Der ethologische Ansatz in der Entwicklungspsychologie


Referat (Ausarbeitung), 2000

12 Seiten, Note: "keine"


Leseprobe


Inhalt

1 Definition und Entstehung

2 Überblick zur Theorie

3 Position zu grundlegenden Fragen der Entwicklung

4 Methatheoretische Klassifikation

5 Kritik an der Theorie

6 Ausblick zur Bedeutung der Soziobiologie

7 Quellenverzeichnis:

1 Definition und Entstehung

Als ein Teilgebiet der Biologie stellt die Ethologie oder Vergleichende Verhaltensforschung den Menschen und sein Verhalten in den universellen Kontext aller tierischen Lebewesen. Sie betrachtet "das Verhalten von Tier und Mensch im Hinblick auf seine biologischen Grundlagen, insbesondere hinsichtlich seiner Evolutionsgeschichte" (Trautner, H. 1991, S. 43).

Bereits im achtzehnten Jahrhundert beschäftigten sich einige deutsche Zoologen (zum Beispiel von Pernau oder Reidmarus) mit angeborenem Instinktverhalten bei Tieren. Den entscheidenden theoretischen Durchbruch bewirkte Darwin's Evolutionstheorie. Die im Evolutionsprozess erkannten Gesetzmäßigkeiten für die Selektion von physischen Merkmalen, nämlich die natürliche Auslese nach dem Prinzip des Überlebensvorteils, wurde auf die Auswahl und Weitergabe von Verhaltensmerkmalen übertragen. Im großen Maße vorangetrieben durch die Untersuchungen der Zoologen und Nobelpreisträger Konrad Lorenz und Niko Tinbergen entwickelte sich die Ethologie in den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts zu einer eigenständigen Disziplin. Die Verhaltensforscher sahen das Tier als aktiven Organismus in einer spezifischen ökologischen Nische, nicht nur - wie die traditionelle Lerntheorie - als einen von Reizen angetriebenen passiven Organismus. In den fünfziger Jahren schuf vorwiegend Irenäus Eibl-Eibesfeldt die Verbindung zwischen Ethologie und Psychologie im Sinne einer Humanethologie. Größere Beachtung erlangten die Untersuchungen über Mutter - Kind - Bindung und - Trennung bei Kleinkindern (Bowlby, fortgeführt von Ainsworth), die Erforschung des Ausdrucks von Emotionen durch Gesichtsausdruck bei Kindern und Erwachsenen (Eibl-Eibesfeldt), soziale Interaktionen zwischen Gleichaltrigen (Blurton-Jones, u.a.) und über das Problemlöseverhalten bei Kindern (Charlesworth). In der neueren Forschung spielt das unmittelbare Verhalten eine zentrale Rolle, nicht mehr vordergründig der evolutionäre Aspekt.

2 Überblick zur Theorie

Die Ethologie lässt sich anhand von vier Konzepten charakterisieren.

A) Angeborenes Verhalten "ist, ähnlich wie die Organe des Körpers, innerhalb derselben Art im wesentlichen gleich, es wird vererbt und dient der Anpassung" (Lorenz 1937, zitiert in Miller, P. 1991, S. 275). Laut Cairns (1979, zitiert in Miller, P. 1991, S. 276) müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein, damit Verhalten als angeboren gilt:

1. Das Verhalten tritt bei allen Individuen einer Art als Stereotyp auf (unveränderliche Handlungssequenz).
2. Das Verhalten tritt auf, selbst wenn keine relevante Erfahrung vorausgegangen ist, die ein Lernen ermöglicht.
3. Das Verhalten tritt universell (bei allen Mitgliedern) innerhalb einer Art auf.
4. Das Verhalten wird durch Lernen und Erfahrung nicht wesentlich beeinflusst.

Manche Singvögel zum Beispiel, die isoliert aufgezogen wurden, beherrschen dennoch die Melodie ihrer Artgenossen mit erstaunlicher Genauigkeit. Im Allgemeinen werden zwei angeborene Verhaltenstypen unterschieden. Reflexe, wie der Greifreflex oder Schwimm- Krabbel- und Gehbewegungen bei Kleinkindern sind einfache Reaktionen auf Reize. Verhaltensmuster werden hingegen als automatische Antwort auf einen Signalreiz hervorgerufen. Sie sind auch genetisch programmiert, aber die koordinierten, motorischen Handlungen sind komplexer. Zum Beispiel löst die rote Bauchseite eines männlichen Stichlings Aggressionsverhalten bei seinen Artgenossen aus. Signalreize und damit das dazugehörige Verhaltensmuster können durch Überdimensionalität verstärkt werden, eine Möglichkeit, die sich Angler mit ihren Ködern zunutze machen. Eine weitere Komponente stellt die handlungsspezifische Energie dar, welche instinktive Handlungsbereitschaft im Zentralnervensystem erzeugt. Wenn diese zu sehr ansteigt, können Verhaltensmuster auch ohne Signalreiz ausgelöst werden. Tiere, die in Gefangenschaft gehalten werden, zeigen oft dieses Phänomen, Doch Säuglinge führen ebenfalls Saugbewegungen aus, selbst wenn ihnen die Flasche nicht mehr dargeboten wird.

