Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Die Entstehung des Jugendamtes
2.1 Der Vorläufer des Jugendamtes – die Fürsorgeerziehung 3
2.2 Das Jugendamt
2.2.1 Erziehung statt Strafe
2.2.2 Fürsorgeerziehung und ihre Kritik
2.2.3 Das Recht auf Erziehung
2.4 1924 – 1928
2.5 Der Wendepunkt für die Jugendhilfe 1927
2.6 Die nationalsozialistische Wohlfahrtspolitik
2.6.1 Die nationalsozialistische Jugendhilfe
2.6.2 Die Organisationsformen des Jugendamtes
2.6.3 War das Jugendamt nationalsozialistisch ?
2.7 Das Jugendamt in der BRD
2.8 Das Jugendamt neuer Prägung
2.9 Die 70er Jahre
3. Was ist die Kinder- und Jugendhilfe
4. Welche Aufgaben hat die KJH noch?
4.1 Die Aufgabenerfüllung des Jugendamtes kostet Geld!
4.2 Personal der Jugendhilfe
5. Die allgemeinen Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe
5.2 Kinder- und Jugendschutz
5.3 Förderung der Erziehung in der Familie
5.3.1 Familienbildungsstätte
5.3.2 Elterliche Sorge und Beistand
5.4 Wenn Eltern „ausfallen“
5.5 Beratung für die Familie
5.6 Hilfen in Belastungs- und Krisensituationen
5.7 Zusammenfassung der Kinder- und Jugendhilfe
6. Die Akteure der Jugendhilfe
7. Unterteilung der Jugendhilfe
8. Fazit
9. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Ich werde mich in meiner Hausarbeit mit dem Thema „Das Jugendamt – seine Entstehung und Aufgaben“ beschäftigen. Mein Themenschwerpunkt liegt hierbei zum einen auf der Geschichte des Jugendamtes, sowie auf die Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe.
2. Die Entstehung des Jugendamtes
Als erstes möchte ich auf den Vorgänger des heutigen Jugendamtes, also die frühere Fürsorgeerziehung eingehen. Des Weiteren auf die Entstehung des Jugendamtes und deren Entwicklung im Lauf der Jahrzehnte.
2.1 Der Vorläufer des Jugendamtes – die Fürsorgeerziehung
Der Beginn der Jugendfürsorge war der Anfang des 19. Jahrhunderts (ca.1839). Ihre Wurzeln lagen in der Kinder- und Armenfürsorge. Der damalige Rechtsstaat lehnte Eingriffe in die Erziehung von Armenkindern ab, doch griff er in vereinzelten Fällen ein, wenn das Wohl des Kindes stark gefährdet war. Die gesamte Familie erhielt ein Mindestmaß an Unterstützung. Wenn sie Waisen waren wurden sie in Pflegefamilien oder Armenhäusern untergebracht wo ihre sozialen und wirtschaftlichen Belange versorgt und gesichert wurden. Um die Kinder auch in den weiteren erzieherischen Belangen zu versorgen wurde die Volksschule gegründet, diese stand den Belangen der Eltern und der der Industrie, die die Kinder als billige Arbeitskraft sah, im Weg. Der Fürsorge ging ein wichtiges Teilgebiet verloren, da die Armenkinder keinen Zugang zu den Volksschulen hatten – so entstanden die freien (privaten) Erziehungsfürsorgen, die vom Staat unterstützt wurden. In Preußen bildeten sich verschiedenste Rettungshilfevereine die sich zur Aufgabe gemacht hatten misshandelte Kinder in Rettungshäuser zu bringen und Erziehungsanstalten zu schließen in denen Kinder misshandelt wurden. Sie setzten sich auch mit der Jugendkriminalität und der Verwahrlosung auseinander. Im Jahr 1826 verkündeten sie die Verordnung zum Schutz der Kinder. Der damalige Minister von Altenstein rief als erstes die Ernennung von Vormündern für Waisen und uneheliche Kinder aus. Darüber hinaus wurden Kinder die in schlechten familiären Verhältnissen aufwuchsen, aus den Familien herausgenommen. Außerdem wurden die Fabriken wegen dem Schutz der Kinderarbeiter strenger kontrolliert und der Schulzwang durchgesetzt. Diese gesamten Verordnungen führten aber nicht zu einem besseren Leben bzw. zu dem gewünschten Ziel, so musste der Staat Mitte des Jahrhunderts neue Schutzvorschriften erlassen, diese schützen jedoch nur vor Gewalt. Die gesamten Schutzvorschriften