Mega Cities im Bann der Globalisierung: Urbanisierung, Informalisierung und Entwicklungsperspektiven am Beispiel Mumbai


Seminararbeit, 2009

22 Seiten, Note: 1,3

A. Enz (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Urbanisierung
2.1 Sozialräumliche Disparitäten
2.2 Informalisierung der Arbeit
2.3 Infrastruktur

3 Megacity Mumbai
3.1 Die nationale Bedeutung Mumbais
3.2 Die globale Bedeutung Mumbais
3.3 Mumbai ± Symbiose aus kultureller Beständigkeit und kulturellem Wandel

4 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Greater Mumbai

Abbildung 2: Mumbai Metropolitan Region

1 Einleitung

Mit rund 18 Millionen Einwohnern ist die Megacity Mumbai, früher Bombay, gegenwärtig die fünftgrößte urbane Agglomeration weltweit.1 Die Mumbai Metropolitan Region, wie diese Agglomeration genannt wird, umfasst ein Gebiet, das der Größe des Ruhrgebiets entspricht. 30% des indischen Steueraufkommens werden dort generiert. Neben Mumbai zählt Indien zurzeit drei weitere Megacities: Calcutta, Delhi und Madras.

Bis 1991 bestand Indiens Wirtschaftssystem aus einer zentral gelenkten Planwirtschaft, die in einigen Bereichen die Existenz einer Privatwirtschaft zuließ. Importe wurden reguliert und Devisen beschränkt. Die dann folgende schrittweise Liberalisierung und Öffnung brachte Indien in ausgewählten Wirtschaftsbranchen, wie zum Beispiel der ITIndustrie, einen enormen Aufschwung. Erstaunlich schnell und erfolgreich vollzog sich ein Strukturwandel vom sekundären zum tertiären Sektor hin.

Das Land partizipierte nun an der Weltwirtschaft und ausländische Direktinvestitionen wurden in Indien möglich.2

Geschäftsstellen ausländischer und international bedeutender Konzerne sowie Einkaufstempel und amerikanische Fast-Food-Ketten inmitten von Mumbai lassen unweigerlich erkennen, dass die Globalisierung Einzug in die Stadt gehalten hat. Jedoch hat Mumbai zwei Gesichter: Auf der einen Seite ist es für Indien Sinnbild des wirtschaftlichen Aufschwungs, auf der anderen Seite herrscht seit Jahren eine Verelendung der Massen.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Phänomen der Megacity Mumbai: Wie ist es möglich, dass eine Stadt solch ein gigantisches Ausmaß sowohl hinsichtlich der Einwohnerzahl als auch hinsichtlich der Fläche erreicht? Auf diese Frage wird in Abschnitt 2 eingegangen, bevor die Schattenseiten der Megacity anhand der sozialräumlichen Disparitäten, des informellen Sektors und der Infrastruktur erläutert werden. Abschnitt 3 beschäftigt sich mit der Frage, wasüberhaupt eine Megacity ausmacht und welche nationale sowie globale Bedeutung daraus für Mumbai resultiert. Zudem wird in diesem Abschnitt auf Mumbais kulturelle Entwicklung eingegangen.

Dabei soll die Arbeit insbesondere eine Antwort auf die Frage geben, inwieweit die Entwicklung einer Megacity wie Mumbai bewusst gesteuert werden kann.

2 Urbanisierung

Um die Strukturen des heutigen Mumbais verstehen zu können, ist es unerlässlich, einen Blick auf die Geschichte und Entwicklung der Stadt zu werfen. Dabei werden im Folgenden lediglich die zentralen Aspekte betrachtet.

