Nach dem Brügger Modell ist das Vorliegen einer psychischen Störung dadurch gekennzeichnet, dass die Verhaltenswahl des Patienten eingeschränkt ist: Sein Verhalten stellt ein Symptom für sein Leiden dar.
Die Wahlmöglichkeiten und der Umgang mit der Realität werden nach dem therapeutischen Selbstverständnis des Brügger Modells durch die Faktoren Erfahrungen, Erziehung, genetische Faktoren und den Kontext bestimmt. Dabei wird zwischen der semantischen und der pragmatischen Wahl unterschieden: Unsere Wahrnehmung der Realität wird geleitet durch die Wahl der Zuschreibung von Bedeutungen (semantischer Aspekt), die unser Handeln (pragmatischer Aspekt) leiten. Ist die Bedeutungswahl in der Wahrnehmung eingeschränkt, so ist auch die pragmatische Wahl eingeschränkt
Die Aufgaben des Therapeuten im Brügger Modell beziehen sich darauf, einen Kontext herzustellen, in dem gemeinsam mit dem Patienten Möglichkeiten der semantischen und der pragmatischen Wahl entwickelt werden, um auf diesem Wege die Wahlfreiheit wieder herzustellen oder zu erweitern: Der (Wieder-)Herstellung von Wahlfreiheit dient die Veränderung von (pathologischen) Gewohnheiten. Da die wenigsten Gewohnheiten stets völlig gleich ablaufen - selbst bei Zwangsritualen finden sich oft kleine Varianten -, bieten sich hier therapeutische Chancen. Die Gewohnheiten und ihr Vollzug werden im therapeutischen Gespräch und in Selbstbeobachtungsaufgaben des Patienten erkundet. Daraus wird ein vom Patienten gewünschter Zustand abgeleitet sowie Wege, diesen Zustand zu erreichen.
Die Annahme, dass Patienten bei wieder hergestellter Wahlfreiheit die Wahl treffen, anstelle ihres pathologischen Verhaltens ihre Symptome zu beherrschen, ist aus der therapeutischen Erfahrung abgeleitet.
In der vorliegenden Studie werden die Prinzipien des Brügger Modells auf die Therapie des Fallbeispiels einer Zwangsstörung angewendet.
Inhaltsverzeichnis
- Zusammenfassung
- 1. Fallbeispiel einer Zwangsstörung
- 1.1 Diagnostische Aspekte nach ICD 10, Kapitel V
- 1.1.1 Differentialdiagnostische Überlegungen
- 1.2 Weitere Verständnis leitende Aspekte
- 2. Epidemik, Ätiologie und Pathogenese der Zwangsstörung
- 3. Das Brügger Modell im Überblick
- 4. Die therapeutische Praxis bei Zwangsstörungen: eine Skizze
- 4.1 Der Abschluss der Therapie
- 5. Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Fallstudie untersucht die Anwendung des Brügger Modells in der Therapie einer Zwangsstörung. Der Fokus liegt auf der Analyse des Fallbeispiels eines 36-jährigen Mannes mit Zwangssymptomatik und der Erläuterung der therapeutischen Ansätze im Kontext des Brügger Modells.
- Zwangsstörungen als Einschränkung der Verhaltenswahl
- Die Bedeutung von Erfahrungen, Erziehung und Kontext für die Entwicklung von Zwangsstörungen
- Das Brügger Modell und seine therapeutischen Prinzipien
- Die Rolle der Gewohnheiten in der Therapie von Zwangsstörungen
- Die Wiederherstellung von Wahlfreiheit als Ziel der Therapie
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel stellt das Fallbeispiel eines 36-jährigen Mannes mit Zwangsstörung vor, der mit seiner Lebensgefährtin in die Beratung kommt. Die Symptomatik wird detailliert geschildert und die diagnostischen Aspekte nach ICD 10, Kapitel V, erläutert. Das zweite Kapitel befasst sich mit der Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese der Zwangsstörung. Das dritte Kapitel gibt einen Überblick über das Brügger Modell, ein therapeutisches Modell, das sich auf die Wiederherstellung von Wahlfreiheit konzentriert. Das vierte Kapitel skizziert die therapeutische Praxis bei Zwangsstörungen nach dem Brügger Modell und erläutert den Abschluss der Therapie.
Schlüsselwörter
Zwangsstörung, Brügger Modell, Verhaltenswahl, Gewohnheiten, Wahlfreiheit, therapeutische Praxis, Fallstudie, ICD 10, Diagnostik.
- Quote paper
- Dr. Franz-Josef Schwarz (Author), 2010, Kognitive Kurzzeittherapie nach dem Brügger Modell, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/165871