Investitionscontrolling in Fußballunternehmen

Literaturstudie zum Stand der Forschung im Jahre 2006


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2006

69 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ausgangslage: Die Fußball-Bundesliga als Wirtschaftszweig

3. Investitionscontrolling
3.1. Investitionsbegriff
3.2. Controlling
3.2.1. Controllingbegriff
3.2.2. Strategisches und operatives Controlling
3.3. Investitionscontrolling
3.3.1. Aufgaben des Investitionscontrollings
3.3.2. Ziele des Investitionscontrollings
3.3.3. Instrumente des Investitionscontrollings
3.3.3.1 Statische Verfahren der Investitionsrechnung
3.3.3.1.1. Kostenvergleichsrechnung
3.3.3.1.2. Gewinnvergleichsrechnung
3.3.3.1.3. Rentabilitätsvergleichsrechnung
3.3.3.1.4. Statische Amortisationsrechnung
3.3.3.1.5. Nutzwertanalyse
3.3.3.2. Dynamische Verfahren der Investitionsrechnung
3.3.3.2.1. Kapitalwertmethode
3.3.3.2.2. Interne Zinsfuß-Methode
3.3.3.2.3. Dynamische Amortisationsrechnung
3.3.3.2.4. Vollständiger Finanzplan (VOFI)
3.3.3.3. Verfahren unter Unsicherheit
3.3.3.3.1. Sensitivitätsanalyse
3.3.3.3.2. Risikoanalyse
3.3.3.3.3. Entscheidungsbaumverfahren
3.3.3.3.4. Realoptionsmethode

4. Fußballunternehmen
4.1. Rechtliche Rahmenbedingungen
4.2. Institutionelle Rahmenbedingungen
4.3. Zielsetzungen und Zielsystem von Fußballunternehmen
4.4. Management von Fußballunternehmen
4.4.1. Steuerung und Controlling von Fußballunternehmen
4.4.2. Risikomanagement zur Koordination zwischen sportlichem und wirtschaftlichem Erfolg
4.4.3. Investitionsfelder von Fußballunternehmen (Überblick)

5. Investitionscontrolling bei Spielerinvestitionen
5.1. Ausgangslage und Problemstellung
5.2. Historie der Forschung
5.3. Methoden zum Controlling von Spielerinvestitionen
5.3.1. Controlling von Spielerinvestitionen durch statische Verfahren
5.3.2. Kapitalwertbasiertes Investitionscontrolling
5.3.3. Investitionscontrolling durch Vollständige Finanzpläne
5.3.4. Sensitivitätsanalysegestütztes Investitionscontrolling
5.3.5. Realoptionsbasiertes Investitionscontrolling
5.3.6. Investitionscontrolling durch Humanvermögensrechnung
5.3.7. Statistisch-analytische Verfahren zum Investitionscontrolling
5.3.7.1. Market-Approach
5.3.7.2. Regressionsanalytische Modelle
5.3.7.3. Scoring-Modelle
5.4. Fazit

6. Investitionscontrolling im Anlagenbereich
6.1. Ausgangslage und Problemstellung
6.2. Historie der Forschung
6.3. Controlling von Stadioninvestitionen
6.3.1. Statische Verfahren des Investitionscontrollings
6.3.2. Kapitalwertbasiertes Investitionscontrolling
6.3.3. Sensitivitätsanalysegestütztes Investitionscontrolling
6.3.4. Finanzierungsformbasiertes Investitionscontrolling
6.3.4.1. Public-Private-Partnership (PPP)
6.3.4.2. Asset-Backet-Securitization (ABS)
6.3.4.3. Leasingmodelle
6.4. Fazit

7. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Investitionsverhalten in der Fußball-Bundesliga

Abbildung 2: Organisatorische Einbindung der Vereine der ersten und zweiten Bundesliga

Abbildung 3: Wechselwirkungen von sportlichem und finanziellem Bereich

Abbildung 4: Regressionsgesamtmodell

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Studien zum Investitionscontrolling im sportlichen Bereich

Tabelle 2: Investitionskalkül der Spielerinvestitionen (in Mio. Euro)

Tabelle 3: Umsetzungsschritte zur marktpreisorientierten Spielerbewertung

Tabelle 4: Scoring-Modell für Profifußballer

Tabelle 5: Studien zum Investitionscontrolling im infrastrukturellen Bereich.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Die Kommerzialisierung des Berufsfußballs in Deutschland ist in den vergangenen Jahren weit fortgeschritten. Die Sender ARD, DSF und ZDF haben sich die Übertragungsrechte der Fußball-Bundesliga für den Bereich des frei empfangbaren Fernsehens, die Deutsche Telekom AG für den Bereich Internet und die Firma Arena für den Bereich der TV-Live-Übertragung (befristet bis 2009) teuer erkauft. Den Bundesligavereinen steht hieraus ein Rekordverwertungsbetrag von rund 1,26 Milliarden Euro zur Verfügung, was einer Summe von 420 Millionen Euro pro Spielzeit entspricht[1].

In Anbetracht dieser Summen ist nicht mehr von Fußballvereinen, sondern vielmehr von Fußballunternehmen auszugehen. Fraglich ist jedoch, ob auch den Vereinen die Umwandlung von Idealvereinen in Unternehmen durch die Einführung von Führungsstrukturen und Steuerungsinstrumenten geglückt ist. Die regelmäßigen Berichte in der Medien- und Literaturlandschaft zur finanziellen Lage des Berufsfußballs lassen eher auf das Gegenteil schließen Vielmehr stellen die niedrige Eigenkapitalausstattung und der hohe Verschuldungsgrad der meisten deutschen Profiklubs ein existenzgefährdendes Problem dar. Doch wie können die finanziellen Aufwendungen der Fußballunternehmen und dabei insbesondere die Investitionstätigkeiten einerseits wirtschaftlich sinnvoll und andererseits sportlich erfolgreich ge-staltet werden?

Die vorliegende Arbeit versucht, die Frage durch eine Literaturanalyse verschiedener Forschungsarbeiten zum Investitionscontrolling in Fußballunternehmen im Hinblick auf ihre Hauptinvestitionstätigkeit im sportlichen Bereich (Spielerinvestitionen) sowie im infrastrukturellen Bereich (Stadioninvestitionen) zu beantworten. Andere Investitionstätigkeiten sollen dabei aus Gründen der Übersichtlichkeit unberücksichtigt bleiben. Ziel der Arbeit ist eine kritische Würdigung der vorhandenen Studien sowie das Aufdecken von Forschungslücken zum Investitionscontrolling des sportlichen und in-frastrukturellen Bereichs in Fußballunternehmen.

