Die Dynamik von Redox-Flow-Zellen

Anwendung von Energiespeichern, gekoppelt an eine dezentrale Erzeugeranlage


Bachelorarbeit, 2010

109 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Problemstellung
2.1 Struktur des Elektrizitätsnetzes
2.2 Das Energieversorgungssystem im Wandel
2.2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen in Bezug auf DEA
2.2.2 Aufnahmefähigkeit der Verteilnetze für DEA
2.2.3 Spannungsschwankungen
2.2.4 DEA im Hinblick auf die Frequenzregelung
2.3 Einsatz von Energiespeichern
2.4 Die fluktuierende Leistungsabgabe von Windenergieanlagen
2.5 Folgerungen

3 Grundlagen elektrochemischer Energiespeicher
3.1 Energiespeichersysteme
3.2 Funktionsweise elektrochemischer Energiespeicher
3.3 Elektrochemische Grundlagen
3.4 Leerlaufspannung versus Ladungszustand
3.5 Strom-Spannungs-Charakteristik
3.6 Elektrochemisches VRB-Modell
3.7 Wirkungsgrade
3.8 Speicherkapazität
3.9 Elektrisches Ersatzschaltbild

4 Redox-Flow-Batterie-Systeme
4.1 Eisen-Chrom-Redox-Flow-Batterie
4.2 All-Vanadium-Redox-Flow-Batterie
4.2.1 Hersteller und Installationen
4.2.2 Betriebserfahrungen
4.3 Vanadium-Bromid-Redox-Flow-Batterie (VBB)
4.4 Polysulfid-Bromid-Redox-Flow-Batterie (PSB)
4.5 Hybrid-Flow-Batterien
4.6 Vergleichbare Batterietypen

5 Aufbau und Komponenten der VRB
5.1 Aufbau der Batterie
5.2 Aufbau der Zelle
5.2.1 Elektroden
5.2.2 Membran
5.3 Zu- und Abführung der Elektrolyt-Lösungen
5.4 Herstellung der Elektrolyt-Lösungen
5.5 Konstruktion einer Vanadium-Redox-Flow-Zelle an der TU Clausthal

6 Versuchsteil
6.1 Vorbereitung
6.1.1 Herstellung der Elektrolyt-Lösungen
6.1.2 Versuchsplanung
6.1.3 Pumpen-Charakteristik
6.2 Leerlaufspannung versus Ladungszustand
6.3 Stromsprünge
6.4 Strom-Spannungs-Charakteristik
6.5 Leistungsprofile
6.6 Wirkungsgrade und Verluste
6.7 Einfluss des Volumenstroms

7 Schlussbemerkungen

8 Literaturverzeichnis

9 Anhang

Nomenklatur

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 2.1 Spannungsebenen und Leistungen des Energieversorgungsnetzes
Abb. 2.2 Vereinfachtes Netzschema und Darstellung der Spannungsaufteilung
Abb. 2.3 Leistung und Strangspannung an einer 1,5-MW-WEA
Abb. 2.4 Darstellung der Wirkung eines wachsenden τS
Abb. 2.5 WEA-Anlagenkonzepte mit Leistungen ab 1 MW

Abb. 3.1 Speichersysteme
Abb. 3.2 Funktionsschema einer Zelle einer Vanadium-Redox-Flow-Batterie
Abb. 3.3 Standardreduktionspotentiale der Vanadiumsubstanzen in stark saurer Lösung
Abb. 3.4 OCV als Funktion des Ladungszustands
Abb. 3.5 Strom-Spannungs-Charakteristik einer Redox-Flow-Zelle
Abb. 3.6 Zellspannung während eines Zyklus
Abb. 3.7 Vereinfachtes Ersatzschaltbild

Abb. 4.1 Lade- und Entladezyklen einer Eisen-Chrom-Redox-Flow-Zelle
Abb. 4.2 Lade- und Entladezyklen einer Zink-Brom-Redox-Flow-Zelle
Abb. 4.3 Einordnung von Energiespeichern nach Zyklenwirkungsgrad und -festigkeit
Abb. 4.4 Bewertung der Speichertechnologien nach Entladenennleistung und -dauer

Abb. 5.1 Konstruktion eines Zellstacks / 1-kW-VRB-Modul
Abb. 5.2 10-kW-VRB-Batterie
Abb. 5.3 Endplatte mit Graphit-Vlies und Bipolar-Elektrode
Abb. 5.4 Zellen-Design am Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie
Abb. 5.5 Farben entsprechend der Oxidationsstufe der Vanadiumionen in Lösung
Abb. 5.6 Gesamtansicht des Zellenblocks mit Montagehilfe
Abb. 5.7 Ansicht der Halbzellen
Abb. 5.8 Plexiglas-Quader mit Zu- und Abführung für die Elektrolyt-Lösung
Abb. 5.9 Gesamtansicht des Aufbaus: Zelle mit Vorratsbehältern und Pumpe
Abb. 5.10 Farbtonwechsel der Elektrolyt-Lösung

Abb. 6.1 Volumenstrom in Abhängigkeit von der Drehzahlstufe der Schlauchpumpe
Abb. 6.2 Gemessene Werte der OCV als Funktion des SoC
Abb. 6.3 Stromsprünge während eines Zyklus
Abb. 6.4 Verlauf der Klemmenspannung U(t) nach Stromsprung Nr. 3
Abb. 6.5 U(t) nach Stromsprung Nr. 1, 2, 5 & 8
Abb. 6.6 U(t) nach Stromsprung Nr.15
Abb. 6.7 U(t) & I(t) nach Stromsprung Nr. 9, 13 & 14
Abb. 6.8 U(t) & I(t) nach einem I-Sprung bei einem bestimmten SoC
Abb. 6.9 Strom-Spannungs-Charakteristik bei U0= 1,4 V .75
Abb. 6.10 Verlauf P(t) nach einem Leistungssprung
Abb. 6.11 Entlade- (Pela) und Ladeleistung (Plad) im Sekundentakt
Abb. 6.12 P(t) und U(t) im Detail beim Absinken der Entladeleistung
Abb. 6.13 P(t) und U(t) im Detail: Verschiebung des Zwischenwerts
Abb. 6.14 Ausschnitt von P(t) und U(t)
Abb. 6.15 P(t) bei einem ständigen Umschalten zwischen Pladund Pela(A) und bei auftretenden Änderungen der Leistungsabgabe (B) sowie -aufnahme (C)
Abb. 6.16 P(t) und U(t) der Messungen A, B & C bei einem ΔP = ±1 W im Detail
Abb. 6.17 Lade- und Entladezyklen der Zelle
Abb. 6.18 Einfluss des Volumenstroms auf die Lade- bzw. Entladeleistung & Zellspannung

