„Diz ist eine schoenez maere von einem sperweare“ – was auf diese Überschrift folgt, ist auf den ersten Blick betrachtet alles andere als eine ‚schöne‘ Geschichte: Eine junge und in weltlichen Dingen nichts ahnende Nonne wird von einem Ritter verführt, indem er einen Sperber gegen die Jungfräulichkeit der Ordensschwester tauscht. Da jedoch deren Oberin von diesem Tausch nicht gerade begeistert ist, bittet die Nonne den Ritter, den Handel wieder rückgängig zu machen. Die verlorene Unschuld bekommt sie schließlich wieder, indem der listige Rittersmann den Geschlechtsakt wiederholt und den Vogel an sich nimmt. Was soll hieran ‚schön‘ sein?
Verführung, Erotik und Sexualität; Naivität, Wissen und Erfahrung – diese Schlagworte sind Gegenstand zahlreicher mittelalterlicher Texte und kennzeichnen gleichzeitig in besonderer Weise die vorliegende Kurzerzählung ‚Der Sperber‘. Die Geschichte um die Nonne und den Ritter scheint von ihrem knappen Inhalt her recht überschaubar; dennoch offenbaren sich beim genauen Lesen Unklarheiten und Brüche, welche die erste Deutung ins Wanken bringen. In der vorliegenden Untersuchung soll daher die Vielschichtigkeit der Kurzerzählung mit ihren Verweisen und unterschiedlichen Auslegungen aufgedeckt und die genannten Schlagworte mit Inhalt gefüllt werden. In welchem Verhältnis steht ‚Der Sperber‘ zur mittelalterlichen Literatur? Welche Beziehung haben die Welten von Nonne und Ritter und welche Zeichen und Symbole ergeben sich hieraus? Welche Vorstellung von Minne wird im Text übermittelt? Wie werden die Mittel des Schwanks eingesetzt? Um diese und weitere Fragen hinreichend beantworten zu können, wird in der folgenden Untersuchung die Analyse des Textes, aber auch Verweise, Anspielungen auf andere Werke und schließlich die Rahmenbedingungen der mittelalterliche Lebenswelt im Vordergrund der Betrachtung stehen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Über diese Arbeit
- II. ,Der Sperber' und die Märendichtung
- 1. Der Sperber als Inbegriff der Sexualität?
- III. Symbolik zwischen weltlicher und geistlicher Sphäre
- 1. Die Nonne als Inbegriff der Naivität?
- 2. Der Sperber als Inbegriff der Sexualität?
- IV. Die Minne - zwischen käuflicher Liebe und der Lust an der Verführung
- V. Die Komik als „genuines Ziel des Schwankerzählens“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die mittelalterliche Kurzerzählung „Der Sperber“ und untersucht ihre vielschichtige Symbolik, die sich zwischen erotischer Naivität und der Lust an der Verführung bewegt. Dabei wird die Interaktion zwischen der Nonne und dem Ritter, die unterschiedlichen Lebenswelten, die Rolle der Minne und die Verwendung der Komik im Schwank beleuchtet.
- Die Symbolik zwischen weltlicher und geistlicher Sphäre in der Erzählung
- Die Bedeutung der Nonne und des Sperbers im Kontext der mittelalterlichen Lebenswelt
- Die Darstellung der Minne als käufliche Liebe und die Lust an der Verführung
- Die komischen Elemente des Schwanks und ihre Funktion im Kontext der Erzählung
- Die Positionierung von „Der Sperber“ im Rahmen der mittelalterlichen Literatur
Zusammenfassung der Kapitel
I. Über diese Arbeit
Die Einleitung stellt die Kurzerzählung „Der Sperber“ vor und beschreibt ihre Thematik, die sich zwischen erotischer Naivität und der Lust an der Verführung bewegt. Die Arbeit zielt darauf ab, die Vielschichtigkeit der Erzählung aufzudecken und die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten zu analysieren. Dabei werden verschiedene Fragestellungen hinsichtlich der Symbolik, der Lebenswelten von Nonne und Ritter, der Darstellung der Minne und der komischen Elemente im Schwank aufgeworfen.
II. ,Der Sperber' und die Märendichtung
Das Kapitel analysiert die Einordnung der Erzählung „Der Sperber“ in die Gattung der Schwankmäre. Dabei wird auf die komischen Elemente der Erzählung, die sich durch Handlung, Figuren, Situationen oder Wortspiele ergeben, eingegangen. Weiterhin wird die Verwandtschaft der Erzählung zu anderen mittelalterlichen Werken, die das Motiv des Minnetausch oder Minnerücktausch teilen, beleuchtet.
III. Symbolik zwischen weltlicher und geistlicher Sphäre
In diesem Kapitel werden die beiden Lebenswelten, die in der Erzählung aufeinandertreffen, genauer betrachtet: die klösterliche Welt der Nonne und die weltliche Welt des Ritters. Die unterschiedlichen Lebenswelten führen zu unterschiedlichen Bedeutungen und Assoziationen, die sich in der Symbolik des Textes widerspiegeln.
- Arbeit zitieren
- Jochen Engelhorn (Autor:in), 2009, "Der Sperber". Zur Symbolik in der Märendichtung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165363