Aufgrund dieser Problemstellung ist die Arbeit wie folgt aufgebaut: Im zweiten Kapitel werden die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Fußball-Bundesliga auf Grundlage des aktuellen Bundesliga-Reports der Deutschen Fußball Liga GmbH kurz dargestellt.

Im dritten Kapitel werden die Begriffe Investition und Controlling definiert, die in ihrer Kombination zum Investitionscontrolling führen. Dabei werden in einem ersten Schritt Ziele und Aufgaben eines Investitionscontrollings dargestellt bevor in einem zweiten Schritt die verschiedenen Instrumente des Investitionscontrollings voneinander abgegrenzt werden.

Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit der Definition, den Zielsetzungen und dem Zielsystem von Fußballunternehmen. Nach einer Untersuchung der rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen der Fußballunternehmen werden die Managementaufgaben zum einen im Bereich der Steuerung und des Controllings, zum anderen im Bereich des Risikomanagements zur Koordination zwischen dem sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg betrachtet. Anschließend werden die Investitionsfelder von Fußballunternehmen im Überblick dargestellt.

Im inhaltlichen Schwerpunkt dieser Arbeit werden im fünften Kapitel Instrumente des Investitionscontrollings von Spielerinvestitionen anhand ausgewählter Studien untersucht. Dabei werden zunächst Ausgangslage und der Analysegegenstand dieser Arbeit erläutert, dem ein Überblick über die Historie der Forschung folgt. In einer anschließenden Analyse werden die verschiedenen Ansätze zum Investitionscontrolling in den genannten Bereichen in Abhängigkeit ihres verwendeten Instruments bzw. Verfahrens untersucht und kritisch hinterfragt, bevor das Kapitel mit einem Fazit schließt.

Das sechste Kapitel beschäftigt sich, dem Aufbau des fünften Kapitels folgend, mit dem Investitionscontrolling bei Stadioninvestitionen. Gegenstand des siebten Kapitels ist ein kurzes Schlussfazit sowie die Formulierung von Forschungslücken im Bereich des Investionscontrollings in Fußballunternehmen.

2. Ausgangslage: Die Fußball-Bundesliga als Wirtschaftszweig

Das Interesse an Fußball ist in Deutschland ungebrochen. Nach der aktuellen Veröffentlichung der Deutschen Fußball Liga GmbH interessierten sich im Jahre 2005 insgesamt 52% der Bevölkerung im Alter von über 14 Jahren (64,72 Millionen Menschen) für Fußball[2]. Dies bedeutet gegenüber dem Jahr 2002 einen Zuwachs von 3%. Die rein rechnerische Zielgruppe der Sportart Fußball umfasst somit etwa 33,65 Mio. Menschen in Deutschland.

Damit ist Fußball die Lieblingssportart der Bundesrepublik vor dem Wintersport (43%), der Formel 1 (43%) oder Leichtathletik (38%).

Die Marke Bundesliga ist mit einem Bekanntheitsgrad von rund 98% eine der bekanntesten Marken Deutschlands[3] und stellt mit einer Kaufkartenanzahl von 10.765.974 Zuschauern (Saison 2004/2005) zeitgleich die zuschauerstärkste Spielklasse des Kontinents dar.

Der aus diesem Interesse resultierende Gesamtertrag aus Ticketverkauf, Werbeeinnahmen und dem Verkauf von Medien-Rechten umfasste in der Saison 2004/2005 eine Gesamtsumme von insgesamt 1,519 Milliarden Euro, was gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 19,1% bedeutet[4].

Dem Umsatz und den Erlösen steht die Frage gegenüber, inwieweit die Vereine der Bundesliga in der Lage sind, aus diesen auch den laufenden Spielbetrieb sowie die laufenden und künftigen Investitionen zu bewältigen. Erstmals seit dem 30.06.1999 ist es den Vereinen und Kapitalgesellschaften des deutschen Lizenzfußballs in der vergangenen Spielzeit gelungen, den Anteil des Fremdkapitals zu reduzieren. Innerhalb der zum Stichtag 30.06.2005 ausgewiesenen Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt ca. 717 Millionen Euro entfallen 134,7 Millionen Euro auf Bankverbindlichkeiten, 90,4 Millionen Euro auf Anleihen, 89,5 Millionen Euro auf Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung und insgesamt 304,4 Millionen Euro auf sonstige Verbindlichkeiten. In den „sonstigen Verbindlichkeiten“ sind insbesondere Verbindlichkeiten aus Transfers, Steuern, kommunalen Darlehn sowie Darlehn gegenüber beteiligten oder verbundenen Unternehmen enthalten.

Mit der Reduzierung der Verbindlichkeiten gegenüber Fremdkapitalgebern gingen Einsparungen im Bereich der Personalkosten für die Profi-Kader einher. Zwar war in der Saison 2004/2005 mit 27,5 Millionen Euro (2003/2004: 27,35 Millionen Euro) ein leichter Anstieg der Personalkosten zu verzeichnen, in Relation zu den Gesamterträgen von 71,35 Millionen Euro ist jedoch erkennbar, dass der Personalkostenanteil mit nunmehr 38,6% (2003/2004: 45,2%) zwar rückläufig ist, dieser aber dennoch einen erheblichen Teil der Kosten und damit der Finanzierungsrisiken innerhalb der Vereine verursacht[5].

Mit dieser Entwicklung geht nach der aktuellen Veröffentlichung der DFL der Umstand einher, dass im deutschen Profifußball anstelle in Spielervermögen und teure Transfers nunmehr verstärkt in Sach- und Finanzanlagen investiert wird, was sich in einem Anstieg des Anteils des Sachanlagevermögens von 22,2% auf fast 30% niederschlägt. Die Entwicklung des Investitionsverhaltens (vgl. Abbildung 1) verdeutlicht diesen seit nunmehr drei Jahren bestehenden Trend.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Investitionsverhalten in der Fußball-Bundesliga

Quelle: DFL (2006), S. 46

Somit wird deutlich, dass aus zunehmender Professionalität im Profifußball das Erfordernis für professionelle Strukturen und professionelles Management hervorgeht. Auch wenn die sportlichen Erfolge von Unsicherheiten gekennzeichnet und in ihrem Erfolg nur bedingt planbar sind, erscheint es jedoch umso entscheidender, mit Hilfe von strategischen Steuerungsinstrumenten mögliche Ursachen für Fehler und Missstände aufzuzeigen oder sogar zu verhindern[6].

