Bis weit in die 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts kannte die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand kaum Grenzen.
Vor allem mit der Umwandlung von ehemals Sondervermögen des Bundes in den vergangenen Jahrzehnten in private Rechtsformen und der Gründung von so genannten Public Private Partnerships wurden Unternehmensformen geschaffen, an denen sowohl die öffentliche Hand selbst als auch private Rechtssubjekte Anteile halten.
Auch wenn eine wirtschaftliche Betätigung des Staates, gleich welcher Organisations- und Handlungsform, als zulässig anerkannt wird, bestehen erhebliche Schwierigkeiten in der Beurteilung der Fragen, inwieweit der Staat bzw. ein Unternehmen, an dem die öffentliche Hand nur anteilig beteiligt ist, an die Grundrechte gebunden ist und ob diese Unternehmen nicht auch grundrechtlichen Schutz für sich beanspruchen können. Die Frage einer Grundrechtsberechtigung bzw. –verpflichtung von gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen ist ein bis dato noch nicht abgeschlossenes Problem und führt daher keinesfalls ein Schattendasein, sondern ist vor allem in der Rechtspraxis von erheblicher Bedeutung.
Diese Arbeit gibt zunächst im folgenden zweiten Abschnitt einen allgemeinen Überblick über die Grundrechtsberechtigung und -verpflichtung von juristischen Personen. Im dritten Abschnitt folgt in drei Unterabschnitten eine Untersuchung der Grundrechtsberechtigung und –verpflichtung von Aktiengesellschaften, wobei im ersten Unterabschnitt der Fokus auf rein private AGs, im zweiten Unterabschnitt auf AGs im vollständigen Besitz der öffentlichen Hand und im letzten Unterabschnitt auf gemischt-wirtschaftliche AGs gelegt wird. Die Arbeit schließt mit einem Fazit im vierten Abschnitt und gibt dabei, bezugnehmend auf aktuelle Sachverhalte, Hinweise auf die Gestaltung möglicher Lösungsansätze.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Allgemeines zur Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen
- 2.1 Grundrechtsberechtigung der juristischen Person
- 2.2 Grundrechtsbindung der juristischen Person
- 3. Grundrechtsberechtigung und -bindung von Aktiengesellschaften
- 3.1 Aktiengesellschaften in privater Hand
- 3.1.1 Grundrechtsfähigkeit im Lichte des Art. 19 III
- 3.1.1.1 Juristische Person des Privatrechts
- 3.1.1.2 Inländische Beschränkung
- 3.1.1.2.1 Sitztheorie
- 3.1.1.2.2 Gemeinschaftsrechtliche Integration
- 3.1.1.2.3 Mittelbare Grundrechtsberechtigung
- 3.1.1.3 Wesensentsprechende Anwendbarkeit
- 3.1.1.3.1 Dem Wesen nach unanwendbare Grundrechte
- 3.1.1.3.2 Dem Wesen nach anwendbare Grundrechte
- 3.1.2 Ausnahmetatbestände
- 3.1.2.1 Beliehene Unternehmen
- 3.1.2.2 Große Kapitalgesellschaften
- 3.1.3 Zwischenfazit
- 3.2 Grundrechtsberechtigung und -bindung von Eigengesellschaften am Beispiel der Deutschen Bahn AG
- 3.2.1 Eigengesellschaft
- 3.2.2 Grundrechtsbindung der Deutschen Bahn AG
- 3.2.1.1 Grundrechtsbindung aus Art. 1 III
- 3.2.1.2 Grundsätze des Eisenbahnverfassungsrechts (Art. 87e)
- 3.2.3 Grundrechtsberechtigung der Deutschen Bahn AG
- 3.2.4 Zwischenfazit
- 3.3 Grundrechtsberechtigung und -bindung gemischtwirtschaftlicher Aktiengesellschaften
- 3.3.1 Definition des gemischt-wirtschaftlichen Unternehmens
- 3.3.2 Judikatur der Bundesgerichte
- 3.3.2.1 Bundesverfassungsgericht
- 3.3.2.2 Bundesverwaltungsgericht
- 3.3.2.3 Kritische Würdigung des Beherrschungs- und Aufgabenansatzes der Bundesgerichte
- 3.3.2.3.1 Beherrschungsansatz
- 3.3.2.3.2 Erweiterter Grundrechtsgewährleistungsansatz
- 3.3.2.3.3 Aufgabenansatz
- 3.3.3 Rechtsformansatz
- 3.3.4 Konzept der grundrechtstypischen Gefährdungslage und besonderen Zweckbindung
- 3.3.4.1 Grundrechtstypische Gefährdungslage
- 3.3.4.2 Besondere öffentliche Zweckbindung
- 3.3.5 Verfassungsrechtliche Sonderstellung für Nachfolgeunternehmen des Bundes
- 4. Fazit
- Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen
- Grundrechtsfähigkeit und -bindung von Aktiengesellschaften
- Bedeutung des Art. 19 III GG für die Grundrechtsfähigkeit von Aktiengesellschaften
- Grundrechtsfähigkeit und -bindung von Eigengesellschaften am Beispiel der Deutschen Bahn AG
- Grundrechtsfähigkeit und -bindung gemischtwirtschaftlicher Aktiengesellschaften
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Bachelorarbeit befasst sich mit der Frage, ob Aktiengesellschaften, insbesondere gemischt-wirtschaftliche Aktiengesellschaften, Grundrechte besitzen. Die Arbeit analysiert die Grundrechtsfähigkeit und -bindung von Aktiengesellschaften unter Berücksichtigung der relevanten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und anderer Gerichte.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 dient als Einleitung und stellt die Problemstellung der Arbeit vor. Kapitel 2 behandelt die allgemeine Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen, wobei die Grundrechtsberechtigung und -bindung von juristischen Personen im Fokus steht. Kapitel 3 widmet sich der Grundrechtsfähigkeit und -bindung von Aktiengesellschaften. Es werden die Grundrechtsfähigkeit von Aktiengesellschaften in privater Hand, die Grundrechtsfähigkeit und -bindung von Eigengesellschaften am Beispiel der Deutschen Bahn AG sowie die Grundrechtsfähigkeit und -bindung gemischt-wirtschaftlicher Aktiengesellschaften analysiert.
Schlüsselwörter
Grundrechte, Aktiengesellschaften, gemischt-wirtschaftliche Unternehmen, juristische Personen, Grundrechtsfähigkeit, Grundrechtsbindung, Art. 19 III GG, Deutsche Bahn AG, Beherrschungsansatz, Aufgabenansatz.
- Quote paper
- Christoph Gand (Author), 2010, Haben (insb. gemischt-wirtschaftliche) Aktiengesellschaften Grundrechte?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166476