Intelligentes Üben

Ein wichtiger Bestandteil guten Unterrichts


Seminararbeit, 2009

9 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Was ist „Intelligentes Üben“?

2. Probleme bei der Durchführung

3. Wieso ist „Intelligentes Üben“ ein Bestandteil guten Unterrichts?

4. Training des Gedächtnisses

5. Lernstrategien nach Meyer und Leutwyler

Literaturverzeichnis

1. Was ist „Intelligentes Üben“?

Hilbert Meyer sieht „Intelligentes Üben“ als eine besonders effektive Form des Übens an. Geübt wird nach seiner Definition, wenn eine Aneignungs- und Erarbeitungsphase ganz oder halbwegs abgeschlossen ist. Üben kann drei grundlegenden Zwecken dienen: der Automatisierung des zuvor Gelernten, der Qualitätssteigerung und Vertiefung und dem Transfer in neue Könnens- und Wissensbereiche.[1]

Intelligent gestaltete Übungsphasen orientieren sich an diesen Zwecken, verfeinern jedoch die Voraussetzungen und die angestrebten Ergebnisse. Es soll ausreichend und im richtigen Rhythmus geübt werden, die Übungsaufgaben sollen passgenau zum Lerngegenstand formuliert werden, die Schülerinnen und Schüler sollen Übekompetenz entwickeln und die für sie individuell richtigen Lernstrategien nutzen, die die Lehrkraft durch gezielte Hilfestellungen beim Üben helfen soll zu finden. Des Weiteren sollten die äußeren Voraussetzungen klar geregelt sein. Hilfreich um auch die echte Lernzeit zu erhöhen, sind gemeinsam Regeln, die durch Lehrer und Schüler gemeinsam aufgestellt und damit akzeptiert werden. Dazu gehören beispielsweise eine konzentrierte Arbeitsatmosphäre und ein unmittelbares Ansprechen und Beheben von Störfaktoren durch Lehrer wie auch durch Schüler. Ebenso müssen alle Übeutensilien in der Stunde vorhanden sein und erledigte Hausaufgaben von der Lehrkraft angemessen gewürdigt werden. Für erfolgreiches Üben ist es eine notwendige Bedingung, dass die Arbeitsaufträge seitens der Schülerinnen und Schüler verstanden wurden und die Ergebnisse und Lösungen möglichst nicht durch den Lehrer, sondern durch Eigenkontrolle oder durch Kontrolle durch eine Mitschülerin oder einen Mitschüler, überprüft werden. Die Lehrkraft sollte in dieser Unterrichtsphase eine moderierende Rolle einnehmen und sich so passiv wie möglich verhalten. Wichtig ist auch ein Feedback an die Schülerinnen und Schüler nach erfolgreichen Übungen („Lob“). Die Anerkennung der Übungsleistungen steigert die Motivation und die Arbeitsbereitschaft.

2. Probleme bei der Durchführung

Im „herkömmlichen“ Unterricht treten bei der Durchführung „intelligent“ gestalteter Übungsphasen vor allem strukturelle Probleme auf. Das Fachunterrichtsprinzip behindert das umfassende Üben zur rechten Zeit, ebenso wie die antiquierte 45-Minuten-Taktung. Die Schülerinnen und Schüler können sich nicht ausführlich mit einem Thema beschäftigen und aufgrund des engen Zeitrahmens werden undifferenzierte Übungsphasen eingebaut. Das Üben wird somit oftmals in die Hausaufgaben verlagert. Dies benachteiligt leistungsschwache Schülerinnen und Schüler, und Schülerinnen und Schüler aus schwierigem sozialen Umfeld.[2]

3. Wieso ist „Intelligentes Üben“ ein Bestandteil guten Unterrichts?

„Intelligentes Üben“ zählt zu Hilbert Meyers „zehn Merkmalen guten Unterrichts“. Die Gründe dafür sind in den Erfolgs- und Lernerlebnissen der Schülerinnen und Schüler erkennbar. Durch intelligent gestaltete Übungsphasen festigen die Schülerinnen und Schüler ihr Fachwissen und können es besser vernetzen. Weiterhin machen sie für ihre Lerndisziplin förderliche Könnenserfahrungen und haben dadurch Erfolgserlebnisse. Es ist wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler sich mit Lernstrategien auseinandersetzen und für sich die individuell effektivste finden, bzw. entwickeln. Diese können sie anwenden und verbessern und auch außerhalb des speziellen Fachunterrichts in weiteren Aneignungs- und Erarbeitungsphasen aktiv einsetzen. Es findet bei den Schülerinnen und Schülern eine Selbstreflexion statt; sie denken über ihr eigenes Leben nach und entwickeln dadurch „metakognitive Kompetenz“.[3]

Empirisch lassen sich die Erfolge „intelligenten Übens“ (noch) nicht konkret nachweisen, da sich noch keine Studie explizit mit dieser Lernform beschäftigt hat. Nur aus einer Studie von Hage, Dichanz et al. (1985) lässt sich ableiten, dass der prozentuale Anteil der Unterrichtszeit, in der geübt wird, sehr gering ist (2,82% beträgt der Durchschnitt in allen Schulformen). Aktuell geht der Trend jedoch nach den PISA-Studien wieder hin zu mehr Übungsphasen, sodass momentan wieder ein Perspektivenwechsel zu beobachten ist.

4. Training des Gedächtnisses

Die Frage wie man intelligent übt, ist letztlich durch die Frage motiviert, wie man Informationen am besten in seinem Kopf abspeichern kann, so dass sie vor dem Vergessen bewart werden und vor allem einfach und schnell abrufbar sind; also um die Frage, wie man seinen Informationsspeicher – das Gedächtnis – am besten trainiert.