1 Einleitung

Die von Wind- und Photovoltaikanlagen erzeugte Energie fluktuiert und ist oft nicht bedarfs­gerecht. Deshalb stellt sich im Zusammenhang regenerativer Kraftwerke mit fluktuierender Leistungsabgabe immer auch die Frage einer zeitlichen Entkopplung von Erzeugung und Verbrauch, d.h. der Speicherung der Energie. Sie ist nicht nur in Inselnetzen relevant, sondern gewinnt mit dem fortschreitenden Ausbau der erneuerbaren Energien im Verbundnetz immer mehr an Bedeutung. In einem System aus Kraftwerk mit fluktuierender Leistungsabgabe und Speicher, soll der Speicher Energie vorhalten und im Bedarfsfall Regelleistung liefern können. Solch eine Anlage könnte Energie nach Fahrplan liefern. Dazu braucht es einen Speicher mit einer hohen Dynamik. Um die Reservekapazitäten besser an den sich ändernden Bedarf anpassen zu können, sollte der Speicher dezentral verortet und in Bezug auf Leistung und Kapazität skalierbar sein.

Redox-Flow-Batterien (RFB) basieren auf dem Prinzip der chemischen Energiespeicherung in Form von gelösten Redox-Paaren in externen Tanks. Die Elektroden in separaten Modulen werden von den gelösten Stoffen aus den Tanks versorgt. Durch Oxidations- und Reduktions­prozesse findet an den Elektroden der Stromfluss statt, der je nach Richtung die Batterie entlädt oder lädt. Die Speicherkapazität der Elektrolyt-Lösung hängt von der Größe der Tanks, die Leistung von der Größe und Anzahl der Module ab. Die Energieeffizienz beträgt bis zu 80%. Die RFB hat das Potential für großtechnische Anwendungen, z.B. in einem Windpark. Da die ursprünglichen Patente für die Vanadium-Redox-Flow-Batterie ausgelaufen sind, ist dieser Typ einer RFB auch für kleinere Unternehmen interessant.

In der vorliegenden Arbeit soll die Frage bearbeitet werden, ob eine Redox-Flow-Batterie über die notwendige Dynamik verfügt, in einem Gesamtsystem mit einer oder mehreren Windkraftanlagen auf einen schwankenden Leistungsbedarf zu reagieren. Je nach Bedarf und Angebot kann es zu schnellen Wechseln zwischen Leistungsaufnahme und -abgabe kommen. Dabei wird von der Zielvorstellung ausgegangen, dass die Anlage bestehend aus Kraftwerk und RFB, dezentral am Nieder- oder Mittelspannungsnetz angeschlossen ist, Energie nach Plan liefern und somit bezüglich der Frequenzhaltung netzstützend wirken kann. Für den Be­treiber einer solchen Anlage würden sich über die Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz hinaus zusätzliche Vermarktungsmöglichkeiten der erzeugten Energie ergeben.

Im Kapitel 2 wird zunächst auf die Probleme der Netzregelung vor dem Hintergrund des fort­schreitenden Ausbaus erneuerbarer, fluktuierender Energien eingegangen. Die Eigenschaften, die Größen und der zeitliche Verlauf der Leistungsschwankungen wird am Beispiel von Wind­energieanlagen näher untersucht. Anschließend wird der Effekt des Einsatzes eines Energie­speichers gekoppelt, an eine dezentrale Erzeugeranlage mit fluktuierender Leistungsabgabe, gezeigt. Daraus lassen sich erste Anforderungen an den Energiespeicher ableiten.

In den Grundlagen (Kapitel 3) beschäftigt sich die Arbeit zur Hauptsache mit der Elektro­chemie und Funktionsweise von Batterien bzw. Akkumulatoren im Allgemeinen und der Vanadium-Redox-Flow-Zelle im Besonderen. Es werden grundlegende Gleichungen und Definitionen (Nernst-Gleichung, Wirkungsgrade etc.), die Strom-Spannungscharakteristik und ein Ersatzschaltbild einer Redox-Flow-Zelle aufgezeigt.

Die Aufgabenstellung dieser Bachelor-Arbeit beinhaltete u.a, in einer Übersicht die jeweiligen Typen verfügbarer Redox-Flow-Systeme bezüglich ihrer Funktion und Anbieter aufzuführen (Kapitel 4). Sofern vorhanden werden Betriebserfahrungen zusammengefasst dargestellt sowie Installationen recherchiert. Die Übersicht beinhaltet auch weitere denkbare Systeme, wenn sie für die in der Fragestellung beschriebene anvisierte Anwendung in Frage kommen.

Hauptgegenstand der weiteren Abschnitte dieser Bachelor-Arbeit ist die experimentelle Unter­suchung einer Vanadium-Redox-Flow-Zelle, die dafür eigens am Institut für Chemische Ver­fahrenstechnik der Technischen Universität Clausthal hergestellt wurde. Im Kapitel 5 werden mit Bezug auf veröffentlichte Verfahrenstechniken und aktuelle Entwicklungen zunächst die Komponenten und die Herstellung beschrieben. In der folgenden Untersuchung der Dynamik der Zelle und der anschließenden Auswertung werden u.a. Zugriffszeiten gemessen und vor dem Hintergrund des Anwendungsfalls mögliche Leistungsprofile (maßstäblich verkleinert) nachgebildet. Außerdem werden mehrerer Entlade- und Ladezyklen aufgenommen, Wirkungsgrade bestimmt und die Robustheit der Zelle überprüft.

