Der Beginn der Personennamengebung mittels Rufnamen und die Entwicklung der Familiennamen im Zusammenhang mit der Entstehung der Ortsnamen aus Personennamen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Gliederung

1. Personennamenforschung
1.1. Die Bildung germanischer Rufnamen
1.2. Übergang zur Zweinamigkeit
1.3. Die Entstehung der Familiennamen
1.3.1.Semantische Klassen von Familiennamen
1.3.1.1. Familiennamen aus Rufnamen
1.3.1.2. Familiennamen nach der Herkunft
1.3.1.3. Familiennamen nach der Wohnstädte
1.3.1.4. Familiennamen aus Berufs-, Amts- und Standesbezeichnungen
1.3.1.5. Familiennamen aus Übernamen
1.4. Das Bild der Familiennamen in der Gegenwart

2. Ortsnamenforschung
2.1. Entstehung und Veränderung der Ortsnamen
2.2. Entstehung von Ortsnamen aus Personennamen
2.2.1. Personenamen als Bestimmungswörter für Ortsnamen auf -leben
2.2.2. Peiss und (Ober-) Stimm als Beispiele der Ortsnamengebung durch Personennamen
2.2.2.1. Peiss
2.2.2.2. (Ober-) stimm
2.2.3. Nichtüberlieferte Rufnamen als Erstglieder von Ortsnamen

Einleitung

Die Namenforschung, Onomastik (griechisch: onoma: Name) beschäftigt sich mit der Bedeutung, Herkunft und Verbreitung von Namen, von Vornamen, Familiennamen, aber auch Ortsnamen.

Verwandte Gebiete sind die sprachwissenschaftliche Disziplin der Etymologie, die die Bedeutung und Herkunft von Worten allgemein untersucht und die Genealogie (Ahnenforschung), die sich für die Abstammung („Herkunft") einzelner Personen und Familien interessiert.

Die Onomastik ist eine Teildisziplin der Sprachwissenschaft, die die spezifischen Eigenschaften der Einzelnamen (Vor-, Familien, Orts-, Gewässer-, Flur-, Warennamen) beschreibt. Sie verfolgt die Namenentstehung und -geschichte im Zusammenhang mit den Namengebern, den Namenbenutzern und den wechselnden Benennungssituationen.

Seit Anbeginn der verbalen Kommunikation wurden Personen und Gegenstände mit Bezeichnungen und Namen versehen. Somit wurde die Benennung des Einzelindividuums und auch bestimmter Gruppen mit ähnlichen oder gleichen Merkmalen möglich. Die stattgefundene Benennung von Ortsnamen diente der Orientierung.

Die Eigennamen dienen dazu, Einzelindividuen oder Sachverhalte innerhalb einer Gruppe in ihrer Einzigartigkeit zu kennzeichnen und unmittelbar zu benennen. Namen haben nicht nur eine Bezeichnungsfunktion, sie implizieren Assoziationen und aktivieren somit bestimmte Vorstellungen und Emotionen.

Die Literatur unterscheidet die Bedeutsamkeit der Namen in motivisch und aktuell. Die motivische Bedeutsamkeit ergibt sich aus den Gründen der Namensgebung, während die aktuelle Bedeutsamkeit aus dem Zusammenwirken von Eindrücken beim Namengebrauch entsteht.[1]

Wir beschäftigen uns in dieser Arbeit nicht nur mit den Rufnamen und der Entstehung von Familiennamen, sondern stellen auch eine Verbindung zur Ortsnamenforschung (Topomastik) her. Eine Verknüpfung erachten wir für sinnvoll, weil sich die Ortsnamengebung häufig aus den Personennamen ableiten lassen und somit als Bestimmungswörter für die Ortsnamen fungieren, daher soll dieser Bereich der Schwerpunkt unserer Arbeit sein.