3. Investitionscontrolling

3.1. Investitionsbegriff

Nach Kruschwitz[7] kann eine Investition in zwei Begrifflichkeiten unterteilt werden: Investition als Handlung und Investition als Objekt. Betrachtungsobjekt der Investitionsrechnung ist jedoch stets die Investition als Investitionshandlung und nicht die Bewertung der Investition als Objekt. Eine Investition ist demnach ein Entscheidungsproblem in Einzel- oder Programmentscheidungen, welches unter den Zielsetzungen des Investors zu beurteilen ist[8]. Grundsätzlich kann jede Verwendung von Liquidität als Investition bezeichnet werden, primär sind darunter jedoch solche Ausgaben oder Anschaffungen zu verstehen, die sich überwiegend im Anlagevermögen eines Unternehmens niederschlagen und die zur Erreichung der Zielsetzung des Investors geeignet sind[9]. Bei den Zielsetzungen des Investors unterscheidet man zwischen monetären und nicht-monetären Zielen. Zu den monetären Zielen gehören diejenigen Prämissen, die in Geld messbar sind, also Gewinn-, Umsatz- oder Renditestreben. Nicht-monetäre Ziele umfassen das Streben nach Prestige, Ansehen und Macht und sind nicht Gegenstand der Investitionsrechnung[10].

Bei einer Investition handelt es sich demnach um „eine Auszahlung für die Beschaffung von Gütern, deren Verwertung Einzahlungen erwarten lässt, die die Auszahlungen möglichst deutlich übersteigen“[11].

Die Beurteilung von Investitionen erfolgt durch Instrumente der Investitionsrechnung, die je nach Art der Investition und je nach Zielsetzung des Investors dazu geeignet sind, Auswahlentscheidungen zu treffen, die der Erreichung der monetären Ziele dienen.

Bei der Entscheidung des Investors für oder gegen die Durchführung einer Investition haben sich in der Literatur drei idealtypische Phasen des Entscheidungsprozesses entwickelt, die sich in Planungsphase, Realisationsphase und Kontrollphase (bei Adam[12] ergänzt um eine vierte Phase der Nachbesserungsentscheidungen) unterteilen lassen[13]. Dabei wird im Rahmen der Planungsphase aus einer Problemstellung eine Handlungsalternative entwickelt, die eine Lösung des gestellten Problems ermöglichen soll. Die Handlungsalternativen werden beurteilt und es kommt zu einer Investitionsentscheidung, die in die Realisierungsphase mündet, d.h. die Investition wird den Planungen entsprechend umgesetzt. In der abschließenden Kontrollphase werden die erwarteten Konsequenzen, die zu einer Entscheidung für eine Auswahlalternative geführt haben, mit den später tatsächlich eintretenden Konsequenzen verglichen[14].

3.2. Controlling

3.2.1. Controllingbegriff

Controlling stellt die infinitive Verbform von „to control“ dar. Eine eindeutige und einheitliche Definition des Begriffes ist in der Literatur nicht zu finden. Horváth[15] bezeichnet Controlling als ein funktionsübergreifendes Steuerungskonzept mit der Aufgabe, einer am Unternehmensziel orientierten Koordination von Planung, Kontrolle und Informationsversorgung. Nach Piontek[16] verlangt der Begriff „Controlling“ nach einer Übersetzung im Sinne von Lenkung, Steuerung und Regelung. Controlling soll das Erreichen der Unternehmensziele durch Planung zielorientiert an die Umweltveränderungen anpassen und die dazu erforderlichen Steuerungsaufgaben wahrnehmen. Einigkeit besteht in der Literatur jedoch dahingehend, dass Controlling nicht etwa lediglich die Funktion einer Kontrolle übernimmt. Vielmehr liefert Controlling Hilfestellung bei der Kontrolle der Erfüllung der Zielvorgaben des Unternehmens, indem es eine koordinierende Funktion der Informations- und Planungsunterstützung übernimmt[17].

Nach Eschenbach[18] wird Controlling im deutschen Sprachraum vorrangig in zwei Richtungen interpretiert: Controlling als Soll-Ist-Vergleich und Controlling als Einheit von Planung und Kontrolle. Fasst man diese Begriffe zusammen, bleibt als Kernaufgabe des Controllings, die Handlungen in arbeitsteiligen Prozessen auf ein gemeinsames Ziel auszurichten[19]. Eine controllinggestützte Unternehmensführung ist geeignet, Stärken und Schwächen einer Unternehmung aufzudecken und ermöglicht daher eine Auseinandersetzung mit dem Chancen- und Risikopotential unterschiedlicher Handlungsalternativen innerhalb eines Unternehmens[20].

3.2.2. Strategisches und operatives Controlling

Man unterscheidet beim Controlling zwischen strategischem und operativem Controlling. Die Aufgaben des strategischen Controllings liegen in der Erkennung langfristiger Erfolgsfaktoren eines Unternehmens, der Absicherung bestehender Erfolgspotentiale sowie der Mitwirkung bei der Erschließung neuer Potentiale[21]. Nach Horváth dient das strategische Controlling der Unterstützung der strategischen Führung des Unternehmens. Die Koordination der strategischen Planung und die Kontrolle über die Beschaffung strategierelevanter Informationen steht dabei im Vordergrund[22]. Somit hat das strategische Controlling vorwiegend innovativ orientierte Strategiefragen zum Inhalt, während das operative Controlling die Unterstützung der operativen Planung zum Gegenstand hat. Objekt der Betrachtung sind dabei in der Regel kurzfristige, durch Ertrag und Aufwand manifestierte Entwicklungen und Trends. Der Blickwinkel ist nicht auf die Aufgabenumwelt, sondern auf das Unternehmen und das operative Geschäft gerichtet[23]. Es dient damit überwiegend der Bewältigung der „Routineaufgaben“ im Unternehmen[24].