2 Problemstellung

2.1 Struktur des Elektrizitätsnetzes

Das Energieversorgungssystem ist historisch gewachsen. Seine Struktur beruht auf einem Energiefluss von leistungsstarken, nahe den Verbrauchsschwerpunkten errichteten, konventio­nellen Wärmekraftwerken zu den Endverbrauchern unterschiedlichster Größe. Die Über­tragung der elektrischen Energie zu den Lastzentren und dort die Verteilung auf die einzelnen Verbraucher ist Aufgabe des Energieversorgungsnetzes. Folglich gibt es ein Übertragungs- (ÜN) und Verteilernetz (VN). Die Netze werden nach der Spannung unterschieden, bei der sie Strom übertragen. Den Aufbau des Elektrizitätsnetzes in Deutschland und auch vielen anderen Ländern zeigt Abb. 2.1.

Das ÜN ist auf nationaler und europäischer Ebene zu einem Verbundnetz zusammenge­schlossen. Als Verbundnetz werden miteinander verkuppelte Netzverbände bezeichnet. Im Gegensatz dazu stellt ein in sich abgeschlossener Netzverband ein Inselnetz dar. Mehrere, im Verbund betriebene Kraftwerke bilden einen Netzverband. Ein Verbundbetrieb in der Energie­versorgung ist gegeben, wenn ein Kraftwerk andere ersetzen oder ergänzen kann, mit dem Ziel, eine stabile und wirtschaftliche Versorgung zu erreichen.[1] Ein lokal begrenztes Versor­gungsgebiet mit eigener Erzeugung wird irgendwann (z.B. während Kraftwerksausfällen) auf ergänzende Bezüge aus einem anderen Gebiet angewiesen sein, um eine lückenlose Versor­gung seiner Abnehmer zu sichern.

Unzureichende Speicherkapazitäten elektrischer Energie haben zur Folge, dass Erzeugung und Verbrauch zu jedem Zeitpunkt übereinstimmen müssen.[2] Das deutsche Verbundnetz ist in vier sogenannte Regelzonen eingeteilt für die jeweils ein Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) für die Sicherstellung des Gleichgewichts zwischen erzeugter und verbrauchter Wirk- und Blindleistung verantwortlich ist .

2.2 Das Energieversorgungssystem im Wandel

Die Entwicklung erneuerbarer Energien, der Anstieg dezentraler, in das VN eingebundener Einspeiser einerseits und leistungsstarker, meist fern den Verbrauchsschwerpunkten errichteter Windparks andererseits, führt zu einer grundsätzlichen Veränderung der Anforderungen an das Energieversorgungsnetz.

Als dezentrale und regenerative Erzeuger (DEA) werden in dieser Arbeit solche Anlagen ver­standen, die in das NS- und MS-Netz einspeisen. Im Besonderen geht es um DEA mit fluktu­ierender Leistungsabgabe, also v.a. Windenergie- (WEA) bzw. Photovoltaik-Anlagen (PVA).

2.2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen in Bezug auf DEA

Maßgeblich beeinflusst hat den Ausbau der DEA das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vom April 2000. Dieses Gesetz wurde in den vergangenen Jahren mehrfach novelliert (zuletzt im Jahr 2009). Das EEG verpflichtet den Netzbetreiber, regenerativ erzeugte Energie vor­rangig abzunehmen und legt für einen definierten Zeitraum die Vergütung jeder eingespeisten kWh fest.

Um aus netztechnischer Sicht ein Einvernehmen von konventioneller und regenerativer Energieerzeugung zu gewährleisten, wurden ergänzende Regelungen erforderlich. Aktuell gilt für Einspeisungen in die NS-Ebene noch die Richtlinie „Eigenerzeugungsanlagen am Nieder­spannungsnetz“ vom Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) aus dem Jahre 2001, die ersetzt werden soll von der im Entwurf vorliegenden Anwendungsregel des Verband der Elektrotechnik, Elektronik & Informationstechnik (VDE). Sie ist Bestandteil der Richtlinie „Technische Anschlussbedingungen für den Anschluss an das Niederspannungsnetz“ (TAB 2007) des Bundesverbandes der Elektrizitäts- und Wasserwirtschaft (BDEW), ehemals Verband der Netzbetreiber (VDN), in dem auch der VDEW aufgegangen ist. Auf der MS-Ebene gilt die Technische Richtlinie „Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz“ (Mittel­spannungsrichtlinie 2008) bzw. für die HS-Ebene der „TransmissionCode 2007 - Netz- und Systemregeln der deutschen Übertragungsnetzbetreiber“ des VDN bzw. BDEW. Die Richt­linien setzen die in der DIN EN 50160 formulierten Anforderungen an die Frequenz und Spannungsqualität in öffentlichen Energieversorgungsnetzen um.

Die technischen Anforderungen der Regelwerke müssen, seit der in Folge der letzten großen EEG-Novelle 2009 erlassenen „Verordnung zu Systemdienstleistungen durch Windenergie­anlagen“ (Systemdienstleistungsverordnung – SDLWindV), in modifizierter Form von WEA's erfüllt werden. Mit dem sogenannten Systemdienstleistungs-Bonus soll ein Anreiz für die Nachrüstung bestehender Anlagen gegeben werden.

2.2.2 Aufnahmefähigkeit der Verteilnetze für DEA

Mit steigender verbrauchsnaher Leistungseinspeisung elektrischer Energie aus DEA gerät die Aufnahmekapazität der VN an ihre Grenzen.[3] Entscheidend für den Netzbetreiber ist die Ein­haltung des gesamten Spannungsbandes von ±10% gemäß DIN EN 50160. Der Bezug elek­trischer Leistung erzeugt am Anschlusspunkt der Anlage ein Absinken, die Einspeisung eine Anhebung der Spannung. Die Spannungsänderungen entlang des Netzstrangs summieren sich auf und es könnte im Prinzip der in Abb. 2.2 dargestellte Fall auftreten. Beide Netzstränge sind starr aneinander gekoppelte MS- und NS-Netze. Am Netzstrang 1 sind nur Verbraucher angeschlossen (Starklastfall). Um sie (mit 1 % Reserve) im Spannungsband zu halten, hat der MS-Transformator mit unter Last schaltbarem Stufenschalter die Spannung an der 20 kV Sammelschiene um 104% erhöht. Gleichzeitig ist am Netzstrang 2 mit angeschlossenen DEA's, die maximal einspeisen, kaum Last vorhanden (Schwachlastfall). Sie werden ebenfalls noch im Spannungsband gehalten, aber die Kapazität des Netzes ist ausgeschöpft. Das Zu­schalten einer weiteren Last am Netzstrang 1 hätte die Abschaltung einer DEA zur Folge.

