Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel. Im Anschluss an die vorliegende Einführung wird zunächst der historische, politische und wirtschaftliche Hintergrund beleuchtet, auf dem die Idee der Gründung der EGKS basiert (Kap 2.1 – 2.3) sowie der Weg bis hin zum Gründungsvertrag mit all seinen Hürden beschrieben (Kap 2.4 – 2.6). Der darauffolgende Abschnitt widmet sich dem institutionellen Rahmen der Gemeinschaft, es werden die Organe der EGKS beschrieben, v.a. hinsichtlich der Unterschiede ihrer Kompetenzen im Vergleich zur EG (Kap.3.1), danach werden die EGKS-Finanzierungsinstrumente erklärt und die bisherigen Finanztätigkeiten überblicksmäßig beschrieben und bewertet (Kap 3.2). Der letzte Abschnitt gibt einen chronologischen Überblick über die Überlegungen und Verhandlungen, die seit Beginn der neunziger Jahre im Hinblick auf das Auslaufen des EGKS-Vertrages getätigt wurden (Kap 4.1 – 4.8) und erläutert mögliche Szenarien für den Fall, dass das Zusatzprotokoll zum Vertrag von Nizza nicht fristgerecht ratifiziert wird (Kap. 4.9). Abschließend erfolgt ein kurzes Resümee des Autors (Kap. 5)
Der an dieses einführende Kapitel anschließende erste Teil der vorliegenden Arbeit, der sich mit der Entstehungsgeschichte der EGKS befasst und ca. ein Fünftel des Gesamtumfanges ausmacht, zitiert und fasst historische Literatur bzw. Berichte von Zeitzeugen und damaligen Protagonisten zusammen. Zielsetzung dieses Abschnittes ist es weniger, einen chronologischen Abriss der seinerzeitigen Abläufe zu liefern, sondern in erster Linie einen Einblick in die wirtschaftliche und politische Situation nach dem 2. Weltkrieg zu gewähren und die langwierigen Verhandlungen aus Sicht der beteiligten Personen zu beleuchten.
Grundlage des darauffolgenden Abschnittes ist der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Zuerst werden die Organe bzw. die Finanzierungsinstrumente gemäss den Bestimmungen des EGKS-Vertrages vorgestellt, im Anschluss daran werden die bisher erbrachten Leistungen der EGKS evaluiert. Quelle dieser Evaluierungen sind v.a. Haushaltsberichte und Arbeitsdokumente der Kommission bzw. Jahresberichte des Rechnungshofes, wobei im Hinblick auf die Vollständigkeit der Arbeit auch ergänzende Informationen aus Interviews mit Kommissionsangestellten eingeflossen sind.
Inhaltsverzeichnis
1 Methodische Einführung
1.1 Einordnung des Themas:
1.2 Abgrenzung des Themas
1.3 Gliederung der Arbeit
1.4 Methodische Vorgangsweise
2 Historische Entwicklung
2.1 Vorbemerkung
2.2 Die Ausgangssituation nach dem 2. Weltkrieg
2.2.1 Der politische Kontext
2.2.2 Die wirtschaftliche Problemstellung
2.3 Der Schuman-Plan
2.3.1 Die Rolle Jean Monnets
2.3.2 Die Erklärung vom 9. Mai 1950
2.3.3 Warum Kohle und Stahl
2.4 Die Verhandlungen
2.4.1 Die Zielsetzungen
2.4.2 Die Leitung unter dem Vorsitz Monnets
2.4.3 Die Schwierigkeiten
2.4.4 Die Position Deutschlands
2.4.5 Die Verhandlungen der Sechs
2.4.6 Der Kompromiss
2.5 Der Vertrag von Paris
2.6 Die letzten Hürden bis zum Inkrafttreten
2.6.1 Die Ratifikationsdebatten
2.6.2 Die Wahl des Sitzes
3 Der institutionelle Rahmen der EGKS
3.1 Die Organe der EGKS
3.1.1 Die Kommission
3.1.2 Der Beratende Ausschuss der EGKS
3.1.3 Der Rat
3.1.4 Das Europäische Parlament
3.1.5 Der Europäische Gerichtshof
3.2 Die EGKS-Finanzierungsinstrumente
3.2.1 Mittelbeschaffung
3.2.1.1 Die Umlage
3.2.1.2 Anleihen
3.2.2 Mittelverwendung
3.2.2.1 Die EGKS-Forschungsförderung
3.2.2.1.1 Rechtsgrundlage
3.2.2.1.2 Ergebnisse
3.2.2.1.3 Heutige Bedeutung der Forschungsförderung
3.2.2.2 Sozialbeihilfen
3.2.2.2.1 Traditionelle Sozialbeihilfen
3.2.2.2.2 Umstellungsbeihilfen
3.2.2.3 Kredite für Investitionsprogramme
4 Das Auslaufen des EGKS-Vertrags
4.1 Fragestellungen und erste Überlegungen
4.2 Der Europäische Rat von Amsterdam
4.3 Die Vorschläge der Kommission für ein globales Konzept
4.4 Die Beratungen der Mitgliedstaaten in den EU-Ratsgremien
4.5 Die erste Entschließung der Mitgliedstaaten vom 20. Juli 1998
4.6 Die weiteren Beratungen über die EGKS-Nachfolge
4.6.1 Aufteilung auf die Mitgliedstaaten
4.6.1.1 Aufteilung nach Ursprung des EGKS-Vermögens
4.6.1.2 Aufteilung nach Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten
4.7 Die zweite Entschließung der Mitgliedstaaten vom 21. Juni 1999
4.8 Die konkreten Gesetzesvorlagen der Kommission