1. Personennamenforschung

1.1. Die Bildung germanischer Rufnamen

Als eigentlicher Personenname kann der Rufname, mit dem die Person „gerufen“ wird, bezeichnet werden. Jahrtausende trug man bei den Germanen und anderen Völkern nur einen Namen, z.B. Wulfila, Moses oder Platon.

Die Motive der Namengebung können von unterschiedlicher Ausprägung sein. So kann einmal der individuelle Wunsch der Eltern, die einen bestimmten Namen für ihr Kind wollen, angeführt werden, zum anderen sollte der Name mit dem Wesen des zu Bezeichnenden in wenigsten einem markanten Punkt übereinstimmen. Dies konnte durch den Gebrauch eines Eigenschaftswortes, welches sich auf das äußere Erscheinungsbild des zu Bezeichnenden bezieht oder durch den Vergleich der Merkmale von Mensch und Tier erfolgen.

Die germanischen Rufnamen sind überwiegend dithematischer Art, so bestehen sie meist aus zwei Gliedern ( Ger- trud). Das Prinzip der Zweigliedrigkeit gab es schon im Indogermanischen. Bis zum vierten Jahrhundert waren die Glieder sinnvoll aufeinander abgestimmt, im weiteren Verlauf erfolgte die Kombination aber mechanisch. Die Bedeutungen der beiden Glieder sollten daher bedeutungsneutral nebeneinander betrachtet werden, da sich die Namen so von den gegenwärtigen Komposita unterscheiden.

1.2. Übergang zur Zweinamigkeit

Lange war ein Rufname genug, um die Bewohner einer Gemeinde anzusprechen. Doch bis etwa zum 12. Jahrhundert führten Namenmoden in der Rufnamengebung dazu, dass der heimische Rufnamenschatz erheblich ausgedünnt worden war. Wenige Rufnamen waren populär, die einstige Vielfalt ging verloren.

Während man etwa ab dem 9. Jahrhundert Rufnamen aus dem Alten Testament wählte, bevorzugte man ab dem 12. Jahrhundert Rufnamen aus dem Neuen Testament, so genannte Heiligennamen. Diese Konzentration und Reduzierung der Rufnamen führte dazu, dass sich viele Menschen den gleichen Rufnamen teilten. Dies und das rasante Städtewachstum verlangten den Übergang von der Einnamigkeit zur Zweinamigkeit, um eine Unterscheidung der Menschen zu gewährleisten.

So entwickelte sich der Trend dem Rufnamen im Gebrauch beschreibende Wörter beizufügen. In manchen Situationen wurden einnamige Personen freilich schon immer durch Zusätze besonders gekennzeichnet, etwa zur Auszeichnung (Karl der Große), zur Unterscheidung (Pippin der Ältere / Jüngere), zur Charakterisierung (Ludwig der Fromme) oder um Verbundenheit mit anderen Personen auszudrücken (Hrabanus Maurus: nach seinem Vorbild, dem heiligen Maurus).

Solche Zusätze können je nach Anlaß wechseln. Wenn ein solcher Zusatz nicht nur gelegentlich (okkasioneller Zusatz), sondern mehr oder weniger regelmäßig zur Kennzeichnung einer Person verwendet wird, bezeichnet man ihn als Beinamen.

Der Beiname ist der charakterisierende Zweitnamen, der oft zum Familienname verfestigt wurde. Quellen aus dem 12. Jahrhundert, wie Stadturkunden, belegen, dass die Personenbeschreibung mit Ruf- und Beinamen vermehrt Anwendung fand.

1.3. Die Entstehung der Familiennamen

Vorerst löste der Beiname das Problem unzureichender Identifizierung, jedoch wurde der feste Nachname schon bald zur Notwendigkeit, denn durch den zunehmenden Handelsverkehr war es nötig die Personen voneinander abgrenzen zu können. Die ansteigende Bevölkerungsdichte zog den Ausbau der Verwaltung mit sich, so mussten die einzelnen Personen in Steuerlisten und Bürgerverzeichnissen aufgelistet und voneinander unterschieden werden.