3.3. Investitionscontrolling

Das Controlling von Investitionen weist im Vergleich zum Controlling des laufenden Geschäftsbetriebes einige Besonderheiten auf. Planung, Entscheidung und Steuerung von Investitionen zählen wegen der häufig langfristigen Auswirkungen und der Kapitalbindung zu den wichtigsten Aufgaben im Unternehmen.

3.3.1. Aufgaben des Investitionscontrollings

Basis für die Realisierung einer Investition ist eine positive Investitionsentscheidung (vgl. 3.1.). Vergleicht man nunmehr die Konzeption der Investition mit denen des Controllings (3.2.), ergibt sich als Aufgabe des Investitionscontrollings „die Erfüllung von Controllingzielen in den Phasen der Planung, Durchführung und Kontrolle von Investitionen“[25]. Grundsätzlich ist Gegenstand und damit Betrachtungsobjekt des Investionscontrollings also nicht eine einzelne Phase einer Investitionsentscheidung, sondern die Gesamtheit der Phasen mit unterschiedlichen Schwerpunkten.

Zu möglichen Schwerpunkten führt Kusterer[26] aus: „Eine zentrale Aufgabe des Investitionscontrollings liegt in der Koordination von Investitionsplanung und Investitionskontrolle“. Investitionscontrolling versteht sich damit als eine flankierende Maßnahme in sämtlichen Phasen einer Investitionsentscheidung. Dabei sind die Ziele der Investitionspolitik mit denen der Unternehmenspolitik möglichst in Kongruenz zu bringen. Ist demnach die Gewinnmaximierung oberstes Ziel im Unternehmen, so sind die Investitionsentscheidungen an dieser (übergeordneten) Zielsetzung auszurichten.

Weitere Aufgabe ist die Überwachung bereits erfolgter Investitionen[27]. In der Planungsphase des Investitionsentscheidungsprozesses erfolgt die Koordination der Investitionsplanungen zwischen den mit der Planung beauftragten Bereichen. Dabei ist eine Abstimmung der lang- und mittelfristigen Investitionsgesamtplanung zu den zur Disposition stehenden Investitionsentscheidungen und die Einhaltung des Liquiditätsziels zur Erhaltung der Handlungsfähigkeit des Unternehmens von vorrangiger Bedeutung[28]. Auch die tatsächliche Realisationsphase eines Investitionsprojektes gehört zum Aufgabenbereich des Investitionscontrollings, indem die Einhaltung des festgelegten Investitionsbudgets sowie die Einhaltung entscheidender Fristen überwacht und gesteuert wird. Schließlich gehört die Überwachung der Investition im laufenden Betrieb der Investition bis hin zu einer eventuellen Abbruchentscheidung zum Aufgabenfeld des Investitionscontrollings[29].

Nur durch eine laufende Überwachung und Wirtschaftlichkeitskontrolle von Investitionsentscheidungen ist es möglich, frühzeitig geplante Ziele für die Restlebensdauer eines Projektes zu revidieren oder Anpassungsmaßnahmen zur Gegensteuerung anzuregen. Darüber hinaus bewirkt das Investitionscontrolling durch den Faktor „Erfahrung“ möglicherweise eine Verbesserung künftiger Investitionshandlungen im Hinblick auf ihre Genauigkeit der Planungen[30].

3.3.2. Ziele des Investitionscontrollings

Investitionscontrolling muss zum einen durch Informationsversorgung und durch eine Koordination der mit der Planung einer Investition befassten Teilbereiche sowie zum anderen durch geeignete Kontrollen im tatsächlichen Planungsablauf gewährleisten, dass der gesamte Planungs- und Realisierungsprozess einer Investition dem Unternehmensziel entsprechend abläuft[31]. Damit orientieren sich die spezifischen Ziele des Investitionscontrollings eng an den damit verbundenen Zielen des Unternehmens.

Als Ziel des Investitionscontrollings ist somit in erster Linie die Planung, Realisation und Kontrolle von Investitionen festzuhalten. Im Weiteren obliegt dem Investitionscontrolling die Koordination sämtlicher Investitionen im Unternehmen sowie die Sicherstellung der Informationsversorgung der Entscheidungsträger im Unternehmen[32].

Zur Erreichung der Ziele des Investitionscontrollings existieren verschiedene Instrumente zur Durchführung detaillierter Investitionsrechnungen, zur Festlegung zielorientierter Entscheidungskriterien und zur Ermittlung von Risikofaktoren im Zusammenhang mit Investitionsentscheidungen.

3.3.3. Instrumente des Investitionscontrollings

Zu einer am Unternehmensziel orientierten und optimalen Auswahl im Rahmen einer Investitionsentscheidung muss das Investitionscontrolling auf geeignete Konzepte der Investitionsrechnung zurückgreifen, um Investitionsrechnungen selbst durchzuführen oder um in der Kontrollphase angemessene Nachberechnungen anzustellen, die es ermöglichen, auf veränderte Umweltzustände flexibel zu reagieren.

Die Verfahren der Investitionsrechnung unter Sicherheit (3.3.3.1. und 3.3.3.2.) sowie unter Unsicherheit (3.3.3.3.) sollen daher im Folgenden in ihren Grundkonzeptionen dargestellt werden.

3.3.3.1 Statische Verfahren der Investitionsrechnung

Statische Verfahren der Investitionsrechnung lassen den Faktor Zeit unberücksichtigt und dienen der ergebnisorientierten Bewertung einzelner Investitionsprojekte[33]. Zu ihnen gehören Kostenvergleichsrechnungen, Gewinnvergleichsrechnungen, Rentabilitätsvergleiche und Amortisationsvergleiche. Bei den geschilderten Verfahren werden regelmäßig durchschnittliche jährliche Erlöse und Kosten bezogen auf eine Periode betrachtet.

3.3.3.1.1. Kostenvergleichsrechnung

Die Kostenvergleichsrechnung verzichtet auf eine Erfassung der Erlöskomponente und konzentriert das Entscheidungskriterium auf diejenige Investition mit den kleinsten (durchschnittlichen) Kosten[34]. Bei mindestens zwei Investitionsalternativen wird daher diejenige Investition mit der (relativ) höchsten Wirtschaftlichkeit durchgeführt. Soll nur ein Investitionsprojekt bewertet werden, ist dies vorteilhaft, wenn die Kosten unter den maximal angestrebten Kosten liegen. Die Formel zur Bestimmung des Zielwerts der Kostenvergleichsrechnung (durchschnittliche Kosten je Zeiteinheit) lautet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit K = durchschnittliche Kosten je Zeiteinheit, Kf = fixe Kosten, Kv = variable Kosten, A = Anschaffungsauszahlung, L = Liquidationsüberschuss, T = Nutzungsdauer und i = Kalkulationszinsfuß.

