Leseprobe
I. Inhaltsverzeichnis
II. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Themenhinführung und Fragestellung
1.2 Quellenlage und Forschungsstand
1.3 Vorgehensweise
2. Rahmenbedingungen in China
2.1 Geographische und kulturelle Rahmenbedingungen
2.2 Politische Rahmenbedingungen
2.3 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
2.4 Rechtliche Rahmenbedingungen
3. Indien
3.1 Geographische und kulturelle Rahmenbedingungen
3.2 Politische Rahmenbedingungen
3.3 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
3.4 Rechtliche Rahmenbedingungen
4. Fazit
III. Literaturverzeichnis
IV. Onlinequellenverzeichnis
II. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit
Abbildung 2: Übersichtskarte China
Abbildung 3: Durchschnittliche Wachstumsraten des chinesischen BIP zwischen 1988 und 2008 in Prozent
Abbildung 4: Entwicklung des Bestands realisierter ausländischer Direktinvestitionen in China zwischen 1985 und 2008
Abbildung 5: Sektorale Struktur des chinesischen BIP im Jahr 1990 und 2008 in Prozent
Abbildung 6: Übersichtskarte Indien
Abbildung 7: Jährliche Wachstumsraten des indischen BIP zwischen 1991 und 2008 in Prozent
Abbildung 8: Die sektorale Verschiebung in der indischen Volkswirtschaft von 1997 bis 2008 in Prozent
Abbildung 9: Entwicklung des Bestands realisierter ausländische Direktinvestitionen in Indien zwischen 1985 und 2009
Abbildung 10: Privatinvestitionen in die indische Infrastruktur (in Mio. US-Dollar)
Abbildung 11: Geplante staatliche Infrastrukturinvestitionen bis 2012 (in Mio. US - Dollar)
Abbildung 12: Wesentliche Gemeinsamkeiten zwischen China und Indien
Abbildung 13: Wesentliche Unterschiede zwischen China und Indien
1. Einleitung
1.1 Themenhinführung und Fragestellung
Der Volksrepublik China und Indien kommt in der Zukunft eine immer größere Bedeutung zu. Eine Prognose von Wilson/Purushothaman (2006)1 hat ergeben, dass China etwa im Jahr 2040 zur weltweit größten Volkswirtschaft aufsteigen wird. Ebenso wird Indien eine sehr dynamische Entwicklung vorausgesagt: Zwischen 2030 und 2040 wird die indische Volkswirtschaft die Leistungsfähigkeit Japans übersteigen und zur drittgrößten Volkswirtschaft hinter China und den USA aufsteigen. Für das Jahr 2050 wird vermutet, dass China mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von fast 50.000 Mrd. US-Dollar mit großem Abstand die weltweit größte Wirtschaftsleistung erbringen wird. Indien hingegen folgt mit ca. 28.000 Mrd. US-Dollar auf dem dritten Rang.
Diese Zahlen veranschaulichen, dass den beiden asiatischen Staaten eine zunehmende Bedeutung in der Weltwirtschaft zugesprochen wird. Deshalb wird ein Engagement in den beiden aufstrebenden Nationen für Unternehmen immer wichtiger. In diesem Zusammenhang geht die vorliegende Arbeit der Forschungsfrage nach, unter welchen geographisch-kulturellen, politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen einheimische und ausländische Unternehmen in China und Indien agieren. Dabei soll analysiert werden, welche Gemeinsamkeiten und Diskrepanzen zwischen den beiden Ländern bestehen.
1.2 Quellenlage und Forschungsstand
Die Rahmenbedingungen in den beiden Nationen werden in einer Vielzahl wissenschaftlicher Publikationen aus verschiedenen Disziplinen thematisiert. Während z.B. in der betriebswirtschaftlichen Literatur2 Markteintrittstrategien und Managementimplikationen diskutiert werden, behandeln kulturwissenschaftliche Veröffentlichungen3 ausführlich kulturelle Eigenarten in beiden asiatischen Staaten.
Sozialwissenschaftliche Werke, wie z.B. He4 (2006) setzen sich dagegen kritisch mit den Reformprozessen in der jeweiligen Nation auseinander und debattieren die sozioökonomischen Auswirkungen auf die heimische Bevölkerung. Die zuvor vorgestellte Prognose von Wilson/Purushothaman (2006) spiegelt die Aktualität der Thematik wider. Der bisherige Literaturbestand ist daher nicht als abschließend zu betrachten.
