Werkvergleich "Der Besuch der alten Dame" – "Mondfinsternis" (Friedrich Dürrenmatt)


Facharbeit (Schule), 2011

18 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Hinführung

2. Friedrich Dürrenmatt

3. Der Besuch der alten Dame
3.1 Entstehung
3.2 Handlung
3.3 Interpretation

4. Mondfinsternis
4.1 Entstehung
4.2 Handlung
4.3 Interpretation

5. Vergleich der Texte
5.1 Claire Zachanassian – WaltLotscher
5.2 Alfred Ill – Adolph Mani
5.3 Güllen – Flötenbach

6. Definition der Gerechtigkeit nach Friedrich Dürrenmatt

7. Quellen

1. Hinführung

Friedrich Dürrenmatts tragische Komödie „Der Besuch der alten Dame“ erfreut sich noch heute, gut 50Jahre nach ihrer Veröffentlichung, großer Beliebtheit.

Nach wie vor wird das bekannte Theaterstück des Schweizers auf zahlreichen, internationalen Bühnen adaptiert und ist gleichsam mit den „Physikern“ in den Lehrplänen deutscher Schulen zu finden.

Weitaus weniger bekannt ist jedoch, dass Dürrenmatt die Thematik dieses Werkes bereits einige Jahre zuvor in seiner Novelle „Mondfinsternis“ formuliert hatte, die später die Grundlage, des berühmt gewordenen Stückes werden sollte.

Nach einer kurzen Abhandlung über die beiden Werke, wird sich eine Untersuchung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Schriften anschließen.

Abschließend wird sich der Aufsatz noch mit Dürrenmatts Verständnis von Gerechtigkeit befassen.

2. Friedrich Dürrenmatt

Der schweizerische Schriftsteller Friedrich Josef Dürrenmatt wurde am 5. Januar 1921 als Sohn eines protestantischen Pfarrers in Konolfingen bei Bern geboren.

Schon früh begeisterte er sich für die Malerei und plante diese Passion auch im späteren Leben zu verwirklichen. Nach einer kurzen Liaison mit zahlreichen Studiengängen entschied er sich allerdings 1946 freier Schriftsteller zu werden

Seinen ersten großen Bühnenerfolg erlebte Dürrenmatt jedoch erst mit dem 1952 erschienenen Titel „Die Ehe des Herrn Mississippi“, der endgültige Durchbruch gelang ihm mit seiner tragischen Komödie „Der Besuch der alten Dame“ aus dem Jahr 1956.

In den 1960er Jahren war er, dank zahlreicher Bühnenstücke, auf dem Höhepunkt seiner schriftstellerischen Karriere angelangt.

Aber auch als gesellschaftskritischer Verfasser von Essays, Vorträgen und Festreden nahm er Stellung zum aktuellen politischen Geschehen. So wohnte er unter anderem der 1987 von Michael Gorbatschow einberufenen Friedenskonferenz in Moskau bei.

Für sein literarisches Schaffen erhielt der Schweizer Autor zahlreiche Auszeichnungen und Preise, wie beispielsweise den „Großen Schillerpreis“, die „Buber-Rosenzweig-Medaille“ sowie mehrere Ehrendoktorwürden.

Friedrich Dürrenmatt starb am 14. Dezember 1990 im Alter von 69 Jahren in seinem Haus in Neuenburg.

3. Der Besuch der alten Dame

3.1 Entstehung/ Allgemein

Die tragische Komödie Dürrenmatts erschien 1955/56 und wurde bereits wenige Monate später am 29. Januar 1956 im Schauspielhaus Zürich uraufgeführt (mit Therese Giehse als Claire Zachanassian und Gustav Knuth als Ill).

Das Rachemotiv im „Besuch der alten Dame“ behandelte der Autor zuvor bereits in der 1953/54 verfassten Novelle „Mondfinsternis“.

„Zuerst hatte ich die Grundidee zur Story, zur Geschichte. Ich versuchte eine Novelle zu schreiben, Titel: Mondfinsternis. […] Das war die erste Phase. Dann die zweite: Aus dem Auswanderer wurde eine Frau, die Multimilliardärin Claire Zachanassian. Aus dem Bergdorf: Güllen“ (Friedrich Dürrenmatt Gespräche 1961-1990. Band 1, S.124)

Eine Bahnfahrt und der Gedanke an die ökonomische Abhängigkeit der kleinen Dörfer entlang der Strecke, verleitete Dürrenmatt zur erneuten Überarbeitung seines Novellen-Fragments.

Allerdings entstand das Theaterstück nicht aus dem Streben nach literarischem Ruhm heraus, sondern vielmehr bedingt durch eine finanzielle Zwangslage.

„Ich sah darin eine bessere Möglichkeit, Geld zu verdienen, als mit dem Schreiben einer Novelle. […]“ (II.,S.221, Z.21f)

In diesem Theaterstück gelingt es dem schweizerischen Dramatiker Motive der Tragödie mit solchen der Komödie zu verbinden und so eine neue Gattung zu schaffen.

