Heinrich I - Ein deutscher König?


Seminararbeit, 2004

15 Seiten, Note: 2+


Leseprobe

Gliederung

1. Einleitung

2. Heinrich I. – Ein deutscher König?
2.1. Ausgangslage
2.2. Selbstverständnis des Königs Heinrich
2.3. Das Volk Heinrichs I
2.4 Exemplarische Betrachtung der Politik Heinrichs unter Berücksichtigung der Fragestellung
2.5 Heinrich I. aus Sicht des Chronisten (am Beispiel Widukinds von Corvey)

3. Schlußfolgerungen

4. Literatur und Quellen (alphabetisch geordnet)

1. Einleitung

„Hört! Grafen, Edle, Freie von Brabant!
Heinrich, der Deutschen König, kam zur Statt,
mit euch zu dingen nach des Reiches Recht.
Gebt ihr nun Fried' und Folge dem Gebot?“[1]

Mit diesen Worten des Heerrufers beginnt Richard Wagners Oper „Lohengrin“, die im Jahr 1850 in Weimar uraufgeführt wurde. Wagner, der die Libretti seiner Opern selbst verfaßte, kann in seinem Schaffen getrost als (Spät-)Romantiker bezeichnet werden. Seine Werke sind oft in ein historisches Umfeld eingebettet, das sich geschichtswissenschaftlich gesehen am Historismus des 19. Jahrhunderts orientiert. Schließlich verfolgte Wagner durch Teile seines Schaffens durchaus auch seine politischen Vorstellungen und Wünsche, besonders deutlich wird dies anhand der „Meistersinger von Nürnberg“. In gewisser Weise verbanden diese Wünsche Wagner mit den Historikern seiner Zeit, die, mit dem Historismus, das zu be- und ergründen versuchten, was Wagner in seinen Opern künstlerisch zum Ausdruck brachte: Eine gemeinsame deutsche Identität, die die Widersprüche deutscher Kleinstaaterei überwinden sollte. Aus heutiger Sicht haben Wagners Werke somit nicht nur eine politische sondern auch eine historische Relevanz und es stellt sich die Frage, ob der „Deutschen König“ Heinrich wirklich ein ebensolcher gewesen ist, oder ob das Lohengrin-Libretto hier nur eine Projektion der Vorstellungen und Wünsche des 19. Jahrhunderts zu Ton bringt.

Heinrich der Vogler, Heinrich der Burgenbauer und Städtegründer - aber auch Heinrich, der Deutschen König? Dies soll im wesentlichen die Kernfrage dieser Arbeit sein. Dabei wird nicht versucht eine Kritik des Historismus vorzunehmen, sondern es werden lediglich anhand einiger Fragestellungen ausgewählte Quellen und Literatur auf die Stichhaltigkeit der These hin überprüft, daß es sich bei Heinrich I. um einen deutschen König handelte. Dabei soll unter Betrachtung der Bedingungen der Ausgangslage des späteren Regierungsgebietes Heinrichs auf das Selbstverständnis des Herrschers, das seines Volkes und auch jenes des mehr oder weniger zeitgenössischen Chronisten eingegangen werden.

Zugleich wird jedoch auch der Versuch unternommen, Heinrichs Politik auf Hinweise bezüglich der Fragestellung zu untersuchen. Als wichtig wird hier vor allem die Außenpolitik erachtet werden, die bekanntermaßen durch stetige äußere Gefahren gekennzeichnet war.

Ein abschließendes Fazit wird die Ergebnisse zusammenfassen und die finale Position des Autors dieser Arbeit darlegen.

2. Heinrich I. – Ein deutscher König?

2.1. Ausgangslage

Zu Beginn des 10. Jahrhunderts hatten sich die Stammesherzöge innerhalb des Gebietes des bisherigen ostfränkischen Reiches zu einer treibenden Kraft entwickelt. Es ist deshalb interessant zu beobachten, daß der 911 zum König gewordene Konrad I. seine Legitimation als König sowohl aus seinen (ost-)fränkischen Wurzeln als auch seinem Herzogtum über die Franken zieht. Konrad wird König, nicht nur weil er als Franke im ostfränkischen Reich dazu prädestiniert ist, sondern auch, weil er als Herzog innerhalb des Reiches die Machtstellung dazu besitzt. Bei Heinrich I. hat sich diese Legitimationsbasis dann schließlich völlig von der Zugehörigkeit zum fränkischen Stamm entfernt und stützt sich im wesentlichen auf seine Macht als Herzog der Sachsen.[2]

Das Königtum stand unter Konrad I. in einer Krise: Konrad konnte sich gegenüber den anderen Herzögen nicht als primäre Macht durchsetzen. Er war de facto ein König mit der Macht eines Herzogs. Um so bedeutsamer ist es, daß das Königtum an sich trotzdem nicht erlosch und die prinzipielle Einheit des Reiches bewahrt wurde. Joachim Ehler schreibt hierzu, daß „die deutsche Ethnogenese“ so weit fortgeschritten gewesen sei, „daß es gar keine andere politische Möglichkeit als den Fortbestand des Reiches trotz seiner offensichtlichen Krise gegeben hätte.“[3] Innerhalb dieses Reiches steht der offensichtlichen Schwäche des fränkischen Elements als Legitimationsmittel die tatsächliche sich durch sich selbst legitimierende Macht der Herzöge gegenüber. Als Herzog jedoch ist Konrad I. zu schwach und offenbar auch nicht fähig genug, sich seine Herrschaft ausreichend zu sichern. Daß er in dieser Situation im Angesicht seines weltlichen Endes die Macht an seinen stärksten Kontrahenten, den Sachsenherzog Heinrich abgibt und auf eine innerfamiliäre Weitergabe verzichtet, zu der er ja an sich auch nicht ohne weiteres berechtigt war, mag dafür sprechen, daß er seine eigenen Ansprüche und die seines Stammes den Belangen seines Gesamtreiches unterordnet. Statt dessen versucht er offenbar die Geschicke des Reiches durch die Nomination eines geeigneten Nachfolgers zum Besseren zu wenden.[4]Festzuhalten bleibt, daß Heinrich sich als König nicht in einem luftleeren Raum befand, sondern daß er, wenn auch mit anderen Mitteln, daß Königtum seines Vorgängers aufnahm und dessen, wenn auch eher prinzipiell vorhandenes, Reich erbte. Im Sinne der Gesamtfragestellung stellt sich nun die Frage, ob dieses Reich bereits als ein deutsches Reich bezeichnet werden kann, ob also Heinrich quasi per „Vererbung“ deutscher König wurde.