Zu den zentralen Quellen des zweiten Kapitels, in welchem die Volksrepublik China analysiert wird, gehören die Ausführungen von Holtbrügge/Puck (2005)5. Aus der betriebswirtschaftlichen Perspektive heraus geben die Autoren eine Einführung über die wesentlichen Rahmenbedingungen in China und leiten Implikationen für ein betriebliches Engagement im „Reich der Mitte“ ab. Sehr detailliert analysieren Becker/Straub (2007)6 die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Bedingungen in der Volksrepublik. Kulturelle Unterschiede werden dagegen bei Zinzius (2007)7 thematisiert. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen werden Strategien für Verhandlungen mit chinesischen Partnern sowie Vorschläge für ein effizientes Personalmanagement diskutiert.
Von besonderer Bedeutung für die Analyse der indischen Rahmenbedingungen sind die Ausführungen von Vermeer/Neumann (2008)8. Dabei handelt es sich um ein am Tagesgeschäft orientiertes Handbuch, in welchem die Verfasser auf die wesentlichen Rahmenbedingungen in Indien eingehen. Das F.A.Z.-Institut, Prödl & Partner sowie die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (2009)9 liefern dagegen ein übersichtliches Nachschlagewerk, in welchem aktuelle Investitionsbedingungen behandelt werden. Rothermund (2008)10 stellt aus historischer Perspektive den Aufstieg Indiens dar, beschreibt die aktuelle Situation und wagt eine Prognose über die zukünftige Entwicklung des Landes.
1.3 Vorgehensweise
Um die Forschungsfragen zu beantworten, gliedern sich die vorliegenden Ausführungen in vier Kapitel. Wie Abbildung 1 verdeutlicht, soll in Kapitel 1, der Einleitung, die Problemstellung, der Forschungsstand und die Quellenlage sowie der Aufbau der Arbeit vorgestellt werden.
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung, in Anlehnung an Kirchberg (2010)11.
Im Hauptteil, welcher den zweiten und dritten Gliederungspunkt beinhaltet, werden die geographisch-kulturellen, politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen in China (Kapitel 2) und Indien (Kapitel 3) analysiert. Abschließend erfolgt im vierten Gliederungspunkt ein knappes Fazit, in welchem eine Gegenüberstellung beider Staaten erfolgt und die Forschungsfrage beantwortet wird.
2. Rahmenbedingungen in China
2.1 Geographische und kulturelle Rahmenbedingungen
Die Volksrepublik China liegt im Osten Asiens und ist mit etwa 9,6 km² der flächenmäßig drittgrößte Staat der Erde. An seiner Ostküste besitzt das Land eine lange Seegrenze, während im Norden (Mongolei, Russland), im Westen (u.a. Kasachstan, Indien) sowie im Süden (z.B. Myanmar, Vietnam) zahlreiche Nationen an die Volksrepublik angrenzen. Topographisch ist China durch sehr vielfältige Oberflächenformen und Landschaften gekennzeichnet:
Abbildung 2: Übersichtskarte China
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: http://www.worldmapnow.com/images/2009/11/china-map.gif, abgerufen am 08.10.2010.
