In den 1770er Jahren entstand Diderots Paradoxe sur le comédien. Er nahm Bezug auf den Dialog zwischen de Sainte Albine und Riccoboni und entwickelte darüber hinaus das Paradoxe, in dem die Arbeit des sublimen Schauspielers seiner Auffassung nach besteht.
Im Folgenden soll anhand der theatertheoretischen Texte Sainte Albines, Riccobonis und Diderots die Abwendung von der doctrine classique aufgezeigt werden. Auch das Anknüpfen an Verfahrensweisen der antiken Rhetorik, wie es für die klassische Doktrin typisch war, soll verdeutlicht werden. Nicht zuletzt sollen die teils diametral entgegengesetzten Ansichten der drei Theoretiker untereinander verhandelt und verglichen werden. Insbesondere werden die Aspekte um die die Schauspieltheorie jeweils bereichert wird, näher beleuchtet.
Zunächst wird Grundlegendes aus dem Regelwerk der großen doctrine
classique, die bis heute als "Zentralbegriff des 17. Jahrhunderts" gilt4, dargelegt, um dieses dann den neuen Vorstellungen, die heute als die des Illusionstheaters des 18. Jahrhunderts gelten, gegenüberzustellen. Wie sich im Verlauf der Untersuchung zeigen wird, ist es dafür sinnvoll die Klärung einiger Begriffe der antiken Rhetorik vorauszuschicken. Diese Fachtermini werden zur Transparenz und Vergleichbarkeit beitragen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Termini
- 3. La doctrine classique d'Aubignac (1657)
- 3.1. Die imitatio
- 3.2. Die bienséance
- 3.3. Die vraisemblance
- 4. Le Comédien von de Sainte Albine (1747)
- 4.1. Le Feu
- 4.2. Der sensible Schauspieler
- 5. L'Art du Théâtre von Riccoboni (1750)
- 5.1. Warum kann der Akteur nicht mit echten Emotionen spielen?
- 5.2. L'insensibilité et l'imitation
- 5.3. Riccoboni über de Sainte Albine
- 6. Le Paradoxe sur le Comédien de Diderot (1770er)
- 6.1. L'insensibilité sensibilité
- 6.2. Von der imitatio zur aemulatio - das modèle idéal
- 6.3. Von Vorstellung zu Vorstellung besser
- 7. Résumé
- 8. Quellennachweis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Entwicklung der Schauspieltheorie im 18. Jahrhundert anhand der Schriften von de Sainte Albine, Riccoboni und Diderot. Ziel ist es, die Abwendung von der klassischen Doktrin aufzuzeigen und die Beziehungen zu rhetorischen Verfahren der Antike zu beleuchten. Die Arbeit vergleicht die teilweise gegensätzlichen Ansichten der drei Theoretiker und analysiert die jeweiligen Neuerungen in der Schauspieltheorie.
- Abwendung von der klassischen Doktrin
- Bezüge zur antiken Rhetorik
- Vergleich der Ansichten von de Sainte Albine, Riccoboni und Diderot
- Analyse der Neuerungen in der Schauspieltheorie
- Konzept der "Imitatio" und dessen Weiterentwicklung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und beschreibt den Fokus der Arbeit auf die Entwicklung der Schauspieltheorie im 18. Jahrhundert, beginnend mit dem Werk von Sainte-Albine als Wegbereiter einer neuen Auffassung der Schauspielkunst, im Vergleich zu den etablierten Regeln der klassischen Doktrin. Sie skizziert die Unterschiede zwischen den Ansätzen von de Sainte Albine, Riccoboni und Diderot, und kündigt die Analyse der Neuerungen an, die diese Theoretiker in die Schauspieltheorie eingebracht haben.
2. Termini: Dieses Kapitel klärt grundlegende Begriffe der antiken Rhetorik, wie Natura, Exercitatio, Doctrina, Ars, und Decorum, die für das Verständnis der nachfolgenden Analysen der Schauspieltheorien unerlässlich sind. Es erläutert den Begriff der Imitatio Naturae und dessen Bedeutung im Kontext der klassischen Doktrin und zeigt die Verbindung zwischen Imitation, Perfektion und Aemulatio auf. Dieses Kapitel dient als methodisches Fundament für die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Schauspielkonzepten.
3. La doctrine classique d'Aubignac (1657): Dieses Kapitel beschreibt die "doctrine classique" und ihre zentralen Konzepte: Imitatio, bienséance und vraisemblance. Es analysiert, wie diese Begriffe miteinander verwoben sind und wie d'Aubignac diese Prinzipien in seiner "Pratique du théâtre" anwendet. Der Fokus liegt auf der Verbindung zwischen der Nachahmung der Natur (Imitatio) und den gesellschaftlichen Normen und Konventionen (bienséance), welche die Darstellung auf der Bühne prägen.