Erlöse sind dann nicht zu berücksichtigen, wenn sie in Bezug auf jede Investitionsalternative gleich groß sind, was in der Regel lediglich bei reinen Ersatzinvestitionen oder Rationalisierungsinvestitionen der Fall ist[35].

3.3.3.1.2. Gewinnvergleichsrechnung

Die Gewinnvergleichsrechnung stellt eine Variante der einperiodigen statischen Investitionsrechnung dar und legt als Entscheidungskriterium die Auswahl derjenigen Investition zugrunde, die den größten (durchschnittlichen) Gewinn erbringt. Auf Investitionsprojekte, die keinen Gewinn, sondern einen Verlust erbringen, ist zu verzichten[36]. Sie stellt damit eine Erweiterung der reinen Kostenvergleichsrechnung dar und wird mit folgender Formel berechnet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit E = durchschnittliche Erlöse je Zeiteinheit und K = Kostenvergleichsrechnung (vgl. 3.3.3.1.1.). Als Grundlage müssen stets Investitionen mit gleicher Nutzungsdauer und gleichem Kapitaleinsatz vorliegen, da ansonsten Fehlentscheidungen zu befürchten sind[37].

3.3.3.1.3. Rentabilitätsvergleichsrechnung

Im Gegensatz zu den zuvor dargestellten Verfahren besteht der Hauptunterschied zur Rentabilitätsvergleichsrechnung darin, dass in ihr keine absoluten Größen, sondern das Verhältnis aus einer Gewinngröße und einer Kapitaleinsatzgröße ermittelt wird. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Größen dabei unterschiedlich definiert werden können, auf eine detaillierte Darstellung soll an dieser Stelle jedoch verzichtet werden[38]. Im Ergebnis der Rentabilitätsvergleichsrechnung erhält man die zeitliche Durchschnittsverzinsung des durchschnittlich gebundenen Kapitals und damit die Rentabilität der Investition. Als Entscheidungskriterium ist diejenige Investition zu wählen, die die höchste Renditekennziffer aufweist. Die Formel zur Berechnung der Rentabilität lautet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenmit R = Rendite, G = Gewinn vor Zinsen und KB = Kapitaleinsatz.

Ebenso wie bei der Gewinnvergleichsrechnung ist die Renditevergleichsrechnung nur dann „unproblematisch, wenn die Nutzungsdauern und der Kapitaleinsatz der miteinander zu vergleichenden Investitionen übereinstimmen“[39].

3.3.3.1.4. Statische Amortisationsrechnung

Bei der statischen Amortisationsrechnung wird ermittelt, wie lange es dauert, bis die Auszahlungen für ein Investitionsprojekt durch die Einzahlungen dieses Projekts ausgeglichen sind. Als Entscheidungskriterium ist dann dasjenige Projekt mit der kürzesten Amortisationsdauer zu wählen[40].

Bei der Amortisationsrechnung sind methodisch die Kumulationsmethode[41] (Totalrechnung) und die Durchschnittsrechnung zu unterscheiden. Im Rahmen der Durchschnittsmethode ermittelt sich der Zeitpunkt p (pay-off-Zeitpunkt), zu dem die Investition amortisiert ist mit:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenmit A = Anschaffungsauszahlung, G = Gewinn und AB= Abschreibungen.

In der Amortisationsrechnung erhält man beim Vergleich von Amortisationszeiten nur relative Vorteilskriterien, über die absolute Vorteilhaftigkeit einer Investition kann daher keine Aussage getroffen werden. Dennoch gehören Amortisationsrechnungen zu den beliebtesten Verfahren der statischen Investitionsrechnung[42].

3.3.3.1.5. Nutzwertanalyse

Mit der Nutzwertanalyse können Handlungsalternativen mehrdimensional bewertet werden, d.h. werden bei einer Investition über die monetären Ziele hinaus weitere Ziele verfolgt, so können diese im Rahmen der Nutzwertanalyse ebenfalls bewertet werden. Die Nutzwertanalyse bedingt strukturelles Vorgehen. Die Anzahl der Schritte bei der Vorgehensweise ist in der Literatur umstritten. Götze[43] und Blöch unterteilen den Vorgang in fünf Schritte (Zielkriterienbestimmung, Zielkriteriengewichtung, Teilnutzenbestimmung, Nutzwertermittlung und Beurteilung der Vorteilhaftigkeit), auf deren detaillierte Darstellung hier jedoch verzichtet wird.

Als Vorteil von Nutzwertanalysen gilt die Einfachheit, Nachvollziehbarkeit und die geringe rechnerische Komplexität, mit deren Hilfe eine Vielzahl von Informationen zu einem Nutzwert zusammengefasst wird. Als Nachteil der Nutzwertanalyse gilt der Umstand, dass subjektive Einflüsse bei der Datenermittlung zu einer Fehlinterpretation innerhalb der einzelnen Schritte führen können. Daher wird die Nutzwertanalyse häufig als ergänzende Methode zu den dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung genutzt.

3.3.3.2. Dynamische Verfahren der Investitionsrechnung

Mit den dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung wird versucht, die Probleme in der Anwendung zu überwinden, die für die statischen Rechnungen typisch sind. So orientieren sich dynamische Rechnungen im Hinblick auf die Zielsetzung des Investors grundsätzlich an mehrperiodig definierten Zielsetzungen wie der langfristigen Gewinn- oder der Endvermögensmaximierung[44]. Weiterhin werden in den dynamischen Verfahren die mit einer Investition verbundenen Ein- und Auszahlungen über die gesamte erwartete Nutzungsdauer betrachtet sowie der zeitliche Unterschied der Zahlungen durch Ab- oder Aufzinsen berücksichtigt[45]. Durch den Bezug der anfallenden Ein- und Auszahlungen auf einen bestimmten Zeitpunkt kann bei dynamischen Verfahren im Gegensatz zu den statischen Verfahren ein echter Vergleich zweier sich ausschließender oder gleichzeitig durchführbarer Investitionen erfolgen[46].