Prägend für den Südwesten ist das Himalaya-Hochplateau, welches zu den größten Gebirgsketten der Erde gehört. Nach Osten hin fallen die Gebirgszüge immer weiter ab. Hier finden sich die Schwemmebenen des Yangtze sowie des Gelben Flusses, welche zu den weltweit längsten Flüssen zählen.12 Zudem existieren landesweit etwa 1.500 weitere Flüsse und Kanäle. Ferner verfügt die Volksrepublik über sehr große Flächen an Ackerland, Grasland, Wäldern, Ödland und Wüsten.13 Diese topographischen Unterschiede führen dazu, dass sich China in insgesamt drei verschiedene Klimazonen unterteilt: Während der Osten durch den Monsun geprägt ist, herrschen im Norden sowie im Nordwesten kontinentale Bedingungen. Dagegen zeichnet sich der Südwesten aufgrund seiner Hochlage durch eine alpine Witterung aus.14
Mit ca. 1,3 Mrd. Einwohnern ist China die bevölkerungsreichste Nation auf der Erde. Ethnisch zeichnet sich die Bevölkerung durch eine hohe Homogenität aus: ca. 92 Prozent der Einwohner sind Han-Chinesen, die restliche Bevölkerung teilt sich auf insgesamt 55 nationale Minderheiten, wie z.B. den Tibetern oder den Uiguren, auf.15 Das religiöse Denken wird in China vor allem durch den Taoismus, den Konfuzianismus sowie den Buddhismus beeinflusst. Das Christentum und der Islam nehmen dagegen eine eher untergeordnete Rolle ein.16 Landesweit gibt es 40 Städte mit mehr als einer Millionen Einwohnern. Die größte Stadt ist Shanghai mit einer Bevölkerung ca. 13,8 Mio. Bewohnern; als Hauptstadt fungiert Peking, welches sich im nordöstlichen Teil des Landes befindet.17
Internationale Sozialindikatoren ordnen das „Reich der Mitte“ im weltweiten Vergleich im Mittelfeld ein: Im human development index der Vereinten Nationen, welcher unter Berücksichtigung von Faktoren wie z.B. der Lebenserwartung oder dem Bildungsniveau den Entwicklungstand einer Nation beurteilt, belegt die Volksrepublik von 182 Nationen den 92. Platz.18 Der human poverty index, als Messgrad für das Ausmaß der Armut innerhalb einer Gesellschaft, weist China von 135 bewerteten Ländern Rang 36 zu.19 Erheblich Unterschiede zwischen den Geschlechtern werden durch den gender development index deutlich: Faktoren wie die Lebenserwartung bei der Geburt oder die Alphabetisierungsrate unter Erwachsenen belegen, dass Frauen in China deutlich schlechtere Möglichkeiten als Männern haben. Deshalb belegt die Volksrepublik in diesem Index nur den 75. Platz unter 157 Nationen.20
Das Denken und Handeln in der Volksrepublik wird trotz des wirtschaftlichen Wandels nach wie vor durch tief verwurzelte kulturelle Normen bestimmt. Diese entstammen den traditionellen chinesischen Philosophien, zu welchen der Konfuzianismus, der Taoismus sowie die Ideen von Han Fei und Sun Tzu zählen.21 Die wichtigsten Aussagen des Konfuzianismus betonen die große Bedeutung von persönlichen Netzwerken („guanxi“)22, das Konzept des Gesichts sowie die Vorstellung von Hierarchie. Die Lehre des Taoismus mit seinen Vorstellungen von Harmonie und Relativität sowie die Konzeption nach Han Fei, welche sich mit Motivation und Bestrafung auseinandersetzt und für eine Leistungsgesellschaft plädiert, bilden weitere wichtige Grundlagen der chinesischen Kultur.23 Ebenso relevant erscheinen die Überlegungen von Sun Tzu, dessen Gedanken sich oftmals in der Strategie und Verhandlungsführung chinesischer Delegationen widerspiegeln.24 Auf diesen Grundlagen basierend, weisen kulturelle Standards in China grundlegende Differenzen zur westlichen Normen auf. Dies wurde z.B. durch Hofstede25 in seiner Studie über kulturelle Differenzen bei der amerikanischen Softwarefirma IBM veranschaulicht.
