Melchior Lotter - ein Drucker im Dienst der Reformation?

Untersuchungen zum Druckangebot einer frühen Leipziger Druckerei


Studienarbeit, 2010

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Druckerei Lotter in Wittenberg und Leipzig
2.1. Die Drucke in vorreformatorischer Zeit
2.2. Die Wittenberger Werkstatt
2.3. Die Leipziger Druckerei bis zum Ende der Wittenberger Filiale
2.4. Die weiteren Jahre bis zum Tod Melchior Lotters
2.5. Zensur und Propaganda durch Herzog Georg

3. Fazit und Ausblick

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Aus den „Tischreden“ Martin Luthers sind die folgenden Worte überliefert:

„Die hohen Wohltaten der Buchdruckerei sind mit Worten nicht auszusprechen. Durch sie wird die Heilige Schrift in allen Zungen und Sprachen eröffnet und ausgebreitet, durch sie werden alle guten Künste und Wissenschaften erhalten, gemehret und auf unsere Nachkommen fortgepflanzt“ . 1

Um 1450 erfand Johannes Gutenberg in Mainz den Buchdruck mit beweglichen Lettern. Damit gelang ihm eine große und folgenreiche kulturgeschichtliche Leistung, die einschneidende gesellschaftliche und politische Veränderungen zur Folge haben sollte. Als sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts sich die neue Technik deutlicher etablierte, begann sich ein Gewerbe zu entwickeln. Im Zuge der Reformation konnten die neuen Möglichkeiten des Buchdrucks erstmals voll sichtbar werden: Flugschriften und Traktate verbreiteten sich in großen Auflagen und nun sogar in der Muttersprache der Menschen. Doch auch die Gegner der Reformation nutzten das neue Massenmedium für ihre Zwecke.

Auch in der späteren Buchstadt Leipzig fasste die neue „schwarze Kunst“ Fuß, hier entstand Ende des 15. Jahrhundert als erste ständige Druckerei die Werkstatt des Konrad Kachelofen. Melchior Lotter trat, wahrscheinlich als Geselle, in diese Druckerei ein und heiratete später Kachelofens Tochter. Für einige Jahre druckten Lotter und Kachelofen gemeinsam, dann übernahm Lotter das Geschäft. Als guter Kaufmann - er handelte nebenbei mit Papier und anderen Waren und betrieb einen Weinschank - entwickelte er das Unternehmen schnell weiter.2 Gleichzeitig zeichneten sich seine Arbeiten durch eine hervorragende Qualität aus. Im Jahre 1519 wurde Melchior Lotter von Martin Luther gebeten, eine Filiale seiner Druckerei in Wittenberg zu eröffnen. Der Drucker schickte seine beiden Söhne Melchior und Michael in die Lutherstadt, wo die neue Werkstatt bis 1524 fast ausschließlich für den Reformator druckte. In besagtem Jahr kam es allerdings zu einem Bruch, und die Werkstatt wurde bald aufgegeben.

Melchior Lotter, der in den 1490er Jahren seine Tätigkeit begann, druckte fast ein halbes Jahrhundert lang.3 Seine letzte nachweisbare Arbeit stammt aus dem Jahr 1537. Allein in der Zeit von 1518 bis 1520 veröffentlichte er in Leipzig mehr als 40 Schriften aus der Feder von Martin Luther4. 1521 aber nahm die Zahl seiner Arbeiten plötzlich stark ab. In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, ob und wie sich Inhalt und Umfang von Lotters Druckwerk im Laufe der Zeit veränderten und ob er, wie verschiedene Veröffentlichungen behaupten, ein begeisterter Anhänger der Reformation war und sich deshalb der Verbreitung von deren Gedankengut verschrieb, oder eher ein gewinnorientierter Geschäftsmann, der vor allem das druckte, was sich gut verkaufen ließ. Dabei wird überprüft, ob und wie sich die Zensur durch Herzog Georg von Sachsen auf Lotters Druckverhalten und auf sein Geschäft auswirkte. Im Einzelnen soll folgendermaßen vorgegangen werden:

