Filmische Welten gleichen unserer Realität dadurch, dass sie sich, wie verschiedene Orte, durch unterschiedlich hohe Reizintensitäten auszeichnen. Zwar verstärken spezifisch filmische Reize wie etwa der Schnitt, postproduktive Bildbearbeitung sowie das Sounddesign die filmische Rezeption im Vergleich zum Erleben unserer Wirklichkeit. Dessen ungeachtet hat der Großteil der Filme ein gemeinsames Ziel: die realitätsnahe Vermittlung. Filme streben eine Imitation unserer äußeren Wirklichkeit an und intendieren, die Trennung zwischen Filmwelt und Rezipient weitestgehend aufzuheben. Der Film simuliert dazu einen Raum, in dem ein Funktionieren der auditiven und visuellen Reize nach Prinzipien der Realität vorgetäuscht wird. Dabei unterscheiden sich die medialen Voraussetzungen des Films flagrant von den Wirkungsparametern unserer Umwelt. Zunächst setzt sich das Medium lediglich aus dem Visuellen und dem Auditiven zusammen. Die übrigen Sinne werden nur indirekt angesprochen. Ferner ist offenkundig, dass sich die filmischen Bilder durch ihre zweidimensionale Beschaffenheit von denen unserer dreidimensionalen Wirklichkeit abheben. Die nötige filmische Tiefe entsteht weniger durch eine Staffelung der visuellen Objekte als durch die räumliche Aufteilung der akustischen Ereignisse. Akustische Reize helfen, räumliche Zusammenhänge des Bildes zu verifizieren. Sie geben darüber hinaus Auskunft über Raumkonstanten, die sogar außerhalb des Bildausschnittes liegen können. Der Filmton hilft also durch seine räumliche Ungebundenheit, die Mängel des bildlich Dargestellten zu ignorieren und wird dadurch gleichsam zur dritten Dimension der zweidimensionalen Wiedergabe des Bildes. Dabei ist der filmische Raum ähnlich diffizil wie die akustische Umwelt unserer Realität. Beide Räume sind nicht bloß als Sammelpunkte einzelner Schallereignisse, sondern eher als fließende Kontinuen aufzufassen. Sie bieten dabei kaum die Möglichkeit, einzelne Klangereignisse zu untersuchen, da diese stets in einer Mischung mit anderen Schallformen auftreten. Es bleibt lediglich die Analyse von vermischten Klangphänomenen, oder anders ausgedrückt: die Untersuchung auditiver Schwellen. Die Schwelle äußert sich dabei als Phänomen, das nicht eindeutig zu spezifizieren ist: seine Klangform liegt zwischen eindeutigen Kategorien. Die Arbeit greift die filmische Tonspur daher als einen auditiven Grenzbereich auf und untersucht dessen Wirkung anhand von konkreten Beispielen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Kompositum des Filmtons: Geräusch, Ton und Klang
- 3. Schwellenbereiche des Filmtons
- 3.1 Der Filmton in der Semiotik
- 3.1.1 Das Schallereignis als Zeichen
- 3.1.2 Der Geräuschmythos in BERLIN: DIE SINFONIE DER GROẞSTADT
- 3.1.3 Stille und Rauschen als Bedeutungsträger in ARNULF RAINER
- 3.2 Auditive Schwellenbereiche in David Lynchs ERASERHEAD
- 3.2.1 Das Unbestimmte als Rauschen: Ein Phänomen der Ambivalenz
- 3.2.2 Tonale Einstellungsgröße: Die Applikation des Extremen
- 3.2.3 Perspektive des Filmtons: Die Manifestation des Ziellosen
- 3.2.4 Synchronität von Bild und Ton: Die Animation des Rauschens
- 3.2.5 Rauschen als Atmosphäre: Die Präsenz der Insomnie
- 3.1 Der Filmton in der Semiotik
- 4. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit untersucht die Bedeutung auditiver Schwellenbereiche im Film. Sie beleuchtet die Rolle des Filmtons als semiotisches Zeichen und analysiert, wie Schallereignisse die Wahrnehmung und Interpretation von Filmen beeinflussen. Dabei werden verschiedene Aspekte des Filmtons, wie Geräusch, Ton und Klang, in den Fokus gerückt.
- Die Bedeutung des Filmtons als semiotisches Zeichen
- Die Rolle von Geräuschen, Ton und Klang in der Filmwahrnehmung
- Die Analyse von auditiven Schwellenbereichen im Film
- Die Wirkung von Stille und Rauschen in der Filmwelt
- Die Inszenierung von Ambivalenz und Ambiguität durch den Filmton
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung
Dieses Kapitel führt in die Thematik der auditiven Schwellenbereiche im Film ein und beleuchtet die Rolle des Filmtons in der Filmwahrnehmung. Es wird die These aufgestellt, dass der Filmton eine ebenso wichtige Rolle wie das Bild spielt und dass die Analyse von auditiven Schwellenbereichen zu einem tieferen Verständnis von Filmen beiträgt.
- Kapitel 2: Kompositum des Filmtons: Geräusch, Ton und Klang
Dieses Kapitel untersucht die verschiedenen Komponenten des Filmtons, nämlich Geräusch, Ton und Klang. Es werden die spezifischen Eigenschaften und Funktionen der jeweiligen Komponenten erläutert und ihre Bedeutung für die filmische Gestaltung beleuchtet.
- Kapitel 3: Schwellenbereiche des Filmtons
Dieses Kapitel widmet sich der Analyse von auditiven Schwellenbereichen im Film. Es werden verschiedene Beispiele aus der Filmgeschichte herangezogen, um die Bedeutung von Geräuschen, Ton und Klang für die Konstruktion von Bedeutung in Filmen aufzuzeigen.
Schlüsselwörter
Schwellenbereiche, Filmton, Semiotik, Geräusch, Ton, Klang, Ambivalenz, Ambiguität, Wahrnehmung, Bedeutung, Analyse, Filmwelt, Filmwahrnehmung.
- Quote paper
- Eike Groenewold (Author), 2010, IN BETWEEN SOUNDSCAPES - Schwellenbereiche auditiver Ebenen im Film, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/167034