2.2 Politische Rahmenbedingungen
Die Volksrepublik China hat eine sozialistisch geprägte Verfassung, in welcher die Kommunistischen Partei (KPCh) eine zentrale Rolle einnimmt.26 Charakteristisch für den Staatsaufbau in der Volksrepublik ist die enge Verflechtung zwischen staatlichen Institutionen und der KPCh. Obwohl es insgesamt acht verschiedene Parteien gibt, lässt sich die Staatsform als ein Einparteiensystem charakterisieren, da die anderen Parteien lediglich als „Juniorparteien“ der KPCh fungieren und somit nur eine sehr geringe Bedeutung besitzen.27 Damit geht die 1982 eingesetzte Verfassung in ihren Grundzügen auf die von Mao im Jahr 1949 proklamierte und an der Sowjetunion orientierte Staatsordnung zurück.28 Versuche, durch die Gründung weiterer Parteien zu einer politischen Pluralisierung beizutragen, wurden von der KPCh in der Vergangenheit konsequent unterbunden. Auch kritische Stimmen aus der Gesellschaft, wie z.B. durch den Regimekritiker Liao Yiwu, werden nach wie vor gezielt beobachtet und verfolgt, so dass eine freie politische Meinungsäußerung kaum möglich ist.29 Ein kompromissloser und von der Partei gesteuerter Polizeiapparat sorgt zudem dafür, dass öffentliche Unmutsäußerungen unterbunden werden. Das Massaker am Platz des Himmlischen Friedens (1989) oder auch der militärische Einsatz in Tibet (2008) illustrieren, dass hierzu notfalls auch Gewalt eingesetzt wird.30
Enge Verflechtungen bestehen zwischen staatlichen Institutionen und der KPCh, da alle wichtigen Regierungspositionen und Verwaltungsposten durch Mitglieder der Partei besetzt werden. Der Generalsekretär, seit 2002 Hu Jintao, fungiert als Parteichef zugleich als Vorsitzender der Zentralen Militärkommission sowie als Staatspräsident.31 Gesetzesentwürfe werden von Parteifunktionären in Absprache mit Regierungsvertretern erarbeitet und dem Nationalen Volkskongress, welcher als nationale Volksvertretung verfassungsgemäß das höchste Entscheidungsgremium darstellt, zur Abstimmung vorgelegt. Da die Volksvertreter getreu den Vorschlägen der KPCh agieren, werden die Vorschläge in der Regel ohne eine kritische Debatte abgesegnet.32 Die Kommunistische Partei genießt somit ein politisches Machtmonopol, so dass die Volksrepublik keinesfalls als ein demokratischer Rechtsstaat nach westlichem Vorbild charakterisiert werden kann.
Die Stabilität des Systems ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. So hat der Lebensstandard der chinesischen Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten, trotz einer sehr ungleichen Wohlstandsverteilung, deutlich zugenommen. Dies wird auch durch verschiedene makroökonomische Indikatoren verdeutlicht.33 Auch gelang es der KPCh, wirtschaftliche Eliten sowie große Teile der Ober- und Mittelschicht erfolgreich in die Partei zu integriert. Eine Studie von Carsten Holz (2007)34 bestätigt dies, indem aufgezeigt wird, dass von 3.220 Chinesen mit einem Privatvermögen von mehr als 100 Mio. Yuan etwa 2.932 unmittelbare Nachkommen von hochrangigen Parteimitgliedern sind. Auch stellte Holz fest, dass in den fünf wichtigsten Wirtschaftszweigen 80 bis 90 Prozent aller Schlüsselpositionen von Kindern der höheren Kadermitglieder eingenommen werden. Damit scheinen die politischen Führungspersönlichkeiten gleichzeitig auch zur wirtschaftlichen Elite des Landes zu gehören. Dass die Partei eine pragmatische Mitgliederpolitik ohne eine ideologische Komponente betreibt, wird auch dadurch deutlich, dass der Anteil der Parteimitglieder mit einer höheren Schulausbildung von 12,8 Prozent (1978) auf 52,5 Prozent (2000) deutlich angestiegen ist und der Anteil der Arbeiter und Bauern auf unter 50 Prozent absank.35 Schließlich führt eine nationalistische Grundstimmung in der Bevölkerung zu der Auffassung, dass die Volksrepublik sich mit einer starken Stimme gegenüber anderen Nationen repräsentieren sollte, was den alleinigen Machtanspruch der KPCh legitimiert.36
Als Einheitsstaat gliedert sich das politische Verwaltungssystem der Volksrepublik in 33 Einheiten. Davon sind 22 Provinzen, fünf Autonome Regionen mit Provinzstatus, vier regierungsunmittelbare Städte (Peking, Chongqing, Shanghai, Tianjin) sowie zwei Sonderverwaltungszonen (Hong Kong und Macao). Unterhalb dieser Provinzebene stufen sich die Verwaltungseinheiten föderativ weiter auf die Bezirksebene, Kreisebene, Gemeindeebene sowie auf Straßenzüge und Dörfer ab.37 Trotz der zentralstaatlichen Politik kommt den Provinzregierungen eine wichtige Bedeutung zu, da diese Kompetenzen zur wirtschaftlichen Regulierung besitzen und für die Infrastruktur verantwortlich sind.38