scheiterten erneut. Militärische Musterungsuntersuchungen ergaben das Kinder aus Fabriken schwere körperliche Schäden hatten. So konnte von Altenstein 1839 endlich Vorschriften zu den Fabrikarbeiten erlassen. In ihnen wurde festgelegt das Kinder unter 9 Jahren keine gewerblichen Arbeiten nachgehen durften. Die Nacht- und Sonntagsarbeit wurde für die 9-12 jährigen verboten und die tägliche Arbeitszeit erst auf 12 Stunden später auf 10 Stunden gesenkt. Kinder in schulfähigem Alter durften erst beschäftigt werden wenn sie eine drei jährige Schulpflicht erfüllt hatten. 1840 wurde in Preußen die „polizeiliche Pflegestellenerlaubnis und – Beaufsichtigung“ eingeführt (Scherpner 1966, S.159). Kinder unter 4Jahren durften nur durch eine polizeiliche Genehmigung abgegeben werde. 1825 wurde in Leipzig Ziehkinderanstalten für uneheliche Kinder eingerichtet. Diese sollten „Schäden“ an Kindern verhindern und ihre Situation positiv verändern. Da dies nicht ausreichte, wurde 1858 ein Kinderarzt und eine Pflegerin eingestellt, die die Wohnungs- und Pflegeverhältnisse zu kontrollieren hatten und gegebenenfalls Missstände an die Polizei weiter zu leiten. Um 1878 wurde in Hessen ein Gesetz zum Schutz von Pflegekindern erlassen, dieses beinhaltete die eine Anmeldepflicht für Kinder die in Kost und Logis gegeben wurden. Die polizeilichen Maßnahmen durften jedoch nicht in die elterlichen rechte eingreifen – sie waren nur allgemeine Richtlinien. Die Kinder wurden, ca. 1794 aus dem Strafrecht heraus genommen und der Kinderfürsorge im Rahmen der Armenpflege angegliedert. Dieser Weg wurde im 19. Jahrhundert wieder verworfen. Da es einen Disput gab wegen der Unterbringung von straffällig gewordenen Kindern bei erwachsenen Straftätern wurden Lehr- und Unterrichtsanstalten ins Leben gerufen. Von Altenstein sprach sich gegen eine zu lange und harte Strafe bei Kindern aus, da sie sie schädigen könne. Im Jahr 1851 wurde der Begriff „sans discernement“ in das Reichsstrafgesetzbuch aufgenommen. Dies wurde in das spätere deutsche Strafrecht wie folgt übernommen: „Personen unter sechzehn Jahren, die ohne die erforderliche Einsicht eine Straftat begangen haben, können freigesprochen werden, doch das Gericht könnte eine Unterbringung in einer Besserungsanstalt, bis höchstens zum 20. Lebensjahr, anordnen“ (Scherpner, 1966, S.161). Ein weiterer Fortschritt im RSTGB war, dass die Strafmündigkeitsgrenze auf das vollendete 12. Lebensjahr festgesetzt wurde. Die 12 bis 18 Jährigen waren bedingt strafmündig und daher musste erst festgestellt werden, ob diese die nötige Einsicht hatten. Es gab aber Lücken in diesem Erlass (Scherpner, 1966, S.162) die 1876 durch den §55 zur Zwangserziehung ergänzt wurde. Kinder unter 12 Jahren konnten dadurch in Erziehungs- und Besserungsanstalten eingewiesen werden. Neu war an dieser Methode, dass die Unterbringung in den Erziehungsanstalten in die Hand des Vormundschaftsgerichtes gelegt wurde. So setzte sich langsam das Gebiet der Jugendfürsorge durch. Zum 01.01.1900 trat das BGB in Kraft durch das es wieder Rückschritte gab weil das Elternrecht als ein selbständiges Recht angesehen wurde und Eingriffe seitens des Staates auf ein Minimum gesetzt wurden. Das Eingreifen in die Familie durfte nur erfolgen wenn nachweislich schuldhaftes Verhalten der Eltern nachgewiesen werden konnte (§1666 BGB). Der Begriff „Zwangserziehung“ wurde abgeschafft und der Begriff der Jugendfürsorge eingeführt. Die Fürsorgeerziehung wurde auf Selbstverwaltungskörperschaften übertragen. Kleinere Gemeinden und Kommunen konnten sich dies nicht leisten und stellten keine Anträge auf Fürsorgeerziehung. Die Lücken in den Gesetzen wurden Ende des 19. Jahrhunderts durch neue Reformen