4.8.1 Entwurf eines Rahmenbeschlusses
4.8.2 Entwurf von Leitlinien für die Finanztätigkeiten
4.8.2.1 Die Vorschläge der Kommission:
4.8.2.1.1 Verwendung der Mittel
4.8.2.1.2 Anlage des Vermögens
4.8.2.1.3 Anlagearten
4.8.3 Entwurf von Leitlinien für die Forschungstätigkeiten
4.8.3.1 Die Vorschläge der Kommission
4.8.3.1.1 Ziele des FTE-Programms
4.8.3.1.2 Wichtigste Grundsätze
4.8.3.1.3 Umfang bzw. Inhalt der Leitlinien
4.8.3.1.4 Beteiligung
4.8.3.1.5 Vorschläge
4.8.3.1.6 Verträge
4.8.3.1.7 Finanzielle Unterstützung der Projekte
4.8.3.1.8 Erstattungsfähige Kosten
4.8.3.1.9 Technische Berichte
4.8.3.1.10 Jahresprüfung, Überwachung und Bewertung des Programms
4.8.3.1.11 Übergangsklausel
4.9 Die weitere Entwicklung
4.9.1 Prüfung der Rahmenentscheidung sowie der Verordnungen über die finanziellen und technischen Leitlinien durch den Rat
4.9.2 Zusatzprotokoll zum Vertrag von Nizza
4.9.3 Anpassung der Vorschläge durch die Kommission
4.9.4 Die Ratifizierung des Vertrags von Nizza
4.9.5 Irlands Referendum vom 7. Juni 2001 und mögliche Szenarien
4.9.5.1 Fristgerechte Ratifizierung des Vertrags von Nizza vor dem 23. Juli 2002
4.9.5.2 Nicht fristgerechte Ratifizierung des Vertrags von Nizza
4.9.5.3 Keine Ratifizierung des Vertrags von Nizza
5 Schlussbemerkungen
6 Anhänge
6.1 Anhang I: Die Schuman-Rede im französischen Original
6.2 Anhang II: Der EGKS-Funktionshaushaltsplan
6.3 Anhang III: Stand der Ratifizierungsverfahren des Vertrags von Nizza in den einzelnen Mitgliedstaaten
7 Abbildungsverzeichnis
8 Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
9 Quellenverzeichnis:
9.1 Literatur:
9.2 Internet:
9.3 Dossiers und Dokumente der Europäischen Kommission:
9.4 Interviews bzw. nicht veröffentlichte Dokumente:
1 Methodische Einführung
1.1 Einordnung des Themas:
Am 23. Juli 2002, also genau 50 Jahre nach seinem Inkrafttreten, läuft der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, auch EGKSV genannt, aus. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) in ihrer historischen Bedeutung - sowohl in wirtschaftlicher als auch politischer Hinsicht - zu betrachten, ihre Organe und Finanzierungsinstrumente zu beleuchten und zu bewerten und abschließend einen Ausblick auf deren Fortführung nach dem 23. 7. 2002 zu gewähren.
Die Fortführung der EGKS-Finanzierungsinstrumente ist zum einen Teil eine technische Frage, zum anderen eine rechtliche und durch das in den knapp 50 Jahren angesammelte Vermögen von ca. 1,6 Mrd. EUR auch eine wirtschaftlich bedeutende.
Wenn auch dem Auslaufen des EGKSV in der Öffentlichkeit keine allzu große Beachtung geschenkt wird - die aktuelle europapolitische Debatte beschäftigt sich vor allem mit Themen wie der Osterweiterung oder der in letzter Zeit stark angegriffenen Europäischen Union selbst - so ist es „immer wieder faszinierend, wie sehr die damaligen Überlegungen, die zur Gründung der EGKS geführt haben, heute noch von einer unglaublichen Aktualität gekennzeichnet sind und die institutionelle Problematik auch die Zukunft des heutigen Europas bestimmen wird.“1
Hinsichtlich des Schicksals der einzelnen Bestimmungen des EGKSV, vor allem in Bezug auf ihre Finanzierungsinstrumente geht es - im Hinblick auf das Auslaufen im Jahre 2002 - darum, den Übergang zum Rechtssystem des EG-Vertrages (EGV) zu organisieren, d.h. einerseits die Tätigkeiten im Rahmen der EGKS schrittweise ihrem Ende zu nähern („phasing-out“) und andererseits den Kohle- und Stahlsektor nach und nach in die Tätigkeiten der EG einzubeziehen („phasing-in“). Zudem muss bzw. musste für einige Regelungen, die sich besonders bewährt haben, die Frage aufgeworfen werden, ob und in welcher Form sie über den 23.7.2002 hinaus als sektorale Bestimmungen beibehalten werden sollten.
1.2 Abgrenzung des Themas
Das Thema dieser Arbeit bezieht sich in erster Linie auf den politischen und wirtschaftlichen Hintergrund, der zur Entstehung der EGKS geführt hat, sowie auf den ordnungspolitischen Rahmen, in welchem die Entscheidungen über eine Fortführung der EGKS- Finanzierungsinstrumente getroffen wurden und werden. Eine Evaluierung der bisherigen Finanztätigkeiten kann lediglich im Überblick erfolgen. Eine Erörterung der technischen Aspekte der Kohle- und Stahlförderung und ihrer Ergebnisse kann ebenso nur im Ansatz behandelt werden.