Charakterisierend für die Entscheidungsfindung im politischen Alltag ist die Bedeutung von persönlichen Netzwerken. Da diese neben der formalen Hierarchie, sowohl in der KPCh als auch in der staatlichen Verwaltung, eine zweite Quelle der Machtausübung darstellen, kommen politische Entschlüsse oftmals nur unter undurchsichtiger Art und Weise zu Stande.39 Daher zeigt sich, dass die chinesische Politik an einem hohen Maß an Korruption gekennzeichnet ist. Dies wird durch den Global Corruption Report 2009 von Transparency International bestätigt, in welchem sich die Volksrepublik im weltweiten Vergleich von 180 Ländern auf Platz 72 wiederfindet.40
2.3 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Die Volksrepublik China hat sich in den letzten 30 Jahren von einer weitgehend isolierten Volkswirtschaft mit planwirtschaftlichen Eigenschaften zu einem sehr dynamischen Wirtschaftsstandort mit einer kapitalistischen Prägung entwickelt.41 Als Ausgangspunkt dieser Entwicklung wird in der Literatur die Machtübernahme von Deng Xioping (1978) begriffen, nachdem die zuvor unter Mao Zedong praktizierte Planwirtschaft zu schweren gesamtwirtschaftlichen Missständen geführt hatte. Diese hatte sich durch eine staatliche Festlegung der Preise und Produktionsmengen ausgezeichnet. Zudem war das Privateigentum verboten, so dass der Staat in der Volkswirtschaft als alleiniger Unternehmer tätig war.42 Entgegen dieser Dogmatik begann die Volksrepublik gegen Ende der 1970er Jahre eine liberalisierende Wirtschaftspolitik zu betreiben: Marktwirtschaftliche Eigenschaften, wie z.B. privates Unternehmertum, wurden zugelassen und ausländischen Unternehmen die Geschäftstätigkeit im Inland erlaubt. Den Erfolg dieser Modernisierungsstrategie vermochte die KPCh allerdings erst im Jahr 1992 einräumen, als die Volksrepublik eine sozialistische Marktwirtschaft als offizielles Wirtschaftssystem ausrief.43
Die neue Wirtschaftspolitik führte zu hohen gesamtwirtschaftlichen Wachstumsraten. In den 1980er Jahren wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um jährlich etwa neun Prozent. Wie Abbildung 3 illustriert, konnten ähnliche Wachstumsquoten in den 1990er Jahren sowie im vergangenen Jahrzehnt erreicht werden.44
Abbildung 3: Durchschnittliche Wachstumsraten des chinesischen BIP zwischen 1988 und 2008 in Prozent
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Darstellung, in Anlehnung an OECD (2010)45.
Die Robustheit des chinesischen Aufschwungs wird insbesondere dadurch belegt, dass dieser in der Vergangenheit trotz weltweiter Konjunkturabschwächungen, z.B. durch das Platzen der „New-Economy“-Blase (2000) oder der Weltfinanzkrise (2008), konstante Wachstumsraten vorweisen konnte. In absoluten Zahlen gemessen, kann die Volksrepublik mit einem BIP von ca. 4,9 Mrd. US-Dollar gegenwärtig die weltweit drittgrößte Volkswirtschaft hinter den USA und Japan vorweisen.46 Für die Zukunft wird prognostiziert, dass China sich bis zum Jahr 2040 wohl zur größten Volkswirtschaft auf der Welt entwickeln wird.47
Das nachhaltige Wachstum ist auf verschiedene Gründe zurückzuführen: Zunächst bedingt das quantitative Ausmaß der chinesischen Erwerbstätigen, welches auf rd. 750 Mio. Personen geschätzt wird, dass Unternehmen auf eine Vielzahl sowohl ausgebildeter als auch nichtqualifizierter Arbeitskräfte zurückgreifen können.48 Trotz neu entstandener Arbeitsplätze im Zuge des Wirtschaftswachstums haben ein stetiger Strom von Landarbeitern in die Städte sowie eine Reduzierung der Arbeitsplätze in staatlichen Betrieben dazu geführt, dass in der Volksrepublik weiterhin ein weitreichendes Arbeitsangebot vorhanden ist, und deshalb die Arbeitslöhne in der Vergangenheit nur moderat angestiegen sind. Damit können vor allem arbeitsintensive Industriebetriebe von den niedrigen Lohnkosten profitieren.49 Neben Produktionsvorteilen spielen auch Marktmotive eine große Bedeutung für ausländische Unternehmen, da in der chinesischen Bevölkerung zunehmend mehr Konsum- und Investitionsgüter nachgefragt werden und folglich vielfältige Absatzmöglichkeiten im chinesischen Binnenmarkt vermutet werden.50
Das Potential des chinesischen Binnenmarktes, bessere Investitionsbedingungen sowie das Vertrauen ausländischer Investoren haben dazu geführt, dass sich die Volksrepublik zu einem der weltweit größten Empfängerländer ausl ä ndischer Direktinvestitionen entwickelt hat. Abbildung 4 beschreibt diesen Prozess und verdeutlicht, dass innerhalb der letzten 25 Jahre der absolute Bestand an realisierten Direktinvestitionen immer weiter angestiegen ist. Betrug dieser im Jahresdurchschnitt zwischen 1985 und 1990 nur 2,654 Mrd. US-Dollar, so erhöhten sich die ausländischen Direktinvestitionen kontinuierlich von 42,3 Mrd. US-Dollar (1996), über 52,743 Mrd. US-Dollar (2002) bis auf 108,312 Mrd. US-Dollar im Jahr 2008.
