Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Symbolverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung und Motivation
2 Analyse von „Bilaterism and Free Trade“
2.1 Modelltheoretischer Aufbau im originären Modell
2.2 Prävalente Effekte und Entstehung von Free Trade Agreements
2.3 Entstehung und Beschaffenheit von Gleichgewichten
2.4 Erweiterte Modellannahmen
3 Schlussfolgerungen und Kritik
Literaturverzeichnis
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - Vollständiges Netzwerk (Eigene Darstellung)
Abbildung 2 - n-1 Netzwerk & isolierte Komponente (Eigene Darstellung)
1 Einleitung und Motivation
Im Zuge der weltweiten Globalisierung von intra- und interindustriellem Handel rückt die Betrachtung der Entstehung und der Beschaffenheit von Handelsverträgen in den Vordergrund. Diese Handelsverträge - im folgenden „Free Trade Agreements“ (oder: FTA) genannt - bilden die Basis für die Entstehung von Handel. Zum heutigen Zeitpunkt beinhaltet die Weltgemeinschaft eine enorme Anzahl bilateraler und multilateraler Handelsverträge, die in ihrer Vielschichtigkeit und Komplexität zum Zwecke der Transparenz von der WTO verwaltet werden, was die besondere Relevanz dieses Themas hervorhebt [vgl. WTO 2010]. Die sich seit dem 18. Jahrhundert explosionsartig entwickelnde Globalisierung wurde vor allem durch den industriellen Fortschritt, neuartige technologische Entwicklungen, der Transportkostenreduktion und der kulturellen sowie sozialen Konvergenz im Zuge der Emigration und Immigration von qualifizierten Arbeitskräften („brain drain“) begünstigt.
Die Anreize zur Bildung von Handelsverträgen und die Folgen für sowohl inkludierte als auch exklu- dierte Länder werden in dieser Arbeit näher betrachtet. Hierbei soll mit Hilfe der Netzwerktechnik eine prägnante Analyse der nachhaltigen Entstehung von Netzwerken, bestehend aus bilateralen Han- delsabkommen, durchgeführt werden. Als Maßgrundlage dient das Modell von Goyal/Joshi (2006) und deren Betrachtungen von Stabilität und Effizienz der möglichen Netzwerkausprägungen, beson- ders unter dem Gesichtspunkt der individuellen und kollektiven Wohlfahrtssteigerung.
Hierbei werden im Folgenden zunächst die theoretischen und mathematischen Implikationen des ori- ginären Modells herausgearbeitet, die prävalenten Effekte bei der Entstehung von Handelsabkommen in den Fokus gerückt und die Beschaffenheit der dabei hervorgehenden Gleichgewichte modelliert. Diese Ausführungen bilden das Fundament für die Erweiterungen und Generalisierungen des Basis- modells, auf welche summarisch eingegangen wird. Den Abschluss bildet eine kritische Schlussbe- trachtung des vorgestellten Modells und dessen Eignung zur treffenden Abbildung realitätsnaher Han- delsstrukturen.
Demnach sollen in erster Linie zwei Fragestellungen diskutiert werden: Was sind die Gründe für die Bildung von „Free Trade Agreements“ und wie sehen diese möglicherweise stabilen und effizienten Handelsvereinbarungen aus?
2 Analyse von „Bilaterism and Free Trade“
Um eine entsprechende Analyse der immanenten bilateralen Handelsvereinbarungen durchführen zu können, ist eine genaue Spezifikation des Modellaufbaus substanziell. Hierbei ergibt sich eine Vielzahl differenzierter Annahmen, welche im Folgenden genauer betrachtet werden.
