1. Einleitung
1.1 Rudolf Hess
„Ich bin glücklich zu wissen, daß ich meine Pflicht getan habe und meinem Volk gegenüber, meine Pflicht als Deutscher, als Nationalsozialist, als treuer Gefolgsmann meines Führers. Ich bereue nichts.“1
(Rudolf Hess, 1946)
Am 30. September 1946 wurde Rudolf Hess2, ehemaliger Stellvertreter Adolf Hitlers in der NSDAP und Angeklagter im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher, vom alliierten Kriegsgericht wegen Planung eines Angriffskrieges und Verschwörung gegen den Weltfrieden, zu einer lebenslangen Haftstrafe im Kriegsverbrechergefängnis Spandau (Berlin) verurteilt.3 Der sogenannte „Stellvertreter des Führers“4 blieb dort inhaftiert, bis er am 17. August 1987 in seiner Zelle tot aufgefunden wurde, nach fast 40 Jahren Haft.
Fünfzehn Jahre nach seinem Tod, am 17. August 2002, versammelten sich etwa 2500 Neonazis im bayrischen Wunsiedel, der Begräbnisstätte von Hess, zu einer rechtsextremen Kundgebung um seines Todes zu gedenken. Der sogenannte „Rudolf-Hess-Gedenkmarsch“ ist zu einem jährlichen Ritual für die europäische Neonaziszene geworden und Hess selbst zu einer Ikone der Rechten.5
Ziel dieser Arbeit soll nun sein, zu analysieren welche Aspekte der Person Rudolf Hess zu dieser Entwicklung geführt haben und weshalb gerade Hess durch sein Verhalten diesen Status „post mortem“ erhalten hat. Die besondere Aufmerksamkeit soll dabei auf Hess’ Auftreten im Nürnberger Prozess liegen und wie sein Verhalten vor Gericht zu der „Ikonisierung“ seiner Person beigetragen hat.
Als Grundlage für diese Arbeit dienen in erster Linie die Protokolle der Nürnberger Prozesse, im besonderen das Schlusswort von Rudolf Hess vom 31. August 1946, sowie der Aufsatz „Der Rudolf-Hess-Gedenkmarsch in Wunsiedel. Rekonstruktion eines nationalistischen Phantasmas“ erschienen 2004 in der Zeitschrift „Mittelweg 36 – Zeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung“. Weitere Informationen wurden u.a. aus dem Buch „Der Nürnberger Prozess“ des Journalisten Joe J. Heydecker6 sowie aus einer biographische Skizze Hess’ aus „Die braune Elite I. 22 biographische Skizzen“, hrsg. von Rainer Zitelmann, bezogen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Rudolf Hess
- 2. Der Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher
- 2.1 Rudolf Hess auf der Anklagebank
- 2.2 „Ich bereue nichts.“ – Das Schlusswort von Rudolf Hess
- 3. Ikone der rechten Szene
- 3.1 Der „Rudolf Hess Gedenkmarsch“
- 3.2 Warum Rudolf Hess?
- 4. Schluss
- 4.1 Der Mythos Rudolf Hess
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Aspekte der Person Rudolf Hess, die zu seiner Ikonisierung in rechtsextremen Kreisen geführt haben. Der Fokus liegt auf Hess' Verhalten während des Nürnberger Prozesses und dessen Beitrag zur Entstehung dieses „post mortem“ Status. Die Arbeit untersucht, wie sein Auftreten vor Gericht seine spätere Wahrnehmung beeinflusst hat.
- Rudolf Hess' Rolle im Nationalsozialismus
- Hess' Verhalten und Auftreten während des Nürnberger Prozesses
- Die Instrumentalisierung Hess' durch die rechtsextreme Szene
- Der „Rudolf-Hess-Gedenkmarsch“ als Ausdruck rechtsextremer Ideologie
- Die Konstruktion des Mythos Rudolf Hess
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach den Gründen für die Ikonisierung Rudolf Hess' in rechtsextremen Kreisen. Sie präsentiert das Zitat Hess' „Ich bereue nichts“, welches seine Haltung und die spätere Rezeption seines Wirkens prägt. Die Einleitung skizziert den Lebensweg Hess' und seinen Tod im Gefängnis Spandau, bevor sie den jährlichen „Rudolf-Hess-Gedenkmarsch“ als zentralen Punkt der rechtsextremen Verehrung hervorhebt. Die Arbeit zielt darauf ab, Hess' Rolle im Nürnberger Prozess und dessen Einfluss auf seine spätere Ikonisierung zu analysieren.