Die Ursprünge der heutigen Stadt gehen auf die Zeit der britischen Kolonialherrschaft zurück. 1687 verlegte die britische Ostindien-Kompanie, eine Handelsgesellschaft, ihren indischen Hauptstützpunkt nach Mumbai, welchesüber zwei entscheidende Standortvorteile verfügte. Zum einen besaß es den besten Naturhafen an der Westküste, da das Wasser ausgesprochen tief war, zum anderen war es durch seine Insellage3 gut vor Feinden aus dem Hinterland geschützt.4 Die Ansiedlung der britischen Ostindien- Kompanie in Mumbai zog im Laufe des folgenden Jahrhunderts Kaufleute und Unternehmer verschiedenster Religionen und Sprachen an, so dass Mumbai zu einer kosmopolitischen Stadt wurde.5 Trotz dieser Vielfältigkeit und obwohl es eine gute wirtschaftliche Zusammenarbeit der Briten und der Inder gab, bestand von Anfang an eine wohnräumliche Segregation der verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Die Briten lebten in dem von ihnen errichteten Fort im Südosten der Stadt und die indische Bevölkerung weiter nördlich in der so genannten Native Town.6 Beide Orte liegen in dem auf Abbildung 1 als „Mumbai City" gekennzeichneten Bereich

Mitte des 19. Jahrhunderts vereinnahmte die britische Ostindien-Kompanie gewaltsam weite Teile des Hinterlandes, welchesüber reichhaltige Baumwollanbaugebiete verfügte, und erschloss es durch Eisenbahnverbindungen und ein Straßennetz.7 Dies war der Ausgangspunkt für den Aufbau einer Textilindustrie in Mumbai durch indische Kaufleute und Bankiers. Während des amerikanischen Bürgerkrieges (1861-1865) erlebte die Stadt einen regelrechten Boom der Textilindustrie, da der Export der amerikanischen Bauwolle nach Europa zum Erliegen kam und die Europäer auf andere Bezugsquellen angewiesen waren. Begünstigt wurde dies durch die Eröffnung des Suezkanals (1869) und dadurch, dass Mumbais Hafen derjenige indische Hafen war, der Europa am nächsten lag.8 Mit dem wirtschaftlichen Wachstum Mumbais, das einen erheblichen Pull-Faktor darstellte, ging auch ein Bevölkerungswachstum einher. 1872 zählte die Stadt bereits 644.405 Einwohner.9 Schon damals bestand ein Großteil der Wohnfläche aus Elendsquartieren. Dort lebten die Menschen in Massenunterkünften, in denen die Betten im Achtstunden-Rhythmus getauscht wurden.10 Fließendes Wasser und Abwasserentsorgung stellten damals wie heute ein Problem dar. Während die einheimische Bevölkerung sich weiter nach Norden hin ausbreitete, entstanden im Westen von Mumbai City die neuen Wohnviertel der Eliten, die aus der Innenstadt in die damaligen Vororte zogen.11

Abbildung 1: Greater Mumbai

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Jacquemin 1999, S. 69f.

Die Erschließung der heutigen Vororte (Ä%RPED\ 6XEXUEV³) erfolgte Anfang des 20. Jahrhunderts (vergleiche Abbildung 1), als dort die ersten Baumwollfabriken eröffnet und eine Eisenbahnstrecke gebaut wurden. Die Bevölkerungszahl Mumbais stieg weiterhin kontinuierlich an. Dies wurde nicht zuletzt dadurch verursacht, dass das Hinterland kaum von der dynamischen Entwicklung Mumbais profitierte, da Mumbai seine wirtschaftlichen Aktivitäten vorrangig auf den Überseehandel ausgerichtet hatte. Das Hinterland verarmte zunehmend und eine Großzahl an Landarbeitern und Industrie.12

Das stärkste Bevölkerungswachstum erlebte Mumbai in der Zeit nach der Unabhängigkeit von den Briten im Jahre 1947. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Indien zeitgleich mit der Erlangung der Unabhängigkeit in zwei Staaten geteilt wurde - Indien und Pakistan. Von den Millionen aus dem neu gegründeten Pakistan nach Indien geflohenen Hindus kamen hunderttausende nach Mumbai. Innerhalb von 10 Jahren wuchs die Bevölkerung Mumbais um 56% auf 2,3 Millionen Einwohner an. Entlang der Bahnhaltestellen der Vorortzüge begannen sich die kleinen Gemeinden in Städte zu entwickeln.13

Abbildung 2: Mumbai Metropolitan Region

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Mumbai Metropolitan Region Development Authority, 2009a.