2.1 Modelltheoretischer Aufbau im originären Modell
Im originären Modell ist grundsätzlich die Anzahl betrachteter Länder unendlich und wird daher mit der Anzahl n beziffert. Weiterhin werden lediglich bilaterale Handelsvereinbarungen betrachtet und somit die Möglichkeit, sogenannte Freihandelszone auf Basis von multilateralen Verträgen zu bilden, vernachlässigt. In Bezug auf die Marktstrukturen existiert in jedem Land ausschließlich ein Unter- nehmen, welches sowohl auf dem inländischen als auch ausländischen Markt ein homogenes Produkt absetzen kann und jede dieser Firmen in einem Sonderfall des “Cournot-Oligopolistischen” - Markt- umfeldes ein Monopolist ist. Daneben hängt die Fähigkeit auf einem fremden (d.h. ausländischen) Markt zu verkaufen von den Zollgebühren (“Tariffs”) ab. Wichtig ist hierbei die Eigenschaft, dass Länder stets in der Lage sind, souveräne Entscheidungen zu treffen und somit auf Grundlage intrinsi- scher Motivation FTA’s zu vereinbaren oder aufzulösen. Prinzipiell sind beliebig viele bilaterale FTA’s möglich und lediglich in der Anzahl durch den Umfang der betrachteten Länder begrenzt [Go- yal/Joshi 2006: 750-753]. Diese Begrenzung des Modells auf das wesentliche hat dabei folgenden Vorteil: „It allows to explicitly considering individual country incentives and the spillovers bilateral trade agreements generate for third parties“ [Goyal/Joshi 2006: 751].
An dieser Stelle ist eine präzise Definition von Free Trade Agreements essentiell:
„Ein FTA ist ein spezifisches Konzept zur regionalen Handelsliberalisierung. Bei einer Freihandelszone werden zwischen den Partnerländern schrittweise alle Zölle und Kon- tingente, d.h. alle tarifären und nicht tarifären Handelshemmnisse, abgebaut - innerhalb der Freihandelszone werden keine Zölle erhoben. Im Unterschied zur Zollunion behält jedes Mitgliedsland einer Freihandelszone weiterhin die volle Autonomie bei der Gestal- tung seiner Handelspolitik gegenüber Drittstaaten.“ [Gabler Wirtschaftslexikon 2010]
Das Modell wird mit Hilfe von Netzwerktechniken konstruiert und auf Basis von Gleichgewichts- und Wohlfahrtsmaxima-Lösungen hergeleitet. Dabei geht das Basismodell von symmetrischen Märkten aus, in denen sämtliche Märkte gleich groß sind. Demnach ist das Ziel der Regierungen, welche in diesem Modell die Akteure darstellen, die soziale Wohlfahrt ihres Landes zu maximieren. Die soziale Wohlfahrt wird im originären Modell dabei wie folgt definiert: „Social welfare is defined as the sum of consumer surplus and the total profits of the domestic firm“ [Goyal/Joshi 2006: 750].
Besondere Bedeutung kommt dabei den Zöllen zu. Diese sind per Definition prohibitiv hoch und wer- den erst mit dem Eintritt in einen bilateralen Handelsvertrag vollständig eliminiert. Dadurch wird im- pliziert, dass ohne FTA kein Handel zwischen den Ländern vorzufinden ist, während bei einem FTA die Zölle vollständig eliminiert werden und dadurch im Modell endogenisiert werden [Goyal/Joshi 2006: 750].
Dies lässt sich aus der Preisgestaltung im Cournot-Oligopol herleiten, wodurch die inverse lineare Produktnachfrage im jeweiligen Land modelliert wird:
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wo Pi den Preis des Produktes i, α die Marktgröße und Qi die Outputmenge des Produktes i darstellt. Weiterhin ist anzunehmen, dass die Produktionskosten pro Einheit linear sind, die Marktgröße die konstanten Grenzkostenübersteigt und demnach charakterisiert werden durch:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dadurch ergeben sich die prohibitiv hohen Zölle von
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Im oligopolistischen Cournot-Wettbewerb wird der Preis als abhängige Variable durch die Marktgröße und die festgesetzte Outputmenge determiniert. Daher kann aufgrund des Zusammenhanges der veran- schlagte Preis nie größer sein als α. Hierdurch ergeben sich bei Abwesenheit eines FTA’s prohibitive Zölle, die den Handel untereinander verhindern und nur durch eine Handelsvereinbarung eliminiert werden können [Goyal/Joshi 2006: 752-753]. „The assumption that T > α ensures that a firm i sells in country j if and only if there is a trade agreement between the two countries” [Goyal/Joshi 2006: 754]. Allerdings ist es an dieser Stelle wichtig zu erwähnen, dass die Annahme von T > α im originären Modell lediglich vereinfachende Gründe hat. Die Aufhebung dieser „pre-arrangement“ - Restriktionenändern die Implikation im erweiterten Modell nicht, dass FTA’s weiterhin als wohlfahrtssteigernd angenommen werden und aus diesem Grund gebildet werden [Goyal/Joshi 2006: 754].