Zunächst wird versucht, einen Einblick in Umfang und Inhalte der Drucke Melchior Lotters zu geben. Dies wird nur in begrenztem Umfang möglich sein, da viele Schriften heute nicht mehr erhalten sind. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass ein genereller Trend erkennbar sein sollte. Im ersten Abschnitt wird die Zeit vor der Reformation betrachtet, danach beide Filialen bis zum Ende der Wittenberger Werkstatt und schließlich die anderthalb Jahrzehnte bis zu Lotters letztem überlieferten Druck aus dem Jahre 1537. Da die Politik Herzog Georgs für die Entwicklung der Leipziger Druckereien eine bedeutende Rolle spielte, soll diese in einem vierten Punkt kurz in den Blick genommen werden. Am Schluss wird versucht, die Erkenntnisse zusammenzufassen und auszuwerten, wobei auch die Auswirkungen der Zensur und der antilutherischen Propaganda durch den Herzog mit in die Bewertung einfließen sollen.

Abschließend sei noch angemerkt, dass in dieser Arbeit mit dem Namen Melchior Lotter immer der Ältere gemeint ist. Handelt es sich um den Sohn, so ist dies ausdrücklich erwähnt.

2. Die Druckerei Lotter

In Leipzig, der späteren Metropole des Buchhandels, konnte sich der Buchdruck, im Vergleich zu Städten wie Mainz oder Straßburg, erst etwas später etablieren. Der erste Drucker, der sich niederließ, war Konrad Kachelofen, seine früheste nachgewiesene Arbeit stammt aus dem Jahr 1485.5 6 Lotter, der das Geschäft bald von seinem Schwiegervater übernahm, druckte Liturgisches, Grammatiken, Schulbücher, humanistische Werke und Klassiker, sowie bis 1526 die amtlichen Drucksachen des sächsischen Herzogs.7 Seine Typen stellte der Drucker zum Teil selbst her.8 Charakteristisch ist die typographisch gute Gestaltung der Drucke. Die acht Typenformen Kachelofens konnte Lotter bald auf 25 Schriftarten erweitern. Er verwendete Rotunda und Textura, seit 1508 auch eine Variante der Schwabacher, die später als Wittenberger Schrift weite Verbreitung finden sollte. Besonders für antike Autoren, die in der Regel in lateinscher Sprache veröffentlicht wurden, führte er die Antiqua in Leipzig ein. Die Druckerei Lotter verwendete als erste Druckerei in Leipzig griechische und hebräische Lettern und druckte auch Noten mit beweglichen Typen.9

Die Regentschaft des sächsischen Herzog Georgs des Bärtigen lastete schwer auf den Leipziger Werkstätten, denn der Wettiner hatte das Drucken reformatorischer Schriften verboten. Dieses Verbot führte zu einem dramatischen Rückgang der druckerischen Leistung in der Metropole, so dass sich der Leipziger Rat sogar genötigt sah, diesbezüglich einen Beschwerdebrief an den Herzog zu schreiben.10

In Wittenberg, wo 1502 Friedrich der Weise eine Universität gegründet hatte, stand seit 1508 Johann Rau-Grunenberg als Drucker zur Verfügung. Dessen bescheidene Werkstatt konnte den steigenden Bedarf aber bald nicht mehr decken, weshalb Luther 1519 Kontakt zu Melchior Lotter aufnahm. Der Leipziger Drucker hatte in seinem Auftrag bereits zwei Jahre früher den originalen Einblattdruck mit den 95 Thesen hergestellt.11 Wittenberg wurde mit den ersten Bibeldrucken und den folgenden Nachdrucken zum Zentrum des deutschen Bibeldruckes für mindestens 100 Jahre.12

2.1. Lotters Drucke in vorreformatorischer Zeit

Nach den vorhandenen Quellen begann Melchior Lotter seine Tätigkeit um 1490, anfangs in sehr enger Verbindung mit seinem Schwiegervater und Meister Kachelofen. Die Steuerbücher Leipzigs weisen in den ersten Jahren auf eine gemeinsame Tätigkeit der beiden hin.13 Die Zeit vor 1500 steht in der Regel im Dienst der katholischen Kirche und des damaligen Wissenschaftsbetriebes, liturgische und theologische Werke sind ebenso erhalten wie scholastische Schulbücher. Zu den ersten belegten Drucken Lotters zählen „ Joh. Peyligk Philosophiae naturalis Compendium “ und „ Manuale parochialium sacerdotum “. Beide Werke stammen aus dem Jahr 1491 und können als Beispiele für wissenschaftliche bzw. theologische Schriften aus dieser Zeit gelten. Exemplarisch als scholastische Schulbücher wären der Donat des Magisters Magnus Hund und insbesondere das Doctrinale des Alexander de Villadei zu nennen.14 15

