„Cossacks were not people, but a way of life.”
Die so genannte Kolijivščyna des Jahres 1768 im Gebiet der rechtsufrigen Ukraine bildet in der Geschichtsschreibung der Ukraine einen wichtigen Teil des Mythos des Kosakentums, der wiederum als Beginn der ukrainischen Nationsbildung dient. Der Aufstand war der Versuch der Kosaken und der ukrainischen Bauern das „Unvermeidliche zu vermeiden“ , und zwar die administrative und wirtschaftliche Unterwerfung des Siedlungsgebiets der Kosaken durch das Königreich Polen-Litauen und Russland. Bei der Kolijivščyna handelt es sich um einen Bauernaufstand, der von Mitgliedern der kosakischen Unterschicht geführt wurde und richtete sich in erster Linie gegen die polnische Grundherrschaft über die ukrainischen Bauern. Die Rebellion des Jahres 1768 stand in der Tradition eines Kosakenaufstandes ohne ein solcher zu sein. In Verbindung mit wirtschaftlichen und innenpolitischen Problemen, trug der Bauernaufstand zur endgültigen Zerschlagung und Ende des polnischen Staates 1795 entscheidend bei.
Die Arbeit macht es sich zur Aufgabe, die Gründe und den Verlauf des Aufstands kurz darzustellen, wobei besonderes Augenmerk der religiösen Symbolik während des Aufstands gilt (Teil 1), in einem weiteren Schritt wird nach der Verarbeitung des historischen Ereignisses in der ukrainischen bzw. polnischen Geschichtsschreibung gefragt werden (Teil 2). Insbesondere die religiösen Konflikte, liefern einen gehaltvollen Erklärungsansatz darüber, in welchem Zustand sich die Beziehungen zwischen Polen-Litauen und der Ukraine zum Zeitpunkt der Kolijivščyna befanden. Der religiöse Aspekt ist Schlüsselfaktor zur historischen Einordnung der Kolijivščyna.
Die Forschungsfrage(n) lauten: Welchen Rolle spielte der religiöse Aspekt während des Aufstands und wie fallen die Urteile über den Aufstand in den Geschichtschreibungen Polens und der Ukraine aus, und ist die Kolijivščyna als nationaler Mythos einer unabhängigen bzw. demokratischen Ukraine geeignet?[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Überblick: die politische und soziale Ausgangslage im Südosten des Königreichs Polen-Litauen 1768 und die Entstehung des Zaporoher Kosakentums
- ,,Frei zu sein wie ein Kosak und reich wie ein Szlachcic\": die Haidamaken-Bewegung als Teil des Kosakenmythos in der Ukraine
- Der Haidamaken-Aufstand von 1768: Ausbruch und Verlauf
- Orthodoxe versus Unierte Kirche: die religiöse Symbolik der Kolijivščyna
- Sozialbanditen oder Helden? Die Wirkungsweise und Funktionalität der Haidamaken in der ukrainischen bzw. polnischen Historiographie
- ,,In jedem Ukrainer lebt ein Kosake\": die Zaporoher Sič nach dem Scheitern der Kolijivščyna (Zusammenfassung)
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Kolijivščyna des Jahres 1768 in der rechtsufrigen Ukraine, die als ein wichtiger Teil des Mythos des Kosakentums in der Geschichtsschreibung der Ukraine gilt und als Beginn der ukrainischen Nationsbildung angesehen wird. Die Arbeit untersucht die Ursachen und den Verlauf des Aufstands, mit besonderem Fokus auf die religiöse Symbolik während des Aufstands. Sie beleuchtet, wie das historische Ereignis in der ukrainischen und polnischen Geschichtsschreibung verarbeitet wurde. Der religiöse Aspekt wird als Schlüsselfaktor zur historischen Einordnung der Kolijivščyna betrachtet.
- Die Kolijivščyna als Teil des Kosakenmythos und der ukrainischen Nationsbildung
- Die Ursachen des Aufstands: Soziale und wirtschaftliche Ungleichheit, Unterdrückung durch die polnische Herrschaft
- Die Rolle der religiösen Symbolik während des Aufstands: Orthodoxe versus Unierte Kirche
- Die Verarbeitung der Kolijivščyna in der ukrainischen und polnischen Geschichtsschreibung
- Die Kolijivščyna als nationaler Mythos einer unabhängigen und demokratischen Ukraine
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Kolijivščyna als ein wichtiges Ereignis in der ukrainischen Geschichtsschreibung vor und skizziert die Forschungsfragen. Das zweite Kapitel liefert einen Überblick über die politische und soziale Ausgangslage im Südosten des Königreichs Polen-Litauen 1768, mit besonderer Berücksichtigung der Entstehung des Zaporoher Kosakentums. Es beschreibt die unterschiedlichen Kategorien von Kosaken (freie Kosaken, Registerkosaken, Söldnerkosaken) und die komplizierten Beziehungen zwischen Polen und den Kosaken. Außerdem wird die Verschärfung der religiösen Gegensätze im Gebiet der Zaporoher Sič vor dem Ausbruch des Haidamaken-Aufstands beleuchtet.
Schlüsselwörter
Kolijivščyna, Kosakentum, Ukrainische Nationsbildung, Haidamaken, Orthodoxe Kirche, Unierte Kirche, Polnische Herrschaft, Religiöse Symbolik, Historiographie, Nationaler Mythos, Zaporoher Sič.
- Arbeit zitieren
- Stefan Forstmeier (Autor:in), 2010, Sozialbanditen oder Helden?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/164244