Im Grunde genommen hatte Konrad I. Zeit seiner Regierung versucht an die karolingischen Traditionen anzuknüpfen. Nach dem Tode Ludwigs des Kindes, des letzten Karolingerabkömmlings im Ostreich, im Jahr 911, hatte Konrad, der selbst kein Karolinger war, als fränkischer Stammesherzog das Königsamt übernommen. Er konnte sich also nicht auf eine verwandtschaftliche Beziehung sondern lediglich auf seine Stammesangehörigkeit beziehen. Dies stellte im Angesicht mit den anderen Stammesherzögen als Konkurrenten eine für ihn unüberwindliche Schwierigkeit dar. Wichtiger für die Fragestellung ist jedoch, daß er versuchte die karolingische Herrschertradition beizubehalten, was als „Nicht-Karolinger“ sicherlich nicht viel Sinn machte. Er versäumte es, seine Herrschaft auf eine neue Legitimationsbasis zu stellen. Somit hinterließ er Heinrich kein originär neuartiges, deutsches, wohl aber ein noch zum Teil in alten (ost-)fränkischen Traditionen verhaftetes Reich.[5]

2.2. Selbstverständnis des Königs Heinrich

Anders als Konrad war Heinrich nicht einmal mehr Franke. Schon allein aus dieser Tatsache heraus leitet sich ab, daß hier eine Veränderung im herrschaftlichen Selbstverständnis des neuen Königs stattgefunden haben muß.

Eine praktische Auswirkung dieser Veränderung läßt sich bereits bei der Einsetzung Heinrichs als König beobachten. Er entzieht sich mit dem Hinweis auf seine eigene Unwürdigkeit der seit den Karolingern praktizierten Königssalbung.[6]

Eben diese Salbung war ein Instrument der Karolinger, daß erstmals von Pippin im Jahre 751 eingesetzt, denselben als eine Art Ersatz zur Legitimation des Königtums durch königliches Blut dienen sollte. So gelang es ihnen ihren Herrschaftsanspruch gegen die originär königlichen Merowinger sakral durchzusetzen.[7] Aus dieser Tradition schert Heinrich nun aus.

Aber ist das bereits ein Zeichen eines neuen Herrscherverständnisses, wollte Heinrich sich abgrenzen von seinen Vorgängern? Konnte das überhaupt als Abgrenzung verstanden werden, da doch auch die fränkischen Könige nach Karl dem Großen nicht eben konsequent in der Durchführung waren und sich die Tradition der Salbung erst im Rückblick als eine solche erkennen läßt? Leider kann auf diese Frage keine eindeutige Antwort gegeben werden.[8] So bleibt auch eine Schlußfolgerung im Sinne der primären Fragestellung höchst spekulativ und ist somit unbrauchbar.

[...]


[1] Wagner, Richard: Lohengrin: 1. Akt, erster Auftritt Heinrich der Vogler

[2] Vgl. Fleckenstein, Josef: Grundlagen und Beginn der deutschen Geschichte, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 1988, S. 133 ff.

[3] Ehlers, Joachim: Die deutsche Nation des Mittelalters als Gegenstand der Forschung, in: Ansätze und Diskontinuität deutscher Nationsbildung im Mittelalter, Jan Thorbecke Verlag, Sigmarigen, 1989, S. 36

[4] Vgl. Fleckenstein, a.a.O., 133 ff.; Vgl. Schneidmüller, Bernd: Heinrich I. (919- 936), in: Die deutschen Herrscher des Mittelalters, Hrsg. Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter, C.H. Beck, München, 2003, S. 20 ff.; Vgl. Diwald, Hellmut: Heinrich der Erste – Die Gründung des Deutschen Reiches, Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 1987, S. 144 ff., S. 175- 187

[5] Vgl. Keller, Hagen: Die Ottonen, C.H. Beck, München, 2001, S. 22 ff.; Vgl. Fleckenstein, a.a.O., 133 f

[6] Vgl. Widukind von Corvey, Res gestae Saxonicae I, 26; Vgl. Thietmar von Merseburg, Chronik, I,8; Vgl. Diwald, a.a.O., S. 203; Wobei anzumerken ist, daß die Salbung auch schon vor Heinrich nicht durchgängig durchgeführt wurde.

[7] Vgl. Fleckenstein, a.a.O., S. 74 -78

[8] Vgl. Vgl. Schneidmüller, a.a.O., S. 23 f.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Heinrich I - Ein deutscher König?
Hochschule
Universität Potsdam
Note
2+
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V170615
ISBN (eBook)
9783640895427
ISBN (Buch)
9783640895915
Dateigröße
396 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Heinrich I., deutscher König, Mittelalter, deutsche Geschichte
Arbeit zitieren
Ullrich Müller (Autor:in), 2004, Heinrich I - Ein deutscher König?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170615

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