Wieso sollte man die Landwirtschaft untersuchen, wenn man Erkenntnisse über das Wirtschaftssystem eines Landes gewinnen will? Diese Frage scheint zu Beginn einer vergleichenden Abhandlung über die Wirtschaftssysteme des Sozialismus, Kapitalismus und Anarchismus sicherlich nahe liegend. Zwar ist es unbestreitbar, dass die Bedeutung des primären Wirtschaftssektors in allen diesen Modellen aufgrund der tendenziell sinkenden Beschäftigtenzahlen an Bedeutung verloren hat bzw. weiter verliert. Doch andererseits wird in Zeiten, in denen weiterhin für viele Menschen die Knappheit von Nahrungsmitteln zum Alltag gehört, die Landwirtschaft selbst zum Politikum. Eine Vielzahl von inner- und zwischenstaatlichen Konflikten lässt sich direkt aus der Unterversorgung mit Nahrung ableiten.
Darüber hinaus waren in kaum einem Wirtschaftssektor die Veränderungen im letzten Jahrhundert derart umfassend. Die Massenhafte Freisetzung von einstmals in diesem Bereich Beschäftigten ist zum Symptom einer Zeit geworden, in der eine umfangreiche Technisierung und Automatisierung von Produktionsprozessen quer über alle ideologischen Konzepte hinweg, das Antlitz beinahe jeder Nation grundlegend verändert haben. Als Basis für diese Entwicklung kann der Fall des lange Zeit vorherrschenden Modells von Feudalherrschaft und Lehnswesen gelten, welches durch mehrere Faktoren obsolet wurde. Zum einen benötigten die neu entstehenden Fabriken Arbeiter, was viele der einst größtenteils verarmten Bauern Europas in die Städte zog, wo sie sich bessere Zukunftschancen ausmalten. Zum zweiten bedeuteten der technische Fortschritt und das Aufkommen einer Automatisierung auch in der Landwirtschaft eine enorme Verbesserung der Effizienz und damit eine Steigerung der Erträge.
Aufgrund der enormen Bedeutung der Landwirtschaft für die Stabilität eines Staates, stand diese von Anfang an unter einem besonderen Fokus der jeweiligen Chefideologen der großen Wirtschaftskonzeptionen des beginnenden 20. Jahrhunderts. In den vorgenommenen Veränderungen treten die Grundprinzipien der jeweiligen Modelle anschließend meist besonders deutlich zum Vorschein. Kaum ein anderer Wirtschaftssektor zeigt folglich die Stärken und Schwächen der jeweiligen Ideologien so unmittelbar auf, wie dies im Agrarbereich der Fall ist.
Inhaltsverzeichnis
I. Die Rolle der Landwirtschaft im Wirtschaftssystem
II. Literaturbericht
III. Agrartheorie – Determinanten der Agrarwirtschaft im Zeitalter der Ideologien
IV. Landwirtschaft in der UdSSR
IV.1. Ideologische Grundlagen
IV.2. Praktische Umsetzung
V. Landwirtschaft im Kapitalismus – Family Farms und Agrobusiness in den USA
V.1. Ideologische Grundlagen
V.2. Praktische Umsetzung
VI. Landwirtschaft im spanischen Anarchismus (1936 – 39)
VI.1. Ideologische Grundlagen
VI.2. Praktische Umsetzung
VII. Systemvergleich
VII.1. Performance
VII.2. Integration
IIX. Top-down versus Bottom-up
IX. Ausblick
X. Literaturverzeichnis
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- Johannes Stockerl (Author), 2010, Die Landwirtschaft im Kontext des Wirtschaftssystems – Sozialismus, Kapitalismus, Anarchismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/168179
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