Um die Aufnahmefähigkeit des VN zu erhöhen, müsste es weiter ausgebaut werden. Eine Alternative wäre die Rückspeisung in das überlagerte Netz über regelbare Ortsnetztrans­formatoren. Dann wäre allerdings von einem Einfluss der DEA's auf allen höheren Netzebenen auszugehen. Eine weitere Alternativen wäre der Einsatz von Energiemanage­mentsystemen und/oder von Energiespeichern.

2.2.3 Spannungsschwankungen

Für Einspeiseanlagen in das MS- und NS-Netz darf die zulässige Spannungsänderung ΔuaV am Verknüpfungspunkt (Stelle, an der die Anlage mit dem öffentlichen Netz verbunden ist) mit der höchsten Netzimpedanz ≤ 2% betragen.[4] Spannungsänderungen (im Bereich von 0,005 Hz bis 35 Hz auch Flicker genannt) werden durch Strom- bzw. Leistungsschwankungen einer Last oder einer Erzeugeranlage an der Netzimpedanz verursacht. Unter Vernach­lässigung ihrer Rückwirkung ist ΔuaV berechenbar nach[5]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit ΔuaV = prozentuale Spannungsabweichung am Verknüpfungspunkt

φ = Phasenwinkel zwischen U und I der Erzeugungsanlage bei der

SAmax = maximal anschließbaren Scheinleistung am Verknüpfungspunkt

SKV = Kurzschlussscheinleistung und

ψKV = Netzimpedanzwinkel am Verknüpfungspunkt.

Die Kurzschlussleistung dient der Dimensionierung der Betriebsmittel eines Netzes und kann durch den Ausbau des Netzes erhöht werden. Sie ist ein (fiktives) Maß für die Störfestigkeit des Netzes und die Auswirkung von Lasten oder Erzeugern auf die Spannung.

Abb. 2.3 zeigt, bedingt durch die fluktuierende Leistungsabgabe einer WEA entstehen kurzzeitige Spannungsschwankungen, die bei voller Auslastung des Netzstranges (siehe Beispiel im vorherigen Abschnitt) zum Übertreten des Spannungsbandes führen können.

Aus (2.1) folgt für die maximale Scheinleistung der Erzeugeranlage:[6]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Gleichung zeigt, dass die Kapazität des Netzes durch gezielte Blindleistungseinspeisung beeinflussbar ist.[7] Deshalb sollen DEA nach Vorgabe der Mittelspannungsrichtlinie während Spannungseinbrüchen am Netz verbleiben (fault ride-through) und die Netzspannung mit zusätzlichem Blindstrom stützen. Mit der SDLWindV müssen auch WEA die Anforderungen der Spannungs-Blindleistungs-Regelung erfüllen. Die Einspeisung von Blindstrom zur Span­nungsstützung übernehmen bei einer DEA leistungselektronische Schaltungen.

Für DEA's am NS-Netz gilt die DIN VDE 0126-1-1 nach der innerhalb von 200 ms eine Trennung erfolgen muss, wenn die Spannung in den Außenleitern < 0,8∙UN und > 1,15∙UN beträgt (Nennspannung UN = 400 V für das NS-Netz).[8]

2.2.4 DEA im Hinblick auf die Frequenzregelung

Änderungen in der Netzlast führen über den Generator zu Änderungen des Gegenmoments an der Welle der Kraftmaschine (Dampf-, Windturbine, Dieselmotor etc.) und somit zu einer Änderung der Drehzahl und damit auch der Frequenz der erzeugten Spannung. Zur Nach­führung der Antriebsleistung wird bei Wärmekraftwerken eine Regelung mit Proportional-Regler eingesetzt. Die bleibende Regelabweichung wird bei einem einzelnen Kraftwerk im Inselbetrieb durch einen sekundären Regelkreis mit Proportional-Integral-Regler beseitigt, der den Sollwert verstellt.[9] In einem Netzverband mit mehreren Kraftwerksblöcken gibt es einen einzigen Sekundärregler, der sich in einer zentralen Einrichtung – der Schaltleitung oder Netzbetriebsführung – befindet.[10] Er arbeitet als Leistungsregler und steuert geeignete Regelkraftwerke an, die innerhalb von Minuten in Betrieb genommen werden können. In einem Verbundnetz stellt er die Sollwerte der Wirkleistungsflüsse zwischen den Regelzonen (Übergabeleistungs-Frequenz-Regelung) sicher. Ändert sich in einem Netzverband die Fre­quenz, sprechen innerhalb von Sekunden die Primärregler in allen Netzen des Verbunds an. Dadurch ändern sich die Übergabeleistungen in das gestörte Teilnetz und dessen Sekundär­regelung wird wirksam, bis die Bilanz der Austauschleistungen wieder stimmt. Auf diese Weise regelt jede Regelzone seine Belastungsschwankungen selbst aus und wird erreicht, dass die Netzfrequenz im Mittel exakt 50 Hz beträgt.

Bei einer Frequenzreduzierung bzw. einem positiven Lastsprung wird positive Regelleistung (RL) bereitgestellt (z.B. Erhöhung der Erzeugerleistung, Entladen von Speichern, z.T. Ab­schalten steuerbarer Lasten). Bei einer Frequenzerhöhung bzw. einem negativen Lastsprung wird negative RL zur Unterstützung der Frequenzhaltung eingesetzt (z.B. Verminderung der Erzeugerleistung, Laden von Speichern, z.T. Zuschalten steuerbarer Lasten). Die Ausgleichs­leistungen werden gemäß den Regelstufen in Primär- und Sekundärregelleistungen und außer­dem Minutenreserve unterteilt und ihre Erbringung im TransmissonCode der ÜNB geregelt.[11] Die vier ÜNB decken ihren Bedarf an RL über Ausschreibungen, für die sie die gemeinsame Internetplattform www.regelleistung.net zur Verfügung stellen. Minutenreserve können im Prinzip auch kleinere dezentrale Erzeuger anbieten.[12]