Um den Zustand der Autarkie aufzulösen und globalen Handel durch die Aufhebung von Zöllen zu ermöglichen, müssen demnach Anreize geschaffen werden FTA’s zu bilden. Dies stellt sogleich die Hauptintention des vorgestellten Artikels dar: „This article examines the incentives of countries to form bilateral free-trade agreements and the effects of these agreements on the welfare of third parties“ [Goyal/Joshi 2006: 749].
Dafür ist eine genaue Betrachtung der sozialen Wohlfahrtsfunktion unerlässlich. Diese ergibt sich im originären Modell für ein Land i zunächst aus der Summe von Konsumentenüberschuss, Firmenprofit sowie den Zolleinnahmen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hierbei beschreibt der erste Teil den Konsumentenertrag, der zweite Teil den Firmenprofit im eigenen Land, gefolgt vom Firmenprofit im Ausland sowie den eigenen Zolleinnahmen. „This formulation of social welfare places equal weight on consumer surplus and producers profits. We will assume that the government seeks to maximize the social welfare function when it makes decisions on whether or not to form FTA’s” [Goyal/Joshi 2006: 754].
Da allerdings die prohibitiven Zölle jeglichen Handel mit Ländern, mit denen kein FTA besteht, un- terbinden, lässt sich ein modifizierter Aufbau der sozialen Wohlfahrt eines Landes in folgender Form darstellen:
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Dadurch lässt sich der redundante Term der Zolleinnahmen im Zustand ohne bestehendes FTA zwi- schen Land i und j eliminieren [Goyal/Joshi 2006: 753-755]. Der erste Term beschreibt den Konsu- mentenüberschuss in Abhängigkeit der im eigenen Land tätigen Firmen und der zweite Term den sich aus dem Ergebnis des Cournot-Wettbewerbs ergebenden Firmengewinn der inländischen Firma im In- und Ausland.
An dieser Stelle sollte die Frage nach der Legitimation von Free Trade Agreements gestellt und beantwortet werden. Diese wird unter spezifischen Auflagen durch das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (General Agreement on Tariffs and Trade: GATT) autorisiert. Diese Auflagen sehen unter anderem vor, dass ein bilaterales Abkommen nicht zu höheren Gebühren und Zöllen für Dritte führt. Dieser Effekt ist, wie bereits erwähnt, im zu Grunde liegenden Modell endogenisiert, da ein FTA per Definition zu verringerten Zöllen für nicht-beteiligte Länder führt, da ein Multiplikatorprozess eintritt, der die Bildung weiterer FTA’s vorantreibt [Goyal/Joshi 2006: 751]. Eine mathematische Beweisführung dieses Aspektes wird im Folgenden Vorgenommen.
2.2 Prävalente Effekte und Entstehung von Free Trade Agreements
Um die Entstehung von Freihandelsvereinbarungen und dessen Eigenschaften im Modell adäquat abbilden zu können, ist eine klare Identifizierung der prävalenten Effekte notwendig, welche auf die Bildung von FTA’s wirken. Diese lassen sich in positive und negative Effekte sowie einen Gesamteffekt unterteilen. Diese beeinflussenden Effekte sind kohärent mit der Existenz von den in der Realität vorzufindenden Freihandelsabkommen und lassen sich wie folgt klassifizieren:
I. Ein FTA eliminiert prohibitiv hohe Zölle, entfernt Eintrittsbarrieren und fördert dadurch einen höheren Wettbewerb auf den jeweils involvierten Märkten
II. Die inländischen Unternehmen erlangen Zugang zu einem größeren Markt und stärken somit in der Summe ihre Verkaufsposition
III. Die einheimischen Konsumenten profitieren von niedrigeren Produktpreisen und einer höhe ren Produktvielfalt aufgrund steigender Konkurrenz auf dem Markt Dadurch ergibt sich ein ambivalentes Bild, was die Vorteilhaftigkeit der freien Handelsabkommen anbelangt.
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