Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Kurzfassung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Anhangverzeichnis
1. Einleitung
2. Derzeitige Kennzahlen und Orientierungsgößen von Sparkassen
2.1 Cost-Income-Ratio (CIR)
2.2 Eigenkapitalrentabilität (EKR)
2.3 Risikodeckungspotenzial
3. Untersuchung der Kennzahl Free Cash-Flow (FCF)
3.1 Definition und Entwicklung
3.2 Verschiedene Arten zur Bestimmung der Kennzahl FCF
3.2.1 Free Cash-Flow-Ermittlung nach Rappaport
3.2.2 Free Cash Flow-Ermittlung nach Copeland/Koller/Murrin
3.3 Projekt Free Cash-Flow der Kreissparkasse Tübingen
3.3.1 Ausgangsbasis der Untersuchung
3.3.2 Erläuterung der Bestandteile des Berechnungsschemas
4. Direkter Vergleich und Bewertung der Kennzahlen
4.1 Ergebnisse der PIMS-Studie
4.2 Free Cash-Flow vs. Cost-Income-Ratio
4.3 Free Cash-Flow vs. Eigenkapitalrentabilität (Return on Equity)
5. Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Kurzfassung
Die Bewertung des Erfolgs ist für jedes Unternehmen, gleich welcher Branche es angehört, ein zentrales Thema. Diese Bachelorarbeit befasst sich mit der Bewertung des unternehmerischen Erfolgs von Sparkassen. Erläutert werden die bisherigen Kennzahlen anhand deren das Ausmaß des Erfolgs festgestellt werden kann. Hierbei wird sowohl auf die Entstehung der jeweiligen Kennzahlen als auch auf die allgemeine Anwendungsmöglichkeit eingegangen. Zusätzlich wird eine Studie der Kreissparkasse Tübingen vorgestellt, die sich inhaltlich mit einer alternativen Kennzahl zur Erfolgsmessung befasst hat.
Im Anschluss findet ein direkter Vergleich zwischen den in der Praxis aktuell verwendeten Bewertungsmethoden und der von der Kreissparkasse Tübingen entwickelten Kennzahl statt. Es werden Stärken und Schwächen der jeweiligen Bewertungskennzahlen aufgezeigt. Ziel ist es, eine durch Abwägung der verschiedenen Untersuchungsergebnisse fundierte Empfehlung über die mögliche zukünftige Vorgehensweise bei der Bewertung von Sparkassen abzugeben.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Enge und Weite Abgrenzung bei der Cost-Income-Ratio
Abbildung 2: Berechnung der Bruttobedarfsspanne
Abbildung 3: Bruttoertragsspanne
Abbildung 4: Umkehrung der Grundformel CIR
Abbildung 5: Ermittlung der Eigenkapitalrentabilität durch die Deutsche Bundesbank
Abbildung 6: Beziehungen zwischen den Cashflow-Definitionen
Abbildung 7: Zahlungsströme eines Unternehmens bei konstantem Kassenbestand
Abbildung 8: Free Cash-Flow-Ermittlung nach Rappaport
Abbildung 9: Free Cash-Flow-Ermittlung nach Copeland/Koller/Murrin
Abbildung 10: Free Cash-Flow-Schema der Kreissparkasse Tübingen
Abbildung 11: Behandlung von Wertpapieren im Handelsbuch
Abbildung 12: Behandlung von Rückstellungen
Abbildung 13: Behandlung von Wertpapieren des Anlagebuchs
Abbildung 14: Behandlung von Beteiligungen
Abbildung 15: Behandlung von Vorgängen aus dem Bewertungsergebnis
Kreditgeschäft
Abbildung 16: Behandlung von Vorsorgereserven und Ausschüttungen
Abbildung 17: Vergleich des Free Cash-Flows mit anderen Kennzahlen
Abbildung 18: Berechnung des ROI
Abbildung 19: Einflussfaktoren auf ROI nach Malik
Anhangverzeichnis
Abbildung 1: Beispielrechnung: Indirekte Free Cash-Flow-Ermittlung
Abbildung 2: Beispielrechnung: Direkte Free Cash-Flow-Ermittlung
Abbildung 3: Aufwand/Ertrag-Relation nach Bankengruppen
Abbildung 4: Du Pont Kennzahlsystem, ROI-Baum
Abbildung 5: Kennzahlen der Kreissparkasse Tübingen
1. Einleitung
Sparkassen, Genossenschaftsbanken oder Privatbanken sehen sich seit Jahren mit der gleichen Fragen konfrontiert: „Welche Finanzkennzahl, welche Steuerungsgröße ist die richtige und sinnvolle um den Erfolg der Geschäftstätigkeit darzustellen und zu bewerten?“.
