Verlassen, verhöhnt und verletzt. Auf dem Boden eines Grabes kauernd wehrt der fromme Antonius
die Anschläge des bösen Feindes ab. Aus voller Überzeugung singt er: „Mag ein Heer mich
umlagern: Mein Herz wird nicht verzagen.“ Wilde Dämonen in Tiergestalt reißen die schützenden
Mauern des Grabes ein. Ein einziges Geschrei von Löwen und Stieren. Die Schmerzen der
Versuchung gleichen Todesqualen, doch Antonius widersteht ihr. Ja, er macht sich lustig über die
Dämonen. Er spricht ihnen ihre Macht ab. Er hält voll und ganz an seinem Glauben fest und
vertraut auf Gott. Er verspürt keine Furcht und antwortet auf die Angriffe der wilden Bestien:
„Denn ein Siegel und eine Mauer der Sicherheit ist uns der Glaube an unseren Herrn.“ Da erscheint
ihm ein Lichtstrahl durch, das sich öffnende, Dach und Gott offenbart sich dem Glaubensstreiter.
Plötzlich sind alle Dämonen verschwunden, wie auch seine Schmerzen. Gott hat ihn von aller Pein
erlöst. Als Antonius dies realisiert, quält ihn nur eine Frage, die er an die Erscheinung richtet: „Wo
warst du, warum bist du nicht gleich zu Anfang erschienen, um meine Qualen zu beenden?“ Da
antwortet ihm eine Stimme: „Antonius, ich war hier, aber ich wartete, um deinen Kampf zu sehen.
Nun, da du standgehalten hast und nicht besiegt worden bist, werde ich dir immer Helfer sein und
deinen Namen überall berühmt machen.“
Wo bist du Gott? Warum stehst du mir in dieser schweren Stunde nicht bei? Wieso muss ich dieses
Leid erfahren?
Wie Antonius kann auch der Beter des 22. Psalms diese Fragen nicht verdrängen. Stets hat er Gott
die Treue gehalten. Tag und Nacht hat er zu ihm gebetet. Doch wo ist er nun, wo wilde Bestien ihn
umzingeln, der Tod ihm unausweichlich scheint? Der Psalmist schreit verzweifelt um Hilfe und er
wird tatsächlich erhört. In dem Moment, in dem er dem Tod ins Auge blickt (V.22), wird er vom
Herrn erhört und sein gesamtes Leid ist binnen eines Wimperschlages Vergangenheit. Aus Klage
wird Lob, aus Einsamkeit Gemeinschaft.
Die folgende Arbeit versucht diesen Umschwung nachzuvollziehen und begibt sich auf die Suche
nach Überlieferung und Redaktion des Psalms. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Übersetzung
- Textkritik
- Literarkritik
- Überlieferungsgeschichte
- Redaktionsgeschichte
- Formgeschichte
- Traditionsgeschichte
- Eigene Gedanken
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem 22. Psalm und analysiert dessen Entstehung und Bedeutung. Ziel ist es, die Überlieferungs- und Redaktionsgeschichte des Psalms zu erforschen und seine Aussagekraft im Kontext seiner Entstehung zu beleuchten.
- Die Überlieferungsgeschichte des Psalms
- Die Redaktionsgeschichte des Psalms
- Der 22. Psalm im Kontext der christlichen Tradition
- Die Relevanz des Psalms für die heutige Zeit
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt den Psalm in seinen historischen und literarischen Kontext. Sie beleuchtet die zentrale Thematik von Verlassenheit und Erhörung, die in der Klage des Psalmisten zum Ausdruck kommt.
- Übersetzung: Dieses Kapitel bietet eine detaillierte Analyse der Übersetzung des Psalms. Es wird die Übersetzung des masoretischen Textes der Biblia Hebraica Stuttgartensia² erläutert und die Besonderheiten der sprachlichen Gestaltung des Textes hervorgehoben.
- Textkritik: Das Kapitel "Textkritik" befasst sich mit den verschiedenen Überlieferungsformen des Psalms und untersucht die Textvarianten, die im Laufe der Zeit entstanden sind.
- Literarkritik: Dieser Abschnitt widmet sich der literarischen Analyse des Psalms. Es werden die sprachlichen Mittel, die dichterische Gestaltung und die narrative Struktur des Textes untersucht.
- Überlieferungsgeschichte: In diesem Kapitel werden die verschiedenen Stufen der Überlieferung des Psalms beleuchtet. Es wird untersucht, wie der Text im Laufe der Zeit rezipiert und weitergegeben wurde.
- Redaktionsgeschichte: Das Kapitel zur Redaktionsgeschichte konzentriert sich auf die einzelnen Phasen der Textbearbeitung des Psalms. Es werden die unterschiedlichen Bearbeitungsschritte und ihre Auswirkungen auf den Text analysiert.
- Formgeschichte: Dieses Kapitel befasst sich mit der formalen Struktur des Psalms. Es werden die einzelnen Strophen und Verse des Textes analysiert und in den Kontext der Psalmenliteratur eingeordnet.
- Traditionsgeschichte: Die Traditionsgeschichte beleuchtet die Verwendung und Rezeption des Psalms in verschiedenen Epochen und Kulturkreisen.
Schlüsselwörter
Die zentrale Bedeutung des 22. Psalms liegt in der Darstellung von Leid, Verzweiflung und Erhörung. Die Schlüsselwörter des Textes umfassen Aspekte wie Klage, Gebet, Vertrauen, Erhörung, Gott, Tod, Hoffnung und die Vergegenwärtigung des eigenen Leidens.
- Quote paper
- Hans Martin Golz (Author), 2009, Psalm 22 - Vom klagenden Schrei zum Lobgesang, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169921