Michel Tremblay wird 1942 in Montréal geboren. Er wächst in der ‚rue Fabre’ im Arbeiterviertel des ‚Plateau Mont-Royal’ auf. Gleich drei Familien teilen sich eine Wohnung und so wird Michel quasi von sechs Frauen aufgezogen: „Ce cocon féminin a influencé son enfance, son tempérament et son œuvre littéraire.“ Natürlich ist seine Mutter Rhéauna dabei die wichtigste weibliche Bezugsperson. Mit ihr an seiner Seite hätte er gern sein gesamtes Leben verbracht, schreibt er später. Aufgrund ihres starken Übergewichts hat sie jedoch mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Ihren Sohn nimmt das sehr mit:
J’ai l’impression qu’elle se dessouffle, qu’elle perd son énergie d’un seul coup, qu’elle vient de faire un autre petit pas vers la mort, et les larmes me montent aux yeux sans que je puisse les retenir. Elle s’en rend compte, soupire. ‘Tu te mettras pas à brailler pour une petite faiblesse !’ Avant sa maladie, nos discussion pouvaient durer des heures ; nous prenions tous les deux un malin plaisir à trouver le bon argument qui assassinerait ceux de l’autre, nous ressortions notre bonne vieille mauvaise fois quand la bonne foi et la sincérité s’avéraient sans effet, nos chicanes avaient du souffle, de la grandeur, nos engueulades, en un mot, étaient belles.
Diese tiefgreifende Erfahrung seine Mutter langsam schwächer und schließlich sterbend zu sehen, bringt Tremblay auch dazu, in die Fußstapfen des Vaters zu treten und in einer Druckerei zu arbeiten. Indem er einen ‚vernünftigen’ Beruf ergreift, möchte er seine Mutter beruhigen. Doch bereits kurz nach seinem Eintritt in die ‚Imprimerie Judiciaire’ verstirbt Rhéauna. Die Erinnerung an sie und seine Kindheit pflegt Michel Tremblay bis heute in seinen literarischen Werken. Er ist aufmerksamer Beobachter und Zuhörer familiärer Gespräche und nutzt dies als Quelle vor allem für seine frühen Stücke und Erzählungen. Die Arbeit als Drucker lässt er schon bald hinter sich und widmet sich ausschließlich der Literatur. Seine erste Veröffentlichung wird das Drama „Le train“ (1959), das ihm einen von Radio-Canada verliehenen Preis einbringt. Der große Durchbruch lässt zunächst auf sich warten. Das spätere Erfolgsstück „Les Belles-Sœurs“ stößt beim ’Dominion drama festival’ 1966 auf Ablehnung, bevor es zwei Jahre darauf dank der Unterstützung vieler Künstlerfreunde doch noch die Theaterbühne erobert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Soziokultureller Hintergrund
- Die Rolle der Frau in Tremblays Werk
- Ursachen des Gefangenseins
- Familie
- Geschlechterrollen
- Ehe
- Kinder
- Liebe
- Kirche
- Sexualmoral
- Armut
- Sprache
- Joual
- Kommunikationsprobleme
- Folgen des Gefangenseins
- Unbewusste Auswirkungen
- Individuelle Entfremdung
- Gesellschaftliche Entfremdung
- Reaktionen der Frauen
- Resignation / Kompensation
- Resignation
- Ausgleichshandlungen
- Abhängigkeiten
- Märtyrertum
- Marie-Louise
- Manon
- Rebellion
- Pierrette
- Albertine
- Befreiung
- Carmen
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Darstellung der Frau im dramatischen Werk von Michel Tremblay. Sie beleuchtet die komplexen Faktoren, die die Frauen in Tremblays Stücken als gefangen in einem eng umrissenen Rollenbild erleben lassen. Die Arbeit analysiert die Ursachen und Folgen dieses Gefangenseins sowie die unterschiedlichen Reaktionen der Frauen darauf, von Resignation bis hin zur Rebellion und Befreiung.
- Die Rolle der Frau in der quebecer Gesellschaft der 60er Jahre
- Die Auswirkungen von Geschlechterrollen, Familie, Kirche und Sprache auf das Leben der Frauen
- Die Folgen von Gefangenschaft für die individuelle und gesellschaftliche Entfremdung
- Die Reaktionen der Frauen auf die Zwänge ihrer Situation: Resignation, Märtyrertum und Rebellion
- Die Möglichkeiten der Befreiung und die Suche nach Autonomie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet den soziokulturellen Hintergrund und die Rolle der Frau im Werk Michel Tremblays. Sie gibt Einblicke in seine Kindheit, sein Umfeld und die Entstehungsgeschichte seiner Werke.
Das zweite Kapitel untersucht die Ursachen des Gefangenseins der Frauen in Tremblays Stücken. Es beleuchtet die Einflüsse von Familie, Kirche und Sprache auf die Lebenswelt der Frauen und die damit verbundenen Einschränkungen.
Das dritte Kapitel befasst sich mit den Folgen des Gefangenseins. Es analysiert die Auswirkungen auf die individuelle und gesellschaftliche Entfremdung sowie die Reaktionen der Frauen darauf. Die verschiedenen Reaktionen, wie Resignation, Märtyrertum und Rebellion, werden anhand von Beispielen aus den Stücken erläutert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Gefangenschaft und Befreiung, Geschlechterrollen, Familie, Kirche, Sprache, Joual, individuelle und gesellschaftliche Entfremdung, Resignation, Märtyrertum, Rebellion, Befreiung sowie den Autor Michel Tremblay und seine dramatischen Werke.
- Arbeit zitieren
- Janine Kapol (Autor:in), 2010, Gefangensein und Befreiung - Die Frau im dramatischen Werk Michel Tremblay, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165771