1.3 Gliederung der Arbeit
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel. Im Anschluss an die vorliegende Einführung wird zunächst der historische, politische und wirtschaftliche Hintergrund beleuchtet, auf dem die Idee der Gründung der EGKS basiert (Kap 2.1 - 2.3) sowie der Weg bis hin zum Gründungsvertrag mit all seinen Hürden beschrieben (Kap 2.4 - 2.6). Der darauffolgende Abschnitt widmet sich dem institutionellen Rahmen der Gemeinschaft, es werden die Organe der EGKS beschrieben, v.a. hinsichtlich der Unterschiede ihrer Kompetenzen im Vergleich zur EG (Kap.3.1), danach werden die EGKS-Finanzierungsinstrumente erklärt und die bisherigen Finanztätigkeiten überblicksmäßig beschrieben und bewertet (Kap 3.2). Der letzte Abschnitt gibt einen chronologischen Überblick über die Überlegungen und Verhandlungen, die seit Beginn der neunziger Jahre im Hinblick auf das Auslaufen des EGKS-Vertrages getätigt wurden (Kap 4.1 - 4.8) und erläutert mögliche Szenarien für den Fall, dass das Zusatzprotokoll zum Vertrag von Nizza nicht fristgerecht ratifiziert wird (Kap. 4.9). Abschließend erfolgt ein kurzes Resümee des Autors (Kap. 5)
1.4 Methodische Vorgangsweise
Der an dieses einführende Kapitel anschließende erste Teil der vorliegenden Arbeit, der sich mit der Entstehungsgeschichte der EGKS befasst und ca. ein Fünftel des Gesamtumfanges ausmacht, zitiert und fasst historische Literatur bzw. Berichte von Zeitzeugen und damaligen Protagonisten zusammen. Zielsetzung dieses Abschnittes ist es weniger, einen chronologischen Abriss der seinerzeitigen Abläufe zu liefern, sondern in erster Linie einen Einblick in die wirtschaftliche und politische Situation nach dem 2. Weltkrieg zu gewähren und die langwierigen Verhandlungen aus Sicht der beteiligten Personen zu beleuchten.
Grundlage des darauffolgenden Abschnittes ist der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Zuerst werden die Organe bzw. die Finanzierungsinstrumente gemäss den Bestimmungen des EGKS-Vertrages vorgestellt, im Anschluss daran werden die bisher erbrachten Leistungen der EGKS evaluiert. Quelle dieser Evaluierungen sind v.a. Haushaltsberichte und Arbeitsdokumente der Kommission bzw. Jahresberichte des Rechnungshofes, wobei im Hinblick auf die Vollständigkeit der Arbeit auch ergänzende Informationen aus Interviews mit Kommissionsangestellten eingeflossen sind.
Der letzte Teil und zugleich das Hauptthema der vorliegenden Arbeit ist einerseits durch Aktualität und andererseits durch teilweise Nichtöffentlichkeit gekennzeichnet. Die darin zitierten Dokumente sind fast ausschließlich Kommissionsmitteilungen an den Rat bzw. das Europäische Parlament sowie vom Rat publizierte Entschließungen in Form von Amtsblättern. Um dem Anspruch der Vollständigkeit und Konsistenz dieser Arbeit Rechnung zu tragen und eine möglichst lückenlose und verständliche Chronologie der Verhandlungen und Entscheidungen zu liefern, werden auch in diesem Abschnitt Ergänzungen von Kommissionsmitarbeitern mangels alternativer Literatur zitiert. Der letzte Punkt dieses Abschnittes zeigt mögliche Szenarien hinsichtlich der (Nicht-)Ratifizierung des Vertrags von Nizza und basiert ebenfalls auf Informationen aus persönlichen Gesprächen mit einem Mitarbeiter der Kommission.
2 Historische Entwicklung
2.1 Vorbemerkung
Am 9.5.1950 schlug Robert Schuman, damaliger französischer Außenminister, der Bundesrepublik Deutschland vor, eine Gemeinschaft im Dienste des Friedens zu gründen. Diese historische Tat verfolgte zunächst den Gedanken, die durch die jahrelang andauernden Kriegswirren gewachsene Feindschaft zwischen den einstigen Gegnern auszuräumen und so den Frieden zu sichern; gleichzeitig sollte den - durch die Kriege zum Teil schwer gezeichneten - europäischen Staaten die Möglichkeit gegeben werden, durch gemeinsame Ausübung der Souveränität ihre Einflussnahme in Europa in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wiederzuerlangen und ihre Differenzen im Sinne der gemeinschaftlichen Wirtschafts- und Handelsinteressen mit friedlichen Mitteln auszutragen.2
Im folgenden Abschnitt soll der historische Prozess, der zur Gründung der EGKS geführt hat, beginnend mit der Ausgangssituation nach 1945, den Motiven - sowohl wirtschaftlicher als auch politischer Natur - bis hin zum Gründungsablauf unter Einbeziehung der wichtigsten Akteure dargestellt werden.
