Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Moral Hazard im Gesundheitswesen
1.1 Moral Hazard Verhalten
1.2 Moral Hazard am Beispiel der Krankenversicherung
2 Paradigmenwechsel des Gesundheitssektors und deren Auswirkung auf die Behandlungskosten
3 Zusammenfassung Moral Hazard
4 Technischer Fortschritt
5 Medizinisch technischer Fortschritt in Abhängigkeit der Gesundheitsausgaben
6 Zusammenfassung Med.-techn. Fortschritt
7 Demographischer Wandel als Herausforderung für das Gesundheitssystem
8 Diskussion der Konzepte: Medikalisierungsthese vs. Kompressionsthese
8.1 Medikalisierungsthese
8.2 Kompressionsthese
9 Ergebnisse der demographischen Entwicklung
10 Literaturverzeichnis
1 Moral Hazard im Gesundheitswesen
In einem Interview der Financial Times Deutschland beschreibt der Wirtschaftsethiker und Ökonom Karl Hohmann (2008) das Phänomen Moral Hazard als ein besonderes Verhalten, das sich in bestimmten Einstellungen und Haltungen manifestiert.
Mit dem Wissen, im Schadensfall das Risiko nicht selber tragen zu müssen, gehen Markteilnehmer ein übermäßiges Risiko ein.
1.1 Moral Hazard Verhalten
Das Moral Hazard Verhalten ist in allen Gesellschaftsbereichen zu beobachten, bei Einzelpersonen, die den eigenen Vorteil auf Kosten der Allgemeinheit suchen, klassisch bei Versicherungen im Gesundheitswesen und derzeit an den Kapitalmärkten (Guertler 2008). Eine eindeutige Einigung in der Übersetzung des Begriffes Moral Hazard ist nicht bekannt.
Schreyögg (2002) übersetzt Moral Hazard sinngemäß mit unmoralischen Verhalten, während Baßeler et al. (2006) von moralischer Gefahr sprechen. Der aus der Versicherungswissenschaft stammende Begriff Moral Hazard beschreibt den Anreiz, aufgrund einer Versicherung ein höheres Risiko ein- zugehen und weniger Sorgfalt als ohne Versicherung walten zu lassen (Wa- sem/Buchner 2006).
Um ein Mindestmaß an Sorgfalt zu schaffen, sind die Versicherungsgesell- schaften bestrebt keine Vollversicherungen anzubieten, sondern Versiche- rungen mit einem Selbstbehalt. Aus einem neuen Bereich der Wirtschafts- theorie, der Informationsökonomie stammt der Ausdruck der Informationsa- symmetrie. Die Annahme einer Informationsasymmetrie am Markt unterstützt u. a. die Entwicklung des Phänomens Moral Hazard (Emons 2001).
1.2 Moral Hazard am Beispiel der Krankenversicherung
Eine nähere Betrachtung des Moral Hazard Phänomens erfolgt am Beispiel der Krankenversicherung. Moral Hazard führt in der Versicherung zu Fehlallokationen und gesamtwirt- schaftlich betrachtet zu Wohlfahrtsverlusten (Schreyögg 2002). Eine Versi- cherungsgesellschaft schließt mit einem Individuum eine Versicherung ab, um im Schadensfall das Risiko und die Folgekosten zu tragen. Die Auswir- kung besteht in einer erhöhten Risikobereitschaft bezogen auf das Verhalten des Individuum.
Im Bereich der Krankenversicherung führt das Vorliegen einer Versicherung dazu, das der Versicherte im Krankheitsfall ohne Rücksicht auf die Kosten die maximale Behandlung auswählt (Schwartz et al. 2003). Mit der Kosten- übernahme durch die Krankenversicherung sinkt die Bereitschaft zur Ver- meidung von Erkrankungen. Gleichzeitig steigt das Inanspruchnahmeverhal- ten bezogen auf medizinische Leistungen. Dieses unmoralische Verhalten wird auch als ex-ante Moral Hazard beschrieben (Henke et al. 1999).
Ein weiteres Phänomen ist das bewusste Herbeiführen oder Vortäuschen einer Erkrankung und die damit verbundenen Folgekosten, wie Arztkosten und Lohnausfall, die der Versicherung übertragen werden. Die hier entstandenen vermeidbaren medizinischen Leistungen, sind im Kontext zu Moral Hazard tatsächliche Kosten (Schreyögg 2002).
Als ex-post Moral Hazard wird eine gesteigerte Nachfrage nach medizini- schen Leistungen bezeichnet, ungeachtet der zu erwartenden Effizienz. Das Inanspruchnahmeverhalten im Kontext zu den Leistungen spielt jedoch keine Rolle, da dem Versicherten keine oder nur geringe Kosten entstehen (Schreyögg 2002). Hinzu kommt das mangelnde Einschätzungsvermögen der Leistungsnehmer gegenüber der empfohlenen Maßnahme, auch als mangelnde objektive Qualitätsbeurteilung oder mangelnde Konsumenten- souveränität bekannt.
