Die sechsjährige Periode vom Sechs-Tage-Krieg bis zum Oktoberkrieg in Bezug zur Siedlungspolitik Israels und den Großmachtinteressen


Hausarbeit, 2003

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

Einleitung

1. Definitionen
1.1. Frieden
1.2. Krieg

2. Die UN-Resolution 242

3. Großmachtinteressen im Nahen Osten
3.1. Die Rolle der Vereinigten Staaten
3.2. Die israelische Lobby und der Kongress
3.3. Die Rolle der Sowjetunion und der ‚Abnutzungskrieg’

4. Die Siedlungspolitik

5. Der Weg zum Oktoberkrieg

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung:

Am 6. Oktober 1973 detonieren zwei Sprengladungen am Ostufer des Suezkanals. Ägyptische Froschmänner haben die Sprengladungen in der Nacht zuvor unter Wasser in die Sandauf­schüttung der israelischen Befestigungen gebohrt.[1] Mit diesem Ereignis beginnt der vierte Nahostkrieg, in dem Israel völlig überraschend von Ägypten und Syrien angegriffen wird. Sowohl Juden als auch Araber befanden sich innerhalb ihrer Feiertage. Die Israelis feierten den Beginn des Yom-Kippur-Festes, weswegen dieser Krieg von ihnen ‚Yom-Kippur-Krieg’ genannt wird. Die Araber befanden sich im islamischen Fastenmonat Ramadan. Aus diesem Grund titulieren sie diese Auseinandersetzung als den ‚Ramadan-Krieg’. Hier soll die wert­freie Bezeichnung ‚Oktoberkrieg’ Verwendung finden.

Ziel der Angreifer war die Rückeroberung der 1967 im Sechs-Tage-Krieg verlorenen Ge­biete. In jenem Krieg gelang es dem israelischen Militär, die gesamte Sinai-Halbinsel, den Gazastreifen, das Westjordanland, die syrischen Golanhöhen und Ost-Jerusalem zu erobern. Der Sechs-Tage-Krieg wurde beendet, als der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in seinen Resolutionen 233 und 234 vom 6. und 7. Juni 1967 die Feuereinstellung verfügte. Um die Rückgabe dieser besetzten Gebiete dreht sich der Konflikt noch heute. In den darauf folgen­den Jahren waren die meisten Versuche, Friedensverhandlungen in Gang zu bringen, ebenfalls von der UNO ausgegangen.

Diese Hausarbeit soll klären, welche relevanten Friedensinitiativen es innerhalb der sechs Jahre zwischen den beiden Kriegen gab und woran sie scheiterten. Ebenso wird herausgear­beitet werden, inwiefern diese Jahre überhaupt als ‚Friedensjahre’ titulierbar sind. Dafür sind zunächst die Begriffe ‚Frieden’ und ‚Krieg’ zu definieren. Im Anschluss daran ist die Dar­stellung der Großmachtinteressen im Nahen Osten von besonderer Relevanz, da sowohl die USA als auch die Sowjetunion in den sechs Jahren zwischen den Kriegen Beziehungen ver­schiedener Art, insbesondere in der Form von Waffenlieferungen, in der Region unterhielten. Dieses lässt die These zu, dass die Großmächte gravierende Beteiligung an dem Ausbruch des Oktoberkrieges hatten. Zum Verständnis des Konfliktes ist jedoch auch die Siedlungspolitik Israels bedeutsam und somit Bestandteil dieser Arbeit. Um den Untersuchungsgegenstand zu veranschaulichen, wird diese Darstellung sowohl Grafiken einbeziehen als auch auf Literatur von Autoren unterschiedlicher staatlicher Herkunft verweisen.