2.2 Die Ausgangssituation nach dem 2. Weltkrieg
2.2.1 Der politische Kontext
Auch nach dem Ende des zweiten Weltkrieges kam Europa vorerst nicht zur Ruhe, drohte doch nach Scheitern der Moskauer Konferenz über die deutsche Frage im Jahr 19473 bereits ein neuer Krieg zwischen Ost und West. Verstärkt wurden die Spannungen durch den Aufmarsch der Kommunisten in Osteuropa sowie die bevorstehende Teilung Deutschlands. Auch die Unterzeichnung des Nordatlantik-Vertrages mit den Vereinigten Staaten am 4.April 1949, mit dem Westeuropa das Fundament für eine gemeinsame Sicherheit legte, änderte nichts am allgemein spürbaren Klima der Angst. Das Bewusstsein setzte sich durch, dass nur eine möglichst tiefe Integration der Interessen der europäischen Länder auf wirtschaftlicher und politischer Ebene unter unbedingter Einbeziehung Deutschlands4 auf Dauer den Frieden in Europa sichern und „den Jahrhunderte alten Gegensatz zwischen Deutschland und Frankreich“5 auslöschen könne.
Alle bisherigen Integrationsversuche - allen voran die am 17. März 1948 ins Leben gerufene Westunion, die am 16. April 1948 gegründete Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) sowie der am 5. Mai 1949 geschaffene Europarat6 - waren zu sehr von nationalen Interessen geprägt bzw. nicht mit ausreichender Macht versehen, um der Zielsetzung gerecht zu werden. So war u.a. eine Senkung der Zölle innerhalb der OEECMitgliedstaaten am Veto der Minister gescheitert. 7
2.2.2 Die wirtschaftliche Problemstellung
Zu den politischen Problemen kamen wirtschaftliche hinzu. Auf der einen Seite hatte der 2. Weltkrieg in Europa große Teile des Produktionspotentials zerstört, auch war der Wiederaufbau in den einzelnen Ländern durch die mangelhafte Versorgung mit Lebensmitteln und Brennstoffen gefährdet und behindert. „Das Ziel der Rekonstruktion der nationalen Wirtschaften, das unter diesen Bedingungen absolut vorrangig war, erforderte eine verstärkte Intervention des Staates in den Wirtschaftsprozess in Form von Nationalisierungen und gesamtwirtschaftlichen Plänen.“ 8
Andererseits war diese Rekonstruktion nur unter Ausschaltung von nationalistischen Bestrebungen bzw. unter Ausweitung der außenwirtschaftlichen Beziehungen und der internationalen Arbeitsteilung realistisch, wie das Negativbeispiel der „Großen Depression“ nach 1929 gezeigt hatte.
Außerdem war die Vormachtstellung der USA nach dem 2. Weltkrieg und ihre internationale Expansion auf Dauer nur durch die Öffnung von Absatzmärkten in Europa und damit durch den Prozess des Wiederaufbaus zu gewährleisten. Die US-Exporte nach Europa waren ab 1947 aufgrund des Fehlens notwendiger Devisen („Dollarlücke“) zurückgegangen, was zum Aufkauf der Überproduktion durch die USA selbst und ihrer Lieferung nach Europa führte; eine Maßnahme, die nicht nur den betroffenen europäischen Ländern, sondern auch eigenen ökonomischen Interessen dienen sollte.9
Aus Sicht der europäischen Staaten herrschte damals ein Abwägen zwischen Gründen für Einigungsbestrebungen und ebensolchen dagegen.
„So stagnierten zunächst die Ansätze zu einer regionalen Integration, wie die schon 1943/44 angeregte und 1948 in Kraft getretene Benelux-Zollunion, oder sie blieben auf dem Papier,
wie die Zollunion zwischen Frankreich und Italien, zwischen diesen beiden Ländern und den Beneluxstaaten oder zwischen der Türkei und Griechenland.“10
Nichtsdestotrotz wurde der Druck - v.a. auf Frankreich - in Richtung eines vereinten Westeuropa immer stärker und im Frühjahr 1950 war es dann soweit: Schuman erhielt von den USA und Großbritannien den Auftrag, einen Vorschlag für die Wiedereingliederung der Bundesrepublik zu unterbreiten, Frankreich musste also Farbe bekennen.11
2.3 Der Schuman-Plan
2.3.1 Die Rolle Jean Monnets
In dieser Situation wandte sich Schuman an Jean Monnet, den damaligen Leiter des Amtes für wirtschaftliche Planung und 1945 von Charles de Gaulle mit der Modernisierung der französischen Wirtschaft beauftragt. Dieser sah die Lösung der durch den „kalten Krieg“ ausgelösten Spannungen in einem vereinten Europa. Eingedenk der verschiedenen erfolglosen Einigungsbemühungen seit dem Kongress in Den Haag im Jahr 1948 war ihm allerdings bewusst, dass die Völker zu einer umfassenden Aufgabe ihrer Souveränitätsrechte noch nicht bereit waren und daher nur eine vorerst auf einzelne Bereiche beschränkte gemeinsame Entscheidungsinstanz denkbar sein könne, deren Kompetenz in der Folge Schritt für Schritt ausgedehnt werden müsse.12 Monnet machte sich mit seinem Team, bestehend aus Etienne Hirsch, Paul Reuter und Pierre Uri, an die Arbeit, wobei er auf strenge Diskretion bedacht war, um einerseits innerhalb Frankreichs Widerstände zu vermeiden und andererseits im