2 Paradigmenwechsel des Gesundheitssektors und deren Auswirkung auf die Behandlungskosten
Anhaltende Einnahmenprobleme der Krankenkassen und veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen, wie der demografische Wandel, das Inanspruchnahmeverhalten der Versicherten, führten zu einem Paradigmenwechsels des Gesundheitssektors der Bundesrepublik Deutschland mit einem Zielkonflikt zwischen den politischen Forderungen und dem Wettbewerb des Marktes (Friedrich 2007).
In der heutigen Zeit steht der Gesundheitssektor der Bundesrepublik unter dem Druck dieses Paradigmenwechsels. Der sich am Angebot orientierenden Nachfragen zu der Gefahr einer präventivmedizinischen Fehlallokation entwickelt (Schwartz et al. 2003).
Das Nichterreichen einer pareto optimalen Allokation auf dem Versicherungsmarkt führt zu einer Verminderung der Wohlfahrt. Die Behandlungskosten fließen aufgrund der Vollversicherung nicht in das Entscheidungskalkül des Leistungsnehmers mit ein.
3 Zusammenfassung Moral Hazard
Moral Hazard im Versicherungssystem verändert das Inanspruchnahmever- halten des Versicherten und dessen Agenten und führt zum Marktversagen, zu steigenden Ausgaben und somit zur Fehlallokationen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die im Text beschriebenen Probleme durch Moral Hazard ebenso den Missbrauch bei der Allokation von Gesundheitsgütern aufzeigen (Friedrich 2007).
4 Technischer Fortschritt
Der technische Fortschritt erfolgt primär durch Innovationen, die zu Produktivitätssteigerungen führen. Neuerungen und Veränderungen in der Technik, eine damit verbundene Anwendung neuen technischen Wissens, verbesserte Methoden, Arbeitsabläufe, Fertigungsverfahren oder auch neuartige Produkte kennzeichnen den jeweiligen Fortschritt der volkswirtschaftlichen Ausgangslage einer Gesellschaft (Brockhaus 1999).
Prozeß- und Produktinnovationen generieren somit als zwei Arten von Inno- vationen den technischen Fortschritt (Schmidt/Wilke 2004). Technischer Fortschritt ist ein dynamisch effizienter Prozess, der aufgrund der Steigerung der Produktivität wertvolle Anreize für Innovationen setzt und als kostensen- kend diskutiert wird.
Technischer Fortschritt bewirkt zusammengefasst einen Strukturwandel auf ökonomischer, kultureller und sozialer Ebene. Hieraus resultiert direkt als auch indirekt eine Verlängerung der Lebenszeit und eine Erhöhung der Lebensqualität (Hutzschenreuter 2007).
Den Innovationsanreizen folgend, ist vom medizinisch-technischen Fortschritt im Vergleich zum allgemeinen technischen Fortschritt eine übermäßige Pro- duktion Kosten verursachender Innovationen zu erwarten (Henke/Reimers 2005).
5 Medizinisch-technischer Fortschritt in Abhängigkeit der Gesundheitsausgaben
Zur Entwicklung der Gesundheitsausgaben in Deutschland gehören die Betrachtung der Faktoren demografische Entwicklung und medizinischtechnischer Fortschritt.
Letzterer steht im Mittelpunkt der folgenden Diskussionsführung. Der syste- mimmante Terminus technicus des medizinisch-technischen Fortschritts er- Auswirkung auf die Entwicklung der Gesundheitsausgaben im Gesundheitswesen fasst nicht nur eine Verbesserung der Innovation der Technik, Apparate und Anlagen, sondern auch innovative Arzneimittel und Operationsverfahren zur Heilung und Linderung. Bedeutsam ist hierbei, dass der fortschreitende me- dizinische Erkenntnisstand, insbesondere im Leistungsbereich, nicht substi- tutiver, sprich ersetzender, sondern in der Regel additiver, d.h. zusätzlicher Natur ist.
Nur selten sind neue Techniken kostengünstiger als Alte. Als Beispiel sei hier die Computertomografie genannt, die die Röntgenaufnahme nicht ersetzt, sondern eine zusätzliche Untersuchungstechnik darstellt.
In der grafischen Darstellung (Sachverständigenrat, vgl. Abb.1) wird der me- dizinisch-technische Fortschritt in Abhängigkeit der Ausgaben in drei Phasen dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Med.-technischer Fortschritt in Abhängigkeit der Ausgaben Quelle: Sachverständigenrat
In der Phase 1 gibt es keine Therapiemöglichkeit lebensbedrohlicher Erkrankungen, sondern nur eine eingeschränkte Behandlung wie Pflegeleistungen und Linderungen der Symptome. Zusammengefasst ist die Mortalität hoch und die Behandlungskosten niedrig.
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