1. Definitionen

1.1. Frieden

Im Verständnis der jüdisch-christlichen Tradition schloss der Friedenbegriff die innergesell­schaftliche Dimension und den Aspekt einer gerechten Ordnung ein. Zu Beginn der Neuzeit verengte sich der Begriff auf die „[...] Abwesenheit von Kriegen zwischen Staaten.“[2] Defi­niert man Frieden im eigentlichen Sinne als Abwesenheit einer militärischen Konfliktaustra­gung zwischen Staaten und Gesellschaften, dann lässt sich zwischen instabilem Frieden, der von Abschreckung und dem potentiellen Einsatz von Gewalt gekennzeichnet ist, und stabilem Frieden unterscheiden, in welchem Krieg zwischen bestimmten Staaten als Möglichkeit nicht in Betracht gezogen wird und somit nicht mehr das Verhalten von Staaten untereinander be­stimmt.[3] In dem Begriff des ‚strukturellen Friedens’ kommt die Dauerhaftigkeit zum Aus­druck, welche verstanden wird als eine von anhaltender friedlicher Koexistenz und verlässlicher zivilisierter Konfliktbearbeitung geprägte politische Ordnung.

1.2. Krieg

„[...], im allg. Sprachgebrauch die organisierte Gewaltanwendung größeren Umfangs zwi­schen Staaten (polit. Gemeinwesen) oder im Falle von Bürgerkriegen zwischen unterschiedlichen Gruppen im Rahmen eines Staates, sei es zwischen der Regierung und ge­gen sie kämpfenden bewaffneten Kräften, [...].“[4] Da es in der Politikwissenschaft derzeit keine eindeutige Differenzierung zwischen den Termini ‚Krieg’ und ‚bewaffneter Konflikt’ und den damit verbundenen erforderlichen Definitionen gibt, soll sich diese Arbeit an den Begriff von Krieg als ‚gewaltsamen Massenkonflikt’ halten, welcher die folgenden drei Cha­rakteristika hat: a) die Beteiligung von zwei oder mehr Streitkräften, darunter wenigstens bei einer Konfliktpartei reguläre Streitkräfte; b) ein Minimum an zentraler Organisation der Kriegsführung auf allen Seiten und c) eine gewisse Beständigkeit der Kampfhandlungen.[5]

2. Die UN-Resolution 242

Nachdem im Juni 1967 auf Drängen der UNO der Sechs-Tage-Krieg sein Ende fand, trafen sich bereits Anfang August die arabischen Führer in Kairo. Auf diesem Treffen wurde jedoch jegliche direkte Verhandlung mit Israel strikt abgelehnt. Der damalige israelische Außenmi­nister Eban[6] stellte die Rückgabe des größten Teils der besetzten Gebiete in Aussicht, sofern die Friedensverhandlungen Erfolg hätten. Lediglich 14 Tage später forderten die Teilnehmer einer arabischen Gipfelkonferenz in Khartum die Welt auf, sich um eine Einigung auf diplo­matischer Ebene zu bemühen, wobei die besetzten Gebiete zurück zu geben seien und dieses ohne Verhandlungen und Frieden mit Israel, ohne Anerkennung Israels, jedoch mit dem Be­harren auf den Rechtsanspruch des palästinensischen Volkes auf sein Land. Alle Versuche, diesen Gegensatz zu überbrücken, stützten sich auf die Resolution 242 des Sicherheitsrates, welche am 22. November einstimmig angenommen worden war. Diese Resolution forderte einen dauerhaften und gerechten Frieden, der auf zwei Grundsätzen beruhen sollte: Zunächst seien sämtliche Truppen aus den kürzlich eroberten Gebieten abzuziehen. Der Kriegszustand sei zu beendigen und die Souveränität aller umliegenden Staaten solle Anerkennung ebenso finden wie ihr Recht, ohne Drohungen und Gewalttaten innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen zu leben.