Privatbanken legen in aller Regel ihren Fokus stark auf die Eigenkapitalrentabilität (EKR), die eine erste Orientierungsgröße über die Verzinsung des eingesetzten Kapitals der Eigenkapitalgeber darstellt. Vor allem bei den Privatbanken die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft firmieren ist der Return on Investment (ROI) für die Eigentümer (eng. shareholder) eine wichtige Kennzahl.
Sparkassen und Genossenschaftsbanken, welche eher eine langfristige Geschäftsstrategie verfolgen, ermitteln zwar ebenfalls ihre Eigenkapitalrentabilität, allerdings steht diese vor allem bei Sparkassen nicht im Mittelpunkt bei der Beurteilung des Geschäftserfolgs. Diese betrachten eher das Risikodeckungs-potential als Risikoindikator und die Cost-Income-Ratio[1] (CIR) als Verhältniskennzahl zwischen Verwaltungsaufwand und die daraus resultierenden Erträge.
Nicht zuletzt wegen den Erfahrungen und Rückschlüssen aus der noch nicht komplett überstandenen Finanz- und Wirtschaftskriese wird der Ruf nach alternativen Beurteilungskennzahlen die den Erfolg eines Bankinstituts risikogerecht und frei von Einflüssen (Unternehmensintern oder extern) abbilden immer größer. Einen möglichen Lösungsweg könnte die Finanzkennzahl Free Cash-Flow (FCF) aufzeigen.
Diese cashflowbasierte Kennzahl kann gegenüber periodenbezogenen Kennzahlen (z.B. Jahresüberschuss vor Steuern) die Eigenschaft haben, dass sie wegen der laufenden Betrachtung der Geldzuflüsse und Geldabflüsse weitestgehend immun gegen bilanzpolitische Einflüsse ist. Dies kommt ganz darauf an ob eine kurz- oder eher längerfristige Zeitspanne eines Geschäftsbetriebs betrachtet wird.
2. Derzeitige Kennzahlen und Orientierungsgößen von
Sparkassen
Die Sparkassen unter der Leitung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) haben in ihren aktuellsten Leitlinien für die zukünftige strategische Zielsetzung innerhalb der Sparkassenorganisation sieben Orientierungspunkte festgelegt (Marktanteilsentwicklung, Produktivität, Innovation, Mitarbeiterqualifikation/ -bindung, Liquidität, Rentabilität und Gemeinwohl). Diese lassen sich wiederum in vier verschiedene Bereiche zusammenfassen. Der Bereich „Kunde und Markt“, „Mitarbeiterorientierung“, „Gemeinwohlorientierung“ und zu guter Letzt die „Finanz- und Risikopolitik“.[2]
Im Näheren möchte ich auf den letzten Punkt „Finanz- und Risikopolitik“ eingehen. Und in diesem Bereich sollen die Cost-Income-Ratio (deutsch: Aufwand-Ertrags-Verhältnis) und die Eigenkapitalrentabilität (englisch: Return on Equity, ROE) im Detail betrachtet werden.
