Annie Oakley - Die Meisterschützin des Wilden Westens


Fachbuch, 2011

50 Seiten


Leseprobe


Annie Oakley

Die Meisterschützin des Wilden Westens

Als eine der besten Schützen des Wilden Westens gilt eine Frau, die eigentlich stets im Osten der USA lebte: nämlich Annie Oakley (1860-1926), geborene Phoebe Ann Mosey. Bereits als Achtjährige ging sie auf die Kaninchenjagd. Mit 15 war sie schon eine solch tüchtige Jägerin, dass sie mit den Erlösen ihrer Wildbeute die Hypothek der Familienfarm abzahlen konnte. Später verdiente sie durch Auftritte als berühmte Kunstschützin ihren Lebensunterhalt.

Phoebe Ann Mosey kam am 13. August 1860 als fünftes Kind einer verarmten Quäkerfamilie in Ohio zur Welt. Die Angaben über die Zahl der Kinder ihrer Mutter differieren in der Literatur. Ihr Vater hieß Jacob Mosey (1799-1866) und war rund 30 Jahre älter als ihre Mutter Susan Mosey (1830-1908), geborene Wise.

Die Eltern haben 1848 im Blair County in Pennsylvania geheiratet. Aus der Ehe gingen zunächst die Töchter Mary Jane, Lyda, und Elizabeth hervor. Jacob und Susan Mosey betrieben in Hollidaysburg (Pennsylvania) eine Gastwirtschaft, die 1855 in einer Nacht niederbrannte, weil ein Gast unvorsichtig mit einer Öllampe hantiert hatte. Durch das Feuer verlor die Familie ihre Bleibe und zog nach Ohio, wo die Töchter Sarah Ellen und Phoebe Ann sowie nach diesen der Sohn John und die Tochter Hulda zur Welt kamen.

Wie bei vielen anderen bekannten Personen aus dem Wilden Westen widersprechen sich auch bei Annie Oakley die Angaben. Als ihr Familienname werden Mosey, Moses, Mauzy oder Mozee erwähnt. Geboren wurde sie entweder in der Nähe von Woodland (heute Willowdell) in Ohio oder bei North Star im Dark County in Ohio.

Zur Zeit der Geburt von Phoebe Ann hauste die Familie Mosey in einer ländlichen Region im westlichen Ohio in einer großen Blockhütte („Log Cabin“) in der Wildnis. Die Familie von Phoebe Ann baute auf kargem gepachtetem Land Getreide an, womit sie mehr schlecht als recht ihren Lebensunterhalt sichern konnte. Der Vater war ein tüchtiger Jäger. Die Mutter hatte Talent zum Zeichnen.

Als Phoebe Ann sechs Jahre alt war, starb ihr Vater Jacob Mosey am 2. Februar 1866 im Alter von 66 Jahren an Lungenentzündung. Er ließ seine Frau und seine Kinder mittellos zurück. Damals soll Annie einmal heimlich ihrem Bruder John gefolgt sein, als jener auf die Jagd ging. Als dieser sie bemerkte, flehte sie ihn angeblich an, er solle sie künftig zum Jagen mitnehmen.

Nach 1866 heiratete die Mutter in zweiter Ehe einen Mann namens Daniel Brumbaugh. Aus dieser Ver- bindung ging die Tochter Emily Brumbaugh (1869- 1927) hervor. Da aus der ersten Ehe mit Jacob Mosey sieben Kinder namentlich bekannt sind, müsste es das achte Kind von Susan Brumbaugh gewesen sein. Im Internet wird Emily manchmal als neuntes Kind bezeichnet. Der zweite Ehemann lebte nicht lange. In der deutschen Ausgabe des Online-Lexikons „Wikipedia“ war noch im April 2011 davon die Rede, Susan habe nach ihrer zweiten Ehe weitere zweimal geheiratet. Tatsächlich bekannt sind aber nur die Namen von drei Ehemännern.

Im Alter von acht oder neun Jahren kam Annie zunächst auf eine so genannte Armenfarm des County, in dem sie lebte, Dort lernte sie nähen und musste Kinderarbeit für ihren Lebensunterhalt leisten. Ihre Geschwister wurden von der Mutter aus finanziellen Gründen teilweise in fremde Familien gegeben.

Annie hat als Kind keine Schulausbildung genossen. Stattdessen wurde sie als Magd in einem sklaven- ähnlichen Verhältnis an eine Farmersfamilie ausgeliehen. Laut ihren eigenen Schilderungen hat man sie dort seelisch und körperlich misshandelt. Zum Beispiel wurde sie bei klirrender Kälte barfuß im Schnee ausgesetzt. Annie sträubte sich später dagegen, den Namen dieser Familie auszusprechen und bezeichnete sie nur als „die Wölfe“. Mehrfach riss sie aus.

