Am 24. März 2009 vor zehn Jahren beginnt die NATO mit den Luftangriffen auf die Bundesrepublik Jugoslawien. Sie greift hiermit mit militärischen Mitteln in die Auseinandersetzung zwischen der serbischen Regierung der Bundesrepublik Jugoslawien und den Kosovo – Albanern ein. Ohne Mandatierung des UN – Sicherheitsrates gehen die Bündnismitglieder der NATO eigenständig gegen einen souveränen Staat vor. Die Notwendigkeit der Abwendung einer ´humanitären Katastrophe` wird in diesem Zusammenhang von den Beteiligten Akteuren als wichtiger Grund für die ergriffenen Maßnahmen angegeben. Diese Begründung charakterisiert die ergriffenen Maßnahmen als humanitäre Intervention. Die Bombardierung serbischer Ziele wird hierbei mit der Notwendigkeit der Beendigung von - durch die serbische Seite vorgenommenen - ethnischen Säuberungen und Vertreibungen, sowie mit der Situation der Zivilbevölkerung gerechtfertigt. Auch zehn Jahre nach diesen Ereignissen hat die Diskussion darüber noch nicht an Brisanz verloren.
Die Frage der Legitimität humanitärer Intervention findet ihre Entsprechung in der politischen Theorie. In der theoretischen Auseinandersetzung der sogenannten ´Englischen Schule´ ist es vor allem die Auseinandersetzung zwischen ´Pluralisten` und ´Solidaristen`, welche den angesprochenen Konflikt als Regel bzw. Normenkonflikt widerspiegelt. Nicolas J. Wheeler vertritt hierbei eine Position, welche eine humanitäre Intervention zum Schutz universeller Menschenrechte einfordert. Die Intervention der NATO im Kosovo ist für seine Theorie der humanitären Intervention von entscheidender Bedeutung. Zum ersten Mal wird eine humanitäre Intervention durch ein internationales Bündnis von Staaten mit humanitären Gründen gerechtfertigt. Ziel dieser Arbeit ist es, die Theorie Wheelers aufgrund der von ihm angegebenen Kriterien auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen. Es soll in diesem Zusammenhang zunächst auf allgemeine Grundannahmen des Solidarismus eingegangen werden. Darauf aufbauend sollen dann Wheelers Grundannahmen zur humanitären Intervention und als Schwerpunkt seine solidaristische Theorie der humanitären Intervention besprochen werden. Im zweiten Teil der Arbeit soll dann anhand der NATO – Intervention im Kosovo geprüft werden, inwieweit Wheelers Theorie dem Anspruch genügt, eine legitime humanitäre Intervention in der Praxis zu bestimmen und somit eine Weiterentwicklung vorzunehmen, indem er zentrale Probleme und Einwände des Realismus und Pluralismus berücksichtigt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Grundannahmen des Solidarismus
- Wheelers Theorie des Solidarismus
- Grundannahmen Wheelers: Humanitäre Intervention zum Schutz von Menschenrechten
- Was ist eine humanitäre Intervention?
- Grundbedingungen für eine humanitäre Intervention: 'threshold conditions'
- Ergänzende Bedingungen für eine humanitäre Intervention
- Ein Fallbeispiel: Die Intervention der NATO im Kosovo
- Die Anwendung der Grundbedingungen
- Die Anwendung der ergänzenden Bedingungen
- Erfüllen die Bedingungen ihren Zweck?
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Theorie der humanitären Intervention von Nicolas J. Wheeler. Sie analysiert seine normative Position, die eine humanitäre Intervention zum Schutz universeller Menschenrechte fordert, und untersucht, ob diese Theorie ein umsetzbares Konzept darstellt oder lediglich ein theoretisches Konstrukt bleibt.
- Die Grundannahmen des Solidarismus
- Wheelers Grundannahmen zur humanitären Intervention
- Die Anwendung von Wheelers Theorie auf die Intervention der NATO im Kosovo
- Die Rechtmäßigkeit und Legitimität von humanitären Interventionen
- Der Konflikt zwischen staatlicher Souveränität und dem Schutz von Menschenrechten
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt den historischen Kontext der NATO-Intervention im Kosovo dar und beleuchtet die zentralen Fragen der Rechtmäßigkeit und Legitimität solcher Interventionen im Völkerrecht.
- Das Kapitel über die Grundannahmen des Solidarismus untersucht die solidaristischen Überlegungen zu humanitären Interventionen, die sich bereits in den Grundannahmen dieser Denkschule widerspiegeln.
- Das Kapitel über Wheelers Theorie des Solidarismus analysiert seine Grundannahmen zur humanitären Intervention und seine normative Position, die eine Intervention zum Schutz universeller Menschenrechte einfordert.
- Das Kapitel über die Intervention der NATO im Kosovo untersucht, inwieweit Wheelers Theorie die Legitimität dieser Intervention bestimmen kann und ob sie die zentralen Probleme und Einwände des Realismus und Pluralismus berücksichtigt.
Schlüsselwörter
Humanitäre Intervention, Solidarismus, Nicolas J. Wheeler, NATO-Intervention im Kosovo, Menschenrechte, Souveränitätsrechte, Völkerrecht, Internationale Ordnung, 'threshold conditions', Realismus, Pluralismus
- Quote paper
- Simon Muss (Author), 2009, Wheelers Theorie der humanitären Intervention, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165690