Aufgrund großräumiger Abschaltungen von Windparks bei Sturm wird die im europäischen Verbundnetz vorgehaltene Reserveleistung von 3 GW beinahe vollständig genutzt.[13] Es wird angenommen, dass bis 2020 der RL-Bedarf um mindestens 1 GW steigen wird.[14] Damit die ÜNB die WEA-Erzeugerleistung möglichst genau in die Einspeisefahrpläne mit einbeziehen können, setzen sie seit einigen Jahren ein am Fraunhofer Institut für Windenergie und Ener­giesystemtechnik entwickeltes Windleistungsprognosemodell ein, das künstliche neuronale Netze verwendet und ausgehend von Wetterprognosen des Deutschen Wetterdienstes den zeit­lichen Verlauf der zu erwartenden Windleistung für bis zu 72 Stunden liefert.[15] Für eine 24-Stunden-Prognose lag 2005 die mittlere absolute Prognoseabweichung bezogen auf die mitt­lere Einspeisung bei 20%.[16] Je geringer der Zeitversatz zwischen Prognose und Einspeisung, desto weniger schwankt die Windenergie und desto besser werden die Vorhersagen. Die Prog­noseabweichung entspricht der notwendigen Ausgleichsenergie bezogen auf die eingespeiste Windenergie. Höhere Einspeisewerte erfordern negative, niedrigere positive RL.

Die Teilnahme an der Frequenzregelung betrifft längst nicht mehr nur die großen Kraftwerke am HÖS- und HS-Netz, sondern seit der letzten Novellierung des EEG auch DEA's mit einer Leistung > 100 kW. Sie müssen mit einer technischen Einrichtung ausgestattet sein, die es dem Netzbetreiber aus der Ferne ermöglicht, die Ist-Einspeisung abzurufen und bei einer Erhöhung der Netzfrequenz die Einspeiseleistung zu reduzieren.[17] Für alle Kraftwerke im Verbundnetz gilt die Forderung der Netztrennung bei 47,5 Hz ≥ f ≥ 51,5 Hz zum Schutz von Netz und Anlage.[18] Für das NS-Netz schon bei f ≥ 50,2 Hz.[19]

Leistungsengpässe im Netz werden in Zukunft durch den zunehmenden Zubau von DEA's, fortwährenden Verzögerungen beim Netzausbau und die nachteilige Regelbarkeit konven­tioneller Grundlastkraftwerke häufiger auftreten. Ggf. werden die DEA's trotz Vorrangregel des EEG vom Netz getrennt.

2.3 Einsatz von Energiespeichern

Die Wirkung des Speichers im Verbund mit einer DEA ist vergleichbar mit der eines Tiefpass-Filters.[20] Anteile höherer Frequenzen werden abgeschwächt, Anteile mit Frequenzen unterhalb einer Grenzfrequenz durchgelassen. Ein Tiefpass besteht in der Elektrotechnik aus einem RC-Glied und wird beschrieben durch die Gleichung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ue ist die Eingangsspannung, ua die Ausgangsspannung (über dem Kondensator), τ=R·C eine Zeitkonstante. Analog gilt, mit der Leistung PW einer (oder mehrerer) WEA am Eingang und P der Ausgangsleistung von WEA und Speicher:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Zeitkonstante τS hängt mit der Größe des Speichers zusammen. Für ein Zeitintervall Δt kann (2.4) in eine diskrete Form umgeschrieben werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Daraus folgt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit α=τS/(τS+Δt). Der Index k bezeichnet den Zeitpunkt tk=t0+k·Δt. Der Speicher soll die Leistung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

erbringen. (2.6) in (2.7) ergibt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nach Gleichung (2.6) ist die Ausgangsleistung P(k)→P(k-1), wenn α→1. Abb. 2.4 zeigt die prinzipiellen Zusammenhänge zwischen zunehmender Vergleichmäßigung und wachsendem τS (bzw. α→1). Die zugrunde liegenden Leistungswerte stammen von einer Kleinwindanlage (FD 500-2.7), deren Wechselrichter etwa alle 5 s einen Messwert übergibt.[21] Die Leistung ist auf die Nennleistung der WEA bezogen und mit der Einheit per unit (p.u.) angegeben.

Bei wachsendem τS steigt auch der Bedarf an Speicherkapazitäten. Der Energieinhalt ES des Speichers ist zu jedem Zeitpunkt tk:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In dem Beispiel wurde jede halbe Stunde die Ausgangsleistung entsprechend der durchschnittlichen Windleistung der letzten halben Stunde angepasst. Auf diese Weise wurde für die betrachteten 48 h bei einem τS = 10 h ein Speicher von ca. 0,1 h p.u. notwendig. D.h., bei einer 500-kW-Anlage bräuchte man einen 50 kWh großen Speicher. Bliebe die Ausgangsleistung über den betrachteten Zeitraum ständig gleich, wären größere Speicherkapazitäten erforderlich. In der Praxis könnte eine Regelung die Ausgangsleistung immer entsprechend dem Ladungszustand des Speichers anpassen.

2.4 Die fluktuierende Leistungsabgabe von Windenergieanlagen

WEA's auf der NS-Ebene haben eine Nennleistung bis 500 KW. Der Netzanschluss größerer WEA's erfolgt am MS-Netz. Windparks von 10 bis 15 MW speisen über einen Transformator in das MS-Netz ein.[22] Größere Onshore-Windparks ab 40 MW sind am HS-Netz, Offshore-Windparks mit Kraftwerksgrößen mehrerer 100 MW am HÖS-Netz angeschlossen.[23]

Abb. 2.5 zeigt die drei wichtigsten WEA-Anlagentypen. Die heute bevorzugten Anlagenkon­zepte sind WEA mit doppelt gespeisten Asynchrongeneratoren oder mit Synchrongeneratoren und Vollumrichtern. Ältere und auch kleinere drehzahlstarre WEA sind mit direkt netzge­koppelten Generatoren ausgerüstet. Sie haben gegenüber drehzahlvariablen WEA's den Nach­teil, dass Änderungen der Windgeschwindigkeit in Form von Leistungsschwankungen direkt in das Netz übertragen und ihre Triebstrang-Komponenten erheblich belastet werden. Durch Anpassung der Rotordrehzahl an die Windgeschwindigkeit wird bei drehzahlvariablen WEA's die elektrische Leistungsabgabe geglättet und der Triebstrang entlastet. Dazu ist ein Zwischenkreis mit Umrichtern erforderlich, der die elektrische Energie des Generators der Turbine mit variabler Frequenz in eine konstante Netz-Frequenz und Spannung umformt. Durch die leistungselektronische Energieaufbereitung entstehen allerdings wiederum erheb­liche Netzrückwirkungen wie Oberschwingungen und Zwischenharmonische.[24] Ein Vorteil bezüglich der Integration eines Batteriesystems ist der schon vorhandene Gleichspannungs-Anknüpfungspunkt.

