Im theoretischen Teil der Arbeit wurde zunächst ein Überblick über die Ursprünge und den aktuellen Stand der sozialpsychologischen Vorurteilsforschung gegeben. Eine ausführliche Darstellung der Geschichte des deutsch-polnischen Verhältnisses schloss sich an. Dabei wurde insbesondere auf die Genese der Vorurteile zwischen beiden Volksgruppen eingegangen. Auch die aktuelle Situation der deutschen Heimatvertriebenen im bilateralen Verhältnis waren Gegenstand der Erörterung.
Im empirischen Teil der Arbeit stand die Frage nach der heutigen Denkweise schlesischer Heimatvertriebener im Mittelpunkt. Darüber hinaus sollte erhoben werden, welche Beziehungen heute zwischen Deutschen und Polen bestehen und ob bzw. in welcher Weise die Haltung der Heimatvertriebenen davon abweicht.
Es wurden teilstrukturierte Interviews durchgeführt und qualitativ ausgewertet.
Die Studie ergab, dass sich die Anfangsannahme, schlesische Vertriebene hätten auch heute noch überwiegend ein belastetes Polenbild, nicht bestätigen ließ. Auf zwischenmenschlicher Ebene ist die heutige Situation selbst im Hinblick auf die Heimatvertriebenen durch gute und z.T. sogar freundschaftliche Kontakte zwischen deutschen und polnischen Schlesiern gekennzeichnet. Bei einer kleineren Gruppen von Heimatvertriebenen besteht sogar ein ausgeprägtes Interesse an einer Diskussion mit Polen über die eigene und die gemeinsame Geschichte. Generell wird die Chance erkannt und wahrgenommen, durch eine Beteiligung am Versöhnungsprozess den europäischen Gedanken zu fördern. Als Minderheit gibt es aber immer auch noch „Ewiggestrige“, die nach wie vor „revanchistisch“ motiviert sind. Insgesamt ist jedoch das in den Nachkriegsjahrzehnten geformte Bild des deutschen Vertriebenen als „Polenhasser“ als überholt anzusehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: „Über den Umgang mit offenen Fragen❝¹
- Aspekte der Erforschung von Stereotypen und Vorurteilen
- Der Einstellungsbegriff
- Was ist Politische Psychologie?
- Stereotypen und Vorurteile in der sozialpsychologischen Forschung
- Einzelergebnisse der Vorurteilsforschung
- Abbau von Stereotypen
- Stereotype über Deutsche und Polen im historischen Wandel
- Geschichtliche Hintergründe im Entstehungszusammenhang der Stereotype
- Das deutsche Polenbild in der Geschichte
- Das deutsche Polenbild im Nationalsozialismus
- Das deutsche Stereotyp in den polnischen Wochenschauen nach 1945
- Die Wandlung des Polenbilds in der DDR
- 1970-1990: Das polnische Bild von den Bundesdeutschen verändert sich
- Das Polenbild deutscher Heimatvertriebener - Ein Reisebericht
- Das polnische Deutschlandbild am Beispiel alltagssprachlicher Ausdrücke
- Die Zeichnung deutsch-polnischer Fremdbilder in Schulbüchern
- Die antideutsche Stimmung in der Regierungsära Kaczynski
- Polenwitze und Erika-Steinbach-Zitate: Stereotype in den Medien
- „Die Deutschen meine Nachbarn\" - Wie junge Polen heute Deutschland sehen
- Einstellungsveränderungen nach der EU-Osterweiterung
- Umgang mit der deutschen Geschichte in den polnischen Westgebieten (Interview mit Robert Ryss, Gazeta Chojenska)
- Vorbereitung und Durchführung der eigenen Untersuchung
- Der persönliche Hintergrund
- Der geschichtliche Hintergrund: Flucht und Vertreibung der Deutschen
- Die Präzisierung der Fragestellung
- Zur Struktur des Untersuchungsdesigns
- Datenerhebung
- Auswertung
- Feldforschung
- Exkurs: Der Einstieg ins Feld - Kennenlernen eines Vertriebenenverbands
- Auswertung
- Text- und Quellenkritik anhand von Gütekriterien
- Die Beschreibung und Auswertung der Fälle
- Frau,,Glogau\" (Interview G)
- Herr,,Lauban“ (Interview L)
- Herr,,Waldenburg\" (Interview W)
- Frau,,Dörnikau“ (Interview D)
- Herr,,Bunzlau\" (Interview B)
- Ehepaar „Hirschberg\" (Interview H)
- Herr,,Jauer\"\
- Kategorienbildung - Übersicht über die Kategorien
- Die Vorbereitung der Feinanalyse
- Die Durchführung der Feinanalyse
- Gruppe (a)
- Gruppe (c)
- Vergleich der Kategoriensysteme
- Diskussion der Ergebnisse
- Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit untersucht die Einstellungen deutscher Heimatvertriebener zur polnischen Nation. Sie befasst sich mit der Frage, ob und inwieweit Vorurteile in diesen Einstellungen nach wie vor eine Rolle spielen. Die Untersuchung analysiert die biographischen Erfahrungen der Befragten und ihre Sicht auf die deutsch-polnischen Beziehungen im Kontext historischer Ereignisse und aktueller Entwicklungen.
- Die Rolle von Stereotypen und Vorurteilen in der deutsch-polnischen Geschichte
- Die Entwicklung des deutschen Polenbildes im Wandel der Zeit
- Die Perspektive der Heimatvertriebenen auf das deutsch-polnische Verhältnis
- Die Auswirkungen von Flucht und Vertreibung auf die Einstellungen der Heimatvertriebenen
- Die Bedeutung von interkulturellem Verständnis und Dialog für die deutsch-polnischen Beziehungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und den persönlichen Hintergrund des Autors vor. Kapitel 2 bietet einen Überblick über die sozialpsychologische Forschung zu Stereotypen und Vorurteilen, während Kapitel 3 die historische Entwicklung des deutschen Polenbildes und des polnischen Deutschlandbildes beleuchtet. Kapitel 4 beschreibt die Vorbereitung und Durchführung der eigenen Untersuchung, die auf Interviews mit Heimatvertriebenen basiert. Kapitel 5 analysiert die Ergebnisse der Interviews, während Kapitel 6 diese Ergebnisse diskutiert und in einen größeren Kontext einordnet. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick auf zukünftige Forschungsrichtungen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Stereotypen, Vorurteile, deutsch-polnische Beziehungen, Heimatvertriebene, biographische Forschung, Interviewforschung, interkulturelle Kommunikation und historische Entwicklungen.
- Quote paper
- cand.psych. Andreas Jüttemann (Author), 2011, Das deutsch-polnische Verhältnis aus der heutigen Sicht der Heimatvertriebenen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169645