Vor einigen Jahrzehnten wurde ein Befreiungskrieg um den Sex entfesselt, der die Menschen gleich aus mehrfacher Knechtschaft zu erlösen versprach: Nicht nur die Lust und die Rede sollten zügelloser werden, auch die Zwänge des Industriekapitalismus, deren Ausdruck letztlich auch die Gängelung des Sexuellen sei, sollten hinweggefegt werden. Mit Blick auf den hohen Stellenwert, den der Sex und das Reden darüber heute einnehmen, lassen sich die Utopien von einst kritisch prüfen: Nicht nur darauf, ob sie ihre Versprechen eingelöst haben – dies ist längst und bis zur Erschöpfung versucht worden. Viel interessanter ist die Frage, ob die Theorie der Befreiung durch Sex eine sinnvolle Grundannahme gewesen ist. Die Betrachtung gegenwärtiger Stoffe in den Medien ermöglicht es uns zudem, die Utopienkritik, die seinerzeit formuliert worden ist, auf ihre Plausibilität hin zu untersuchen.
Inhaltsverzeichnis
- Sex, Revolution, Kapitalismus
- Neues zu Michel Foucaults Kritik an der Repressionshypothese
- Die Verwissenschaftlichung des Sexes
- Die „Raffinierung“ der Rede
- Das „Befreiungsunternehmen“
- Die Freiheit der „68er“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay beleuchtet die Kritik von Michel Foucault an der Repressionshypothese im Kontext der sexuellen Revolution der 1960er und 1970er Jahre. Er untersucht, ob die Annahme einer sexuellen Unterdrückung in den vergangenen Jahrhunderten zutrifft und welche Folgen die vermeintliche Befreiung des Sexes für Gesellschaft und Individuum hatte.
- Die Entstehung des Sex-Diskurses
- Foucaults Kritik an der Repressionshypothese
- Der Einfluss von Ökonomisierung und Verwissenschaftlichung auf die Sexualität
- Die Rolle der „68er“ im Kontext der sexuellen Revolution
- Die Ambivalenz der Befreiung des Sexes
Zusammenfassung der Kapitel
Sex, Revolution, Kapitalismus
Der Autor beginnt mit einem aktuellen Beispiel aus dem evangelischen Magazin Chrismon, um die gesellschaftliche Einstellung zur Sexualität zu veranschaulichen. Käßmanns Kommentar spiegelt die Ambivalenz des Themas wider: Sexualität ist ein Geschenk, das aber gleichzeitig Verantwortung und ethische Maßstäbe erfordert.
Neues zu Michel Foucaults Kritik an der Repressionshypothese
Michel Foucault kritisiert die Vorstellung einer systematischen Unterdrückung des Sexes in den vergangenen Jahrhunderten. Er argumentiert, dass der Sex-Diskurs durch Institutionen wie Wissenschaft, Politik und Bildung kontrolliert und „raffiniert“ wird. Foucault identifiziert drei Phasen dieses Prozesses: die Beichte im 17. Jahrhundert, die Ökonomisierung des Sexes im 18. und 19. Jahrhundert und die Verwissenschaftlichung im 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Die Verwissenschaftlichung des Sexes
Foucault beschreibt die Konstruktion von Kausalitäten zwischen Sex und individuellen sowie gesellschaftlichen Entwicklungen. Die Verwissenschaftlichung des Sexes führt zu einer „Sexual-Ontologie“, die ihn als etwas „Eigentliches“ in der Gesellschaft darstellt.
Die „Raffinierung“ der Rede
Foucault beschreibt den Prozess, wie die Rede über den Sex zunehmend kontrolliert und in bestimmte Bereiche ausgelagert wird. Diese „Raffinierung“ führt zu einer intensiven, aber gleichzeitig regulierten Auseinandersetzung mit dem Thema.
Das „Befreiungsunternehmen“
Der Autor diskutiert die These, dass die sexuelle Revolution der 1960er und 1970er Jahre eine „Befreiung“ des Sexes von gesellschaftlichen Zwängen anstrebte. Er stellt die Frage, ob diese Befreiung gelungen ist oder ob es sich um eine Fortsetzung der „Instrumentalisierung“ des Sexes handelt.
Die Freiheit der „68er“
Der Essay beleuchtet die Rolle der „68er“ in der sexuellen Revolution. Es wird argumentiert, dass die „68er“ zwar autoritäre Strukturen in Frage stellten, aber die Grundprinzipien des Kapitalismus nicht substanziell angriffen. Der Autor stellt die Frage, ob die Ideen der „68er“ letztendlich mit der Logik des Kapitalismus vereinbar waren.
Schlüsselwörter
Sexuelle Revolution, Repressionshypothese, Michel Foucault, Diskursanalyse, Verwissenschaftlichung, Ökonomisierung, „68er“, Kapitalismus, Sexualität, Medien.
- Arbeit zitieren
- Ludwig Andert (Autor:in), 2010, Sex, Revolution, Kapitalismus - Neues zu Michel Foucaults Kritik an der Repressionshypothese, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164234