Kleinwindanlagen (WEA's mit einer Nennleistung PN von 0,1 bis 55 kW) werden meistens mit einem Permanentmagnet-Generator gebaut, der drehzahlvariabel arbeitet. Die Netzein­speisung erfolgt über einen Hochsetzsteller / Wechselrichter bzw. Wechselrichter / Trafo. Eine Klein-WEA ist häufig zusammen mit einer PVA, Batterie und ggf. einem Diesel-Generator Teil eines dezentralen Gesamtsystems. Sie speist eine in der Regel verwendete Bleibatterie über einen Zwischenkreis aus einem Gleichrichter und nachfolgendem Laderegler.

Jede WEA regelt ab einer bestimmten Windgeschwindigkeit ihre Leistung herunter, weil die mechanische Leistungsaufnahme des Rotors begrenzt ist und andernfalls Materialschäden entstehen können. Steigt bei drehzahlstarren Anlagen das Windangebot über den Nennbereich, reißt die Strömung an den Rotorblättern konstruktionsbedingt ab (Stallbetrieb). Der Strö­mungsabriss lässt sich auch gezielt durch eine Blattverdrehung in die Rotorebene hinein her­beiführen (aktive Stallregelung). Bei drehzahlvariablen Anlagen wird durch die Verdrehung des Rotorblatteinstellwinkels die Auftriebskraft und somit die Leistung vermindert (Pitch-Regelung). Bei Kleinwindanlagen wird meistens die Gondel durch eine Querfahne aus dem Wind gedreht (Furling).

Leistungsschwankungen lassen sich nach der Änderungsgeschwindigkeit in lang-, mittel- und kurzfristig einteilen. Langfristig, im Bereich von einem oder mehreren Tagen, kann wegen gar keinem oder geringem Wind die Leistung gänzlich ausfallen. Sehr starker Wind kann in Schwachlastzeiten (in der Nacht und am Wochenende) zu einem Leistungsüberschuss führen.

Zeiten der Nicht-Verfügbarkeit der Windenergieeinspeisung sind eine Frage nach der soge­nannten gesicherten Leistung eines Kraftwerkparks. Sie ist immer kleiner als seine Nennleis­tung, da sie den Eigenbedarf und Ausfälle berücksichtigt. Berechnungen zufolge gelten 5-10% der installierten WEA-Leistung als gesichert.[25] Dieser Wert müsste sich durch einen weiteren Zubau von WEA's erhöhen, da man von regionalen Ausgleichseffekten verteilter Anlagen ausgeht, dass bei Windstille an einem Ort eine weiter entfernte Anlage immer noch Energie erzeugt und somit die Windenergieeinspeisung nie völlig einbricht. Bessere Werte könnte der Einsatz zusätzlicher technischer Mittel zur Speicherung der Windenergie erreichen.

Leistungsschwankungen im 10 Hz bis 1 Hz-Bereich entstehen durch Windgeschwindigkeits­änderungen, die mit der Ausbreitung der Luftströmung über die gesamte Rotorfläche im Zusammenhang stehen (Scherung, Schräganströmung, Turbulenzen), sowie Windböen, Turm­schatten- und Turmstaueffekte (Leistungseinbruch wenn ein Rotorblatt am Turm vorbei streicht). Änderungen der Windgeschwindigkeit bewirken nicht im gleichen Maße dyna­mische Änderungen der Leistungsabgabe. Die gesamte bewegliche Mechanik der WEA und auch dessen elektrischer Zwischenkreis (allerdings in einem sehr viel kleineren Maße) weist Dämpfungszeitkonstanten auf. Eine Vergleichmäßigung der Leistung kann durch eine optimal geführte Blatteinstellwinkelregelung und bei stallgeregelten Anlagen auch durch verbesserte aerodynamische Eigenschaften des Rotors erreicht werden.[26] Auf jeden Fall können bei dreh­zahlvariablen Anlagen im Vergleich zu drehzahlstarr mit dem Netz gekoppelten Anlagen regelungstechnisch bessere Werte erreicht werden. Größere Rotorzeitkonstanten insbesondere von Anlagen im MW-Bereich führen im drehzahlvariablen Betrieb zu einer Glättung der Ausgangsleistung.

Die Größe der Leistungsschwankungen hängen neben den Systemeigenschaften der WEA von den Windverhältnissen ab und lassen sich am besten durch Messungen vor Ort ermitteln. Die Auswertung der in einem Messzeitraum von ca. 17 Tagen aufgenommenen Leistungsdaten der in Abschnitt 2.3 erwähnten Klein-WEA ergab, dass 98% der sich jeweils nach 5 s ereignenden Leistungssprünge im Bereich von ±122 W (ca. ±0,25 p.u.) lagen.

Die Auswertung von Leistungsschwankungen findet man in Langzeituntersuchungen des National Renewable Energy Laboratory aus den USA veröffentlicht. Obwohl es sich um große Windparks handelt, werden auch Ergebnisse einer einzelnen und einer Gruppe von 11 drehzahlstarren Turbinen (Zond Z40, PN = 550 kW) aufgeführt (siehe Tabelle 1). Die Messung der Leistungssprünge erfolgte jede Sekunde in einem Zeitraum von 20 min. Die Werte geben einen Eindruck der Größe der Leistungsschwankungen und der Vergleich zeigt die Glättung der Ausgangsleistung, wenn mehrere WEA's im Verbund arbeiten. Messungen von über einem Jahr ergaben, dass ca. 98% der Leistungssprünge, die nach jeweils 1 s auf­traten, weniger als 0,5% (±3·Pσ = ±462 kW) der Gesamtkapazität eines Windparks bestehend aus 138 drehzahlvariablen WEA (Zond Z50, PN=750 kW) betrugen.[27] Je länger die Zeitinter­valle der Mess­wertaufnahme, desto größer die Leistungssprünge. Z.B. machten ca. 98% der 10 minütigen Änderungen etwa 11% der Nennleistung des Windparks aus.