Der feste Nachname oder auch Familienname musste jetzt mehrere wichtige Funktionen erfüllen, so musste er amtlich verbindlich sein, lebenslang bestehen und vererbt werden können.

Wenn auch Geschwister des Namenträgers mit dem gleichen Beinamen bezeichnet werden und wenn er über mehrere Generationen vererbt wird, dann wird der ursprüngliche Beiname zur Familienbezeichnung.[2]

Die Ausbreitung der Familiennamen erfolgte von Ost nach West, aber nicht linear, außerdem geschah dies in einer zeitlichen Staffelung. Die räumliche Ausbreitung verlief unterschiedlich und es deutete sich ein soziales Gefälle an. Dabei waren Adlige und Patrizier in der Verwendung von Familiennamen Vorreiter, Knechte und Dienstboten schlossen sich an. Die Städte wurden viel eher erfasst als das Land. Dort funktionierte das einnamige Modell stellenweise noch im 17./18. Jahrhundert. Allgemein galt die Zweinamigkeit seit dem 15. Jahrhundert als üblich und es entstand ein regelrechtes Identifikationssystem.

1.3.1. Semantische Klassen von Familiennamen

Festzuhalten bleibt, dass dem Familienname ein Wort als Ursprung zu Grunde lag, das eine Person zu einer bestimmten Zeit auf irgendeine Weise charakterisierte. Die Benennung nach Andersartigkeit wurde zum Prinzip bei der Zweitnamenvergebung. Die deutschen Familiennamen sind oftmals ein Spiegel der altdeutschen Namengebung, denn viele Rufnamen aus früherer Zeit sind noch heute in unseren Familiennamen lebendig. Hierbei sind verschiedene Gesichtspunkte der Unterscheidung zu betrachten.

1.3.1.1. Familiennamen aus Rufnamen

Bei aus Rufnamen entstandenen Familiennamen gilt die Beziehung des ersten Namenträgers zu einem anderen Menschen als Quelle der Vererbung. Dabei handelt es sich stets um verwandtschaftliche Beziehungen.

Die größte Gruppe bilden in diesem Zusammenhang die Patronyme, das heißt vom Rufnamen des Vaters abgeleitete Familiennamen. So konnten z.B. zwei Personen innerhalb einer Gemeinschaft mit dem Rufnamen "Friedrich" aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Vätern identifiziert werden. Dazu fügte man dem Rufnamen den Namen des Vaters bei. So war der eine "Friedrich, Gerhards Sohn", der andere "Konrads Friedrich". Später konnte sich der Beiname zum Familiennamen verfestigen.

Besonders im deutschen Nordwesten (und in Skandinavien) ist auch die Endung -sen weit verbreitet, die vom reduzierten Wort „Sohn" übrig geblieben ist. Der Zusatz sun oder Sohn tritt hierbei in geschwächter oder veränderter Form -sen auf.

Mehr als zwei drittel der Dänen tragen heute Namen auf Endung -sen, z.B. „Nielsen“ oder „Andersen“.

Durch die verschiedenen Bildungsweisen aller deutschen Familiennamen entsteht praktisch eine unendliche Namenfülle. Neben den genuinen Formen wie „Heinrich“, „Hartmann“ oder „Friedrich“ existieren auch Formen mit Genitivmorphem, wie „Hinrichs“; „Friedrichs“ oder „Wilhelms“. Sie sind hauptsächlich durch den Wegfall des Wortes sun entstanden.

Konstruktionen zur Entstehung von Familiennamen

1. Rufname + Rufnamen des Vaters mit Genitiv -s + „Sohn“: Heribrand Hildebrands Sohn
2. Abschwächung und Verschmelzung: Heribrand Hildebrandsen
3. Weitere Abschwächung des funktionslos gewordenen -sen: Familienname Hildebrands
4. Abfall -s: Hildebrand
5. Mögliche Kurzform: Brandt, Brand

In Ausnahmefällen konnte auch der Name der Mutter Verwendung finden. Metronymische Familiennamen wurden ursprünglich dann vergeben wenn die Frau die sozial höhere Stellung besaß oder sie beruhen auf der größeren Bekanntheit der Mutter in der jeweiligen Gemeinschaft.