Ausland verfrühte Verhandlungen zu verhindern, die das Projekt gefährden, zumindest aber beeinflussen könnten.13
2.3.2 Die Erklärung vom 9. Mai 1950
Das Ergebnis dieser Überlegungen war ein nur wenige Seiten umfassendes Papier, welches sowohl bei Robert Schuman als auch beim deutschen Bundeskanzler Adenauer, den Schuman bereits „am 8. Mai von seinem Vorhaben vertraulich unterrichtet und um seine prinzipielle Unterstützung gebeten hatte“ 14, unmittelbar auf Zustimmung stieß. Es ging in diesem, am 9. Mai 1950 der französischen Nationalversammlung vorgestellten Szenario nicht länger um diplomatische Übereinkünfte zwischen Deutschland und Frankreich, sondern um eine gleichberechtigte Zusammenarbeit, die sich zunächst auf den Montanbereich beschränken, gleichzeitig allerdings auch den Grundstein für eine europäische Föderation legen sollte.15
Die Erklärung enthielt unter anderem folgende Grundsätze:
- Der Jahrhunderte alte Gegensatz zwischen Frankreich und Deutschland muss ausgelöscht werden: Der Vorschlag muss vor allem diese beiden Länder erfassen, aber offen sein für alle anderen europäischen Nationen, die seine Ziele teilen. x Es muss in einem „begrenzten, doch entscheidenden“ Punkt sofort zur Tat geschritten werden: bei der französischdeutsche Kohle- und Stahlproduktion, die einer gemeinsamen, unabhängigen Hohen Behörde zu unterstellen ist, deren Entscheidungen für alle teilnehmenden Länder bindend sein werden.16
2.3.3 Warum Kohle und Stahl
Wie bereits im vorigen Abschnitt erläutert, war sich Jean Monnet bei der Ausarbeitung seiner Ideen stets der Tatsache bewusst, dass ein allgemeines europäisches Integrationsmodell gegenüber nationalen Interessen wohl kaum durchzusetzen gewesen wäre, sondern dass man einen sektoralen institutionellen Rahmen schaffen müsse, der dann schrittweise erweitert werden könne. Dennoch war die Auswahl des Kohle- bzw. Stahlbereichs nicht zufälliger Natur:
Zum einen waren historisch gesehen Kohle und Stahl die Hauptträger der industriellen Revolution im 18. und 19. Jahrhundert, auf der die heutigen, gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter grundlegend veränderten technischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen der industrialisierten Regionen der Welt beruhen.
Die Einführung der Dampfmaschine hatte eine entscheidende Kettenreaktion in Gang gesetzt: zur Herstellung der Maschinen wurden Eisen und Stahl benötigt, für die Stahlerzeugung bzw. für den Antrieb der Dampfmaschinen war der Einsatz von Kohle vonnöten und für die Förderung der Kohle aus immer größeren Tiefen waren wiederum Stahlkonstruktionen und Dampfmaschinen nötig.17
Zum anderen waren es gerade die kohle- und stahlproduzierenden Regionen Saarland und Ruhrgebiet, die für Deutschland und Frankreich von enormer Bedeutung waren und einen ewig schwelenden Krisenherd diplomatischer Beziehungen darstellten. 18
2.4 Die Verhandlungen
2.4.1 Die Zielsetzungen
Abgesehen von der langfristig gesteckten politischen Zielsetzung eines dauerhaften Friedens in Europa hatte der Schuman-Plan kurzfristige, wirtschaftliche Ziele:
- die Modernisierung der Produktion in den Sektoren Kohle und Stahl und die Verbesserung der Qualität der Produkte,
- gleiche Produktionsbedingungen und Annäherung der Lohn- und Preisniveaus in allen beteiligten Ländern, sowie
- freier Warenverkehr der Kohle- und Stahlprodukte zwischen den Ländern.19 Zur Erreichung dieser Ziele sollte eine aus unabhängigen Persönlichkeiten - paritätisch von allen teilnehmenden Regierungen - gebildete Hohen Behörde („Haute Autorité“) geschaffen werden, deren Entscheidungen für alle bindend sein sollten. In Monnets Augen stellte die Hohe Behörde eine Art „Keimzelle einer Regierung der Vereinigten Staaten von Europa „20 dar.
Schuman und Monnet waren sich aufgrund ihrer Erfahrungen einig, dass man die Verhandlungen schnell durchführen und exakt reglementieren müsse, um zu verhindern, dass das Projekt aufgrund zu langer diplomatischer Gespräche ins Stocken geraten könnte. Deshalb begann man bereits 2 Tage nach der Rede Schumans damit, die erhofften Partner - Großbritannien, Italien sowie die Benelux-Staaten (Deutschlands Präsident Adenauer war ja bereits im Vorfeld informiert worden) - von der Idee in Kenntnis zu setzen.