Als sehr gelungen gilt das Meissner Missal von 1495. Es trug wegen seiner hervorragenden Qualität dazu bei, dass die Druckerei bald alle von der Diözese Meißen vergebenen Aufträge erhielt. 1499 erschienen aus Lotters Presse erste Werke des Leipziger Frühhumanismus, beispielsweise Paul Schneevogels oder Udalrich Ebrardis. Aus dem Jahr 1516 sind etwa 20 humanistische Drucke bekannt, so etwa von Niavis, Aretinus, de Kitscher, Mosellanus oder Aesticampianus. Parallel erschienen Klassiker wie Horaz, Cicero, Seneca oder Terenz.16 Bereits ab 1507 veröffentlichte Lotter verschiedene Schriften des späteren Reformators Andreas Bodenstein von Karlstadt.17 Gleichzeitig druckte er auch viele Kleinschriften: Ablassbriefe oder aber ganz alltägliche Dinge wie Kalender. Herzog Georg gab in der Druckerei zahlreiche Verwaltungsschriften in Auftrag, unter anderem 1506 „ Ortulus anime to dude “. Viele dieser Schriften wurden zum Zweck der öffentlichen Bekanntmachung an Rathäusern oder Kirchtüren in großformatiger Plakatform in Auftrag gegeben. Auch für politische Propaganda wusste der Wettiner den Buchdruck zu nutzen. 1513 kam aus Lotters Presse eine offizielle Rechtfertigung des Feldzuges Herzog Georgs gegen den Grafen Edzard von Ostfriesland.18

[...]


1 Wendland: Martin Luther - seine Buchdrucker und Verleger, S.13

2 Bretschneider: Der Leipziger Buchdrucker Melchior Lotter, S.1, 25

3 Bretschneider: Der Leipziger Buchdrucker Melchior Lotter, S.32

4 Neue Deutsche Biographie im Internet

5 Volz: Konrad Kachelofen und Melchior Lotter d.Ä. als Drucker liturgischer Werke, S.100

6 Reske: Die Buchdrucker des 16.und 17.Jahrhunderts, S.515

7 Reske: Die Buchdrucker des 16. und 17. Jahrhunderts, S.516

8 Bretschneider: Der Leipziger Buchdrucker Melchior Lotter, S.47

9 Debes: 500 Jahre Buchdruck in Leipzig, S.25

10 Volkmar: Reform statt Reformation, S.564

11 Volz: Hundert Jahre Wittenberger Bibeldruck, S.12,15

12 Wendland: Martin Luther - seine Buchdrucker und Verleger, S.19

13 Bretschneider: Der Leipziger Buchdrucker Melchior Lotter, S.33

14 Allgemeine Deutsche Biographie im Internet

15 Bretschneider: Der Leipziger Buchdrucker Melchior Lotter, S.31, 61, 62f.

16 Bretschneider: Der Leipziger Buchdrucker Melchior Lotter, S.33, 62f.

17 Neue Deutsche Biographie im Internet

18 Volkmar: Reform statt Reformation, S.408f.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Melchior Lotter - ein Drucker im Dienst der Reformation?
Untertitel
Untersuchungen zum Druckangebot einer frühen Leipziger Druckerei
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Kulturwissenschaften)
Note
1,7
Autor
Jahr
2010
Seiten
18
Katalognummer
V167731
ISBN (eBook)
9783640846962
ISBN (Buch)
9783640844395
Dateigröße
488 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
melchior, lotter, drucker, dienst, reformation, untersuchungen, druckangebot, leipziger, druckerei
Arbeit zitieren
Horst Richter (Autor:in), 2010, Melchior Lotter - ein Drucker im Dienst der Reformation?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/167731

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