Diese Resolution bekräftigte auch die Notwendigkeit, „[...], die freie Schiffahrt [sic!] in die­sem Gebiet zu garantieren, eine gerechte Lösung des Flüchtlingsproblems zu verwirklichen sowie die territoriale Integrität der einzelnen Staaten durch die Schaffung entmilitarisierter Zonen sicherzustellen.“[7] Das ‚Sunday Times Insight Team’ sieht in dieser Resolution „[...] in jeder Hinsicht – ausgenommen im wichtigsten Punkt – ein Triumph der UN-Korridor-Diplo­matie und ihres eigentlichen Vaters, des britischen UN-Botschafters Lord Caradon.“[8] Das eigentlich Hervorzuhebende in dieser Resolution ist die Tatsache, dass sie ebensoviel Rück­sicht auf das Sicherheitsverlangen des Staates Israel wie auf die Forderung der Araber nach Rückgabe der besetzten Gebiete nimmt. Sie schlägt einen möglichen Denkkompromiss vor, der einen Weg zu Verhandlungen aufweist. Ruft man sich die verhärteten Fronten auf der Gipfelkonferenz von Khartum und die im Prinzip unmöglich erfüllbaren Forderungen der arabischen Welt ins Gedächtnis, kann man diese Resolution als einen ersten Durchbruch zu einer möglichen Annäherung betrachten.

Ein UN-Botschafter sollte zur Sondierung der Lage sowie für Gespräche mit den am Konflikt beteiligten Seiten benannt werden und dem Sicher­heitsrat so schnell wie möglich über die Ergebnisse seiner Bemühungen Bericht erstatten. Der UNO-Beschluss konnte jedoch infolge der regionalen und internationalen Machtkonstellatio­nen nicht realisiert werden. Syrien lehnte die Resolution ab, Ägypten und Jordanien stimmten ihr zwar zu, forderten jedoch als ersten Schritt von den Israelis den vollständigen und bedin­gungslosen Abzug aus den besetzten Gebieten. Die israelische Seite bestand, und darin wurde sie von den USA und westeuropäischen Staaten unterstützt, aus Sicherheitsgründen auf Grenzkorrekturen. Des weiteren hatte die israelische Regierung eine genaue Vorstellung über den Ablauf jeglicher Annäherung. Zunächst müsse es unmittelbare Verhandlungen zwischen Israel und den arabischen Nachbarn geben, aus denen ein Friedensvertrag hervorgeht. In die in diesem Vertrag festgesetzten Grenzen würde sich Israel schließlich zurückziehen.

Unter diesen Umständen war die Aufgabe des Sonderbeauftragten der UN, der schwedische Diplo­mat Gunnar Jarring, nicht erfüllbar. Nach mehreren erfolglosen Reisen in die Region wurde seine Mission im Jahr 1969 beendet. Hauptsächlich liegt der Grund dieses Scheiterns in der Tatsache, dass die Resolution 242 gewisse kritische Fragen unbeantwortet lässt. Zum Einen behandelt die UNO das Palästinenserproblem lediglich als Flüchtlingsfrage, zum Anderen wurde die Resolution unterschiedlich interpretiert. Nur im französischen Text wurde der „Rückzug aus den während des jüngsten Konflikts besetzten Gebieten“ gefordert, während im englischen Text der Artikel fehlte. Es war somit unklar, ob Israel sich aus allen eroberten Ge­bieten zurückziehen sollte oder lediglich aus den im letzten Krieg besetzten. Die Sowjetunion und die arabischen Staaten lasen heraus, dass es sich hierbei um sämtliche Gebiete handelte, wo hingegen die USA, England und Israel behaupteten, diese Klausel ließe die Möglichkeit der Grenzkorrektur zu.

Aus diesem Sachverhalt ließe sich schließen, dass die Bemühungen der UNO und des Sonderbeauftragten Jarring an einem Form- oder Übersetzungsfehler scheiterten. Doch kann und darf das Fehlen lediglich eines Artikels die Satzsemantik inner­halb einer Resolution derart verändern und interpretierbar machen, dass die Friedensbemühungen einer ganzen Region daran scheitern? Überhaupt kann es als fraglich angesehen werden, dass sich in einer Institution wie der UNO in einer Sache weltweiter Rele­vanz ein solcher Fehler unbemerkt so platziert, dass er offensichtlich alle Bemühungen um Frieden in der Region negiert.