2. Der Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher: Dieses Kapitel beleuchtet Hess' Rolle als Angeklagter im Nürnberger Prozess. Es beschreibt seine Verurteilung zu lebenslanger Haft und analysiert seine Haltung während des Prozesses, die durch Teilnahmslosigkeit und Desinteresse gekennzeichnet war. Das Kapitel thematisiert die Ablehnung des Nürnberger Prozesses in rechtsextremen Kreisen als „Schauprozess“ und „Siegerjustiz“, wobei Hess' Verhalten als Bestätigung dieser Sichtweise interpretiert wird. Der Gegensatz zwischen Hess' angeblicher „Pflichterfüllung“ und der Realität seiner Beteiligung an NS-Verbrechen wird somit deutlich.
3. Ikone der rechten Szene: Dieses Kapitel untersucht die Entwicklung Hess' zur Ikone der rechtsextremen Szene. Es beschreibt den „Rudolf-Hess-Gedenkmarsch“ als jährliches Ritual und analysiert die Gründe für die Verehrung Hess' durch Neonazis. Das Kapitel beleuchtet, wie Hess' vermeintliche Loyalität zum „Führer“ und sein „Bereuen nichts“-Zitat von Rechtsextremisten instrumentalisiert werden. Die Konstruktion Hess' als Märtyrer für die nationalsozialistische Sache wird detailliert analysiert, um die anhaltende Relevanz seiner Figur für die rechtsextreme Ideologie zu verstehen.
Schlüsselwörter
Rudolf Hess, Nürnberger Prozess, Neonazismus, Rechtsextremismus, Ikonisierung, „Rudolf-Hess-Gedenkmarsch“, NS-Verbrechen, „Siegerjustiz“, Propaganda, Mythosbildung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Rudolf Hess: Ikone der rechten Szene?"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Ikonisierung Rudolf Hess' in rechtsextremen Kreisen. Der Fokus liegt auf Hess' Verhalten während des Nürnberger Prozesses und wie dies seine spätere Wahrnehmung beeinflusst hat. Die Arbeit untersucht die Instrumentalisierung Hess' durch die rechtsextreme Szene und die Konstruktion seines Mythos.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: Rudolf Hess' Rolle im Nationalsozialismus, sein Verhalten und Auftreten im Nürnberger Prozess, die Instrumentalisierung Hess' durch Rechtsextremisten, den „Rudolf-Hess-Gedenkmarsch“ als Ausdruck rechtsextremer Ideologie und die Konstruktion des Mythos Rudolf Hess.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in vier Kapitel: Einleitung, Der Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher, Ikone der rechten Szene und Schluss. Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die Forschungsfrage. Kapitel zwei beleuchtet Hess' Rolle im Nürnberger Prozess. Kapitel drei untersucht die Ikonisierung Hess' in der rechtsextremen Szene. Das letzte Kapitel fasst die Ergebnisse zusammen und diskutiert den Mythos Rudolf Hess.
Was ist die zentrale These der Arbeit?
Die Arbeit argumentiert, dass Hess' Verhalten und Auftreten während des Nürnberger Prozesses, insbesondere sein berühmtes Zitat „Ich bereue nichts“, maßgeblich zu seiner Ikonisierung in rechtsextremen Kreisen beigetragen haben. Rechtsextreme instrumentalisieren seine vermeintliche Loyalität und sein angebliches Opfertum, um ihre Ideologie zu stützen.
Welche Rolle spielte der Nürnberger Prozess?
Der Nürnberger Prozess spielt eine zentrale Rolle. Die Arbeit analysiert Hess' Verhalten vor Gericht, die Ablehnung des Prozesses durch Rechtsextreme als „Schauprozess“ und „Siegerjustiz“, und wie Hess' Haltung diese Sichtweise bestärkte. Sein Verhalten während des Prozesses wird als entscheidend für seine spätere Ikonisierung dargestellt.
Welche Bedeutung hat der „Rudolf-Hess-Gedenkmarsch“?
Der „Rudolf-Hess-Gedenkmarsch“ wird als zentrales Ritual der rechtsextremen Verehrung Hess' dargestellt. Die Arbeit analysiert die Gründe für diese Verehrung und wie Hess' Figur von Neonazis instrumentalisiert wird.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Rudolf Hess, Nürnberger Prozess, Neonazismus, Rechtsextremismus, Ikonisierung, „Rudolf-Hess-Gedenkmarsch“, NS-Verbrechen, „Siegerjustiz“, Propaganda, Mythosbildung.
Welche Schlussfolgerung zieht die Arbeit?
Die Arbeit schlussfolgert, dass die Ikonisierung Rudolf Hess' in rechtsextremen Kreisen das Ergebnis einer komplexen Interaktion zwischen Hess' eigenem Verhalten, der Rezeption des Nürnberger Prozesses und der gezielten Instrumentalisierung seiner Figur durch rechtsextreme Propaganda ist. Der Mythos Rudolf Hess bleibt bis heute relevant für die rechtsextreme Ideologie.
- Arbeit zitieren
- Florian Rübener (Autor:in), 2006, Rudolf Hess im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/163925