und Verordnungen geschlossen. In Deutschland wurden sogenannte Stillstuben gegründet um die Säuglingssterblichkeit zu verringern. Die Mütter bekamen Prämien dafür, dass sie die Kinder dort stillten und die Sterblichkeitsrate sank. Weiterhin wurde die Schulkinderfürsorge eingeführt, sie hatte die Aufgabe der Überwachung des Gesundheitszustandes der Kinder durch Ärzte, sowie die hygienischen Zustände an Schulen. Aus dieser Fürsorge entwickelte sich dann in allen Schulzweigen die Erholungsfürsorge für Schulkinder. Wenn sich nicht gleichzeitig die Sozialversicherung entwickelt hätte, wäre es nicht so schnell möglich gewesen die Fürsorgestellen für die Unterschicht aufzubauen. Zu dieser Zeit wurden auch die Mutterschutzvorschriften und die Krankenversicherung ausgebaut. Durch die Reurbanisierung herrschte bald eine Wohnungsnot in Großstädten und das Kinderelend stieg an. Die Berufsvormundschaft ist in der Jugendfürsorge ein bedeutendes Gebiet, diese betraf hauptsächlich die verwaisten und unehelichen Kinder. Aus diesem entwickelte sich dann die Einzelvormundschaft. Diese stellte jedem einzelnen Kind einen persönlichen Vormund. Aus einer gesellschaftlichen und sozialen Institution wurde später jedoch eine Rechtsinstitution. Diese übernahm nur noch die rechtlichen Befugnisse der Eltern und übergab die anderen Bereiche, wie z.B. die persönliche Sorge den Pflegefamilien und Anstalten. Sie gingen nicht nur den Vormundschaften der Kindern nach sondern auch deren polizeilichen Rechten. Man griff gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf die Anstaltsvormundschaften zurück, da die Einzelvormundschaften bei unehelichen Kindern nicht wirkten. 1924 wurde das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz eingeführt, dass die soziale und wirtschaftliche Lage der Mütter verbesserte, da sich die Generalvormundschaft direkt nach der Geburt um die Rechte des unehelichen Kindes gegenüber dem Erzeuger kümmerte. Durch die Einführung des BGB`s drohte der Entwicklung der Vormundschaft ein Rückschlag, da die Schöpfer die Bedeutung der Jugendfürsorge nicht erkannten und nur noch Einzelvormundschaften bewilligten, obwohl die Berufsvormundschaft große Erfolge gezeigt hatte. Nach langen Kämpfen wurde ein Kompromiss bei der Fürsorgeerziehung erreicht. Dieser wurde im BGB Art. 136 festgelegt und besagte, dass „es der Landesgesetzgebung überlassen, neben, die auf Grund des BGB bestehende Form der ehrenamtlichen Einzelvormundschaft zu stellen“ (Scherpner, 1966, S. 172). Von Beamten und „einer unter staatlicher Verwaltung oder Aufsicht stehenden Erziehungs- oder Verpflegungsanstalt“ (Scherpner 1966, S.172) konnte dies ausgeübt werden. Die Berufsvormundschaft galt bis zur Volljährigkeit, konnte jedoch durch das Vormundschaftsgericht beendet werden. Anstelle dieser trat dann, im Interesse des Minderjährigen eine Einzelvormundschaft in Kraft. Daran ist zu erkennen, dass um die Jahrhundertwende neue Entwicklungen auf Einzelgebieten der Fürsorge entstanden sind. Durch den wirtschaftlichen Aufschwung und der starken sozialen Spannungen wurde das Interesse der Öffentlichkeit geweckt, so dass der Staat und die Kommunen ihre Bemühungen steigerten. Das Ergebnis war jedoch, dass sich das Gebiet der Fürsorge auf verschiedene Behörden zersplitterte wie die Polizei, die Gewerbeaufsicht, die Ortsbehörde, das Gesundheitsamt, die Pflegekinderaufsichtsbehörde, die Armen- und Waisenämter, das Vormundschaftsgericht und das Strafgericht. Die einzelnen Instanzen arbeiteten jedoch alle nebeneinander her. Um gegen diese Zersplitterung der Jugendfürsorge anzugehen, setzte sich 1900 die Reformbewegung ein. Diese ließ sich in zwei Bereiche unterteilen, zum einen sollte die Armenfürsorge