Das Handelshaus Fugger hat zu Beginn der frühen Neuzeit, vom Ende des 15. bis in die 50er Jahre des 16. Jh. das Wirtschaftsleben Europas und der entstehenden Kolonien beherrscht. Erstmals bestand ein Handelsimperium, das seine Gewinne aus der Tatsache zog, daß Rohstoffe, Veredelung und Distribution in den Händen ein und derselben Gesellschaft lagen. In diesem unbestreitbaren Vorteil lag aber gleichzeitig auch der Grund für den Untergang dieses Hauses, da es nicht ausbleiben konnte, daß mit der vermehrten Monopolisierung der Rohstoffquellen, die dem Unternehmen als Pfänder für Großkredite an den Kaiser bzw. König von Spanien zufielen, die Fugger in die Politik eingriffen.
War es Jakob Fugger noch möglich gewesen, aktiv Vorgänge zu initiieren und durch bewußtes Zusammenfassen wirtschaftliche Kräfte zu bündeln, mußte die Handelsgesellschaft unter Anton Fugger eher Politik treiben. Insofern ist es fragwürdig, ob die Geschichte des Hauses Fugger geeignet ist, als Musterbeispiel eines frühkapitalistischen Unternehmens herzuhalten. Oder anders formuliert:
Sind die Fugger durch Art und Umfang ihres Handels eher zufällig und schrittweise in die europäische Politik des 16. Jh. gelangt, oder war dies ein gezielt geplantes, über mehrere Jahrzehnte stringent durchgeführtes Projekt?
Die nachfolgende Zeittabelle soll dafür einige Anhaltspunkte liefern, da sie zeigt, wie sich die Fugger gezielte Leistungen mit passenden Gegenleistungen entgelten ließen. Es entstand ein komplexes System von Geben und Nehmen, dem inhärent war, das Leistungen und Gegenlei-stungen mit fortscheitender Zeit immer umfangreicher werden mußten. Dies löste schließlich eine Krise aus (Staatsbankrott Spaniens), die die Fugger zwang, sich aus dem internationalen Handel und aus der Politik zurückzuziehen und auf ihren Gütern als adelige Grundherren zu leben. Damit hatten sie nach über einem Jahrhundert den Traum Jakobs des Alten Fugger, ihres Gründers, verwirklicht, durch Arbeit in die höchsten Schichten des Augsburger Patriziats aufzusteigen.
Inhaltsverzeichnis
- Zeittabelle
- 1478 Jakob Fugger tritt nach dem plötzlichen Tod seines Vaters in das nun von seinen Brüdern geführte Unternehmen ein. Er geht nach Venedig, um dort eine Lehre zu absolvieren.
- 1485 leitet Jakob die Niederlassung (Faktorei) der Firma in Innsbruck. Er gewährt Herzog Sigismund von Tirol ein Darlehen.
- 1487/1488 weitere Darlehen an Tirol.
- 1488 Beteiligung der Fugger an der Breslauer Firma Thurzo (Ungarnhandel)
- 1489 treten die Fugger in regelmäßige geschäftliche Kontakte mit den Habsburgern, zunächst in den Niederlanden und Tirol. 1490 sind die Fugger maßgeblich am Sturz Erzherzog Sigismunds und dem Übergang Tirols an das Haus Habsburg beteiligt.
- 1491 erste Großanleihe an Maximilian I., die durch Verpfändung Tiroler Bergrechte gedeckt werden. Die Fugger bauen ihre geschäftlichen Beziehungen über das Handelshaus Thurzo nach Ungarn aus.
- 1493 heiratet Maximilian I. Bianca Maria Sforza, nachdem große Summen aus dem Haus Fugger diese Heirat ermöglicht haben. Im Gegenzug verschafft Maximilian I. der Fuggern Erleichterungen im Ungarnhandel. Erster Fuggerscher Gesellschaftsvertrag.
- 1495 finanzieren die Fugger den Italienfeldzug Maximilians.
- 1496 tätigt der Fürstbischof v. Meckau eine erste Investition in das Haus Fugger.
- 1498 Fuggersches Kupfersyndikat (⇒ Preisabsprachen)
- 1499 Jakob Fugger sprengt das Syndikat.
- 1502 Zweiter Fuggerscher Gesellschaftsvertrag
- 1503 Planung einer ersten deutschen Molukkenfahrt unter Beteiligung der Fugger, Welser und anderer Firmen.
- 1505 Errichtung einer ersten Schweizer Garde mit Fuggergeld. Erste Molukkenfahrt.
- 1507 Erwerb der ersten Grundherrschaften (Kirchber & Weißenhorn). Finanzierung der Romfahrt Maximilians.
- 1509 der plötzliche Tod v. Meckaus löst eine ernste Krise aus, da das Vermögen verstorbener Kleriker dem Papst zufällt und dieser auf Auszahlung besteht. Es wird ein Vertrag über die Auszahlung des Nachlasses ausgehandelt, so daß nun auch die Kurie ein Investor des Bankhauses Fugger ist.
- 1510 Ulrich Fugger stirbt. Damit ist Jakob nun Alleininhaber der Firma.
- 1511 Maximilian I. Nobilitiert Jakob Fugger. Jakob lehnt Maximilians Plan ab, sich im Fall des Todes von Papst Julius II. zu dessen Nachfolger wählen zu lassen
- 1514 Jakob Fugger wird Reichsgraf. Die Fuggerei entsteht. Die Fugger engagieren sich bei der Kurie für Kardinal Albrecht v. Brandenburg und den geplanten St. Peters-Ablaß. Dr. Ecks Ingoldstädter Vorlesungen zur Verteidigung der Zinswirtschaft.
- 1515 Bologneser Zinsdisputation Dr. Ecks für Fugger. Die Fugger schließen mit Augsburg ein Abkommen über die Fuggerei.