Dieses lässt zwei Schlussfolgerungen zu: Die UNO war nie­mals ernsthaft an einem Frieden im Nahen Osten interessiert, was man angesichts der zweiten, wahrscheinlicheren Variante, verneinen kann. Diese Variante geht den umgekehrten Weg und fragt nach dem Abstimmungsverhalten der Mitglieder mit ihren differierenden Interessen in der Region, wenn die dementsprechende Textpassage zur Grenzsituation und dem Rückzugs­zeitpunkt Israels exakt formuliert worden wäre. Dass im gesamten Nahen Osten auch Groß­machtinteressen Relevanz besitzen und da sowohl die USA als auch die UdSSR im UN-Si­cherheitsrat ein Vetorecht besitzen, kann davon ausgegangen werden, dass man ggf. von die­sem Recht Gebrauch gemacht hätte, um seine Interessen zu wahren.

[...]


[1] Vergl. S. 7 Gerhard Konzelmann: Die Schlacht um Israel – Der Krieg der heiligen Tage, München (Verlag Kurt Desch München Wien Basel) 1974, S. 7-289.

[2] Vergl. Dieter Nohlen (u.a. Hrsg.): Lexikon der Politik, München (Verlag C.H. Beck) 1998.

[3] Ebd.

[4] Ebd.

[5] Vergl. S. 226 Gantzel / Siegelberg: Krieg und Entwicklung – Überlegungen zur Theoretisierung von Kriegsursachen unter besonderer Berücksichtigung der Zeit seit 1945, in: Rittberger (Hrsg.): Theorien der internationalen Beziehungen – Bestandsaufnahme und Forschungsperspektiven (PVS Sonderheft 21), Opladen 1990, S. 219 -239.

[6] Abba Eban, geb. 1915 in Kapstadt / Südafrika, war 1949-59 Botschafter Israels bei den UN und in den USA; 1969-74 Außenminister, ist Mitglied der Arbeiterpartei.

[7] Vergl. S. 121 Arnold Harttung (Hrsg.): Zeittafel zum Nahost-Konflikt: [1920-1979; Dokumentation], Berlin (Berlin-Verlag) 1979, S. 6-286.

[8] Vergl. S. 22 The Sunday Times Insight Team: Der Wüstenkrieg – Die dramatische Geschichte der Schlacht um Golan und den Suezkanal, Frankfurt a.M. (Fischer Taschenbuch Verlag) 1974, S. 7-255.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die sechsjährige Periode vom Sechs-Tage-Krieg bis zum Oktoberkrieg in Bezug zur Siedlungspolitik Israels und den Großmachtinteressen
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für Politische Wissenschaft)
Veranstaltung
Israel und der Nahost-Konflikt
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
18
Katalognummer
V17007
ISBN (eBook)
9783638216944
Dateigröße
412 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Hausarbeit war abschließendes Scheinkriterium eines zweisemestrigen Grundkurses. Sie erhielt 0,3 Punkte Abzug ("Defizite in der Einleitung, Bleiwüste, an einigen Stellen fehlen Literaturverweise"), wobei die ersten zwei Punkte bereits von mir nachgebessert wurden. Sie umfasst 5075 Wörter und war die beste von rund 60 abgegebenen Arbeiten (5% gut o. besser, 25% befriedigend, 70% vier - sechs). Seminarleiter war Dr. Jens Siegelberg (Leiter von www.akuf.de).
Schlagworte
Periode, Sechs-Tage-Krieg, Oktoberkrieg, Bezug, Siedlungspolitik, Israels, Großmachtinteressen, Israel, Nahost-Konflikt
Arbeit zitieren
Markus Scheliga (Autor:in), 2003, Die sechsjährige Periode vom Sechs-Tage-Krieg bis zum Oktoberkrieg in Bezug zur Siedlungspolitik Israels und den Großmachtinteressen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17007

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