An mehreren Stellen in Friedrich Dürrenmatts modernem Werk lassen sich beispielsweise Parallelen zur klassischen griechischen Tragödie ziehen. Exemplarisch ist hierfür die Thematisierung von „ Schuld und Sühne“, „Opfer und Rache“ wie auch von „Verhängnis und Gerechtigkeit“. Auch die Chor-Parodie am Ende des dritten Aktes, ist ein weiteres gezielt verfälschtes literarisches Element, wie es oftmals im antiken Griechenland Anwendung gefunden hat.

Insbesondere das Stilmittel der Groteske charakterisiert den „Besuch der alten Dame“, und verdeutlicht durch die übersteigerte und verzerrte Reflektion der Wirklichkeit, die Amoralität und Verwerflichkeit der Geschichte.

Für den Schweizer symbolisierte dieses Werk den eigentlichen Beginn seines schriftstellerischen Schaffens, denn es verhalf ihm auch über die Grenzen der deutschsprachigen Gebiete hinaus zu Erfolg und machte ihn international bekannt.

Bis zum heutigen Tage wird Dürrenmatts Erzählung weltweit aufgeführt, sei es nun im Mannheimer Nationaltheater oder aber auch in New York und Japan.

Doch nicht nur auf den Bühnen der Welt wurde sein berühmtes Theaterstück wiederholt adaptiert, auch in zahlreichen Filmen fand diese Thematik vielfach Beachtung. So wurde der Stoff bereits sechsmal in mehr oder minder verfremdeten Fassungen verfilmt, unter anderem auch mit Anthony Quinn und Ingrid Berger in den Hauptrollen.

3.2 Inhalt

Dürrenmatts Theaterstück „ Besuch der alten Dame“ berichtet von den Ereignissen um eine rachsüchtige Milliardärin, die nach langen Jahren in der Fremde in ihr verarmtes Heimatdorf zurückkehrt, um sich dort mit ihrem Geld Gerechtigkeit zu erkaufen.

Das kleine Dorf Güllen, einstmals ein stolzes Städtchen von kultureller und wirtschaftlicher Bedeutung, liegt nun fernab und vergessen der heutigen kommerziellen Hochburgen, versunken in der Bedeutungslosigkeit und dem Verfall erliegend.

Man erwartet sehnsüchtig die zurückkehrende Claire Zachanassian, geborene Wäscher, die fernab der Heimat zu großem Reichtum gelangt war.

Doch die Freude über das Wiedersehen des verlorenen Kindes wird schon bald durch ein erschütterndes und gleichsam unmoralisches Angebot der alten Dame getrübt: Sie fordert die Einwohner dazu auf, Alfred Ill, ihren ehemaligen Geliebten, der sie geschwängert, sitzen gelassen und so zu diesem Leben gezwungen hatte, zu ermorden.

Um diese Gerechtigkeit zu erlangen und Rache zu üben, bietet sie den Güllener Bürgern als Gegenleistung für die zu begehende Gräueltat, eine Milliarde, eine Summe, die alle Not vergessen machen würde.

Die Bevölkerung ist entsetzt und lehnt das Angebot, sich auf die humanistische Tradition des Dorfes beziehend, strikt ab. Man beteuert Loyalität gegenüber dem beleibten Krämer Ill – nicht für alles Geld der Welt würde man die moralischen Ideale vergessen wollen.

Und dennoch beginnen die Güllener Schulden zu machen, der Wohlstand steigt, das Antlitz des Örtchens beginnt sich zu wandeln und mit ihm auch das Verhältnis der Güllener gegenüber dem „Angeklagten“ Ill.

Sein damaliges Handeln, wird nun immer mehr als Affront gegenüber Claire Zachanassian als auch gegenüber der sittlich-korrekten Gemeinde aufgefasst.

Ständig in der Angst vor einem Anschlag lebend, sinkt der alte Ill immer tiefer in der, durch das scheinbare moralische Gewissen bedingten, Wertung der Einwohner.

Nach einem gescheiterten Fluchtversuch jedoch, findet er sich mit seinem Schicksal ab.

Auch die Güllenern beginnen einzusehen, dass die Ermordung ihres Mitbürgers unvermeidbar ist.

Auf einer örtlichen Gerichtsverhandlung verurteilt man ihn zum Tode.

Das besagte Urteil, das alle materielle Not der Güllener zu beenden vermag, wird anschließend sofort vollstreckt.

Man attestiert Herztod, Tod aus Freude, aus Freude über die gespendete Milliarde, die Güllen aus der Armut helfen wird.

Claire reist bereits wenige Stunden später mit Ill in einem mitgebrachten Sarg ab.

3.3 Interpretation (Auszug)

Dürrenmatts tragische Komödie bietet zahlreiche Interpretationsansätze, die im Verlaufe dieser Ausarbeitung nur in Ausschnitten betrachtet werden sollen.

Die Motivik der Todesstrafe und deren Rechtfertigung, ist in Dürrenmatts Theaterstück ebenso zu erkennen wie die simple Darstellung der materiellen Macht des Geldes, die moralische Ideale ohne Umschweife ins Gegenteil verkehrt.

Im Zuge der Interpretation tritt insbesondere die Namensgebung in den Vordergrund. Das Stilmittel der sprechenden Namen, wählt der Dramatiker mit Bedacht, und erschafft so allein durch die Bezeichnung einzelner Personen oder auch Örtlichkeiten bereits ein gewisses Bildnis des zu Beschreibenden, das sich im Laufe der Handlung noch erhärtet. Beispielhaft hierfür sind unter anderem die Ortsnamen, der erwähnten Gemeinden (Vgl. Kaffingen ~ Kaff = kleine Ortschaft; I, S.14, Z.10; Kalberstadt ~ Landwirtschaft, Ländlichkeit, aber auch „Kuhhandel“, I , S.14, Z.11). Güllen selbst weist eindeutige Parallelen zum landwirtschaftlichen Abfallerzeugnis Gülle (= Urin und Kot der Nutztiere) auf, und wird hierdurch, zusätzlich zu genaueren Beschreibungen des Dorfes mittels der Regieanweisungen, als ein, sowohl wirtschaftlich als auch sozial heruntergekommenes, unattraktives Städtchen charakterisiert ( I, S.13, Z.8ff) Der Name spielt ebenfalls auf die moralische Verkommenheit der Einwohner an, die sich zwar wiederholt auf alte, humanistische Werte berufen, deren Handlungen jedoch all diesen gepriesenen Tugenden zuwiderlaufen.

Angesichts des versprochenen Betrags (Vgl. I, S.49, Z.10), sieht man leicht darüber hinweg, beziehungsweise legt sich anderweitige Betrachtungsweisen zu, um nicht der eigenen Pseudo-Moral zu widersprechen (Vgl. I, S.121, Z.13 – S.122, Z.10).

Im Bezug auf die Güllener Bürger ist besonders das Fehlen individueller Charakteristika, wie auch eigenständiger Namen auffällig (Vgl. Personenregister I, S.11 „Die Besuchten“) Durch diese Typisierung, das heißt die Schaffung einer undifferenzierten Masse, die sich auch im Verlaufe der Handlung nur wenig wandelt, ist die Identifizierung des Lesers mit den Besagten erschwert.

Die Gedanken und Beweggründe werden lediglich von den Typen des Bürgermeisters, des Lehrers, Pfarrers und Arztes artikuliert. Die Güllener selbst sind lediglich unfreiwillige Werkzeuge, gekauft und instrumentalisiert um die Rache zu erlangen, die Claire Zachanassian, augenscheinlich bereits seit Langem plant („Ließ den Plunder aufkaufen […], die Betriebe stillegen. Euer Hoffen war ein Wahn“ I, S.90, Z.3“).

Vergleichbar mit den beiden Eunuchen, die sie zur Strafe für ihr einstmaliges Handeln gemartert hat ( I, S.48, Z.24), blendet und kastriert sie die gesamte Einwohnerschaft des kleinen Städtchens.

Man wirbt mit allen Mittel um das erhoffte Geld, und nimmt, blind vor Gier, selbst den Verlust des letzten Funken Würde in Kauf. Man prostituiert sich richtiggehend dafür.

Außerdem ermöglichen die Beschreibungen, durch den fehlenden Bezug auf bestimmte Persönlichkeiten, die Übertragung des Handelns bzw. des Geschehens auf eine möglichst große Menschengruppe beziehungsweise auf alle Menschen.

Vergleichbares lässt sich auch auf das Gefolge der Zachanassian anwenden. Durch die Bezeichnung ihrer Begleiter mit Namen, die stets auf „-oby“ enden, und lediglich in Bezug auf den Anfangsbuchstaben variieren, nimmt Claire ihren Männern, ihrem Butler, den Eunuchen und den Gangstern jegliche Würde und Menschlichkeit

(Vgl. I, S.45, Z.29ff; S.47, Z.14ff).

Die „alte Dame“ geprägt durch einen, aufgrund ihrer Enttäuschungen in jungen Jahren entwickelten, immensen Männerhass, sieht in diesen Personen lediglich Nutzobjekte, als Mittel ihre Macht zu demonstrieren („Denk nach Moby.[…] Fester.“ I, S.26,.Z33 – S27. Z.3).

Sie pflegt zu keinem ihrer Männer eine sentimentale Beziehung, hält sie sich sozusagen als Schmuckstücke, die ihrer eigenen Unterhaltung dienen, austauschbare Figuren, die lediglich der Kanalisierung ihres Grolls nutzen („zu Ausstellungszwecken“ I, S.114, Z.16).

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Werkvergleich "Der Besuch der alten Dame" – "Mondfinsternis" (Friedrich Dürrenmatt)
Autor
Jahr
2011
Seiten
18
Katalognummer
V170246
ISBN (eBook)
9783640889273
ISBN (Buch)
9783640888924
Dateigröße
555 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
werkvergleich, besuch, dame, mondfinsternis, dürrenmatt), Thema Der Besuch der alten Dame
Arbeit zitieren
Lena Sauer (Autor:in), 2011, Werkvergleich "Der Besuch der alten Dame" – "Mondfinsternis" (Friedrich Dürrenmatt), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170246

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