Gegen Mitternacht des 19. April 1944 klingelte in Hitlers Berghof auf dem Ober-salzberg das Telefon. Am Apparat war Joseph Goebbels, der seinem „Führer“ zum 55. Geburtstag gratulierte. Er hoffe darauf, dass Hitler noch mindestens dreißig Jahre lebe. „Ginge dieser Wunsch in Erfüllung“, so Goebbels, „würde [Hitler] das [Deutsche] Reich zur Weltmacht erheben und es zur Herrscherin über Europa machen.“ Ob der Propagandaminister an seine eigenen Worte glaubte oder nicht: Er kannte die milli-tärische Lage nur allzu gut. Während die Rote Armee an allen Abschnitten der Ost-front auf dem Vormarsch war, hatten die Westalliierten Teile Italiens erobert und banden dort deutsche Truppen. Die Chancen den Krieg zu gewinnen und „das [Deu-tsche] Reich zur Weltmacht“ zu erheben, standen denkbar schlecht. Wer am Endsieg festhielt, tat dies entweder aus Perspektivlosigkeit oder aber aus Glauben an Hitler und dessen Versprechungen. „Führer befiehl, wir folgen“, oder „Unsere Mauern brachen, unsere Herzen nicht“, verkündeten Schilder in den Trümmern Berlins, die die Wo-chenschau in ihrem Bericht über den 20. April 1944 zeigte. Die Feierlichkeiten zu Hitlers Ehrentag waren im Vergleich zu den Festakten und Paraden früherer Jahre schlicht. „Es ist selbstverständlich, daß [sie] dem Ernst der Zeit entsprechend [...] durchgeführt werden“, hieß es von Seiten der NSDAP. Doch ohne Pomp und Gloria ließen sich Hitlers Mythos und die alte Größe der Bewegung, nur schwerlich trans-portieren. Einzig die Presse war dazu noch in der Lage, denn Worte waren billig und Papier geduldig. Die Presselenkung in Deutschland lag beim Propagandaministerium unter Goebbels und seinem Konkurrenten, dem Reichspressechef Otto Dietrich. Für das Ausland war hauptsächlich das Auswärtige Amt unter Joachim von Ribbentrop zuständig. Nach dem „Verrat“ der Italiener im Juli 1943 drohte im März 1944 auch Ungarn von Deutschland abzufallen. Im AA bestand hinsichtlich Zuversicht und Moral im verbündeten Ausland akuter Handlungsbedarf. Zum 20. April ließ man von der Kulturpolitischen Abteilung eine 160-seitige Materialsammlung erstellen, die Adolf Hitlers Leben und Wirken resümmierte. Ein Ausschnitt daraus soll im Folgenden auf den Führermythos und dessen Auslandsspezifik untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Auswärtige Amt
- Die Kulturpolitische Abteilung
- NS-Propaganda
- Der Hitler-Mythos
- Die Materialsammlung
- Materialauswahl
- Mythos und Motive
- Hitler und Friedirch der Große
- Resümee
- Auslandsspezifik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht, wie der Hitler-Mythos in der Propaganda des Auswärtigen Amtes im Dritten Reich dargestellt wurde, insbesondere im Kontext der Materialsammlung zum Geburtstag Hitlers im Jahr 1944. Der Fokus liegt auf den Motiven und der Auslandsspezifik dieser Propaganda.
- Entwicklung und Funktionen der Kulturpolitischen Abteilung des Auswärtigen Amtes
- Die Konstruktion des Hitler-Mythos und dessen Bedeutung für die deutsche Propaganda
- Die Motivik und Zielsetzung der Propaganda des Auswärtigen Amtes im Hinblick auf den Hitler-Mythos
- Die Anpassung der Propaganda an die spezifischen Bedingungen des Auslandspublikums
- Der Einfluss der Materialsammlung auf die deutsche Außenpolitik und die internationale Wahrnehmung des Dritten Reiches
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und präsentiert die Forschungsfragen. Kapitel 2 beleuchtet die Rolle und Entwicklung des Auswärtigen Amtes unter Hitler, insbesondere die Bedeutung der Kulturpolitischen Abteilung und die Herausforderungen der Propaganda im Kontext der Konkurrenz zu anderen staatlichen Institutionen. In Kapitel 3 wird ein kurzer Überblick über die NS-Propaganda gegeben, bevor Kapitel 4 sich auf den Hitler-Mythos konzentriert. Die Kapitel 5 und 6 beschreiben die Materialsammlung zum Geburtstag Hitlers und die Auswahl der enthaltenen Inhalte. Kapitel 7 analysiert den Hitler-Mythos und dessen Motivik sowie die Verbindung zu historischen Figuren wie Friedrich dem Großen. Schließlich widmet sich Kapitel 8 der Auslandsspezifik der Propaganda.
Schlüsselwörter
Hitler-Mythos, NS-Propaganda, Auswärtiges Amt, Kulturpolitische Abteilung, Materialsammlung, Auslandsspezifik, Friedrich der Große, Deutschland, Drittes Reich, Weltmacht, Hegemonie, Propagandaforschung, historische Analyse.
- Quote paper
- Stefan Noack (Author), 2010, Des Führers Sendung , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166169