Schon damals wurde erkannt, dass Mumbai an sich selbst zu ersticken drohte und Konzepte zur Erschließung des Hinterlandes wurden ausgearbeitet. Die Stadtgrenzen wurden immer weiter ins Hinterland verschoben und das extreme Wachstum verlagerte sich auf Satelliten-Städte und neu gegründete Städte im Hinterland Mumbais, das seit 1979 unter dem Namen Mumbai Metropolitan Region erfasst wird (vergleiche Abbildung 2).14 Satellitenstädte sind eigenständige Städte, die sich durch ihre Nähe zu einer großen Metropole auszeichnen.15 1971 entstand mit Navi-Mumbai eine Gegenmetropole zu Mumbai, mit dem Ziel, dieses zu entlasten. Dies war jedoch bei weitem nicht so erfolgreich wie erwartet.

Seit den 80er Jahren ist nicht mehr die Zuwanderung der größte Wachstumsfaktor, sondern das natürliche Wachstum.16

Welche Auswirkungen und Folgen die Urbanisierung auf die Bewohner und Stadtentwicklung hat, soll im Folgenden anhand der sozialräumlichen Disparitäten, des informellen Sektors und der Infrastruktur erläutert werden.

2.1 Sozialräumliche Disparitäten

Bevor auf die sozialräumlichen Disparitäten näher eingegangen wird, soll ein kurzer Überblicküber die zurückliegenden Veränderungen des städtischen Raumes gegeben werden.

Eine Tertiärisierung der alten Stadtbezirke begann in den 1960er Jahren, was dazu führte, dass dieser Bereich bis 1991über 40% seiner Bewohner verlor. Dieser Prozess wurde durch die Liberalisierung und den einsetzende Wandel zum Dienstleistungssektor hin verstärkt. Die Anzahl der dort ansässigen Dienstleistungsbetriebe verdreifachte sich von 1971 bis 1991, während der Anteil der Wohnbevölkerung deutlich zurückging. So leben seit den 1980er Jahren mehr Menschen in den Vororten als in Mumbai City.17

Aufgrund von Mumbais Insellage ist der zur Verfügung stehende Platz innerhalb der Stadt begrenzt. Besonders seit der einsetzenden Tertiärisierung und der Öffnung des Landes für ausländische Unternehmen hat sich der Wettbewerb um Frei-, Gewerbe- und Wohnflächen verschärft.18

[...]


1 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2008a.

2 Vgl. Nissel 1997, S. 96ff.

3 Mumbai bestand damals aus sieben Inseln, die im 19. Jahrhundert durch Trockenlegungen und Aufschüttungen zu einer Insel, Bombay, wurden.

4 Vgl. Jacquemin 1999, S. 71f.

5 Vgl. Nissel 1989, S. 70.

6 Vgl. Nissel 1997, S. 104.

7 Vgl. Jacquemin 1999, S. 71f.

8 Vgl. Nissel 1989, S. 70.

9 Vgl. Nissel 1997, S. 104.

10 Vgl. ebenda, S. 104.

11 Vgl. Jacquemin 1999, S. 74ff.

12 Vgl. ebenda, S. 77ff.

13 Vgl. ebenda, S. 80ff.

14 Vgl. ebenda, S. 70, S. 84.

15 Vgl. Schwarz/Obst/Schmithüsen 1989, S. 719.

16 Vgl. Clemens 1997, S. 114f.

17 Vgl. Nissel 1997, S. 101.

18 Vgl. ebenda, S. 102.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Mega Cities im Bann der Globalisierung: Urbanisierung, Informalisierung und Entwicklungsperspektiven am Beispiel Mumbai
Hochschule
Universität zu Köln
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
22
Katalognummer
V165768
ISBN (eBook)
9783640816392
Dateigröße
516 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Megacity, Mumbai, Bombay, Globalisierung, Kulturgeographie
Arbeit zitieren
A. Enz (Autor:in), 2009, Mega Cities im Bann der Globalisierung: Urbanisierung, Informalisierung und Entwicklungsperspektiven am Beispiel Mumbai, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165768

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