4. Le Comédien von de Sainte Albine (1747): Dieses Kapitel behandelt Sainte Albines Werk "Le Comédien" und seine Bedeutung als wegweisende Abhandlung, die sich explizit mit der Aufführungspraxis auseinandersetzt und vom rein regelorientierten Ansatz der klassischen Doktrin abweicht. Die Analyse umfasst den Stellenwert des "Feuers" und die Konzeption des "sensiblen Schauspielers" als zentralen Punkte der Abhandlung.
5. L'Art du Théâtre von Riccoboni (1750): Das Kapitel befasst sich mit Riccobonis "L'Art du Théâtre" und dessen differierenden Ansatz im Vergleich zu Sainte Albine. Es wird untersucht, warum Riccoboni die Verwendung echter Emotionen durch den Schauspieler ablehnt und wie er "L'insensibilité et l'imitation" konzeptualisiert. Der Vergleich mit Sainte Albines Werk wird explizit thematisiert und verdeutlicht die unterschiedlichen Auffassungen zur Schauspielkunst.
Schlüsselwörter
Klassische Doktrin, Schauspieltheorie, 18. Jahrhundert, de Sainte Albine, Riccoboni, Diderot, Imitatio, Bienséance, Vraisemblance, Rhetorik, Aemulatio, Illusionstheater.
Häufig gestellte Fragen zu: Entwicklung der Schauspieltheorie im 18. Jahrhundert
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Entwicklung der Schauspieltheorie im 18. Jahrhundert anhand der Schriften von de Sainte Albine, Riccoboni und Diderot. Sie analysiert die Abwendung von der klassischen Doktrin und beleuchtet die Beziehungen zu rhetorischen Verfahren der Antike. Im Mittelpunkt steht der Vergleich der teilweise gegensätzlichen Ansichten der drei Theoretiker und die Analyse der jeweiligen Neuerungen in der Schauspieltheorie.
Welche zentralen Themen werden behandelt?
Zentrale Themen sind die Abwendung von der klassischen Doktrin, die Bezüge zur antiken Rhetorik, der Vergleich der Ansichten von de Sainte Albine, Riccoboni und Diderot, die Analyse der Neuerungen in der Schauspieltheorie und die Weiterentwicklung des Konzepts der "Imitatio".
Welche Autoren und Werke werden untersucht?
Die Arbeit analysiert die Schriften von drei wichtigen Theoretikern des 18. Jahrhunderts: de Sainte Albine ("Le Comédien"), Riccoboni ("L'Art du Théâtre") und Diderot ("Le Paradoxe sur le Comédien"). Zusätzlich wird die klassische Doktrin, insbesondere d'Aubignacs "Pratique du théâtre", als Referenzpunkt herangezogen.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in acht Kapitel: Einleitung, Klärung grundlegender Termini, Analyse der klassischen Doktrin (Aubignac), Analyse von de Sainte Albines "Le Comédien", Analyse von Riccobonis "L'Art du Théâtre", Analyse von Diderots "Le Paradoxe sur le Comédien", ein Resümee und der Quellennachweis. Jedes Kapitel befasst sich mit einem spezifischen Aspekt der Schauspieltheorieentwicklung.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Klassische Doktrin, Schauspieltheorie, 18. Jahrhundert, de Sainte Albine, Riccoboni, Diderot, Imitatio, Bienséance, Vraisemblance, Rhetorik, Aemulatio, Illusionstheater.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Ziel ist es, die Entwicklung der Schauspieltheorie im 18. Jahrhundert nachzuvollziehen, die Änderungen und Kontroversen zu analysieren und die Beziehungen zwischen den verschiedenen Ansätzen aufzuzeigen. Die Arbeit will ein differenziertes Bild der Schauspielkunst-Diskussion in dieser Epoche zeichnen.
Wie werden die verschiedenen Schauspieltheoretiker verglichen?
Die Arbeit vergleicht die Ansätze von de Sainte Albine, Riccoboni und Diderot, indem sie ihre jeweiligen Konzepte und Auffassungen zur Schauspielkunst analysiert und gegenüberstellt. Der Fokus liegt dabei auf den Unterschieden und Gemeinsamkeiten ihrer Theorien im Kontext der Abwendung von der klassischen Doktrin.
Welche Rolle spielt die antike Rhetorik?
Die antike Rhetorik spielt eine wichtige Rolle, da die Arbeit die Bezüge der Schauspieltheorien des 18. Jahrhunderts zu Begriffen wie Natura, Exercitatio, Doctrina, Ars und Decorum aufzeigt. Die Bedeutung der "Imitatio Naturae" im Kontext der klassischen Doktrin und deren Weiterentwicklung werden explizit untersucht.
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- Veronika Harder (Author), 2008, Illusionstheater- Das Paradox des Schauspielers, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/166510