„Homo homini lupus est“ – „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“. Dieser allseits bekannte hobbessche Satz aus der Widmung seines „De Cive“ an William Cavendish lässt das Menschenbild von Thomas Hobbes (1588 – 1679), aus dem sich sein Leviathan zwangsläufig ergibt, erahnen. So wird Hobbes des Öfteren als Pessimist und Erbe des humanistischen Skeptizismus bezeichnet, dessen Grundannahmen über das Verhalten und Streben der Menschen noch in der heutigen Zeit Diskussionsstoff bieten.
Auf der anderen Seite steht John Locke (1632 – 1704), der seine Aufgabe in der Welt nicht im Wissen aller Dinge sah, wohl aber im Wissen um die Dinge, die menschliches Verhalten betreffen. Der Staatstheoretiker sah im Liberalismus jene Staatsform, die der Freiheit des Individuums die bestmöglichen Entfaltungsmöglichkeiten in einer Gesellschaft geben würde. So wird die individuelle Freiheit in seiner Schrift „Two Treatises of Government“ über gesellschaftliche Zwänge gestellt.
Während sich aus dem hobbesschen Gedankenkonstrukt des Naturzustands zwangsläufig ein autoritärer Staat entwickelt, folgert Locke aus seinem Naturzustand einen Nachtwächterstaat samt Gewaltenteilung.
Hobbes und Locke gelten als Theoretiker in Zeiten des Umbruchs, die, geprägt von gesellschaftlichen, politischen, und sozialen Veränderungen, vor Geschehnisse gestellt wurden, die mit den traditionellen Denkweisen und Erklärungsmodellen nicht mehr erklärbar waren. Sei es nun die Kritik Hobbes an den scholastischen Traditionen als Reaktion auf besagte Umbrüche, oder Lockes Opposition zur absolutistischen Herrschaft: Erst ein Wandel der Welt kann einen Wandel im Denken anstoßen. Wieso aber wählten Hobbes und Locke so unterschiedliche Wege zur Erreichung von Frieden und Sicherheit in der Gesellschaft? Wieso entwickelten sie zwei derart verschiedene Souveränitätskonzepte zur Verwirklichung des gleichen Ziels?
Diese Arbeit hat sich das Ziel gesetzt, Gründe für diese Diskrepanz zu erschließen. Wenn Hobbes und Locke den Naturzustand und in diesem ihr Bild des Menschen, oder zumindest gewisse Prämissen, als Ausgangspunkt der Argumentation nehmen, scheint es dem Verfasser dieser Arbeit sinnvoll, am Menschenbild der beiden Philosophen den möglichen Grund für die unterschiedlichen Vorstellungen des Gemeinschaftswesens zu suchen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der historische und geisteswissenschaftliche Kontext
- Thomas Hobbes
- John Locke
- Die Menschenbilder von Hobbes und Locke
- Hobbes Radikalindividualist
- Der Hobbessche Egoist
- Hobbes handlungsunfreier Mensch
- Die Ungleichheit des Hobbesschen Menschen
- Das rational-empiristische Menschenbild Lockes
- Lockes Bestimmung des Menschen über seine Handlungen
- Die Freiheit der Wahl
- Die Ungleichheit der Menschen bei Locke
- Die Menschenbilder im Vergleich
- Der Naturzustand als vorstaatliche Konzeption
- Hobbes Naturzustand als Krieg aller gegen alle
- Der Natur- und Kriegszustand Lockes
- Die Naturzustände im Vergleich
- Der Leviathan und die Gewaltenteilung
- Hobbes absolutistisches Staatsmodell
- Lockes Modell der Gewaltenteilung
- Die Staatskonzepte im Vergleich
- Abschließende Betrachtung der Souveränitätskonzepte vor dem Hintergrund des jeweiligen Menschenbildes
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, warum Hobbes und Locke zu so unterschiedlichen Souveränitätskonzepten gelangten, obwohl beide das gleiche Ziel verfolgten: Frieden und Sicherheit in der Gesellschaft. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse der jeweiligen Menschenbilder und der darauf aufbauenden Konzepte des Naturzustands und des Vertrags.
- Die Menschenbilder von Hobbes und Locke im Vergleich
- Der Naturzustand als Ausgangspunkt für die Entwicklung des Staats
- Der Vertragsschluss und die Begründung des staatlichen Gewaltmonopols
- Die Souveränitätskonzepte von Hobbes und Locke im Kontext ihrer Menschenbilder
- Der Einfluss des historischen und geisteswissenschaftlichen Kontextes auf die Denkweise der beiden Philosophen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentralen Fragestellungen der Arbeit dar. Anschließend wird der historische und geisteswissenschaftliche Kontext beleuchtet, in dem Hobbes und Locke ihre Werke verfassten. Kapitel 3 beschäftigt sich mit den jeweiligen Menschenbildern der beiden Denker und stellt diese einander gegenüber. Die Kapitel 4 und 5 analysieren die Naturzustände und die daraus resultierenden Souveränitätskonzepte von Hobbes und Locke.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Souveränitätskonzepten von Hobbes und Locke im Kontext ihrer Menschenbilder. Zentrale Begriffe sind dabei der Naturzustand, der Vertragsschluss, der Leviathan, die Gewaltenteilung, der Egoismus, das Naturrecht, der Liberalismus und die absolute Macht.
- Arbeit zitieren
- Rajko Dikmann (Autor:in), 2009, Hobbes und Locke, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/170651