2.1 Cost-Income-Ratio (CIR)
Kennzahlen werden in der Regel als ein zentrales Instrument des Controllings gesehen.[3] Es handelt sich dabei um Zahlen, die quantitativ erfassbare Zusammenhänge in verdichteter und somit vereinfachter Form darstellen. Im Rahmen dieser Arbeit erfolgt eine Fokussierung auf betriebswirtschaftliche Kennzahlen. Diese beschreiben wirtschaftliche (und nicht etwa technologische) Zustände und Entwicklungen des Unternehmens und können im Rahmen vieler betrieblicher Funktionen eines Unternehmens, wie z.B. Beschaffung, Produktion und Absatz, eingesetzt werden.[4]
Durch die konzentrierte Form von Kennzahlen ist ein schneller Überblick über Sachverhalte möglich.[5] Dieser Vorteil wird jedoch durch eine möglicherweise nicht umfassende und ausgewogene Darstellung der Informationslage relativiert. So sind evtl. zusätzlich zu Kennzahlen, qualitative Informationen zur vollständigen Erfassung eines Sachverhaltes zu berücksichtigen um den erwähnten Informationsverlust abzuschwächen oder ganz auszuräumen.[6] Die Cost-Income-Ratio (CIR) ist eine Kennzahl, die die operative Aufwand-Ertrags-Relation angibt.[7] Allgemein gibt es zwei verschiedene Arten diese Kennzahl zu berechnen. Die unten aufgeführte Abbildung 1 soll die unterschiedlichen Rechnungsmethoden aufzeigen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Enge und Weite Abgrenzung bei der Cost-Income-Ratio
Die Bruttobedarfsspanne wird wie folgt ermittelt:[8]
Die allgemeinen Verwaltungsaufwendungen setzen sich aus Personalaufwand und den anderen Verwaltungsaufwendungen (Sachaufwand, Aufwendungen für externe Dienstleistungen sowie Abschreibungen auf Sachanlagen) zusammen.[9] Ins Verhältnis zur Bilanzsumme gesetzt, ergibt sich daraus die Bruttobedarfsspanne.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Berechnung der Bruttobedarfsspanne
Werden die Kennzahlen Zinsspanne und Provisionsspanne addiert, ergibt sich die Kennzahl Bruttoertragsspanne (diese kann auch aus der Summe von Zinsüberschuss plus Provisionsüberschuss im Verhältnis zur durchschnittlichen Bilanzsumme ermittelt werden).[10]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Bruttoertragsspanne
Die CIR ermöglicht eine Aussage über die Kosteneffizienz der Kreditinstitute. Je niedriger dieser Wert ist, desto effizienter wurde im Institut gewirtschaftet. Es wird der Bruttobedarf durch den Bruttoertrag geteilt. Diese Finanzkennzahl sagt aus wie hoch der Aufwand war um einen Euro zu verdienen.[11]
Der internationale Zielrichtwert liegt bei 60 %.[12] Dies ist der identische Wert den auch die Sparkassen in Deutschland in ihrem aktuellen Strategiepapier für sich festgelegt haben. Um diesen Wert zu halten bzw. zu senken, muss der Bruttoertrag gleich stark bzw. stärker als der Bruttobedarf ansteigen.[13]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Umkehrung der Grundformel CIR[14]
Die im Großkunden- und Interbankengeschäft tätigen meist filiallosen Landesbanken und genossenschaftlichen Zentralbanken weisen eine deutlich niedrigere CIR auf, während die Sparkassen und die Kreditgenossenschaften auf Grund ihres ausgedehnten Netzes an Zweigstellen höhere CIR-Werte aufweisen. Ein Vergleich der im flächendeckenden Retail Banking tätigen Sparkassen und der Kreditgenossenschaften macht deutlich, dass die CIR der Sparkassen geringer als die der Genossenschaftsbanken ist.[15]
Daraus kann geschlossen werden, dass die Sparkassen effizienter als die Kreditgenossenschaften in Deutschland arbeiten. Die im Anhang befindliche Abbildung 3 zeigt die Entwicklung dieser Verhältniskennzahl der letzten Jahre.
