Über den Aufsatz von Walter Benjamin: "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

12 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Zur Person Walter Benjamins

3. Die Geschichte des Kunstwerks und sein Wandel zu einem Massenprodukt
3.1 Technische Reproduktion: der Verlust von Echtheit und Aura
3.2 Der Film und seine Rezeption

4. Schluss

5. Literatur

1. Einleitung

Der 1934/ 35 entstandene Aufsatz von Walter Benjamin „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ reflektiert ana­lytisch die Auswirkungen technischer Medien auf die Kunst sowie deren Stellung und Funktion in den dreißiger Jahren. Intensiv beleuchtet wird dabei die Tendenz zur Reproduktion des Kunstwerks im Zuge des Medienwechsels im 19. und 20. Jahrhundert, mit der Benjamin sich essayistisch und theoretisch auseinandersetzt.[1]

Benjamins Thesen über die „Entwicklungstendenzen der Kunst“ (Benjamin: 18) werden im Modus der Kritik formuliert, und seine Methodologie ist der von Karl Marx ähnlich: sie hat „prognostischen Wert“ (Benjamin: 18). In seiner Theorie geht es Benjamin nicht darum zu analysieren, ob technische Reproduktionen Kunst darstellen bzw. als Kunst gelten können, sondern wie die Technik den Charakter der Kunst verändert bzw. verändern wird.

In dieser Arbeit sollen die Thesen Walter Benjamins herausgearbeitet werden, um den Versuch einer Bedeutungsanalyse vorzunehmen. Im Hauptteil soll zunächst kurz etwas zur Person Benjamins gesagt werden. Anschließend sollen die in seinem Kunstwerk-Aufsatz verwendeten Schlüsselbegriffe dargestellt und in dessen Zusammen­hang erläutert werden. Der Film erfährt gesonderte Beachtung, da sich Benjamins Thesen und das, was sich auch in heutiger Zeit daraus ableiten lässt, anhand dieses Mediums gut erörtern lassen.

2. Zur Person Walter Benjamins

Walter Benjamin wurde am 15. Juli 1892 in Berlin geboren. Er gilt noch heute als einer der bedeutendsten Essayisten, Literatur- und Zeitkritiker des 20. Jahrhunderts. Benjamin etablierte sich nach dem missglückten Versuch einer akademischen Karriere als freier Schriftsteller und Übersetzer. In seiner politischen Auffassung näherte er sich immer wieder an die Positionen von Karl Marx an.

Im März 1933 ging Walter Benjamin ins Pariser Exil. In dieser Zeit begann auch seine Zusammenarbeit mit Max Horkheimers und Theodor W. Adornos „Institut für Sozialforschung“.

Im September 1940 beging Benjamin in dem spanischen Grenzort Port-Bou Selbstmord.

3. Die Geschichte des Kunstwerks und sein Wandel zu einem Massenprodukt

Die Reproduktionstechnik allgemein hat einen langen Entwicklungs­prozess durchlaufen. Die Menschen haben immer schon manuell reproduziert, was sie gemacht hatten; das galt beispielsweise für Kunstschüler zur Übung oder für Künstler, die ihre Werke verbreiten wollten (vgl. Benjamin: 19). Angefangen bei Guss und Prägung griechischer Münzen und Bronzen, dem Holzschnitt von Graphiken und dem Druck von Schrift bis hin zu Kupferstich und Radierung im Laufe des Mittelalters aber entwickelte sich das Neue der Vervielfältigung: die technische Reproduktion des Kunstwerks. Dabei erreicht diese mit der Litographie Anfang des neunzehnten Jahrhunderts eine noch „höhere“ Stufe der Technik, die es möglich macht, Produkte des Künstlerischen nicht nur massenweise, sondern jeweils in einer anderen, neuen Gestaltung auf den Markt zu bringen (vgl. Benjamin: 19). Mit dieser Möglichkeit, „den Alltag illustrativ zu begleiten“ (Benjamin: 19), und den bald darauf folgenden Erfindungen Photographie und Film befand sich die Entwicklung der technischen Reproduktion in ihrer Blütezeit. Das Kunstwerk wurde zum Objekt der Reproduktion, und die Reproduktion konnte fortan als eine eigene künstlerische Verfahrensweise gelten.[2]