Es lassen sich drei verschiedene Grundtypen des Trainings voneinander abgrenzen. Den nahe liegenden Typ stellt Training durch Wachstum dar. Durch regelmäßige Beanspruchung der jeweiligen Komponente kommt es zum Wachstum dieser. Eine gute Parallele hierfür ist der Muskelzuwachs beim Krafttraining bzw. Bodybuilding. Beim Training des Gedächtnisses scheint dieser Typ aber eine geringere Rolle zu spielen. Zwar erfolgt Lernen hauptsächlich dadurch, dass Neuronen neu verschaltet und Synapsen gebildet werden, allerdings impliziert die Größe des Gehirns alleine kein leistungsfähiges Gedächtnis.

Es lässt sich dennoch leicht feststellen, dass wir Dinge besser behalten, wenn sich unser Speicher häufiger damit auseinander setzen muss. Dies spricht eher für den zweiten Typ: Training durch Automatisierung. Verbesserung erfolgt hierbei durch häufige Wiederholung, so dass die Ausübung der jeweiligen Leistung zur Routine wird. Wir verbessern uns beispielsweise im Fahrrad- oder Autofahren aufgrund häufigem Fahrens. Wir entwickeln Routine in den einzelnen Abläufen und machen vieles davon nach einiger Zeit automatisch ohne darüber nachdenken zu müssen. Es stellt sich die Frage, ob sich unsere Gedächtnisleistung auch dadurch verbessert, dass wir Routine im Umgang mit diesem erlangen. Die Frage klingt banal. Schließlich weiß jeder aus der Schule, dass man Vokabeln besser lernt, wenn man sie häufiger wiederholt. Gefragt ist aber, ob sich unser Gedächtnis dadurch selbst auch verbessert. Nicht nur das reine Abrufen der 20 Wörter, die man sich immer wieder wiederholt, sondern die generelle Merkfähigkeit von Wörtern, Zahlen, Daten, etc.

Um dieser Frage nachzugehen, führte Ericsson 1980 ein Experiment durch, in dem er verschiedenen Versuchspersonen über zwei Monaten aufgab, täglich eine Stunde lang Zahlen auswendig zu lernen. Die Merkleistung der Versuchspersonen steigerte sich dabei von Tag zu Tag. Zu Anfang taten sie sich schwer und konnten nur bis zu 10 Zahlen wiedergegeben. Zum Ende hin lag die Merkleistung allerdings bei bis zu 80 Zahlen, wobei teilweise sogar Zahlenfolgen vorhergehender Tage wiedergegeben werden konnte. Dies spricht zunächst für die oben aufgestellte These, dass unser Gedächtnis durch Automatisierung trainiert wird. Es zeigte sich aber, dass die Merkleistung der Versuchspersonen unmittelbar auf das anfängliche Niveau zurückfiel, sobald sie nicht Zahlen, sondern Wörter auswendig lernen sollten. Dies steht im Widerspruch zu der These. Die allgemeine Merkleisung scheint nicht verbessert, sondern nur das Speichern und Abrufen von Zahlen.

Fragte man die Versuchspersonen nach der Verbesserung ihrer Lernfähigkeit, so erklärten diese, dass sie Lernstrategien entwickelt hatten, um sich die Zahlen besser merken zu können.

So setzen sie die Zahlen beispielsweise in Verbindung mit Weltrekorden in leichtathletischen Disziplinen oder Altersangaben. Sie organisierten also ihren Lernstoff und entdeckten Vereinfachungen bzw. Erleichterungen. Daraus ergibt sich der dritte Typ, Training durch Entdeckungen. Auch zahlreiche andere Experimente aus der Lernpsychologie zeigen, dass dieser Typ am effektivsten bei der Verbesserung der Lernfähigkeit zu wirken scheint. Das Besondere hierbei ist, dass sich das Training nicht nur auf einen bestimmten Lernstoff konzentriert, sondern sich mit dem Lernen an sich auseinandersetzt. Man versucht, die Funktionsweise seines Gedächtnisses zu verstehen und entwickelt dementsprechend Lernstrategien. Wenn es so ist, dass Lernstrategien unsere Lernfähigkeit wirklich verbessern, dann ist es letztlich sinnvoll einen Grundsatz Schülerinnen und Schülern von vornherein vorzugeben und ihr Bewusstsein für ihre Gedächtnisleistung zu schärfen – ihnen also helfen, ein Meta gedächtnis zu entwickeln. So müssten sie keine Kraft und Zeit investieren, sich dies mühselig selbst zu erarbeiten. Als Konsequenz für den Unterricht lässt sich daraus ziehen, dass man Schülerinnen und Schülern viel mehr das Lernen in Form von Lernstrategien beibringen sollte, anstatt sie mit Wissen und Weisheit zu füttern. Der Lehrer entwickelt sich vom Wissensvermittler hin zu einer Art Lerncoach, der den Schülern helfen soll, das Lernen zu lernen.

[...]


[1] Vgl.: Meyer 2004: 104-106.

[2] Vgl.: Meyer 2004: 105-106.

[3] Vgl.: ebd.: 107-108.

Ende der Leseprobe aus 9 Seiten

Details

Titel
Intelligentes Üben
Untertitel
Ein wichtiger Bestandteil guten Unterrichts
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Institut für Schulpädagogik)
Veranstaltung
Wie gelingt guter Unterricht?
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
9
Katalognummer
V167198
ISBN (eBook)
9783640835782
ISBN (Buch)
9783640836062
Dateigröße
491 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Intelligentes Üben, Guter Unterricht, Gedächtnistraining, Lernstrategien, Bruno Leutwyler, Hilbert Meyer
Arbeit zitieren
Carlos Steinebach (Autor:in), 2009, Intelligentes Üben, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/167198

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Titel: Intelligentes Üben



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