2.2 Eigenkapitalrentabilität (EKR)
Die Eigenkapitalrendite (EKR) oder auch Return on Equity (ROE) ist eine jahresabschlussbasierte Erfolgskennzahl aus Perspektive der Eigenkapitalgeber. Allgemein wird der Reingewinn einer Periode vor oder nach Steuern in das Verhältnis zum eingesetzten Eigenkapital gesetzt.[16]
Je kleiner die Eigenkapitalquote eines Kreditinstituts ist, desto deutlicher wirkt sich eine Änderung des Reingewinns auf die Eigenkapitalrentabilität aus. Sinkt die Eigenkapitalquote erhöht sich zunächst die Eigenkapitalrentabilität. Gleichzeitig sinkt aber der Reingewinn bzw. die Reingewinnspanne des Kreditinstituts, da der höhere Fremdkapitalanteil mit höheren Zinsaufwendungen verbunden ist. Im Gegensatz dazu steht das Eigenkapital zinskostenfrei zur Verfügung. Solange die Gesamtkapitalrentabilität höher ist als der Fremdkapitalzins, rentiert sich die Reduzierung der Eigenkapitalquote und gleichzeitige Erhöhung der Fremdkapital-quote (Leverage-Effekt) für ein Geldinstitut. Fällt allerdings die Reingewinnspanne, z.B. aufgrund steigender Risikokosten (d.h. höhere Fremdkapitalzinsen die zu zahlen sind), kann dieser Effekt zu negativen wirtschaftlichen Folgen führen.
Im Allgemeinen handelt es sich bei der EKR um eine einperiodische vergangenheitsorientierte Kennzahl auf Basis des externen Rechnungswesens.[17] Die nachfolgende Abbildung 5 zeigt die Berechnungsformel.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Ermittlung der Eigenkapitalrentabilität durch die Deutsche Bundesbank[18]
Die häufige Verwendung dieser Kennzahl im Bankenbereich liegt darin begründet, dass Refinanzierungskosten zum elementaren Bestandteil des Kerngeschäfts von Banken gehören. Eine Kennzahl auf Basis einer Erfolgsgröße vor Abzug der Refinanzierungskosten, wie beispielsweise der in der Industrie häufig verwendete EBIT, wird bei diesem Sachverhalt nicht betrachtet.
Die EKR wie auch die CIR stehen als Orientierungsgrößen nach der neuen Strategieausrichtung der Sparkassen wegen des Risikos einer Fehlsteuerung nicht mehr allein im Mittelpunkt der Betrachtung.[19] Trotzdem spielen sie im Rahmen der Steuerung der deutschen Sparkassen nach wie vor eine Rolle.[20] Denn auch Sparkassen sind betriebswirtschaftliche Unternehmen, die effizient arbeiten müssen, im Wettbewerb mit anderen Bankengruppen stehen, und für die Finanzierung ihres öffentlichen Auftrags letztendlich finanzielle Mittel benötigen. Dies setzt voraus, dass sie sich ihrer Kosten-und-Erlössituation im Klaren sind. Hierbei können die genannten Kennzahlen sehr hilfreich sein um einen schnellen Überblick zu erhalten.
2.3 Risikodeckungspotenzial
Für Sparkassen, ebenso für viele andere Finanzdienstleister, ist es lohnenswert Risiken einzugehen um Erträge zu generieren. Allerdings ist es im gleichen Zuge ebenfalls sehr wichtig, die eingegangenen Risiken mit qualifizierter Risikodeckungsmasse zu unterlegen.