2.5 Folgerungen

Bei der Einspeisung einzelner Anlagen in ein leistungsstarkes, frequenzstarres Netz führen Leistungsschwankungen kaum zu Regelungsproblemen. Mit zunehmenden Anteil von DEA mit fluktuierenden Einspeisungen führen Schwankungen im Minuten- bis Stundenbereich allerdings zu einem erhöhten Regelleistungsbedarf (siehe Abschnitt 2.2.4). Regelungs­probleme entstehen beim Alleinbetrieb in einem Inselnetz oder an leistungsschwachen Stellen des Verbundnetzes. Im VN äußern sich die kurzfristigen Leistungsschwankungen in Form von Spannungsschwankungen bzw. Flickern (siehe Abschnitt 2.2.3).

Ein Energiespeicher gekoppelt an eine DEA kann deren fluktuierende Leistungsabgabe glätten. Daraus folgen erhebliche Vorteile in Bezug auf die Netzintegration: Die Spannung am Verknüpfungspunkt wird weitgehend gehalten und die begrenzte Aufnahmefähigkeit des Netzes über den Speicher kompensiert. Verlangt der Netzbetreiber während Schwachlastzeiten wegen auftretenden Engpässen im Netz die Abschaltung oder Drosselung der DEA, können Leistungsüberschüsse gespeichert und zu Spitzenlastzeiten (oder an windflauen bzw. sonnen­armen Tagen) in das Netz einspeist werden. Somit würde ein Beitrag zur Frequenzhaltung des Netzes geleistet, der dem Betreiber der DEA den Zugang zum RL-Markt eröffnet. Er könnte sowohl positive als auch negative RL vorhalten.

Um nach Fahrplan, d.h. für einen bestimmten Zeitbereich (in der Regel Viertelstundenwerte) eine konstante Leistung liefern zu können, müsste der Energiespeicher 1. über genügend große Kapazitäten bzw. eine geeignete Regelung verfügen, so dass α≈1. Gleichung (2.7) nach Pk-1 aufgelöst und in (2.8) eingesetzt ergibt dann:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Speicher müsste somit 2. in der Lage sein, Leistungsänderungen entsprechend den Schwankungen der DEA-Leistung zu erbringen. Es ist davon auszugehen, dass der Speicher die Leistung nicht unmittelbar, sondern im Verlauf eines Ausgleichsvorgang abgeben bzw. aufnehmen kann. Damit eine Glättung zustand kommt, muss der Speicher 3. eine hohe Dynamik aufweisen – eine Anforderung, die nicht jeder Energiespeicher im gleichen Maße erfüllen kann und hinsichtlich der in dieser Arbeit eine Redox-Flow-Batterie (RFB) bzw. Zelle (RFZ) untersucht werden soll.

Da die Einspeisung von WEA in einem niedrigeren Maß mit dem Verbrauch korreliert und prognostizierbar ist als bei PVA, wird in dieser Arbeit von einem Anwendungsfall im Zusam­menhang mit der Windenergie ausgegangen.

3 Grundlagen elektrochemischer Energiespeicher

3.1 Energiespeichersysteme

Energiespeicher entkoppeln zeitlich und auch räumlich die Verfügbarkeit und den Bedarf von Energie.[28] Sie lassen sich einteilen nach der Energieform in die gespeichert wird. Elektrische Energie kann direkt in elektrischen oder magnetischen Feldern gespeichert werden. Ansonsten ist eine Umwandlung in eine andere Energieform notwendig. Bekannt sind die Speicherung in mechanischer (potentieller oder kinetischer Energie), chemischer (Stoffumwandlungen) oder thermischer Form. Abb. 3.1 zeigt die verschiedenen Energieformen und Umwandlungspfade in einem Überblick.

Jedes Speichersystem weist die in der Tabelle 2 auf der folgenden Seite zusammengefassten Kenngrößen auf. Darüber hinaus beurteilt man einen Energiespeicher bezüglich seiner Hoch­strombelastbarkeit (ob er kurzzeitig hohe Leistungen abgeben bzw. aufnehmen kann), den Anforderungen an das Ladeverfahren, der Bestimmbarkeit seines „state of function“, des Wartungsbedarfs, Sicherheitsrisikos und seiner Umweltverträglichkeit.[29]

Prinzipiell besteht ein Energiespeichersystem aus dem Speicher selbst sowie vor- und nachge­schalteten Wandlern.[30] Eine Brennstoffzelle ist nur ein chemisch-elektrischer Wandler. Der Speicher ist wie auch bei der RFB extern angeordnet. In handelsüblichen Batterien/Akkus sind Speicher und die/der Wandler in Form der Elektroden zusammen untergebracht. Allge­mein besteht eine Batterie aus einer Gruppe, zu einer funktionellen Einheit elektrisch zusam­men geschalteten, elektrochemischen Zellen (galvanischen Elementen). Im Gegensatz zu Primärzellen sind Sekundärzellen, auch Akkumulatoren genannt, wieder aufladbar. Wie auch im allgemeinen Sprachgebrauch finden beide Begriffe – Batterie und Akkumulator – im Folgenden synonym Verwendung. Für Batterien gelten zusätzlich zur Tabelle 2 die in Tabelle 3 auf der folgenden Seite aufgeführten Kenngrößen.

3.2 Funktionsweise elektrochemischer Energiespeicher

Jede Zelle einer Batterie besitzt zwei Elektroden (Elektronenleiter, meistens aus Grafit oder Metall). Jede Elektrode bildet zusammen mit ihrem, für die elektrochemischen Vorgänge notwendigen Aktivmaterial, einen Elektrodenraum (Halbzelle). Das Aktivmaterial – der chemische Speicher – kann ein Festkörper (z.B. fein verteilt und porös auf die Elektroden aufgebracht wie bei Bleibatterien) oder, wie bei der RFB, eine Lösung sein. Beide Halbzellen sind durch einen Ionenleiter bzw. Elektrolyten miteinander verbunden, aber durch eine Mem­bran, die nur den Übertritt von Ionen zulässt, räumlich und elektrisch voneinander isoliert.