Zudem gibt es Suffixe, die in allen Namengruppen verstärkt auftreten. Die Endung -mann wurde schon immer zur Bezeichnung von Menschen gebraucht. Sie begegnet uns in patronymischen Namen wie Ullmann (aus Ullrich), Karlmann (aus Karl). Ein insgesamt weit verbreitetes Ableitungssuffix für Familiennamen ist auch die Endung -ing, in Namen wie Lessing, Ebeling. Sie kommt ebenfalls in allen Namengruppe vor und bedeutet ursprünglich „zugehörig zu..“.

1.3.1.2. Familiennamen nach der Herkunft

Die Entstehung der Familiennamen unter Einfluss der Herkunft geht auf die Zeit großer Binnenwanderungen zurück. Die Ausbildung des deutschen Städtewesens trug erheblich zur Entwicklung des Familiennamens bei. Die Folge dieser spätmittelalterlichen Verstädterung waren starke Umsiedlungsaktivitäten vom Land in die Neuerungsgebiete. Die Herkunft der Zugezogenen war besonders geeignet, um die Personen zur besseren Unterscheidung zu kennzeichnen. So wurden die Zugezogenen nach ihrem Herkunftsort benannt. Kam z.B. ein Heinrich aus Altenburg nach Kassel, konnte er dort „Heinrich aus Altenburg" oder „Heinrich, der Altenburger" gerufen werden. Der Ortsname Altenburg wurde in der Fremde als Beiname angefügt und verfestigte sich zum Familiennamen.

Die Literatur gliedert die Herkunftsnamen in folgender Weise:

1. nach Orten (z.B.: Weimar oder Altenburg(er) )
2. nach der Volks- oder Stammeszugehörigkeit (Unger oder Bayer)
3. nach Regionen (Allgaier)

Die mittelalterlichen Herkunftsnamen waren häufig mit Präpositionen verbunden. Die Anknüpfung geschieht in den meisten Fällen mit „von und zu“. Erst im 17. Jahrhundert wird dies zum allgemeinen Kennzeichen der Adelsnamen, während im Mittelalter auch gewöhnliche Bürger und Bauern solche präpositionalen Namen trugen.

Weiterhin ist für Familiennamen nach der Herkunft die Adjektivendung -isch charakteristisch. Sie tritt in dieser Namengruppe am häufigsten auf und ist in den Namen wie Preusch (preußisch) Rheinsch (rheinisch) oder Bönsch (Bonn) enthalten. Ebenfalls häufig vertreten ist das allgemein gebräuchliche Suffix -ing. Es bildet die Endung bei Namen wie Steding (Stade), Döring (Thüringen) oder Schlesinger (Schlesien).

[...]


[1] Vgl. Kunze, Konrad. Dtv-Atlas Namenkunde. München 1998, S.ll

[2] Vgl.: Koß, Gerhard: Namenforschung. Eine Einführung in die Onomastik. In: Germanistische Arbeitshefte. Hrsg. Von Gerd Fritz und Franz Hundsnurscher. Tübingen 2002, S.42

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Der Beginn der Personennamengebung mittels Rufnamen und die Entwicklung der Familiennamen im Zusammenhang mit der Entstehung der Ortsnamen aus Personennamen
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
27
Katalognummer
V166007
ISBN (eBook)
9783640817788
ISBN (Buch)
9783640821075
Dateigröße
482 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
beginn, personennamengebung, rufnamen, entwicklung, familiennamen, zusammenhang, entstehung, ortsnamen, personennamen
Arbeit zitieren
Angelina Schulz (Autor:in), 2009, Der Beginn der Personennamengebung mittels Rufnamen und die Entwicklung der Familiennamen im Zusammenhang mit der Entstehung der Ortsnamen aus Personennamen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166007

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