Die Bedrohung der Menschheit durch tödliche Infektionskrankheiten, die sich mittels
Übertragung zu verheerenden Epidemien ausweiten, ist so alt wie die Menschheit selbst. Der
radikale Einbruch dieser todbringenden Seuchen in die menschliche Gesellschaft hat zu allen
Zeiten eine literarische Verarbeitung herausgefordert. Vor allem zu der für Europa
katastrophalsten Epidemie des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit, der Pest, sind
zahlreiche schriftliche Zeugnisse übermittelt: Thukydides berichtet über die Pest im 5.
Jahrhundert v. Chr., Prokop schildert die Pest um 541 – 544, Boccaccio beschreibt die
Vorgänge während des Ausbruchs der Seuche im Florenz des Jahres 1348, Alessandro
Manzoni und Daniel Defoe verarbeiten die Erfahrungen mit der Pest im 17. Jahrhundert in
Mailand bzw. London. Dabei gilt besonders die Beschreibung Boccaccios als eine der
illustrativsten. Dabei ist dieses Werk schon früh gewürdigt und gelobt worden. So erkannten
schon Petrarca1 und Machiavelli2 die herausragende Schilderung Boccaccios.
In der Rahmenhandlung des Novellenzyklus des „Dekameron3“ beschreibt er literarisch aber
mit einem hohen Grad an Genauigkeit und Detailreichtum die Ereignisse jener Zeit.
Ziel dieser Ausarbeitung ist es zu ermitteln, wie Boccaccio die Pestepidemie beschreibt und
wie er sie literarisch einsetzt.
Seine Beschreibung wird mit geschichtlichen Beschreibungen verglichen um den
Autentitätsgehalt der Beschreibung zu ermitteln.
1 Petrarca, Opera Omnia, a cura di Pasquale Stoppelli.
2 Machiavelli, Niccolo: Storie Fiorentine II.
3 (griech.“deka“: zehn, „hêmera“: Tag). Oftmals auch als Decameron, Il Decamerone (ital.) bezeichnet im
folgenden Text aber einheitlich als Dekameron. Vgl. dazu: Radler: Kindlers Neues Literatur Lexikon, 1989, S.
824- 825.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- BOCCACCIO, DAS DEKAMERON UND DIE PEST
- DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT DER PESTBESCHREIBUNG NACH OTTO LÖHMANN
- BOCCACCIOS ERFAHRUNGEN MIT DER PEST
- DER RAHMEN
- Der diskursive Rahmen
- Der Erzählrahmen
- EINGLIEDERUNG IN DAS DEKAMERON
- FIKTION UND REALITÄT
- DIE SCHILDERUNG DER PEST
- DIE BEZEICHNUNG DER PEST
- SCHULD
- BESTIMMUNG DER ZEIT
- HERKUNFT DER PEST
- BESTIMMUNG DES AUSMAßES DER KRANKHEIT
- KRANKHEITSBILD NACH BOCCACCIO
- DIE VERBREITUNG DER SEUCHE
- HEILUNGSVERSUCHE
- DAS LEBEN ZUR ZEIT DER PEST
- VERÄNDERTE LEBENSBRÄUCHE
- ZWISCHENFAZIT
- FUNKTION DER PESTSCHILDERUNG
- DER VOLLSTÄNDIGE TITEL
- ERGEBNIS
- LITERATUR
- PRIMÄRLITERATUR
- SEKUNDÄRLITERATUR
- INTERNETQUELLEN
- ILLUSTRATIONEN
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Ausarbeitung zielt darauf ab, die Darstellung der Pestepidemie im "Dekameron" von Boccaccio zu untersuchen und ihre literarische Funktion aufzuzeigen. Dabei wird Boccaccios Beschreibung mit historischen Quellen verglichen, um den Grad der Authentizität zu ermitteln.
- Die Selbstständigkeit von Boccaccios Pestschilderung
- Die literarische Einbettung der Pestepidemie in den Rahmen des "Dekameron"
- Die Beschreibung der Pest und ihre Auswirkungen auf das Leben der Menschen
- Die Funktion der Pestepidemie in Boccaccios Werk
- Der Vergleich von Boccaccios Darstellung mit historischen Quellen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Bedrohung durch tödliche Infektionskrankheiten in der Geschichte dar und hebt die Bedeutung der Pestepidemie für die Literatur hervor. Es wird auf frühe Beschreibungen der Pest in der Antike und im Mittelalter eingegangen und die Relevanz von Boccaccios "Dekameron" in diesem Zusammenhang betont.
Das zweite Kapitel behandelt die Frage, ob Boccaccio bei seiner Schilderung der Pest von anderen Werken beeinflusst wurde. Es wird die Forschung von Otto Löhmann zum Einfluss von Thukydides und Lucrez auf Boccaccios Arbeit beleuchtet. Löhmann kommt zu dem Schluss, dass Boccaccio die Pest selbstständig aus eigener Anschauung beschrieben hat.
Im dritten Kapitel wird Boccaccios persönlicher Erfahrung mit der Pest in Neapel dargelegt. Es wird auch auf die Freundschaft mit Francesco Petrarca und dessen Erfahrungen mit der Pest eingegangen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen "Pest", "Dekameron", "Boccaccios", "Literatur", "historische Quellen", "Authentizität", "Beschreibung", "Funktion". Die Arbeit analysiert die Selbstständigkeit von Boccaccios Pestschilderung und die literarische Einbettung der Pestepidemie in seinen Rahmen des "Dekameron".
- Arbeit zitieren
- Luca Bonsignore (Autor:in), 2001, Die Pest in Boccaccios Decamerone, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16557