"Ich dankte Gott auf meine Art"
So schreibt der etwa 20-jährige Friedrich Gerstäcker (1816-1872) während seines ersten Nordamerikaaufenthalts, nachdem er unerwartet in die Betversammlung eines Methodistenpredigers geraten ist, der mit seinem Eifer die Ansiedler zu bekehren sucht.
Auch wenn aus dieser Äußerung bereits Gerstäckers ablehnende Haltung gegenüber religiösem Fanatismus anklingt, lässt sich konstatieren, dass der junge Gerstäcker weitgehend ohne religiöse Vorurteile auf seiner ersten Nordamerikareise (1837-1843) mit Missionaren zusammentrifft. Er sammelt allerdings nach und nach Erfahrungen, verschafft sich einen zunehmend kritischen Standpunkt, den er in sein Oeuvre einfließen lässt.
Die Missbilligung der missionarischen Arbeit zieht sich wie ein roter Faden durch Gerstäckers Werk. Sogar in Arbeiten, in denen diese nicht vordergründig behandelt wird, finden sich kritische Fragmente wie zum Beispiel in der Erzählung Der gemalte Indianer (1859) oder dem Roman Gold (1858).
Friedrich Gerstäcker Frühwerk Die Regulatoren in Arkansas (1845) weckte mein Interesse für die literarische Figur des Predigers Rowson. Die Vereinigung von Prediger, Pferdedieb und Mörder in einer Person wirkt vor allem für die Zeit der Niederschrift des Romans außerordentlich provozierend. Bei näherer Betrachtung liegt diesem vermeintlich plakativen Affront eine fundierte Kritik an den missionarischen Bemühungen seiner Zeit zugrunde.
In der vorliegenden Arbeit werde ich der Frage nachgehen, inwieweit der Autor diese Ambivalenz Rowsons (einerseits Prediger und andererseits Mörder) ausdrücklich als Kritik an den missionarischen Aktivitäten angelegt hat. Zudem habe ich folgende weitere Werke Gerstäckers untersucht: Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten Nordamerikas (1844), Tahiti (1856) und Die versunkene Stadt (1852). Anhand dieser kleinen Werkschau möchte ich darlegen, welche Rolle dem Thema Missionierungs- bzw. Religionskritik in seinem Gesamtwerk zukommt.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Einleitung
- Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten Nordamerikas (1844)
- Die Regulatoren in Arkansas. Aus dem Waldleben Amerikas (1845)
- Beziehung zwischen Rowson, Allapaha und Assowaum
- Ambivalenz des Predigers Rowson
- Religionsgespräch zwischen Assowaum und Rowson
- Kritikpunkte Gerstäckers
- Tahiti. Roman aus der Südsee (1856)
- Darstellung der Missionare
- Kritikpunkte Gerstäckers
- Exkurs: Analogie Rowe ‒ Rowson
- Die versunkene Stadt (1852)
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Arbeit analysiert die Kritik an der Missionierung im 19. Jahrhundert, die der Autor Friedrich Gerstäcker in seinen Werken zum Ausdruck bringt. Sie fokussiert insbesondere auf die Frage, wie Gerstäcker die Ambivalenz der Figur des Predigers Rowson in seinem Roman „Die Regulatoren in Arkansas“ als Kritik an missionarischen Aktivitäten interpretiert. Die Arbeit beleuchtet zudem die Rolle der Religionskritik in Gerstäckers Gesamtwerk und untersucht anhand der Werke „Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten Nordamerikas“, „Tahiti“ und „Die versunkene Stadt“, wie der Autor den Begriff der Religion für sich interpretiert.
- Kritik an missionarischen Aktivitäten
- Ambivalenz der Figur des Predigers Rowson
- Rolle der Religionskritik in Gerstäckers Gesamtwerk
- Gerstäckers Interpretation des Begriffs der Religion
- Entwicklung von Gerstäckers Kritik an der Missionierung
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Einleitung führt den Leser in die Thematik der Religionskritik in Gerstäckers Werk ein und beleuchtet seine Begegnungen mit Missionaren auf seinen Reisen durch Nordamerika. Die Arbeit analysiert in einem zweiten Kapitel Gerstäckers Erfahrungen mit Methodistenpredigern, die er in seinem Reisebericht „Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten Nordamerikas“ festgehalten hat. Anschließend wird das Hauptwerk der Arbeit, „Die Regulatoren in Arkansas“, genauer betrachtet. In diesem Roman wird die Figur des Predigers Rowson, der sowohl als frommer Prediger als auch als Pferdedieb und Mörder agiert, als Beispiel für Gerstäckers Kritik an missionarischen Machenschaften verwendet. Dabei werden die Beziehung zwischen Rowson, Assowaum und Allapaha, sowie die Ambivalenz der Figur Rowsons und das Religionsgespräch zwischen Assowaum und Rowson analysiert. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit Gerstäckers Roman „Tahiti“, welcher die Missionierungskritik des Autors aus einer neuen Perspektive betrachtet. Hier wird die Kritik an der Intoleranz und dem Machtstreben der Missionare im 19. Jahrhundert in den Vordergrund gestellt. Das letzte Kapitel untersucht die Erzählung „Die versunkene Stadt“ und zeigt, wie Gerstäcker die negative Rolle der Religion im Zusammenhang mit den Religionskriegen des 16. und 17. Jahrhunderts kritisiert.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Fokusthemen der Arbeit sind: Friedrich Gerstäcker, Missionierungskritik, Religionsdivergenz, Intoleranz, Machtstreben, Kolonialismus, Skrupellosigkeit, Freidenker, Religion und Glaube.
- Arbeit zitieren
- Adrian Gunkel (Autor:in), 2005, ´Ich dankte Gott auf meine Art´ - Friedrich Gerstäcker: Kritik an der Missionierung im 19. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/168876