[...]
1 Vgl. Wilson, Dominic/Purushothaman, Roopa, Dreaming with BRICs: The Path to 2050; in: Jain, Subhash C. (Hrsg.), Emerging Economies and the Transformation of International Business, Cheltenham 2006, S. 3-45, hier S. 6ff.
2 Vgl. z.B. Waldkirch, Karl, Geschäftserfolge in Indien. Erfolgsfaktoren erkennen, Perspektiven entwickeln, Märkte erschließen, Wiesbaden 2006.
3 Vgl. hierzu beispielsweise Leonhard, Mark, Was denkt China?, München 2008.
4 Vgl. He, Qinglian, China in der Modernisierungsfalle, Bonn 2006.
5 Vgl. Holtbrügge, Dirk/Puck, Jonas F., Geschäftserfolg in China. Strategien für den größten Markt der Welt, Berlin/Heidelberg 2005 (Im Folgenden zitiert als Holtbrügge/ Puck, Geschäftserfolg in China).
6 Vgl. Becker, Helmut/Straub, Niels, Drachenflug. Wirtschaftsmacht China quo vadis?, Berlin/Heidelberg 2007 (Im Folgenden zitiert als Becker/Straub, Drachenflug).
7 Vgl. Zinzius, Birgit, China-Handbuch für Manager. Kultur, Verhalten und Arbeiten im Reich der
Mitte, Berlin/Heidelberg 2007 (Im Folgenden zitiert als Zinzius, China-Handbuch für Manager).
8 Vgl. Manuel Vermeer/Clas Neumann, Praxishandbuch Indien. Wie Sie Ihr Indiengeschäft erfolgreich managen Kultur verstehen, Mitarbeiter führen, Verhandlungen gestalten, Wiesbaden 2008 (Im Folgenden zitiert als Vermeer/Neumann, Praxishandbuch Indien).
9 Vgl. F.A.Z.-Institut/Rödl & Partner/Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (Hrsg.), Investitionsführer Indien 2009, Frankfurt a.M. 2009.
10 Vgl. Rothermund, Dietmar, Indien. Aufstieg einer asiatischen Weltmacht, München 2008 (Im Folgenden zitiert als Rothermund, Weltmacht Indien).
11 Vgl. Kirchberg, Dennis, Analyse der internationalen Unternehmenstätigkeit des Hauses Siemens in Ostasien vor dem Zweiten Weltkrieg, Diss., Nürnberg 2010, S. 12.
12 Vgl. Weggel, Oskar, China, 5., völlig neubearbeitete Auflage, München 2002, S. 15f.
13 Vgl. Vermeer, Manuel, China.de. Was Sie wissen müssen, um mit Chinesen erfolgreich Geschäfte zu machen, 2.Auflage, Wiesbaden 2007 (im Folgenden zitiert als Vermeer, China.de), S. 44f.
14 Vgl. Kirchberg, Dennis, Analyse der internationalen Unternehmenstätigkeit des Hauses Siemens in Ostasien vor dem Zweite Weltkrieg, Diss., Nürnberg 2010, S. 199.
15 Vgl. Holtbrügge/Puck, Geschäftserfolg in China, S. 9f.
16 Vgl. Sieren, Frank, Business Know-how China. So wird ihre Geschäftsreise zum Erfolg, Heidelberg 2007 (im Folgenden zitiert als Sieren, Business Know-how China), S. 51ff.