Abgesehen von Großbritannien, wo lediglich die erste Reaktion positiv zu sein schien, in weiterer Folge aber Widerstände gegen die Supranationalität der Hohen Behörde auftauchten, waren alle angesprochenen Länder bereit, mit Frankreich über Details zu verhandeln. 21
2.4.2 Die Leitung unter dem Vorsitz Monnets
Wenn es auch Robert Schuman war, der mit seiner Erklärung vom 9. Mai 1950 den Grundstein für die Entstehung der EGKS gelegt hatte, so war bei den anschließenden Verhandlungen, die von einer für den 20. Juni 1950 einberufenen Regierungskonferenz - mit Delegierten aus Frankreich, Deutschland, Italien, der Niederlande, Belgiens und Luxemburgs
- unter dem Vorsitz Jean Monnets bis zur Unterzeichnung des Gründungsvertrags der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl am 18. April 1951 in Paris dauerten, seine Rolle weitgehend lediglich diplomatischer Natur. Er agierte als „politischer Arm“22, sei es, um vorhandene Bedenken potentieller Partner zu zerstreuen, sei es, um auftretende Hindernisse von außen auf politischer Ebene zu überwinden. Der Mann, der die internen Verhandlungen der Sechs leitete, war gleichzeitig der geistige Vater des Schuman-Plans, Jean Monnet.23
In seiner kurzen Antrittsrede bei der Pariser Regierungskonferenz wies Schuman auf die bahnbrechende Kühnheit („hardiesse novatrice“24 ) des Vorhabens hin, die die Delegierten motivieren müsse, überließ aber dem „faktischen Leiter“ der Konferenz, Jean Monnet, einen fast unbeschränkten Verhandlungsspielraum, nahezu unabhängig vom französischen Kabinett.25
2.4.3 Die Schwierigkeiten
Die größte Bedrohung der Verhandlungen kam von britischer Seite. Die Konservativen Großbritanniens, von Beginn an gegen die Schaffung einer supranationalen Behörde eingestellt, präsentierten am 8. August 1950 dem Europarat in Straßburg einen Alternativvorschlag, den Jean Monnet seinerseits als „nicht zu akzeptierendes Koordinationsabkommen der nationalen Regierungen mit einer Stimmenverteilung zugunsten der Briten“ kategorisch ablehnte.26
In seiner Rede vor dem Europarat am 10. August 1950 präzisierte Schuman die ablehnende Haltung Frankreichs und erläuterte die Notwendigkeit einer Hohen Behörde mit eigenständiger Autorität und eigenständiger Verantwortung als einzige Möglichkeit, die nationalen Egoismen und Gegensätze zu überwinden: „J’accepte … le principe d’une renonciation à des droits souverains, non pour elle-même, non comme une fin en soi, mais comme une nécessité, comme le seul moyen que nous avons de surmonter les égoismes nationaux (et) les antagonismes ... qui nous tuent.“27
Großbritannien konnte das Abstimmungsergebnis zugunsten des Schuman-Plans zwar nicht verhindern, aber zumindest erreichen, dass eine Basis gefunden würde, die es allen kohle- und stahlproduzierenden Ländern ermöglichte, gleichermaßen am Plan teilzunehmen.
Von amerikanischer Seite kam Druck auf die Verhandlungen, da die USA aus Gründen der Sicherheit in Westeuropa mehrfach für eine Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland eintraten, was die übrigen Verhandler unter Zeitdruck brachte und die Position der BRD innerhalb der Sechs stärkte.28
2.4.4 Die Position Deutschlands
Wie erwähnt, war der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer noch vor der französischen Nationalversammlung über den Schuman-Plan informiert worden. Seine Reaktion war spontan und sehr positiv, zumal Adenauer selbst bereits in den zwanziger Jahren als Kölner Oberbürgermeister eine wirtschaftliche Verflechtung zwischen Frankreich und Deutschland vorgeschwebt war. Nun bot sich die historische Gelegenheit, erstmals seit der Kapitulation Hitlers im Jahre 1945 gleichberechtigt an einer Aufgabe mitzuwirken, eine Gleichberechtigung, die für den durch Restriktionen nach wie vor außenpolitisch erheblich eingeschränkten Staat nicht selbstverständlich war.
Wie Monnet und Schuman sah Adenauer in dem französischen Projekt einen ersten Schritt auf dem Weg zu einer politischen Föderation Europas, eines Europa, das sich im Laufe der Zeit zur „dritten Kraft“ entwickeln könnte.
2.4.5 Die Verhandlungen der Sechs
Auch wenn die Grundsätze29 des Schuman-Plans von den an den Verhandlungen beteiligten Staaten positiv gesehen wurden, galt es in Detailfragen noch Wesentliches abzuklären.
In den Niederlanden hatten zahlreiche Minister Bedenken, dass die Interessen der kleinen Mitgliedstaaten denen der großen Länder untergeordnet sein würden, doch konnten Außenminister Stikker und Wirtschaftsminister Van den Brink - unterstützt vom Regierungsberater Dirk Spierenburg - die Regierung von einer Teilnahme an den Verhandlungen überzeugen.
Weit problematischer schien v.a. den Benelux-Staaten die Macht der Hohen Behörde zu sein: man befürchtete eine Diktatur dieses Organs, das niemandem gegenüber verantwortlich wäre.
Am 14. Juni 1950 schlug die niederländische Delegation vor, der Hohen Behörde einen Rat der Minister vor- bzw. ein Berufungsgericht zur Seite zu stellen. Monnet wusste, dass man einen Kompromiss würde eingehen müssen.
2.4.6 Der Kompromiss
Nachdem Monnet auf der Unabhängigkeit der Hohen Behörde bestanden hatte, ohne die das Projekt unbedingt zum Scheitern verurteilt wäre, präsentierte Dirk Spierenburg im Namen der niederländischen Regierung und im Einverständnis mit den anderen Delegationen ein Modell, in welchem der Ministerrat der Hohen Behörde nicht mehr übergestellt war, sondern zusammen mit einem Gerichtshof und einer „Gemeinsamen Versammlung“ die Organe der EGKS darstellen sollte.
