Das im Mittelalter bedeutende „Kaiserlich freie weltliche Reichsstift Gandersheim“ erlebte im 18. Jahrhundert unter Fürstäbtissin Elisabeth Ernestine Antonie von Sachsen-Meiningen eine zweite Blüte. Die Abteigebäude wurden barockisiert, neue Bibliotheken gegründet und umfangreiche Sammlungen aufgebaut – darunter ein Naturalienkabinett, dessen mehr als 30.000 Exponate aus Mineralogie, Paläontologie, Botanik, Zoologie und Kunsthandwerk zu den eindrucksvollsten frühmodernen Sammlungsprojekten im deutschsprachigen Raum zählen. Zwei zeitgenössische Inventare aus 1730 und 1769 ermöglichen heute einen präzisen Blick auf Umfang, Systematik und kuratorische Ambition dieser Sammlung.
Die vorliegende Publikation rekonstruiert erstmals umfassend die Entstehung und Funktionslogik dieses Naturalienkabinetts: die wissenschaftlichen und künstlerischen Intentionen der Fürstäbtissin, die Ordnungssysteme des 18. Jahrhunderts, die Provenienzen der Objekte sowie die europaweiten Liefer- und Korrespondenznetzwerke, auf denen die Sammlung basierte. Ebenso beleuchtet werden die externen Berater, die naturkundlichen Debatten der Zeit und die zeitgenössische wissenschaftliche Interpretation der Naturalien.
Auf Grundlage bislang kaum ausgewerteter Quellen zeigt das Buch, wie die Fürstäbtissin gemeinsam mit ihrem Oberhofmeister Johann Anton Kroll von Freyen ein Wissenszentrum etablierte, das in Struktur und Anspruch bereits modernen Naturkundemuseen vorausgriff. Abgerundet wird die Darstellung durch die Nachzeichnung des Weges der Sammlung nach der Aufhebung des Reichsstiftes 1811 und ihre heutige Verortung in Coburg.
Ein präzises recherchiertes Werk für Fachwissenschaftler, Sammlungsforscher und alle, die die Geschichte frühneuzeitlicher Wissenskulturen erschließen wollen.
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- Peter Königfeld (Author), 2025, Das Naturalienkabinett des ehemaligen Reichsstiftes Gandersheim, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1680854