Auch bankenaufsichtsrechtliche Restriktionen bzw. Vorschriften sind bei diesem Punkt zu beachten. So muss beispielsweise jedes Kreditinstitut einen bestimmten Anteil ihres ausgegeben Darlehensvolumens mit Eigenmitteln unterlegen. Hierbei spielt die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Kreditausfalls eine entscheidende Rolle. Durch verschiedene Szenarien kann die Risikotragfähigkeit eines Kreditinstituts transparent gemacht werden.[21]
Die Risikodeckungspotentiale als Risikoträger lassen sich in drei Bereiche einteilen:[22]
1. Primäres Risikodeckungspotenzial:
- Vereinnahmte Risikokosten bzw. Prämien aus laufender Geschäftstätigkeit
- Risikodispositiver Überschuss aus laufender Geschäftstätigkeit
- Freiwillige stille Reserven (insbesondere § 340f HGB)
2. Sekundäres Risikodeckungspotenzial:
- Struktureller Mindestgewinn aus laufender Geschäftstätigkeit
- Stille Zwangsreserven
3. Tertiäres Risikodeckungspotenzial:
- Einlagensicherungsfonds
- Fonds für allgemeine Bankrisiken (§ 340g HGB)
- Offene Rücklagen
- Einlagenkapital (z.B. Gezeichnetes Kapital)
- Hafteinlagen stiller Gesellschafter
- Freies Vermögen persönlich haftender Gesellschafter
- Haftsummenzuschläge bei den Genossenschaftsbanken
- Nachrangige Verbindlichkeiten
- Genussrechtskapital
Bis zum 18.07.2005 hatten Sparkassen in Deutschland den Schutz durch die Gewährträgerhaftung welche eine subsidiäre Haftung des Trägers einer bundesunmittelbaren, landesunmittelbaren oder kommunalen Anstalt des öffentlichen Rechts darstellte, für den Fall, dass deren Vermögen für die Forderungen ihrer Gläubiger nicht ausreichte. Mit anderen Worten, der Gewährträger haftete für sämtliche Verbindlichkeiten der Sparkasse unmittelbar und unbeschränkt.[23]
Auch wenn dieser „Schutzmechanismus“ faktisch nicht mehr existiert, wurde in der jüngsten Vergangenheit von Trägerseite finanzielle Unterstützung für in Schieflage geratene Landesbanken gewährt. Die Landesbank Baden-Württemberg oder die BayernLB sind nur zwei prominente Beispiele für eine solche Vorgehensweise.
3. Untersuchung der Kennzahl Free Cash-Flow (FCF)
Es gibt verschiedene Möglichkeiten den Unternehmenswert über die Zahlungsströme (Cash-Flows) eines Unternehmens bzw. eines Kreditinstituts zu bestimmen. Allerdings geht es bei allen Methoden darum, zukünftig erwartete Zahlungsströme (Cash-Flows) mit einem geeigneten Kapitalkostenzinssatz zu diskontieren um den Wert des Unternehmens bzw. des Eigenkapitals zu errechnen (z.B. beim Discounted Cash Flow Verfahren).[24]
3.1 Definition und Entwicklung
Cash-Flow übersetzt sich aus dem englischen als „Geldfluss“ oder aber auch als „Bruttoertragslage“.[25] Die Literatur stellt für diesen Begriff ein breites Spektrum an Definitionen vor, welche sich in der Art der Detaillierung stark voneinander unterscheiden.
Der Cash-Flow ist demnach die Messzahl für die Selbstfinanzierungskraft des Unternehmens. Sie gibt an, welche im Geschäftsjahr selbst erwirtschafteten Mittel dem Unternehmen für die Finanzierung von Investitionen, Schuldentilgung und Gewinnausschüttung zur Verfügung stehen.[26]
Der Free Cash-Flow errechnet sich aus dem operativen Cash-Flow minus Cash-Flow aus Investitionstätigkeit. Mit den Mitteln aus dem freien Cash-Flow können Unternehmen Dividenden zahlen oder Aktien zurück kaufen. Der freie Cash-Flow verdeutlicht, wie viel Geld für die Aktionäre eines Unternehmens tatsächlich übrig bleibt. Diese Kennzahl kann durch Bilanztricks praktisch nicht manipuliert werden.[27]
Es ist allerdings zu beachten das der Cash-Flow nicht gleich zu setzten ist mit dem originären Gewinn eines Unternehmens.
Bei der Berechnung des Cash-Flows werden buchungstechnische Transaktionen ignoriert (z.B. Wertberichtigungen bei ausgegeben Darlehen). Der Cash-Flow gibt ausschließlich an, welche Geldströme in das Unternehmen herein- und aus dem Unternehmen hinaus fließen. Der Cash-Flow aus dem laufenden Geschäft (das Cash-Flow-Pendant zum Betriebsgewinn) lässt Abschreibungen, auch solche auf den immateriellen Geschäftswert, einbehaltene Gewinne von Minderheits-beteiligungen, kapitalisierte Zinsen und andere Dinge, die lediglich das Ergebnis buchhalterischer Konventionen sind, außer Acht.