Der schließlich gefundene Kompromiss unterschied zwischen den Befugnissen der Hohen Behörde, was die betroffenen Sektoren direkt betraf - hier sollte die Hohe Behörde die alleinige Entscheidungsbefugnis haben - und ihrer Macht bezüglich wirtschaftlicher Auswirkungen, die nur indirekt mit den Sektoren zusammenhingen. Im letzteren Falle sollten Entscheidungen nur mit Mehrheitsbeschluss des Ministerrates getroffen werden können. 30
Bevor der Vertrag über die Gründung der EGKS unterzeichnet werden konnte, musste noch eine Einigung über die Einbindung zweier umstrittener - weil wirtschaftlich ungemein bedeutender - Regionen in das EGKS-Regulativ erzielt werden: die Integration des Saarlandes sowie des Ruhrgebietes, dessen Kohle- und Stahlproduktion seit 1948 von der Internationalen Ruhrbehörde kontrolliert wurde.
In einem Kompromiss einigten sich Schuman und Adenauer, das Saarland, das seit 1947 wirtschaftlich an Frankreich gekoppelt und seit 1950 politisch unabhängig war, in französischer Vertretung in die Gemeinschaft einzugliedern. Mit den Vereinigten Staaten und
Großbritannien vereinbarten die Sechs, die internationale Ruhrbehörde, der die USA, Großbritannien, Frankreich und die Benelux-Staaten sowie seit 1949 die BRD angehört hatten, durch die EGKS abzulösen.31
2.5 Der Vertrag von Paris
Am 19. März 1951 unterzeichneten die Delegierten der Sechs in Paris den EGKS-Vertrag. Es waren jedoch noch einige politische Fragen offen, deren Beantwortung man den Außenministern überließ: die Wahl der Sitze der einzelnen Organe sowie deren personelle Zusammensetzung.
Bei der am 12. Mai in Paris begonnenen Außenministerkonferenz einigte man sich - die einzelnen Organe der EGKS betreffend - auf folgende Regelungen:
- Die Hohe Behörde werde aus 9 Vertretern bestehen, 2 aus Deutschland und Frankreich, jeweils einer aus den restlichen Mitgliedstaaten und ein von den anderen 8 gewählter. Ihre Amtszeit werde 6 Jahre, die des Präsidenten 2 Jahre betragen. x Im Rat der Minister gelte gleiches Stimmrecht für alle Mitgliedstaaten, jeder Staat könne ein Regierungsmitglied entsenden.
- Für die Gemeinsame Versammlung beschloss man eine Aufteilung auf jeweils 18 Sitze für Frankreich, Deutschland und Italien, 10 für Belgien und die Niederlande sowie 4 für Luxemburg, was - zum Unterschied vom Europarat - den Vorteil für die Benelux-Staaten hatte, dass sie zusammen über mehr Stimmen verfügen würden als jeder der drei Partner. Die Entscheidung über den Wahlmodus der Abgeordneten - ob durch das nationale Parlament oder direkt durch das Volk gewählt - überließ man dem jeweiligen Mitgliedsland.
- Für die Wahl der Mitglieder des Gerichtshofs einigte man sich auf eine Lösung entsprechend jener der Hohen Behörde.32
Ohne dass man sich über die Frage des Sitzes geeinigt hatte, wurde am 18. April 1951 der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften mit einer Laufzeit von 50 Jahren unterzeichnet. Der Vertrag bestand aus einer Präambel, die die Schuman-Deklaration vom 9. Mai 1950 wiedergab, sowie aus 100 Artikeln, die auf vier Titel aufgeteilt waren.
2.6 Die letzten Hürden bis zum Inkrafttreten
2.6.1 Die Ratifikationsdebatten
Bevor der EGKS-Vertrag in Kraft treten konnte, musste er noch von den sechs Parlamenten ratifiziert werden. In allen Ländern gab es mehr oder weniger große politische Gruppierungen, die gegen die Hohe Behörde votierten oder ihr zumindest kritisch gegenüberstanden.
In den Benelux-Staaten stimmten lediglich die Kommunisten gegen den EGKS-Vertrag, wiewohl es auch von liberalen Gruppierungen negative Äußerungen über die „autoritäre und diktatorische Macht“33 der Hohen Behörde gab. In Italien kam die Opposition von einigen Sozialisten, aber auch von rechten Abgeordneten. Am stärksten manifestierten sich die Vertragsgegner in der Bundesrepublik Deutschland und in Frankreich.
In der BRD waren es die Sozialisten unter Kurt Schumacher, die unter den ausgehandelten Bedingungen strikt gegen die Ratifizierung des Vertrags eintraten. Sie fürchteten eine politische, militärische und wirtschaftliche Hegemonialstellung Frankreichs, forderten eine Einbeziehung Großbritanniens und eine Ausdehnung der Integration über den Kohle- und Stahlsektor hinaus. Auch befürchteten sie, dass durch die starke Bindung an den Westen eine Wiedervereinigung Deutschlands unmöglich gemacht würde.
Da der mächtige Gewerkschaftsbund die sozialistische Position aber nicht teilte und Adenauer das Wiedererlangen einer politischen Gleichberechtigung als den großen politischen Erfolg aus der Sicht Deutschlands präsentierte, wurde der Vertrag am 11.1.1952 vom Bundestag und am 1.2.1952 vom Bundesrat angenommen.34
In Frankreich hatte sich nach den Wahlen von 1951, die einen Aufstieg der Gaullisten und einen starken Rückfall der Republikanischen Volksbewegung nach sich gezogen hatten, die Stimmung gegen die EGKS verschärft. Die Gaullisten befürchteten die Gefahr eines zu starken Deutschlands und eine Gefährdung der Beziehungen zum Osten.