Die Funktion der elektrochemischen Zelle beruht auf einer Redoxreaktion, eine Stoffumwand­lung auf atomarer Ebene, bei der ein Reaktionspartner Elektronen auf den anderen überträgt. Ein Molekül wird oxidiert, wenn es Elektronen abgibt, reduziert, wenn es Elektronen aufnimmt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei der Entladung wird das Aktivmaterial an der negativen Elektrode (Anode) unter Abgabe von Elektronen oxidiert. Über einen äußeren Stromkreis (Verbraucher) fließen die Elektronen zur positiven Elektrode (Kathode) und werden dort von dessen (positivem) Aktivmaterial auf­genommen. Die Zelle arbeitet als galvanische Zelle. Wird sie durch Zufuhr eines elektrischen Stroms geladen, arbeitet sie als Elektrolysezelle. Die Stromrichtung dreht sich um, das Aktiv­material an der Anode wird reduziert, das an der Kathode gibt Elektronen ab.[31] In jedem Fall wird der Stromkreis innerhalb der Zelle durch einen entstehenden Ionenstrom geschlossen.

Die Funktionsweise eines elektrochemischen Energiespeichers soll hier an einer Redox-Flow-Zelle (RFZ), speziell der einer Vanadium-Redox-Flow-Batterie (VRB) veranschaulicht werden. Wie schon erwähnt, bilden im Unterschied zu herkömmlichen Batterien die Aktiv­materialien nicht die Oberfläche der jeweiligen Elektrode selbst, sondern liegen – bei der VRB in verdünnter Schwefelsäure – gelöst als Elektrolyte vor, die in zwei getrennten Kreis­läufen durch die Zelle fließen. Der energiespeichernde Elektrolyt lagert in externen Tanks, von deren Größe die Kapazität des Speichers der RFB abhängt. Die inerten Elektroden nehmen nicht an den Reaktionen teil. Hohe Anforderungen stellt der Separator. Bei der RFB werden Kationenaustauschmembranen eingesetzt. In den vergangenen Jahren wurde neben dem Vanadium-Redox die Verwendung weiterer Redoxpaare erforscht. Die verschiedenen RFB-Typen werden im nächsten Kapitel detaillierter dargestellt.

Abb. 3.2 auf der folgenden Seite stellt die Zelle einer VRB dar. Ihre Funktionsweise beruht auf den vier möglichen Oxidationsstufen, die das Aktivmaterial Vanadium annehmen kann: V2+, V3+, V4+ und V5+. Die Vanadiumionen V4+ und V5+ sind eigentlich zweifach positiv geladenes Vanadium(IV)-oxid ]Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]und einfach positiv geladenes Vanadium(V)-oxid .

Die Reaktionsgleichungen für das Laden (←) und Entladen (→) lauten:

An der Kathode: [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

An der Anode nehmen die Wasserstoffmoleküle und Protonen nicht an der Reaktion teil: (3.6)

Daraus folgt die Gesamtreaktion:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beim Entladen gibt das V(II) ein Elektron ab um der günstigen Elekronenkonfiguration von acht Elektronen näher zu kommen. An der Kathode nimmt das [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ein Elektron auf, wo­durch sich ein Sauerstoffmolekül lösen kann und sich mit den H+-Ionen zu Wasser verbindet. Beim Laden verlaufen die Reaktionen umgekehrt. Die Membran lässt den Austausch von H+-Ionen zu und hält das Spannungspotenzial aufrecht.

3.3 Elektrochemische Grundlagen

Die Energiespeicherung in Batterien erfolgt in Form von Ladungsträgern, die durch Reduktions- und Oxidationsvorgänge abgegeben bzw. aufgenommen werden und deren Fluss einen elektrischen Strom

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


[1]Vgl. Beck/Benger 2009, S.2.4.

[2]Vgl. ebd., S.1.14f.

[3]Siehe auch Witzmann/Kerber 2007.

[4]Vgl. BDEW 2008, S.15 und VDEW 2001, S.29. Im Entwurf der NS-Richtlinie wurde die maximale Spannungsänderung auf ≤ 3% angehoben (VDE 2010, S.17).

[5]Vgl. BDEW 2008, S.71.

[6]Vgl. auch Degner et al. 2010, S.2.

[7]Vgl. ebd.

[8]Vgl. VDEW 2001, S.29

[9]Näheres u.a. bei Heuck/Dettmann/Schulz 2007, S.58f.

[10]Vgl. ebd., S.64.

[11]Näheres bei VDN 2007 und ENTSO-E 2009 (ID: P1).

[12]Siehe Lindenberg/Hillmann 2008.

[13]Heuck/Dettmann/Schulz 2007, S.508.

[14]Vgl. BEE 2009, S.29.

[15]Vgl. u.a. Rohrig 2005.

[16]Vgl. Klobasa/Erge/Wille-Haussmann 2009, S.79.

[17]Vgl. EEG, §6.

[18]Vgl. BDEW 2008, S.28.

[19]Vgl. VDE 2010, S.29.

[20]Vgl. Paatero/Lund 2005, S.425f.

[21]Dankend erhalten von Jens Greschke, der seine Anlage im Internet unter http://jgreschke.servebbs.com/ visualisiert hat.

[22]Vgl. Hau 2008, S.834.

[23]Vgl. Heier 2009, S.251f.

[24]Näheres u.a. bei Schulz 2004.

[25]Vgl. BEE 2009, S.36f.

[26]Vgl. Hau 2008, S.567.

[27]Vgl. Wan 2005, S.11.

[28]Vgl. Neupert et al. 2009, S.1.

[29]Vgl. Sauer 2006, S.15f.

[30]Vgl. Jossen/Weydanz 2006, S.5.

[31]Entgegen der Definition in der Elektrochemie, ändern die Elektroden nicht ihre Bezeichnung.

Ende der Leseprobe aus 109 Seiten

Details

Titel
Die Dynamik von Redox-Flow-Zellen
Untertitel
Anwendung von Energiespeichern, gekoppelt an eine dezentrale Erzeugeranlage
Hochschule
Fachhochschule Nordhausen  (Ingenieurwissenschaften)
Veranstaltung
Regenerative Energietechnik
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
109
Katalognummer
V168053
ISBN (eBook)
9783640848980
ISBN (Buch)
9783640849079
Dateigröße
5388 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Energiespeicher, Redox-Flow-Batterie, Dezentrale Energieversorung
Arbeit zitieren
Oliver Spelters (Autor:in), 2010, Die Dynamik von Redox-Flow-Zellen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/168053

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Dynamik von Redox-Flow-Zellen



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden