Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1. Einleitung
2. Chinas Währungspolitik
2.1 Das Trilemma des Wechselkursregimes
2.2 Der Verlauf des Wechselkurses zum US-Dollar
2.3 Ist der Renminbi unterbewertet?
3. Positive Effekte auf die chinesische Volkswirtschaft
3.1 Handelsbilanz
3.1.1 Die Nachfragefunktion in der offenen Volkswirtschaft
3.1.2 Die Nettoexporte Chinas
3.2 Ausländische Direktinvestitionen
3.3 Lehren aus der Asienkrise
3.4 Fiskalpolitische Maßnahmen im ZE-AA Modell
4. Gefahren für die chinesische Volkswirtschaft
4.1 Devisenreserven
4.2 Inflation
4.3 Importierte Inflation
5. Zusammenfassung und Fazit
6. Quellen- und Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Das Trilemma der Politik in offenen Volkswirtschaften
Abbildung 2: Wechselkurs RMB pro USD
Abbildung 3: Auswirkungen eines Anstiegs der Exporte
Abbildung 4: Anteil der chinesischen Nettoexporte am BIP
Abbildung 5: Chinas größte Handelspartner 2009 nach Region und USA
Abbildung 6: Zufluss ausländischer Direktinvestitionen nach China
Abbildung 7: Wichtige Kapitalflüsse nach China
Abbildung 8: BIP-Wachstum in Asien
Abbildung 9: Durchschnittlicher Kapitalfluss nach Asien 1990-2000
Abbildung 10: Das ZE-AA Modell
Abbildung 11: Festsetzung eines Wechselkurses unterhalb des Gleichgewichtswertes
Abbildung 12: Devisenreserven für ausgewählte Länder und Euroraum in Mrd. USD
Abbildung 13: Expansive Geldpolitik in der kurzen Frist im AS-AD Modell
Abbildung 14: Expansive Geldpolitik in der mittleren Frist im AS-AD Modell
Abbildung 15: Geldmengenwachstum und Inflationsrate von China
Abbildung 16: Inflationsrate in China
Abbildung 17: Auswirkungen einer expansiven Geldpolitik des Auslandes auf den Geld- und Devisenmarkt in China Schritt 1
Abbildung 18: Auswirkungen einer expansiven Geldpolitik des Auslandes auf den Geld- und Devisenmarkt in China Schritt 2
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Unterbewertung des Renminbi nach dem Macroeconomic Balance Approach
Tabelle 2: Unterbewertung des Renminbi nach dem Kaufkraftparitäten-Ansatz
Tabelle 3: China: Big Mac Index für ausgewählte Jahre
Tabelle 4: Fehlbewertung des Renminbi mithilfe der FEER
Tabelle 5: Nettoexporte von China in Mrd. USD
Tabelle 6: Verbraucherpreisindex China 2010
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Riesige Handelsbilanzüberschüsse und Devisenreserven in Billionenhöhe machen die Wechselkurspolitik der Volksrepublik China zum Streitthema Nummer Eins auf dem internationalen Parkett.
Der Vorwurf ist immer derselbe: China manipuliere den Wechselkurs seiner Landeswährung Renminbi absichtlich, um somit stärker und auf Kosten des Restes der Welt zu wachsen. (Krugman 2010, A31) Das wirft zwangsläufig die Frage auf, welche Vorteile China durch seine Wechselkurspolitik erhält und welche Gefahren es dabei in Kauf nehmen muss. Diese beiden Fragestellungen sind Hauptgegenstand der vorliegenden Arbeit. Für die gesamte Untersuchung der verschiedenen Effekte auf die chinesische Volkswirtschaft, ist eine Abgrenzung zu anderen Wechselkursregimen zwingend erforderlich. Kapitel 2.1 stellt die verschiedenen Möglichkeiten vor, die Regierungen bei der Wahl ihres Wechselkursregimes haben und welche Ziele sie dabei (nicht) erreichen können. Es werden erste Vor- und Nachteile eines festen und flexiblen Wechselkurses festgehalten, die im Verlauf der Arbeit noch genauer betrachtet werden.
Die Wechselkurspolitik von China war eine lange Zeit von der strikten Anbindung an den US-Dollar gekennzeichnet. Seit der Mitte dieses Jahrzehnts gab es jedoch immer wieder Änderungen, die auf eine Flexibilisierung hinzielten. Um die Entwicklung Chinas in Bezug auf sein Finanzsystem nachzuvollziehen, stelle ich in Kapitel 2.2 kurz den historischen Verlauf des Renminbi-Kurses zum Dollar vor.
Darüber hinaus ist es von zentraler Bedeutung, ob der Renminbi gegenüber dem Dollar überhaupt unterbewertet und somit die internationale Kritik angemessen ist. In Kapitel 2.3 setze ich mich mit dieser Frage auseinander. Dabei werden verschiedene Schätzungen vorgestellt und ihre Ergebnisse miteinander verglichen.
Den Kern der Arbeit stellt das dritte Kapitel dar, welches die positiven Effekte der chinesischen Wechselkurspolitik beleuchtet.
Zunächst zeige ich den positiven Effekt auf die chinesische Handelsbilanz theoretisch mit Hilfe der Nachfragefunktion für offene Volkswirtschaften und anschließend empirisch anhand der konkreten Daten für China. (Kapitel 3.1)
Weitere positive Effekte haben sich in dem Bereich der ausländischen Direktinvestitionen ergeben, die ich in Kapitel 3.2 beleuchte. Kapitel 3.3 beschäftigt sich anschließend mit den Lehren, die China aus der Asienkrise gegen Ende der neunziger Jahre ziehen kann und mit der Frage, warum es diese so gut überstand.
Einen besonderen Effekt hat das chinesische Wechselkurssystem auch auf die chinesische Fiskalpolitik. In Kapitel 3.4 zeige ich diesen anhand des ZE-AA Models, welches das Gleichgewicht einer offenen Volkswirtschaft auf dem Güter- und Vermögensmarkt darstellt. Es ergeben sich jedoch auch einige Gefahren, die China mit seinem Wechselkursregime in Kauf nehmen muss, die ich in Kapitel 4 vorstelle. Dabei untersuche ich zunächst die Konsequenzen der gigantischen Devisenakkumulation (Kapitel 4.1).
Anschließend wird in Kapitel 4.2 gezeigt, dass das hohe Geldmengenwachstum Inflationsgefahren mit sich bringt, welche anhand des AS-AD Modells veranschaulicht werden. Kapitel 4.3 stellt anschließend die Problematik der importierten Inflation aus dem Ausland dar. Dazu wird ein Modell des Geld- und Devisenmarktes betrachtet. Abschließend werden die Ergebnisse der Arbeit in Kapitel 5 zusammengefasst.
2. Chinas Währungspolitik
2.1 Das Trilemma des Wechselkursregimes
Die Grundlage für jede Form der Währungspolitik offener Volkswirtschaften ist die Wahl des Wechselkursregimes. Je nach Wahl können zwei von drei wichtigen Zielen erreicht werden, die die meisten Regierungen anstreben: Wechselkursstabilität, geldpolitische Autonomie und freie Kapitalströme. Abbildung 1 stellt dieses Trilemma mit den drei angestrebten Zielen an den Eckpunkten dar. Es handelt sich dabei um ein Trilemma, da es unmöglich ist, alle drei Ziele gleichzeitig zu erreichen. (Krugman/Obstfeld, 2009, S. 850 ff., Mundell, 1963)
Abbildung 1: Das Trilemma der Politik in offenen Volkswirtschaften
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Krugman/Obstfeld (2006), S. 851
Jede Regierung kann also eine Seite des Dreiecks wählen und erhält die beiden angrenzenden Vorteile.
Der erhoffte Vorteil eines festen Wechselkurses ist es die Inflation niedrig zu halten und Geldwertstabilität zu gewährleisten. Argentinien hatte zum Beispiel in den neunziger Jahren ein Currency Board. Dabei verpflichtete es sich, zu einem bestimmten Wechselkurs eigene Währung gegen Dollar zu tauschen. Dennoch kam es 2001 zu einer Währungskrise, da es versäumt hatte, seine Schwächen auf dem Arbeitsmarkt und im öffentlichen Finanzwesen ausreichend zu bekämpfen woraufhin die Parität aufgeben musste. (Krugman/Obstfeld, 2009, S. 845 ff.)
Der Euroraum dagegen hat mit dem Euro einen flexiblen Wechselkurs, der eine autonome Geldpolitik für den Euroraum als Ganzes erlaubt. Diese kann für makroökonomische Stabilisierungsmaßnahmen eingesetzt werden, sollte Einigkeit der adäquaten Maßnahmen innerhalb des Eurosystems bestehen. Zwar ist dies selten der Fall, jedoch bietet die gemeinsame Währung auch Planungssicherheit innerhalb des Eurosystems. Wechselkursschwankungen gegenüber anderen Währungen dagegen müssen in Kauf genommen werden, welche mit einer gewissen Planungsunsicherheit einhergehen. (Krugman/Wells, 2010, S. 1129-1132)
China hat sich Mitte der neunziger Jahre für einen festen Wechselkurs mit dem Dollar als Ankerwährung entschieden, muss aber auf freie Kapitalströme verzichten. Mit dieser Option verpflichtet sich die chinesische Regierung, den angestrebten Wechselkurs aktiv zu stützen. Die Kapitalverkehrskontrollen sind ein Teil dieser Stütze, da es Ausländern erschwert wird, Renminbi zu erwerben und somit große Nachfrageschwankungen auszulösen. Außerdem bietet sich der Regierung die Möglichkeit, die Parität durch Zinssatzänderungen oder Interventionen auf dem Devisenmarkt zu gewährleisten. Abgesehen davon, dass der Wechselkurs aufrechterhalten werden muss, bietet sich aber auch in einem Festkurssystem die Möglichkeit einer Anpassung des Wertes durch einmaliges Auf- oder Abwerten der Währung. Außerdem gibt es noch Mischformen, wie z.B. das Festlegen von Bandbreiten, in denen sich ein Wechselkurs bewegen darf.
Der wichtige Unterschied zwischen einem System flexibler und fester Wechselkurse besteht in der Wertfindung des Wechselkurses. Während der Wert des US-Dollars oder des Euros durch Angebot und Nachfrage auf dem Devisenmarkt bestimmt wird, entscheidet in China die Regierung selbst, welchen Wert der Renminbi annehmen soll. (Krugman/Wells, 2010 S. 1127 ff.)
Das folgende Kapitel stellt den Verlauf des Renminbi der letzten 15 Jahre dar.
2.2 Der Verlauf des Wechselkurses zum US-Dollar
Vor 1994 hatte China ein Wechselkursregime mit zwei Wechselkursen. Dabei gab es den offiziellen Wechselkurs als sog. „Crawling Peg―, der über die Zeit in kleinen Schritten angepasst wurde aber ansonsten immer einem Zielkurs verfolgte. Der zweite Wechselkurs war der auf dem Geldaufbewahrungsmarkt und konnte frei „floaten―, d.h. er wurde durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Als der Renminbi (RMB oder CNY) gegenüber dem US- Dollar (USD) schlagartig um knapp ca. 50 Prozent abgewertet hatte (s. Abb. 2), wurde der Mechanismus für die Festlegung des offiziellen Wechselkurses 1994 neu bestimmt. Beide Kurse verschmolzen zu einem einheitlichen offiziellen Wechselkurs und gingen über in das „managed floating―. Dabei kann sich der Wechselkurs unter Vorbehalt frei bewegen, d.h. dass die Währungsbehörde bei Bedarf intervenieren kann. Während der RMB in der Zeit zwischen 1994 und 1997 um 4,8 Prozent aufwertete konnte ab 1997 der Wechselkurs gegenüber dem Dollar täglich nur noch in sehr kleinen Margen angepasst werden. Es bestand dann sieben Jahre lang eine feste Anbindung mit einem Verhältnis von 8,28 RMB pro Dollar. Selbst im Verlauf der Asienkrise gegen Ende der neunziger Jahre behielt China diese Parität aufrecht, während seine Nachbarländer abwerteten und somit die Exporte Chinas relativ verteuerten. Dies brachte China international viel Anerkennung ein. Im Sommer 2005 wich die Regierung schließlich von dem festen Wechselkurs ab und band den Renminbi fortan an einen Währungskorb, in welchem der Dollar trotzdem noch ein großes Gewicht hatte. (Fischer 2006, BIS 2008, S. 149 ff., Caspers 2002, S. 141 ff., 150 ff.)
Abbildung 2: Wechselkurs RMB pro USD
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Federal Reserve (2011)
In Abbildung 2 ist die Entwicklung des Renminbi zum US-Dollar abgetragen. Die y-Achse besagt, wie viele Yuan man für einen US-Dollar bekommt. Die grauen Streifen stellen Rezessionen in den USA dar. Es fällt auf, dass während der Rezession zum Anfang des Jahrtausends ebenfalls keine Wechselkursänderung vorgenommen wurde. Der nächste graue Streifen skizziert die Immobilienkrise in den USA, die sich zu einer globalen Finanzkrise ausgeweitet hatte. In dieser Zeit hat die chinesische Regierung sehr wohl den Renminbi wieder fixiert, nachdem sie ihn in dem Zeitraum zuvor gegenüber dem Dollar um ca. 21 Prozent hat aufwerten lassen. (Stier et al, 2010, S. 13)
Wie man an Abbildung 2 erkennt, hat China nach der Krise seinem Wechselkurs wieder mehr Flexibilität eingeräumt.
Besonders auffällig ist weiter gehend, dass der Renminbi mittlerweile seit über 15 Jahren lang praktisch kein einziges Mal abwerten musste. Dies führte zum einen zu der erhofften Währungsstabilität, zum anderen hat es besonders bei den Handelspartnern Chinas die Frage aufgeworfen, ob der Renminbi überhaupt richtig bewertet sei. Angesichts enormer Handelsbilanzüberschüsse könnte es nämlich sein, dass China seine Währung bewusst niedrig hält, um sich so einen Wettbewerbsvorteil durch billigere Produkte im Ausland zu verschaffen. Der nächste Abschnitt befasst sich mit der Frage, ob der chinesische Renminbi richtig bewertet ist.
Außerdem nehme ich für meine weitere Analyse an, dass der chinesische Wechselkurs einem Festkurs entspricht, auch wenn dies nicht immer der Fall war.
2.3 Ist der Renminbi unterbewertet?
In dem letzten Jahrzehnt gab es verschiedene Untersuchungen, die die Fehlbewertung des Renminbi schätzen sollten. Eine Untersuchung vom Internationalen Währungsfonds von Dunaway und Li im Jahr 2005 hat jedoch ergeben, dass die Schätzungen zwischen „leicht überbewertet― bis zu einer knapp 50-prozentigen Unterbewertung reichen. Dies ist vor allem auf die Unterschiede in der Herangehensweise und den Annahmen der verschiedenen Studien zurückzuführen. Im Folgenden werden einige Ansätze, die die Fehlbewertung schätzen, vorgestellt.
Eine Herangehensweise ist der sog. „Macroeconomic Balance Approach―. Dieser umfassende Ansatz definiert im ersten Schritt eine Leistungsbilanz, aus der ehemalige Effekte heraus gerechnet werden. Im zweiten Schritt wird bestimmt unter welcher Bedingung Gleichgewicht herrschen soll, woraufhin im dritten Schritt die Entfernung der Leistungsbilanz zu diesem Gleichgewicht untersucht wird. (Dunaway/ Li, 2005, S. 4 ff.)
So definierte Goldstein 2004 das Gleichgewicht als dann gegeben, wenn der „normale― Nettokapitalzufluss ausgeglichen ist. Das ist dann der Fall, wenn die chinesische Zentralbank keine Devisenreserven zusätzlich kaufen muss, um den Wechselkurs aufrecht zu erhalten. Darüber hinaus nahm er an, dass 35-40 Prozent der Exporte importiert werden müssen und berechnete für verschiedene Preiselastizitäten der Exporte und Importe die Fehlbewertung. Mit dieser Berechnung kam er zu dem Ergebnis, dass der Renminbi zwischen 15 und 30 Prozent unterbewertet sei (s. Tabelle 1). Tabelle 1 zeigt außerdem, dass Berechnungen von Wang oder von Coudert und Couharde zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Sie verwendeten den gleichen Ansatz, allerdings gingen sie von unterschiedlichen Annahmen, insbesondere bzgl. der Gleichgewichtsbedingung aus. (Dunaway/Li, 2005)
Tabelle 1: Unterbewertung des Renminbi nach dem Macroeconomic Balance Approach
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Dunaway/Li (2005), S. 3
Eine andere Herangehensweise macht sich die Erkenntnis zunutze, dass sich der nominale Wechselkurs mit der Zeit an das Level anpasst, welches durch die Kaufkraft bestimmt wird. Dieser „Purchasing Power Parity Approach― geht davon aus, dass kurzfristig verschiedene Faktoren den Wechselkurs davon abhalten, sich seinem langfristigen Kurs anzunähern. Es wird demnach direkt ein Modell geschätzt, welches den realen Wechselkurs bestimmen soll. Auch wenn bei dieser Herangehensweise weniger Informationen benötigt werden, so variieren ebenso diese Ergebnisse sehr stark voneinander. (Dunaway/Li, 2005, S. 8 ff.) In Tabelle 2 sind die Ergebnisse dieses Ansatzes dargestellt.
Tabelle 2: Unterbewertung des Renminbi nach dem Kaufkraftparitäten-Ansatz
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Dunaway/ Li (2005), S. 6
Ein etwas gröberes Werkzeug zur Berechnung der Fehlbewertung einer Währung ist der bekannte Big Mac Index von der Zeitschrift „The Economist―. Dieser geht auch den Weg über die Kaufkraftparität, die besagt, dass der Wechselkurs langfristig Unterschiede in den Preisniveaus beider Länder darstellt. Es wird vorausgesetzt, dass ein homogenes Gut - der Big Mac von McDonalds - nach der Umrechnung gleich teuer sein sollte, wenn eine Währung richtig bewertet ist. Mieten, Transportkosten, Löhne usw. werden dabei allerdings vernachlässigt. Die Differenz stellt dann die Fehlbewertung dar. In Tabelle 3 erkennt man, dass der Renminbi gegenüber dem Dollar im Juli 2010 immer noch zu 47,7 Prozent unterbewertet sein soll. (Economist, 2004, 2008-10, Blanchard/Illing, 2006, S. 524 f.)
Tabelle 3: China: Big Mac Index für ausgewählte Jahre
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Economist (2004, 2008-10), Blanchard/Illing (2006), S. 534 f., Eigene Darstellung
Da der Big Mac Index nicht sehr genau ist, sollte man sich in diesem Fall auf die Aussagekraft beschränken, dass der Renminbi evtl. stark unterbewertet ist, aber weniger stark als noch im Dezember 2004.
Schließlich haben Cline und Williamson 2010 eine aktuelle Studie durchgeführt. Sie gehen u.a. davon aus, dass bei einem Gleichgewichtskurs (FEER = Fundamental Equilibrium Exchange Rate) die Leistungsbilanz nicht mehr als drei Prozent vom BIP abweichen darf. Dadurch wäre gewährleistet, dass kein Land zu hohe Schulden im Ausland anhäufen kann. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass im Mai 2010 der Renminbi nur noch um 24,2 Prozent unterbewertet sei (s. Tabelle 4). Auffällig ist außerdem, dass sich die Unterbewertung im Gegensatz zum Vorjahr verkleinert hat, aber zum Jahr 2008 kaum veränderte. Leider wurde in allen drei Jahren eine leicht abgeänderte Bewertungsgrundlage benutzt, so dass man nicht ganz objektiv vergleichen kann. Wichtig ist aber, dass sie einschätzen, dass die Fehlbewertung eher halb so stark ist, als der Big Mac Index suggeriert. (Cline/Williamson, 2010)
Tabelle 4: Fehlbewertung des Renminbi mithilfe der FEER
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Cline/Williamson (2010), Weltbank (2010a), Eigene Darstellung
Vor dem Hintergrund der verschiedenen Schätzungen bleibt festzuhalten, dass der Renminbi gegenüber dem Dollar definitiv unterbewertet war und mindestens leicht unterbewertet ist. Auf keinen Fall aber ist er überbewertet. Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass der Renminbi unterbewertet ist.
3 Positive Effekte auf die chinesische Volkswirtschaft
3.1 Handelsbilanz
3.1.1 Die Nachfragefunktion in der offenen Volkswirtschaft
Die Unterbewertung des Renminbi sorgt dafür, dass chinesische Produkte im Vergleich zu ausländischen Produkten konkurrenzfähiger sind. Während normalerweise - in einem System flexibler Wechselkurse - eine Währung aufwerten muss, wenn ihre Wirtschaft stärker wächst[1], bleibt der Wert der chinesischen Währung in Dollar konstant. Somit steigt der Preis chinesischer Importe für das Ausland durch den Wechselkurs nicht. Im Folgenden möchte ich den Effekt auf die Nettoexporte Chinas anhand der Nachfragefunktion in offenen Volkswirtschaften darlegen. Dafür gebe ich einen kurzen Überblick über die wesentlichen Erkenntnisse von Blanchard/Illing, die in der weiteren Betrachtung vorausgesetzt werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Gütermarkt ist demnach im Gleichgewicht, wenn die inländische Produktion Y der Nachfrage nach inländischen Gütern Z entspricht (s. Gleichung 3).
Abbildung 3: Auswirkungen eines Anstiegs der Exporte
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an Blanchard/Illing (2006), S. 549
[...]
[1] Durch eine höhere Produktion erhöht sich auch die Nachfrage nach Renminbi. Bleibt das Geldangebot und das Preisniveau konstant, muss auch der Zinssatz steigen, damit sich der Geldmarkt im Gleichgewicht befindet. Ein höherer Zinssatz verspricht Investoren eine höhere Rendite auf chinesische Anleihen und der Wechselkurs muss durch die Arbitrage-Bedingung der Zinssatzparität steigen, um die Rendite im In- und Ausland anzugleichen. (Blanchard/Illing, 2006, S. 106-113, S. 531-534)