Der frei verfügbare Cash-Flow (eng. free cash-flow oder FCF), geht noch einen Schritt weiter. Hier werden auch solche Posten abgezogen, welche ein Unternehmen nicht umgehen kann, wenn es im Geschäft bleiben will. Dies wären Zahlungen wie Zinsen, Steuern, und ausreichende Investitionsausgaben zur Erhaltung seiner Sachanlagen.[28] Die nachfolgende Abbildung 6 fasst die Cash-Flow-Abgrenzungen noch einmal in grafischer Form zusammen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Beziehungen zwischen den Cashflow-Definitionen[29]
3.2 Verschiedene Arten zur Bestimmung der Kennzahl FCF
Grundsätzlich kann der Free Cash-Flow (FCF) nach der direkten und der indirekten Methode berechnet werden. Beide Berechnungsmethoden kommen zum gleichen Ergebnis.[30] Bei der direkten Berechnung wird der Cash-Flow aus der Differenz der zahlungswirksamen Erträge und Aufwendungen berechnet. Es werden nur liquiditäts-wirksame Umsatzerlöse und sonstige Erträge erfasst. Die verschiedenen Arten von Aufwendungen werden ebenfalls nur in ihrer liquiditätswirksamen Höhe erfasst.
Der Nachteil ist, dass der Cash-Flow bei dieser Berechnungsmethode nicht aus dem Jahresüberschuss ermittelt werden kann. Bei der indirekten Methode wird dieser Nachteil ausgeräumt. Basis dafür ist somit die Gewinn-und Verlustrechnung und die Bilanz des jeweiligen Jahres. Die im Anhang befindlichen Abbildungen 1 und 2 verdeutlichen die verschiedenen Vorgehensweisen anhand von Zahlenbeispielen.
Die Verfahren unterscheiden sich durch die Verwendung unterschiedlicher Cash-Flow-Größen und durch die zugehörigen Kapitalkostensätze. In der betrieblichen Praxis erfolgt die Quantifizierung der (voraussichtlichen) Kapitalkosten einer Finanzierungsmaßnahme mit Hilfe von Kapitalkostensätzen, die auf Jahresbasis berechnet werden und die von einem Unternehmen zu zahlenden Finanzierungskosten in Form einer Periodenverzinsung angeben.[31]
Ziel ist es, Konsistenz zwischen Cash-Flow-Größe und dem anzusetzenden Kapitalkostensatz herzustellen. Aufbauend auf dem Free Cash-Flow können auch andere Cash-Flow-Größen wie der Total Cash Flow oder die Flow to Equity ermittelt werden. Diese werden allerdings hier nur kurz erwähnt und im Weiteren nicht näher untersucht.
Wie im Folgenden noch auszuführen ist, stellt der Free Cash-Flow den Zahlungsüberschuss zu Gunsten der Eigen- und Fremdkapitalgeber ohne Berücksichtigung des Steuervorteils der Fremdfinanzierung (eng. Tax Shield) dar.[32] In diesem Abschnitt stehen die Definition und Berechnung des Free Cash-Flows im Vordergrund. Abbildung 7 zeigt hierzu die Zahlungsströme eines Unternehmens. Es werden zwei Ebenen unterschieden, nämlich die der Beziehung Unternehmen und dessen Umwelt (Entstehungsseite des Cash-Flows) und die der Beziehung zwischen Unternehmen und deren Kapitalgeber (Verwendungsseite des Cash-Flows).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Zahlungsströme eines Unternehmens bei konstantem Kassenbestand
Unter der Umwelt werden dabei sämtliche Zahlungspartner des Unternehmens außer den Eigenkapital (EK)- und Fremdkapital (FK)-Gebern subsumiert. Hierzu zählen beispielsweise Lieferanten, Kunden, Arbeitnehmer und der Staat. Die Differenz zwischen den Ein- und Auszahlungen aus der Ebene Unternehmen-Umwelt unter der Fiktion der vollständigen Eigenfinanzierung stellt den Free Cash-Flow dar. Ein Steuervorteil, der aus der Fremdfinanzierungsentscheidung resultiert (Tax Shield), ist somit im Free Cash-Flow nicht inbegriffen.