3.3.3.2.1. Kapitalwertmethode

Das Kapitalwertverfahren (net present value) bezieht die bis zum Ende der Nutzungsdauer (voraussichtliches Vertragsende t = n) erwarteten und zurechenbaren Zahlungen (ct) durch Diskontierung mit dem Kalkulationszinsfuß (i) auf den Entscheidungszeitpunkt (t0) zurück. Formal lässt sich der Kapitalwert einer solchen Zahlungsreihe wie folgt bestimmen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ist der Kapitalwert einer Investition positiv, vermehrt die Durchführung des Investitionsprojektes den Unternehmenswert und ist als positiv einzustufen. Bei der Auswahl unter mehreren Investitionsprojekten ist dasjenige, mit dem höchsten (positiven) Kapitalwert auszuwählen. Maßgeblicher Einflussfaktor für die Höhe des zu ermittelnden Kapitalwertes ist die Wahl des Kalkulationszinsfußes. Je höher das Risiko der Investition eingestuft wird, desto höher sollte auch der Kalkulationszins gewählt werden[47].

3.3.3.2.2. Interne Zinsfuß-Methode

Ziel der Internen Zinsfuß-Methode ist es, die Verzinsung des eingesetzten Kapitals zu berechnen. Der interne Zinssatz r ist derjenige Zinssatz, bei dem der Kapitalwert einer Investition gerade null wird[48]. Allgemein dargestellt ist daher der interne Zinssatz r aus der nachfolgenden Kapitalwertformel zu isolieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Gerade die Isolation des internen Zinsfusses ist für ein- oder zweiperiodige Investitionsprojekte zwar unproblematisch, für mehrperiodige Investitionsprojekte lässt sich dieser jedoch nur durch Interpolationsverfahren oder das Newtonsche Tangentenverfahren näherungsweise bestimmen[49].

Der interne Zinsfuß bietet den Vorteil, eine dimensionslose Zielgröße, unabhängig von unterschiedlichen Währungen, zu ermitteln. Zudem ist er unter Zuhilfenahme von Tabellenkalkulationsprogrammen vergleichsweise schnell zu berechnen. Nachteile der Internen Zinsfußmethode liegen darin begründet, dass Investitionen denkbar und üblich sind, bei denen eine Berechnung gar nicht möglich ist und darin, dass Vorteilhaftigkeitsentscheidungen nach der Kapitalwertmethode nicht immer kongruent zu denen der Internen Zinsfußmethode sein müssen[50].

3.3.3.2.3. Dynamische Amortisationsrechnung

Bei der dynamischen Amortisationsrechnung wird der Zeitpunkt ermittelt, an dem das eingesetzte Kapital durch Einzahlungsüberschüsse zurückgewonnen wird. Im Gegensatz zu der dargestellten statischen Amortisationsrechnung (vgl. Kapitel 3.3.3.1.4.) werden bei der dynamischen Variante auch Zinsen und Zinseszinseffekte berücksichtigt[51]. Im Ergebnis ergibt sich diejenige Periode, in der der Kapitalwert in Abhängigkeit von t erstmalig gleich null oder positiv wird mit:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Als eigenständiges Entscheidungskriterium ist die dynamische Amortisationsrechnung nicht geeignet, da sie keinen eigenständigen ökonomischen Zielwert liefert. Eine Investition ist dann vorteilhaft, wenn ihre Amortisationszeit niedriger als ein vorgegebener Grenzwert ist, bzw. diejenige Investition, die bei konkurrierenden Investitionsalternativen die geringere Amortisationszeit aufweist[52].

3.3.3.2.4. Vollständiger Finanzplan (VOFI)

Durch die Berücksichtigung unterschiedlicher Soll- und Habenzinsen, Kreditlinien oder Anleihen mit Aufgeld löst das Konzept des Vollständigen Finanzplans die Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes auf. Darüber hinaus ermöglicht das Konzept, unvollständige Investitionsprojekte, die sich in der Höhe ihrer Anfangsauszahlungen und zeitlichen Verteilung ihrer Rückflüsse unterscheiden, in geeigneter Weise zu echten Investitionsalternativen zu überführen[53]. Weiterhin ist es im Rahmen des Vollständigen Finanzplans möglich, Steuerwirkungen in die Beurteilung von Investitionsentscheidungen einfließen zu lassen.

Zu den vier grundsätzlichen charakteristischen Merkmalen von Vollständigen Finanzplänen gehören die Verknüpfung der Investitions- mit der Finanzierungsentscheidung, die tabellarische Form des Finanzplanes, der Endwert als Beurteilungsmaßstab für die Vorteilhaftigkeit sowie die Flexibilität des Konzeptes. In der Systematik der Vollständigen Finanzpläne wird jedes einzelne Investitionsprojekt in tabellarischer Form dargestellt und eine isolierte Betrachtung der Investitions- und Finanzierungswirkungen einer Investition dargestellt. Der Finanzierungssaldo über die einzelnen Nutzungsperioden wird dabei immer gleich null gehalten, so dass der Entscheider in sämtlichen Perioden dazu gezwungen ist, Alternativen zur Deckung von Liquiditätsengpässen oder zur Anlage von Liquiditätsüberschüssen zu ermitteln[54]. Die übersichtliche Darstellung und die Berücksichtigung realistischer Finanzierungs- und Anlagemöglichkeiten stellen die Vorteile des Konzeptes dar, während die Prämisse, dass zur Beurteilung ausschließlich von sicheren Annahmen ausgegangen wird, einen Nachteil dieses Konzeptes darstellt.

3.3.3.3. Verfahren unter Unsicherheit

Statische und dynamische Verfahren der Investitionsrechnung beruhen auf Daten, die zum überwiegenden Teil aufgrund nicht absehbarer Entwicklungen und künftiger Erwartungen unsicher sind, behandeln diese aber aus Gründen der Modellbetrachtung und der Vereinfachung als sicher. Da diese Betrachtungsweise zu Fehleinschätzungen führen kann, muss im Rahmen des Investitionscontrollings auch auf die Investitionsentscheidungen und Berechnungen bei Unsicherheit zurückgegriffen werden[55]. So sind Verfahren anzuwenden, die bei einem gegebenen Informationsstand durch eine vernünftige Gewichtung von Risiko und Gewinn eine Strategie als optimal identifizieren[56].