3.1 Technische Reproduktion: der Verlust von Echtheit und Aura

Die Reproduktion macht, wie wir bereits gesehen haben, die Vervielfältigung eines Kunstwerks zu einem Massenprodukt möglich. Die Herstellung des Kunstwerks als Reproduktionsvorlage und die beliebige Vervielfältigung sind die entscheidenden Charakteristika der technischen Reproduktion. Mit ihr wird gleichzeitig die bis dahin bestehende Einzigartigkeit des Originals überwunden. Auch wenn durch manuelle Reproduktion schon sehr früh Kopien erstellt wurden, so ließen sich diese Nachbildungen stets vom Original unterscheiden und als Kopie identifizieren. Eigenständigkeit blieb einer Kopie aber verwehrt. Das Original, „das Echte“, wie Benjamin es bezeichnet, bewahrt „seine volle Autorität“ (Benjamin:20/ 21). Beim Reproduk­tions­vorgang allerdings erreicht das Abbild des Kunstwerks durch die Art und Technik der Darstellung eine Selbständigkeit, die das Original nie erreicht. Zu diesen Techniken gehört z.B. die Vergrößerung oder die Zeitlupe, mit der Bilder entstehen können, die sich der „natürlichen Optik schlichtweg entziehen“ (Benjamin: 21), die also mit dem bloßen Auge nicht zu sehen sind. Ein weiterer wichtiger Aspekt hierbei ist, dass im Zuge der technischen Reproduktion Kunstwerk und Rezipient zueinander gebracht werden: Das „Hier und jetzt des Originals“ (Benjamin: 20), das seine Echtheit ausmacht, entfällt. Die Illustrierte beispielsweise ermöglicht die massenhafte Verbreitung eines Bildes, so dass jeder in der Lage ist, es sich anzusehen ohne es besitzen oder ein Museum resp. eine Galerie besuchen zu müssen. „Die Kathedrale verlässt ihren Platz, um in dem Studio eines Kunstfreundes Aufnahme zu finden; das Chorwerk, das in einem Saal unter freiem Himmel exekutiert wurde, lässt sich in einem Zimmer vernehmen.“ (Benjamin: 21). So entsteht ein „Spiel von Anwesenheit und konstitutiver Abwesenheit“, denn die Medien versprechen wie die Aura zwar die Präsens des Objektes, machen aber durch ihre eigene Realität das Reale des Objektes selber unmöglich (vgl. Reisch: 100).

Bei der Geschichte der Illustrierten beispielsweise wird deutlich, wie sehr die massenweise Verbreitung von Bildern ausgerichtet ist auf ein wachsendes Publikum. Denn die illustrierte Massenpresse „(...) fordert[e] ja kommerziell verwertbare Kreativität, ‘marktgerechte Originalität’, und förderte[.] Strategien der Popularität, der Provokation und der Abgrenzung von der Konkurrenz (...)“ (Wagner: 32). So wurden von der Photographie und der Reklame literarische und bildkünstlerische Motive aufgegriffen, immer im Kampf um Neuheit und Aktualität.

Der Prozess, den Walter Benjamin als einen Verlust der Echtheit des Kunstwerkes beschreibt, steht also im engen Zusammenhang mit den Massenbewegungen seiner Zeit. Aber auch die „Aura“ ist ein immer wiederkehrender Begriff, wenn es Walter Benjamin um die Beschrei­bung der Einzigartigkeit eines Kunstwerks geht:

[...]


[1] Als Vorarbeit könnte man den 1931 erschienenen Text „Kleine Geschichte der Photographie“ bezeichnen, der sich mit den weitreichenden Veränderungen der Erfindung der Photographie für die Kunstproduktion beschäftigt.

[2] Dies zeigt sich besonders am Beispiel des Films, wie wir in Kapitel 3.2 sehen werden.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Über den Aufsatz von Walter Benjamin: "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit"
Hochschule
Universität Münster  (Kultur, Kommunikation & Management)
Veranstaltung
Hauptseminar Medienkulturen
Note
2,5
Autor
Jahr
2002
Seiten
12
Katalognummer
V16928
ISBN (eBook)
9783638216326
Dateigröße
355 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aufsatz, Walter, Benjamin, Kunstwerk, Zeitalter, Reproduzierbarkeit, Hauptseminar, Medienkulturen
Arbeit zitieren
Nicola Mager (Autor:in), 2002, Über den Aufsatz von Walter Benjamin: "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16928

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