Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Zielsetzung
2. Einleitung
3.1 Vorrede zur ersten Auflage
3.2 Vorrede zur zweiten Auflage
4. Vergleich der Vorreden
5. Quellenangaben
1. Zielsetzung
In der vorliegenden Hausarbeit über die Vorreden der ersten und zweiten Auflage von Immanuel Kants Kritik der reinen Vernunft, werde ich zunächst die enthaltenen Text-aussagen rekonstruieren, um sie dann miteinander zu vergleichen. Anhand dieses Ver-gleichs werde ich die Unterschiede zwischen den beiden Vorreden aufzeigen.
Mit dieser Aufgabenstellung beabsichtige ich zweierlei:
Zum einen soll eine modernsprachliche Rekonstruktion besagter Texte deren Verständnis erleichtern und so Einsteigern und philosophischen Laien einen Zugang zu Immanuel Kants Hauptwerk ermöglichen.
Zum anderen gibt es einen sehr interessanter Einblick in die Person Kant einerseits und den Philosophen Kant andererseits, anhand der Unterschiede der beiden Vorreden nach-zuzeichnen, wie er den öffentlichen Reaktionen, oder gerade deren Ausbleiben, auf die erste Ausgabe seines Hauptwerks begegnet.
2. Einleitung
Zum Antritt seiner Professur für Logik und Metaphysik in Königsberg legte Immanuel Kant 1770 eine zweite Dissertation mit dem Titel Formen und Gründe der Sinnes-und Verstandeswelt vor.
Bei der Überarbeitung dieser zur Veröffentlichung, kamen Kant zunehmend Zweifel an seinen bis dahin, rationalistisch geprägten Positionen. Auslöser war die Lektüre des Empiristen David Hume. Dessen Position empfand Kant jedoch auch nicht als be-friedigend, da diese unweigerlich zum Skeptizismus führten. So unterbrach Kant in den folgenden 11 Jahren sämtliche schriftstellerischen Aktivitäten und widmete sich in seiner Kritik der reinen Vernunft ausschließlich der Metaphysik. Nach der Erstveröffentlichung 1781 fielen die Reaktionen, auf das schwer verständliche Werk jedoch negativ und sehr verhalten aus. Daraufhin veröffentlichte Kant 1783 die Prolegomena (Vorbemerkungen) zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können, in welchen er von der bisherigen Darstellung seiner Positionen von „synthetischen Lehrart“ zur „analytischen Methode“ überging.
Dies, sowie das Erscheinen einer zweiten, stark überarbeiteten, Auflage der Kritik der reinen Vernunft 1787 , steigerten das Verständnis und die Rezeption Kants und machten ihn zum führenden und meist diskutierten Philosophen seiner Zeit.
3.1 Vorrede zur ersten Auflage:
Die Vorrede zur ersten Auflage seiner Kritik der reinen Vernunft beginnt Kant mit einer Charakterisierung der menschlichen Vernunft. Diese befindet sich in dem Dilemma, dass sich ihr aufgrund ihres Wesens Fragen aufdrängen, deren Beantwortung ihr Vermögen übersteigt.[1]
Laut Kant liegt es in der Natur der menschlichen Vernunft ausgehend von Grundsätzen, die sich durch Erfahrung unvermeidlich und hinreichend bewährt haben[2], immer weiter zu abstrahieren bis hin zu einem Punkt an dem zwischen unterschiedlichen Erklärungen nicht mehr durch Erfahrung unterschieden werden kann. Die Wissenschaft welche hier ansetzt, die Metaphysik, bezeichnet Kant infolgedessen als einen Kampfplatz endloser Streitig-keiten[3]. Die herausragende Bedeutung der Metaphysik als Wissenschaft hebt Kant noch einmal explizit hervor indem er vermerkt, dass sie den Titel Königin aller Wissenschaften zu Recht trüge, wenn sie denn tatsächlich als solche gelten könne[4]. Die bisherige Ge-schichte der Metaphysik ist laut Kant jedoch geprägt von althergebrachtem Dogmatismus (Rationalismus) auf der einen und alles in Frage stellendem Skeptizismus auf der anderen Seite. Erst die Empiristen, namentlich der britische Philosoph John Locke, erweiterten die Diskussion um eine weitere Sichtweise, nämlich dem Erlangen sämtlicher Erkenntnis durch Erfahrung. Die ergebnislosen Streitigkeiten unter den Vertretern dieser un-vereinbaren Positionen führten laut Kant zu einem Überdruss und einer Gleichgültigkeit bezüglich jeglicher Fragen der Metaphysik, da schon alles vergeblich versucht zu sein schien.[5]
Kant stellt im Folgenden klar, dass Überdruss und Gleichgültigkeit kein echtes Desinteresse sind, da dies wider die ,eingangs erwähnte, menschliche Natur ginge. Sie sind das Ergebnis einer „gereiften Urteilskraft“, welche schon „viel Scheinwissen entlarvt“ hat und nur noch dem zustimmt, „was ihre freie und öffentliche Prüfung hat aushalten können“.[6] Jene Urteilskraft fordert zugleich die Einsetzung eines „Gerichtshofs“ in dem sich die Vernunft dem „beschwerlichsten aller ihrer Geschäfte, nämlich dem der Selbst-erkenntnis“ widmen soll. Dieser Gerichtshof welcher mittels allgemeiner und unwandel-barer Gesetze über die Möglichkeiten metaphysischer Erkenntnis an sich, sowie Recht-mäßigkeit und Anspruch im philosophischem Vernunftgebrauch entscheidet, kann niemand anderer als die Vernunft selbst sein. Sie muss sich selbst Anklägerin, Angeklagte und Richterin sein. Dies geschieht in der Kritik der reinen Vernunft.[7]
[...]
[1] KrV, A vii
[2] KrV, A viii
[3] KrV, A viii
[4] KrV, A ix
[5] Vgl. KA, S.41 (KrV, A x)
[6] Vgl. KA, S.41 (KrV, A xi)
[7] Vgl. KA, S.41 (KrV, A xi)