Zu den Instrumenten der bei Unsicherheit anzuwendenden Verfahren gehören die Sensitivitätsanalyse, die Risikoanalyse, das Entscheidungsbaumverfahren sowie die Realoptionsmethode.

3.3.3.3.1. Sensitivitätsanalyse

Gegenstand der Sensitivitätsanalyse ist eine Untersuchung dahingehend, in welchem Umfang Outputgrößen der Investitionsrechnung auf Veränderungen einer oder mehrerer Inputgrößen reagieren[57]. Durch eine Variation von zu Grunde liegenden Ausgangsdaten wie Kalkulationszinsfuß, Lebensdauer oder Absatzmenge kann beispielsweise der Umfang der Änderung des Kapitalwerts des betrachteten Projektes ermittelt werden. Nach Kruschwitz[58] kann die Sensitivitätsanalyse in vier Schritten vollzogen werden. Der Auswahl der als unsicher angesehenen Inputgrößen schließt sich dabei die Formulierung eines Investitionsmodells zur Berechnung der interessierenden Zielgröße in Abhängigkeit von den festgelegten Inputgrößen an. Nach der Vorgabe des Schwankungsintervalls der Outputgröße durch Angabe seiner Ober- und Untergrenze erfolgt die analytische und numerische Berechnung der sich daraus ergebenden zulässigen Schwankungen der Inputgrößen.

Im Rahmen der Sensitivitätsanalyse stellt die Ermittlung kritischer Werte ein häufig angewendetes Verfahren dar. Dazu sucht man den Wert, an dem sich die Vorteilsentscheidung zugunsten einer anderen Investitionsalternative ändert (z.B. ab welchem Kalkulationszinssatz ein unter den Ausgangsdaten positiv bewertetes Investitionsprojekt nicht mehr als positiv angesehen werden kann).

In der Sensitivitätsanalyse spielen Eintrittswahrscheinlichkeiten möglicher Abweichungen keine Rolle, dennoch können Sensitivitätsanalysen als nützlich bezeichnet werden, da sie Informationen darüber liefern, ob die Unsicherheit für die Lösung des anstehenden Entscheidungsproblems überhaupt von Bedeutung ist.

Festzuhalten ist darüber hinaus, dass Sensitivitätsanalysen keine Entscheidungsregeln liefern. Sinn und Zweck von Sensitivitätsanalysen ist die Verbesserung der Entscheidungsgrundlage und Ergänzung der erläuterten quantitativen und qualitativen Verfahren[59].

3.3.3.3.2. Risikoanalyse

Ziel der Risikoanalyse ist es, eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Outputgröße einer Investitionsrechnung (z.B. Endvermögen, Kapitalwert usw.) aus sicheren und unsicheren Informationen über die relevanten Inputgrößen abzuleiten[60]. In der Literatur haben sich fünf Verfahrensschritte herausgebildet, die von einer Auswahl der als unsicher erachteten Inputgrößen, der Schätzung subjektiver Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die ausgewählten Inputgrößen, der Berücksichtigung stochastischer Abhängigkeiten zwischen den unsicheren Inputgrößen über die Ermittlung der Ergebnisverteilung aus den Verteilungen der Inputgrößen bis hin zur Analyse und Interpretation der Ergebnisverteilung führen[61]. Der Umstand, dass die unsicheren Komponenten (Inputgrößen) nicht vom Entscheidungsträger kontrollier- oder beeinflussbar sind, deren Wahrscheinlichkeitsverteilung jedoch Voraussetzung zur Anwendung des Verfahrens ist, stellt ein entscheidendes Problem dar[62]. Die Bestimmung der notwendigen Daten ist daher nur mit verhältnismäßig großem Aufwand möglich. Ein Vorteil der beschriebenen Methode ist jedoch, unter Berücksichtigung dieses Aufwandes eine unverfälschte Entscheidungsgrundlage zu liefern, bei der auf Grundlage der individuellen Risikobereitschaften die finanziellen Konsequenzen von Investitionsprojekten abzuschätzen sind.

3.3.3.3.3. Entscheidungsbaumverfahren

Sind neben der ursprünglichen Investitionsentscheidung auch Folgeentscheidungen zu bedenken, kommt das Entscheidungsbaumverfahren in Betracht. Entscheidungsbäume dienen der grafischen Veranschaulichung von mehrstufigen Entscheidungsproblemen. Dabei ist zum Zeitpunkt t0 eine Investitionsentscheidung verbunden mit einer Auszahlung zu treffen. Dieser Anfangsauszahlung stehen ein oder mehrere Wege (Äste) zu Investitionsresultaten mit jeweils unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeiten gegenüber[63]. Jeder Pfad durch den Entscheidungsbaum, und somit jeder Weg, der von der Anfangsauszahlung bis zu dem letzten Investitionsresultat führt, entspricht somit einer möglichen vollständigen Entscheidungsfolge. Die Summe der Eintrittswahrscheinlichkeiten ergibt für jeden Ast des Baumes eins. Ziel von Entscheidungsbaumverfahren ist es, den Erwartungswert einer Zielgröße (z.B. Kapitalwert) zu maximieren, indem man den optimalen Weg durch den Entscheidungsbaum findet.

Nachteile des Entscheidungsbaumverfahrens sind der Umstand, dass die Ergebnisverteilungen entscheidungsunabhängig sind, mithin die Entscheidungen keinen Einfluss auf die Zufallsgröße der Ergebnisse haben. Zudem wird die Risikoneutralität des Entscheidungsträgers und die Existenz sämtlicher benötigter Daten (einschließlich der Eintrittswahrscheinlichkeiten) vorausgesetzt. Die Stärken des Verfahrens zeigen sich in der übersichtlichen und vollständigen Darstellung aller zu treffenden Entscheidungen in grafischer Form[64].

3.3.3.3.4. Realoptionsmethode

Sämtliche bereits genannten Verfahren zur Beurteilung von Investitionsentscheidungen sind infolge ihrer Modellannahmen vergleichsweise unflexibel und können in der Regel in Art, Umfang und Dauer nicht modifiziert werden, um positive Ergebnisse zu erzielen. In der Analogie zu Finanzoptionen hat sich daher in der Literatur die so genannte Theorie der Realoptionen gebildet. Realoptionen weisen mit Flexibilität (Recht zur Ausübung statt Pflicht zur Ausübung), Unsicherheit und Irreversibilität (Optionsrecht wird durch Ausübung aufgehoben) Merkmale auf, die mit denen von Finanzoptionen identisch sind[65].

