramm ein­zubinden, und zwar zuerst den Ist-Stand. Im nächsten Schritt empfiehlt HINTERHUBER (2004) die Entwicklung für jedes Produkt in dem Diagramm darzu­stellen:

- die Veränderungen im bestehen Portfolio,
- die vorhandenen und/oder neu aufzubauenden Kernkompetenzen,
- die Beschaffung und Allokation der personellen, finanziellen und materiellen Ressourcen,
- die Wertsteigerungsziele innerhalb eines Zeithorizontes der Gesamtstrategie. (HINTERHUBER 2004)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Grundschema zur Positionierung (vereinfachte Darstellung nach HINTERHUBER 2004, S. 213)

5.2. Die Produktpositionierung im Ötztal Tourismus

Die Notwendigkeit der Positionierung wird auf Grund der Vielfalt des Urlaubsange­bots ersichtlich. Exemplarisch für den Ganzjahrestourismus wird die Produktvielfalt des Sommerangebots im Ötztal angeführt.

Die Urlaubsdestination Ötztal ist mit 67 km das längste Seitental des Inntals und be­sitzt mit 140 Quadratkilometern das größte Gletscherskigebiet der Ostalpen. Weitere Höhepunkte sind das höchst bewohnte Kirchdorf Österreichs, Obergurgl-Hochgurgl, der höchste Wasserfall Tirols, der Stuibenfall mit 159 m Fallhöhe, die Wildspitze, der zweithöchste Berg Österreichs, und der Piburger See, mit durchschnittlich 23 Grad einer der wärmsten Bergseen Tirols.

Die Ötztaler Alpen sind mit über 250 Dreitausendern dicht besät mit hohen Bergen und mit 86 Gletschern besitzt das Ötztal die größte Vergletscherung in den Ostalpen. Neben hochalpinem Bergsteigen gibt es auch rund 1.300 Kilometer markierte Wan­derwege, die unter anderem in die meist entlegenen Naturschutzgebiete des Ötztaler Naturparks führen. Die höchstgelegene, bewirtschaftete Siedlung, die Rofenhöfe, findet man in Vent vor.

[...]

Ende der Leseprobe aus 117 Seiten

Details

Titel
Die SWOT-Analyse als Instrument zur Produktimplementierung im Gesundheitstourismus
Untertitel
Erfolgsfaktoren und Maßnahmen für das Fallbeispiel Ötztaler Naturtherapie
Hochschule
Donau-Universität Krems - Universität für Weiterbildung  (Zentrum für Gesundheitsförderung und Sport, Sozialwirtschaft)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2009
Seiten
117
Katalognummer
V163767
ISBN (eBook)
9783640786091
ISBN (Buch)
9783640786282
Dateigröße
1957 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Aufbauend auf das touristische Produkt wird die Besonderheit des Gesundheitsproduktes dargestellt und neu definiert. Die SWOT-Analyse ist Grundlage für die Auseinandersetzung im Gesundheitstourismus. Anhand des Fallbeispieles werden Maßnahmen für die unterschiedlichen Stakeholder gesetzt.
Schlagworte
Implementierung, Produktentwicklung, Tourismus, SWOT-Analyse, Gstettner, Gesundheitstourismus;, Gesundheit;
Arbeit zitieren
Mag. Gerhard Gstettner (Autor:in), 2009, Die SWOT-Analyse als Instrument zur Produktimplementierung im Gesundheitstourismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163767

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