17 Vgl. Holtbrügge/Puck, Geschäftserfolg in China, S. 9f.
18 Vgl. United Nations Development Programme, Human Development Report 2009. Overcoming barriers: Human mobility and development, New York 2009, S. 168.
19 Vgl. United Nations Development Programme, Human Development Report 2009. Overcoming barriers: Human mobility and development, New York 2009, S. 177.
20 Vgl. United Nations Development Programme, Human Development Report 2009. Overcoming barriers: Human mobility and development, New York 2009, S. 182.
21 Vgl. Holtbrügge/Puck, Geschäftserfolg in China, S. 28ff.
22 Beim „guanxi“ handelt es sich um ein langfristig aufzubauendes Gegenseitigkeitsverhältnis, in welchem, nach einer Gefälligkeit von einem Akteur, von dem anderen Partner eine Gegenleistung erwartet wird. Die Relevanz dieser Norm im politischen Geschehen wird auf S. 9 genauer behandelt.
23 Vgl. Zinzius, China-Handbuch für Manager, S. 74.
24 Vgl. Holtbrügge/Puck, Geschäftserfolg in China, S. 32f.
25 Vgl. Kutschker, Michael/Schmid, Stefan, Internationales Management, 6. Auflage, München 2008, 716ff.
26 Vgl. Sieren, Business Know-how China, S. 25.
27 Vgl. Hartmann, Jürgen, Politik in China. Eine Einführung, Wiesbaden 2006 (Im Folgenden zitiert als Hartmann, Politik in China), S. 82.
28 Vgl. Heilmann, Sebastian, Charakteristika des politischen Systems; in: Informationen zur politischen Bildung, Nr. 289, 2005, S 22-32, hier S. 23f.
29 Vgl. o.V., Flug in die Freiheit; in: Frankfurter Rundschau, 66. Jg.,. Nr. 215, 2010, S. 20f.
30 Vgl. Zinzius, Birigit, China Business. Der Ratgeber zur erfolgreichen Unternehmensführung im
Reich der Mitte, 2. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Berlin/Heidelberg 2006 (im Folgenden zitiert als Zinzius, China Business), S.6f.
31 Vgl. Vermeer, China.de, S. 55.
32 Vgl. Hartmann, Politik in China, S. 71f.
33 Eine genauere Analyse erfolgt im folgenden Gliederungspunkt und soll deshalb an dieser Stelle nicht weiter behandelt werden.
34 Vgl. Holz, Carsten A., Have China Scholars All Been Bought?; in: Far Eastern Economic Review, Vol. 170, Heft 4, 2007, S. 36-40, hier S. 38f.
35 Vgl. Hartmann, Politik in China, 76f.
36 Vgl. Zinzius, China-Handbuch für Manager, S. 6f.
37 Vgl. Sieren, Business Know-how China, S. 26.
38 Vgl. Hartmann, Politik in China, S. 122f.
39 Vgl. Holtbrügge/Puck, Geschäftserfolg in China, S. 14.
40 Vgl. o.V., Country report China; in: Transarency International (Hrsg.), Global Corruption Report 2009. Corruption and the Private Sector, Cambridge 2009, S. 253.
41 Vgl. Vermeer, China.de, S. 23.
42 Vgl. Hartmann, Politik in China, S. 72.
43 Vgl. Zinzius, China-Handbuch für Manager, S. 6.
44 Vgl. Vermeer, China.de, S. 23.
45 Vgl. OECD, Economic Surveys: China, Paris 2010 (im Folgenden zitiert als OECD, China), S. 25.
46 Vgl. World Economic Outlook Database, http://www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2010/01/ weodata/weorept.aspx, abgerufen am 20.09.2010.
47 Vgl. Wilson, Dominic/Purushothaman, Roopa, Dreaming with BRICs: The Path to 2050; in: Jain, Subhash C. (Hrsg.), Emerging Economies and the Transformation of International Business, Cheltenham 2006, S. 3-45, hier S. 6ff.
48 Vgl. OECD, China, S. 175
49 Vgl. Becker/Straub, Drachenflug, S. 185
50 Vgl. Haussmann, Helmut/Holtbrügge, Dirk/Rygl, David, Internationalisierung mittelständischer Weltmarktführer (MWF) in die BRIC-Staaten; in: Schmid, Stefan (Hrsg.), Management der Internationalisierung. Festschrift für Prof. Dr. Michael Kutschker, Wiesbaden 2009, S. 477-497, hier S. 489.