B) Die Entwicklung beziehungsweise die Angepasstheit und der Überlebensvorteil des Verhaltens ist vor dem Hintergrund der evolutionären Entwicklungsgeschichte (Phylogenese) zu verstehen. So kann der Mensch in seiner Individualentwicklung als die Lösung spezifischer Probleme in einer spezifischen Umwelt, die durch Feinde, Nahrungsangebot und Fortpflanzungsbedingungen etc. gekennzeichnet ist, begriffen werden. Die Ontogenese folgt einem Muster, das sich durchgesetzt hat, weil es der Arterhaltung dient. Der Gebrauch von Werkzeugen, das Vorhandensein von Reflexen oder die interindividuelle Kommunikation boten beispielsweise der Art Mensch entscheidende Vorteile im sogenannten "Kampf uns Dasein". Verhalten kann also als Umweltanpassung bewertet werden.

C) Lerndispositionen oder die Prädisponiertheit von Lernprozessen zeigen sehr deutlich, das Wechselspiel zwischen genetischer Ausstattung eines Individuums und dem Prozess des Lernens, um sich in der Umwelt zurechtzufinden. Laut Wilson (1975) ist das Gehirn mit "einem belichteten Film, der noch ins Entwicklerbad gelegt werden muss," vergleichbar.(zitiert in Miller, P. 1993, S. 280). Die Arten unterscheiden sich darin, welches Verhalten modifizierbar ist, welche Formen des Lernens leichtfallen und welche Lernmechanismen zur Verfügung stehen. Der Mensch zeichnet sich zum Beispiel durch die Fähigkeit aus, eine artikulierte Lautsprache zu erwerben oder eigenes und fremdes Verhalten nach moralischen Prinzipien zu bewerten. Es bleibt ihm jedoch verwehrt, aus eigner Kraft fliegen zu lernen Diese Form des Lernens ist auch durch eine zeitliche Begrenzung, den lernsensiblen Phasen und allgemeinen oder spezifischen Lernfähigkeiten gekennzeichnet. Während einer lernsensiblen oder kritischen Phase ist das Individuum für bestimmte Lernerfahrungen besonders aufnahmefähig. Eine spezielle Form ist die Prägung, die zwar auch mit Lernen verbunden, jedoch nicht mit dem operanten Konditionieren zu verwechseln ist, denn weder ein Verstärker ist notwendig, noch ist Prägung auslöschbar, sondern sie wird bei Bestrafung eher vertieft. Die Überlebenschancen der Jungtiere werden erhöht, weil diese, auf die Mutter fixiert, ständig in ihrer Nähe bleiben und von Gefahren ferngehalten werden. Der jeweilige Reiz folgt bestimmten Kriterien, die von Art zu Art variieren können. Über allgemeine und spezifische Lernfähigkeiten wird Verhalten biologisch auch indirekt gesteuert. Zur genetischen Grundausstattung insbesondere des Menschen gehört eine breit anwendbare allgemeine Fähigkeit, aus Erfahrungen zu lernen. Lorenz (1976) beschreibt den Menschen deshalb als "Spezialist im Nicht-Spezialisieren" (Trautner, H. 1991, S. 46).

D) Die ethologische Methodologie stellt naturnahe Beobachtungen in den Mittelpunkt der Untersuchungen, vornehmlich, um zu untersuchen, welchen Anpassungswert Verhaltensweisen im natürlichen Lebensraum haben. Nur so ist es möglich, ein Lebewesen im evolutionären Kontext zu begreifen. Der lange Hals der Giraffe erscheint sinnvoll, wenn man die Höhe der Bäume berücksichtigt, die ihnen als Nahrungsquelle dienen. Die Beobachtungsmethode beinhaltet im Idealfall vier Schritte:

[...]

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Details

Titel
Der ethologische Ansatz in der Entwicklungspsychologie
Hochschule
Universität Potsdam  (Psychologie, Entwicklungspsychologie)
Veranstaltung
Theorien der Entwicklungspsychologie
Note
"keine"
Autor
Jahr
2000
Seiten
12
Katalognummer
V165164
ISBN (eBook)
9783640807628
ISBN (Buch)
9783640807680
Dateigröße
464 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ansatz, entwicklungspsychologie
Arbeit zitieren
Constanze Hahn (Autor:in), 2000, Der ethologische Ansatz in der Entwicklungspsychologie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165164

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