Mit den Stimmen der Sozialisten, der radikalen Gruppierungen, der Republikanischen Volksbewegung und der Unionsparteien wurde jedoch der EGKS-Vertrag am 13.12.1951 von der Parlamentarischen Versammlung angenommen und am 1.4.1952 vom Senat ratifiziert.35
2.6.2 Die Wahl des Sitzes
Da man sich vor der Unterzeichnung des EGKS-Vertrags über den Sitz der Hohen Behörde und der anderen Institutionen nicht einigen konnte, war dies parallel zu den auf nationaler Ebene abgelaufenen Ratifikationsdebatten ein noch zu lösendes Problem. Zu diesem Zweck wurde eine „Interimistische Kommission zum Schuman-Plan“36 geschaffen.
Eine detaillierte Darstellung der Problematik hinsichtlich des zukünftigen Sitzes würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Festzuhalten ist jedoch, dass die Diskussionen um den zukünftigen Sitz sich als schwierigste Mission der Etablierung der EGKS erweisen sollten.
Die deutsche Delegation plädierte für Luxemburg als Sitz der Hohen Behörde und Den Haag als Sitz des Gerichtshofs, Belgien favorisierte Lüttich, Frankreich hielt sich anfangs aus der Diskussion zurück, Italien war für Paris oder Luxemburg und die Niederlande wollten in erster Linie Den Haag als Sitz des Gerichtshofs. Saarbrücken, mittlerweile als Kandidat gehandelt, wurde von Belgien abgelehnt, Italien bestand auf einem gemeinsamen Sitz für alle Organe, die Niederlande schlugen Brüssel anstatt Lüttichs vor. Die Nationalismen waren stärker zu spüren als in den gesamten Verhandlungen davor.
Man traf sich am 23. Juli 1952, um das Problem endgültig zu lösen. Monnet wies nochmals eindringlich darauf hin, dass am nächsten Tag die Abtretungserklärung der Internationalen Ruhrbehörde zu unterzeichnen sei.
In einem 16stündigen Verhandlungsmarathon einigte man sich schließlich auf Luxemburg als Sitz der Hohen Behörde, weniger im Einklang denn vielmehr in Ermangelung desselben.37
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1 Delors, Jaques, in Spierenburg/Poidevin, Préface, 1
2 Vgl. Fontaine, Pascal: Ein neues Konzept für Europa - Die Erklärung von Robert Schuman - 1950 - 2000, 5 5
3 Vgl. Die Geschichte des 2. Weltkriegs, http://www.wk-2.de/deutschland_1945.html
4 Vgl. Spierenburg/Poidevin, 4
5 Schuman, Erklärung vom 9. Mai 1950, http://www.europa.eu.int/abc/symbols/9-may/decl_de.htm
6 Vgl. Die Geschichte der Europäischen Union, http://www.europa.eu.int/abc/history/index_de.htm
7 Vgl. Spierenburg/Poidevin, 1f
8 Statz, Albert, Zur Geschichte der westeuropäischen Integration bis zur Gründung der EWG, in Deppe, 111
9 vgl. Statz in Deppe, 111ff
10 Statz in Deppe, 116
11 Vgl. Fontaine, 10
12 Vgl. Fontaine, 11f
13 Vgl. Spierenburg/Poidevin, 6
14 Schwabe, Klaus, Konrad Adenauer und der Schuman-Plan, in Schwabe, 131
15 Vgl. Fontaine, 12f
16 Die gesamte Schuman-Rede im französischen Original ist im Anhang zu finden
17 Vgl. Kremer, Udo: Die Perspektiven der Forschungsförderung auf dem Europäischen Kohle- und Stahlsektor im Hinblick auf das Auslaufen des EGKS-Vertrages im Jahre 2002, 11
18 Vgl. Spierenburg/Poidevin, 5
19 Vgl. Spierenburg/Poidevin, 10
20 Spierenburg/Poidevin, 11
21 Vgl. Spierenburg/Poidevin, 11f
22 Spierenburg/Poidevin, 4
23 Vgl. Poidevin, Raymond, Le rôle personnel de Robert Schuman dans les négociations CECA (juin 1950-avril 1951), in Schwabe, 105ff
24 Poidevin in Schwabe, 105
25 Vgl. Griffiths, Richard T.: The Schuman Plan Negociations: The Economic Clauses, in Schwabe, 39
26 Vgl. Poidevin in Schwabe, 106f
27 Poidevin in Schwabe, 106
28 Vgl. Spierenburg/Poidevin, 5f
29 Vgl. Spierenburg/Poidevin, 12ff
30 für Details vgl. Spierenburg/Poidevin, 19ff
31 für Details vgl. Poidevin in Schwabe, 108ff
32 Vgl. Spierenburg/Poidevin, 30ff
33 Spierenburg/Poidevin, 41
34 Vgl. Spierenburg/Poidevin, 42
35 Vgl. Spierenburg/Poidevin, 43
36 „commission intérimaire du plan Schuman“, Spierenburg/Poidevin, 44
37 Vgl. . Spierenburg/Poidevin, 44ff
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