- 1516/1517 Großanleihe für Heinrich VIII. Von England. Entdeckung der Silbervorkommen in St. Joachimsthal in Böhmen.
- 1517 Überweisung spanischer Subsidien an Maximilian I. durch die Fugger. Beteiligung am Ablaßhandel.
- 1518 Jakob bereitet die Bestechungsgelder für die Königswahl Karls von Habsburg vor.
- 1519 Jakob Fugger finanziert die Kaiserwahl Karls. Polemik Ulrich v. Huttens gegen Fugger.
- 1520 Angriffe Luthers gegen Fugger.
- 1521 Tilgungsvertrag über Wahlschulden auf dem Wormser Reichstag. Stiftsbrief für die Fuggerei und erstes Testament Jakob Fuggers.
- 1522 Abwehr der Antimonopolpolitik (Reichstag/Reichsfiskal/Reichsregiment) durch Fugger.
- 1523 Karl V. schlägt die Monopolklage gegen Fugger nieder. Beschaffung einer Kolonialflotte für den Kaiser.
- 1524 Unruhen gegen die Fugger in Augsburg und Opposition in Ungarn. Beiziehung Jakobs zur Finanzierung der Reichsjustizverwaltung. Fortgesetzter Kampf gegen den Reichstag.
- 1525 Pacht aller span. Maestrazgos (ähnl. Steuern). Kaiserl. Monopolprivileg. Jakob Fugger stirbt am 30.12. Sein Neffe Anton wird mit 31 Jahren sein Nachfolger.
- 1526 Restitutionsvertrag mit Ludwig II. von Ungarn, Erneuerung der ungarischen Bergwerks-pacht. Grafenprivileg für Anton Fugger, Darlehen zum Türkenkrieg.
- 1527 Finanzierung der Erhebung Ferdinands zum König von Ungarn und Böhmen. Die röm. Faktorei der Fugger wird nach dem Abzug der Kaiserlichen (Sacco di Roma) geschlossen.
- 1528 Siebenbürger Salzvertrag (⇒ quasi Monopol) Fugger und Welser pachten gemeinsam die span. Maestrazgos (Aufteilung des finanz. Risikos).
- 1529 Finanzierung der Italienfahrt Karls V. und der Verteidigung Wiens gegen die Türken.
- 1530 Vorbereitung der Wahl Ferdinands I. zum Deutschen König auf dem Augsburger Reichstag mit Fuggers Geld.
- 1531 Umfangreiche Handelskonzessionen für Fugger in Chile und Peru
- 1532 Gesellschaftsvertrag zwischen Raymund, Anton und Hieronymus Fugger
- 1533 Scheitern der Kolonialflotte. Das Südamerikageschäft erleidet einen empfindlichen Rückschlag.1534 Versuch einer Beeinflussung des Kardinalskollegiums hinsichtlich der anstehenden Papstwahl
- 1536 Beteiligung der Fugger am beginnenden Sklavenhandel. Erwerb der Reichspflege Donauwörth.
- 1537 Finanzielle Unterstützung König Ferdinands. Kolonialentschädigungsprozess in Spanien.
- 1538 Erneuerung der Fuggerschen Maestrazgos-Pacht in Spanien. Ankauf der Herrschaft Babenhausen.
- Finanzierung des Französischen Feldzugs Karls V.
- Weitere Großanleihen an Karl V.
- Verlängerung der ungarischen Pacht.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Geschichte des Handelshauses Fugger während der frühen Neuzeit. Sie untersucht die Entwicklung des Unternehmens vom Ende des 15. bis in die 50er Jahre des 16. Jahrhunderts, wobei besonderes Augenmerk auf die Beziehung der Fugger zur europäischen Politik gelegt wird.
- Der Aufstieg des Handelshauses Fugger zur dominierenden Wirtschaftsmacht in Europa
- Die enge Verflechtung von Wirtschaft und Politik im Frühkapitalismus
- Die Rolle der Fugger als Kreditgeber für die Habsburger
- Der Wandel des Handelshauses von einer reinen Wirtschaftsmacht zu einer politisch einflussreichen Gruppierung
- Die Folgen der Fuggerschen Politik für die wirtschaftliche und politische Entwicklung Europas
Zusammenfassung der Kapitel
Die Zeittabelle zeigt die Entwicklung des Handelshauses Fugger von 1478 bis 1538 und verdeutlicht die enge Verflechtung der Fugger mit der europäischen Politik. Beginnend mit kleinen Darlehen an den Tiroler Herzog Sigismund und den Habsburgern in den Niederlanden und Tirol, expandierten die Fugger schnell zu einer einflussreichen Wirtschaftsmacht, die ihren Einfluss auf die Politik steigerte. Die Fugger waren maßgeblich am Sturz des Erzherzogs Sigismund und dem Übergang Tirols an das Haus Habsburg beteiligt. Sie finanzierten den Italienfeldzug Maximilians I., und waren an der Königswahl Karls V. beteiligt. Darüber hinaus waren sie an der Entdeckung der Silbervorkommen in St. Joachimsthal in Böhmen beteiligt und an der Finanzierung des Türkenkrieges.
Schlüsselwörter
Fugger, Handelshaus, Frühkapitalismus, Wirtschaftsgeschichte, Politik, Habsburger, Maximilian I., Karl V., Kreditwesen, Monopol, Staatsbankrott, Europa, Handel, Rohstoffe, Distribution, Güter, Grundherrschaft, Zeittabelle, Verpfändung, Gegenleistung, Maestrazgos, Kardinalskollegium, Sklavenhandel.
- Quote paper
- Detlev Freigang (Author), 1999, Das Imperium der Fugger. Eine chronologische Übersicht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1684