Man unterscheidet bei Realoptionstypen zwischen der Warte- oder Verzögerungsoption, der Schließungsoption, der Stilllegungsoption, der Fortsetzungsoption, der Erweiterungs- oder Einschränkungsoption, der Umstellungsoption sowie der Innovationsoption[66]. Hommel und Müller[67] ordnen diese Optionen den Gruppen der Lernoptionen, Wachstumsoptionen und Versicherungsoptionen zu.

Die Realoptionsmethode erlaubt es, genau diese Handlungsspielräume explizit zu berücksichtigen und in die Bewertung der Investition einfließen zu lassen[68]. Der Bruttobarwert der zu erwartenden Einzahlungsüberschüsse berechnet sich analog zu der Kapitalwertmethode. Zusätzlich werden Parameter für die in Frage kommenden Realoptionen mit den Investitionskosten, der Zeitspanne bis zum Verfall der Investitionsmöglichkeit, der Unsicherheit in Bezug auf den Kapitalwert, den risikofreien Zinssatz und den Wertverlust im Zeitablauf ergänzt. Zur Berechnung der Vorteilhaftigkeit von Investitionsentscheidungen haben sich verschiedene analytische und numerische Verfahren entwickelt. Zu den bekanntesten analytischen Verfahren zählt das Black-Scholes-Modell[69], zu den bekanntesten numerischen Verfahren gehören die Lattice-Modelle[70]. Mittels Realoptionen ist eine exaktere Problemwahrnehmung und -lösung möglich, da sie helfen, die Grenzen der bisherigen Investitionsmodelle zu überwinden. Nachteile der Realoptionsmethode liegen darin, dass der Aufwand zur Beschaffung genauer Daten vergleichsweise hoch sein dürfte und die Akzeptanz der Methode infolge ihrer erst jungen Geschichte noch sehr gering ist[71].

[...]


[1] Vgl. DFL (2006), S. 32.

[2] Vgl. DFL (2006), S. 22.

[3] Vgl. DFL (2006), S. 23.

[4] Vgl. DFL (2006), S. 40.

[5] Vgl. DFL (2006), S. 43 ff.

[6] Vgl. Wehrle/Heinzelmann (2004), S. 349.

[7] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 2.

[8] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 5.

[9] Vgl. Zügner (1996), S. 333.

[10] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 9-10.

[11] Adam (1996), S. 1.

[12] Vgl. Adam (1996), S. 6.

[13] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 7.

[14] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 7-8.

[15] Vgl. Horváth & Partner (2006), S. 5.

[16] Vgl. Piontek (1996), S. 17.

[17] Vgl. Piontek (1996), S. 17.

[18] Vgl. Eschenbach/Niedermayr (1996), S. 50.

[19] Vgl. Adam (1996), S. 9.

[20] Vgl. Keller/Langner/Amann (2006), S. 44.

[21] Vgl. Adam (1996), S. 17.

[22] Vgl. Horváth & Partner (2006), S. 200.

[23] Vgl. Horváth & Partner (2006), S. 200.

[24] Vgl. Adam (1996), S. 19.

[25] Reichmann (1997), S. 217.

[26] Kusterer (2001), S. 100.

[27] Vgl. Reichmann (1997), S. 218.

[28] Vgl. Kusterer (2001), S. 100 sowie Reichmann (1997), S. 219.

[29] Vgl. Müller (2006), S. 238 ff.

[30] Vgl. Reichmann (1997), S. 222.

[31] Vgl. Reichmann (1997), S. 218.

[32] Vgl. Adam (1996), S. 15 ff.

[33] Vgl. Zügner (1996), S. 339 sowie Reichmann (1997), S. 226.

[34] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 32.

[35] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 33.

[36] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 30.

[37] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 32.

[38] Vgl. Adam (1996), S. 98 ff.

[39] Kruschwitz (2000), S. 34.

[40] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 35.

[41] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 35.

[42] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 40.

[43] Vgl. Götze/Bloech (2004), S. 181.

[44] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 42.

[45] Vgl. Reichmann (1997), S. 237.

[46] Vgl. Reichmann (1997), S. 237.

[47] Vgl. Crasselt (2004), S. 226.

[48] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 97 ff.

[49] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 101 ff.

[50] Vgl. Adam (1996), S. 138-139.

[51] Vgl. Götze/Bloech (2004), S. 107 ff.

[52] Vgl. Götze/Bloech (2004), S. 107 ff.

[53] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 43.

[54] Vgl. Littkemann (2003), S. 222 ff.

[55] Vgl. Reichmann (1997), S. 243 sowie Kusterer (2001), S. 96.

[56] Vg. Adam (1996), S. 308.

[57] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 282.

[58] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 282 ff.

[59] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 286.

[60] Vgl. Kruschwitz (2000), S. 287.

[61] Vgl. Zügner (1996), S. 357.

[62] Vgl. Zügner (1996), S. 357.

[63] Vgl. Wöhe (2000), S. 665-668.

[64] Vgl. Blohm/Lüder (1995), S. 285 ff.

[65] Vgl. Hommel/Müller (1999), S. 178.

[66] Vgl. Hommel (1999), S. 25-26 sowie Spinler/Huchzermeier (2004), S. 66-68.

[67] Vgl. Hommel/Müller (1999), S. 179.

[68] Vgl. Spinler/Huchzermeier (2004), S. 66 ff.

[69] Vgl. Hommel/Müller (1999), S. 181 ff.

[70] Vgl. Hommel/Müller (1999), S. 183 ff.

[71] Vgl. Pritsch/Weber (2004), S. 77 ff. sowie Hommel (1999), S. 28-29.

Ende der Leseprobe aus 69 Seiten

Details

Titel
Investitionscontrolling in Fußballunternehmen
Untertitel
Literaturstudie zum Stand der Forschung im Jahre 2006
Autor
Jahr
2006
Seiten
69
Katalognummer
V167239
ISBN (eBook)
9783640837243
ISBN (Buch)
9783640837533
Dateigröße
679 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
literaturstudie, stand, forschung, jahre, Bundesliga, Controlling
Arbeit zitieren
Dipl.-Kfm. Patrick Kassing (Autor:in), 2006, Investitionscontrolling in Fußballunternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/167239

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