durch eine Reform neu geregelt werden und als ein eigenständiges Gebiet der Fürsorge anerkannt werden. Die größeren Verbände sollten die armenpflegerischen Aufgaben übernehmen. Die soziale Ausgestaltung sollte ein höheres Niveau in der Kinderarmenpflege sicherstellen, dies sollte durch die Berufsvormundschaft erreicht werden. Die Armenämter sollten die Armenpflege von Minderjährigen lösen. Dadurch wuchs die Idee einer selbständigen örtlichen Behörde, die die gesamte Jugendfürsorge in allen ihren Zweigen unter dem Gesichtspunkt der Erziehung zusammenfasst (Scherpner, 1966, S. 173). Die Berufsvormundschaft sah man als den Kernpunkt der Jugendfürsorge. Ein Vertreter war Klumker, er trieb die Weiterentwicklung dieser Idee weiter voran und spürte die Aufgaben und Arbeitsmethoden der praktischen sozialen Arbeit auf und vertiefte seine Erkenntnisse dieser sozialen Zusammenhänge. Die rechtliche Funktion war für Klumker „nur die kleinere nebensächliche Seite der Sache“ (Scherpner, 1966, S. 174), für ihn stand die fehlende Elternsorge zu ersetzten im Mittelpunkt. Dem Verein wurden durch diesen Erfolg nun auch schwierige Erziehungsaufgaben zugeteilt, wie die Vormundschaft und Pflegschaften von gefährdeten Kindern. Beobachtungen von einzelnen Jugendlichen wurde jetzt zum Teil notwendig, um die weitere Erziehung leiten zu können. Verschiedene Vereine nahmen sich dies zum Vorbild, wie z.B. 1904 der Berliner Kinderrettungsverein. Dieser und andere Vereine, die sich entwickelten, stellten eine Vorstufe der späteren behördlichen Jugendfürsorge da. Um 1906 wurden Auskunfts- und Beratungsstellen errichtet, die in Rechtsfällen eingriffen. Das Fachwissen der der Mitglieder wurde durch Veröffentlichungen und Schulungen erweitert. Einige Städte unternahmen zwischenzeitlich den Versuch, alle Zweige der Jugendfürsorge zu verbinden. In Hamburg gelang es 1909 Dr. Petersen, dem Direktor eines Waisenhauses, durch sein Mitwirken in der Landesgesetzgebung die gesamte Jugendfürsorge, die Leitung der öffentlichen Waisenhäuser und die Erziehungsanstalten in eine Behörde zusammen zu schließen. Die Jugendfürsorge grenzte sich so langsam von der öffentlichen ab. Auf dem privaten Fürsorge Gebiet herrschte noch immer ein nebeneinander und gegeneinander arbeiten. Auf der Königsberger Tagung (1910) wurde die Forderung nach „einem“ Jugendamt diskutiert. Dies erwies sich als sehr problematisch, da die einzelnen Behörden auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen basierten, jedoch war an eine Änderung des BGB`s zu denken. Die ersten Jugendgerichte wurden in Frankfurt am Main und Köln eingeführt. Dort wurden nur Strafsachen der zwölf bis achtzehnjährigen verhandelt. Der Strafvollzug wurde völlig von dem der Erwachsenen getrennt, es wurden Jugendgefängnisse errichtet. Dieser Zweig der Jugendfürsorge erhielt 1923 eine gesetzliche verankerte Organisation. Durch den Fortschritt der Medizin, Psychiatrie und Psychologie wurde die Ausdifferenzierung der Einrichtungen klarer. Neuer pädagogische Erziehungsmethoden wurden entwickelt. Die Bestrebungen zur Neuordnung der Jugendfürsorge kamen durch den Ausbruch des ersten Weltkrieges zum Erliegen. Spitzenverbände der Wohlfahrtspflege, sowie das Archiv der deutschen Berufsvormünder trafen sich 1918 und forderten einstimmig das Reichsjugendamtsgesetz. Erst durch die Weimarer Verfassung wurde das Gesetz erlassen, so dass die gesamte Jugendfürsorge der rechtsgesetzlichen Regelung unterlag. Im Juli 1922 wurde nach jahrelangen Verhandlungen das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz erlassen, doch erst am 01.04.1924 in Kraft gesetzt aufgrund der schwierigen Finanzlage.
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