Investitionsauszahlungen[33] wirken sich allerdings mindernd auf den Free Cash-Flow aus.[34] Er stellt folglich eine Cash-Flow-Größe nach Berücksichtigung der durch Investitionen bedingten Zahlungen dar. Der auf der Entstehungsseite erwirtschaftete Zahlungsüberschuss kann für eine Erhöhung des Kassenbestandes und/oder zu Ausschüttungen an die Kapitalgeber verwendet werden.
Geht man wie in Abbildung 7 von einer Vollausschüttung des auf der Entstehungs-seite erwirtschafteten Zahlungsüberschusses aus, d.h., der Kassenbestand des Unternehmens bleibt konstant, so werden auf der Verwendungsseite ausschließlich die Zahlungsströme zwischen Unternehmen und Eigen- und Fremdkapitalgebern betrachtet. Unter diesem Gesichtspunkt entspricht der Free Cash-Flow - wie bereits oben angedeutet - dem Zahlungsüberschuss, der Eigen- und Fremdkapitalgebern ohne Berücksichtigung des Steuervorteils der Fremdfinanzierung (Tax Shield) zur Verfügung steht.
Die Höhe des Free Cash-Flows kann wie bereits erwähnt entweder direkt über die Ein- und Auszahlungen des Unternehmens oder indirekt unter Verwendung von Daten des Jahresabschlusses bestimmt werden. Durch die im folgenden Abschnitt dargestellte Vorgehensweise nach Rappaport kann der Free Cash-Flow (unter Nutzung bestimmter Annahmen) direkt berechnet werden. Dem gegenüber wird der Free Cash-Flow nach Copeland/Koller/Murrin indirekt ermittelt.
[...]
[1] Vgl. Sokolovsky/ Löschenkohl (2005), S. 798.
[2] Vgl. DSGV (2009), S. 32.
[3] Vgl. Meyer (1994), S. 1.
[4] Vgl. ZVEI e.V. (1989), S. 13.
[5] Vgl. Groll (2004), S. 13.
[6] Vgl. Reichmann (2001), S. 22.
[7] Vgl. Krumnow/ Gramlich/ Lange/ Dewner (2002a), S. 290.
[8] Vgl. Krumnow/ Gramlich/ Lange/ Dewner (2002b), S. 244.
[9] Vgl. Deutsche Bundesbank (2007), S. 19.
[10] Vgl. Krumnow/ Gramlich/ Lange/ Dewner (2002c), S. 244.
[11] Vgl. Paul/ Horsch/ Stein (2005a), S. 255.
[12] Vgl. Bellavite-Hövermann (2004), S. 183.
[13] Vgl. Schierenbeck (2003), S. 449.
[14] Vgl. Paul/ Horsch/ Stein (2005b), S. 255.
[15] Vgl. Deutsche Bundesbank (2010a), S. 2.
[16] Vgl. Werner/ Padberg (2006), S. 171-174.
[17] Vgl. Fiordelisi/ Molyneux (2006), S. 50-53.
[18] Vgl. Deutsche Bundesbank (2007), S. 26.
[19] Vgl. DSGV (2009), S. 34.
[20] Vgl. Köhler (1998), S. 376-379.
[21] Vgl. Renz/ Wannhoff (2004), S. 428.
[22] Vgl. Horsch/ Schulte (2010), S. 59.
[23] Vgl. Immenga (1997), S. 26.
[24] Vgl. Copeland/ Koller/ Murrin (2002), S. 89 und S. 171-197.
[25] Vgl. Schult (1999), S. 59.
[26] Vgl. Vollmuth (2002) S. 66.
[27] Vgl. www.boerse.ard.de
[28] Vgl. Temple (2007), S. 155.
[29] Vgl. In Anlehnung an Knorren/ Weber (1997), S. 10.
[30] Vgl. Bötzel/ Schwilling (1998), S. 69.
[31] Vgl. www.wirtschaftslexikon24.net (2010)
[32] Vgl. Ballwieser (1998): S. 91.
[33] Vgl. Franke/ Hax (2004), S.14.
[34] Vgl. Schmolke (2002), S. 339.