Die Mutter heiratete nach 1868 erneut. Ihr dritter Ehegatte trug den Namen Joseph Shaw. Im Alter von 13 oder 14 Jahren kehrte Annie zu ihrer Mutter zurück, die es sich nun leisten konnte, sie wieder bei sich aufzunehmen.

Mit dem alten Gewehr ihres Vaters brachte sich Annie selbst das Schießen bei. Ihr erstes Opfer war ein Eich- hörnchen, das sie zur Strecke brachte, als sie etwa acht Jahre alt war. Bereits im Alter von acht Jahren erlegte sie wildlebende Kaninchen, Enten, Rebhühner und Wachteln, die in den Kochtopf oder in die Bratpfanne wanderten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Frank E. Butler (1839-1926)

Irgendwann standen Annie ein Gewehr und eine Schrotflinte für die Pirsch zur Verfügung. Bald jagte sie mit so großem Erfolg, dass sie damit Geld verdiente und zur Haupternährerin der Familie wurde. Schließlich arbeitete sie als professionelle Jägerin und belieferte Lebensmittelläden, Hotels und Restaurants mit Wild. Im Alter von 15 Jahren war sie in der Lage, mit ihren Einkünften die Hypothek auf der Farm ihres Stiefvaters Joseph Shaw zurückzubezahlen.

Der Ruf von Annie als Schützin verbreitete sich über die Grenzen ihrer engeren Heimat hinaus in ganz Ohio. Sie beteiligte sich an Schießwettbewerben und wurde eine regionale Berühmtheit.

Als Teenager besiegte die zierliche und 1,52 Meter große Annie bei einem Schießwettbewerb den in Irland geborenen Jahrmarkts-Kunstschützen und Hunde- trainer Frank E. Butler (1839-1926). Dabei gewann das Mädchen mit den blaugrauen Augen und schwarzen wallenden Haaren nicht nur das ausgesetzte Preisgeld von 100 Dollar, sondern auch das Herz des 21 Jahre älteren Butler. Angeblich sind sich die Beiden an Thanks- giving 1875 in Cincinatti zum erstenmal begegnet. Wenn dies zuträfe, wäre Annie damals erst 15 Jahre alt gewesen. Nach anderen Angaben hat die Karriere von Butler als Kunstschütze aber erst 1876 begonnen. Das Ehepaar Butler hat später immer erzählt, es habe sich ein Jahr vor der Hochzeit kennen gelernt. Auf der einzigen existierenden Heiratsurkunde ist als Hochzeitsdatum der 20. Juni 1882 in Windsor (Kanada) eingetragen. Demnach wäre Annie zur Zeit der Eheschließung 21 Jahre alt gewesen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Frank E. Butler und Annie Oakley waren - wenn sie tatsächlich bereits 1846 geheiratet haben - ein halbes Jahrhundert lang miteinander glücklich verheiratet.

Die „Annie Oakley Foundation“ in Greenville (Ohio) verweist darauf, Frank E. Butler habe in Zeitungs- interviews stets auf die erste Begegnung ein Jahr vor der Hochzeit in einer kleinen Stadt bei Greenville hingewiesen und zwar „18 Meilen von der nächsten Bahnstation“ entfernt. In der Biografie „Annie Oakley and Buffalo Bill’s Wild West“ bezeichnet die Autorin Isabelle S. Sayers die von einem katholischen Geistlichen ausgestellte Trauungsurkunde der Butlers nicht als das Dokument der ersten Eheschließung. Der zweifache Vater Butler sei zur Zeit der ersten Eheschließung in Ohio 1876 möglicherweise noch nicht rechtskräftig geschieden gewesen, und das Paar habe durch die kirchliche Trauung 1882 die illegitime Ehe während der ersten Tournee legalisieren wollen. Es existiert zudem ein Brief von Butler an Annie von 1881, in dem er sie mit „my little wife“ („meine kleine Ehefrau“) anspricht. In manchen Kurzbiografien über Annie Oakley - wie etwa in „Superfrauen 1 - Geschichte“ des Wiesbadener Autors Ernst Probst - wird 1880 als Hochzeitsjahr angegeben.

Butler brachte Annie das Lesen und Schreiben bei. Später bekam sie auch Schulunterricht und schloss so ihre Bildungslücken. Über ihren Ehemann, mit dem sie eine glückliche Ehe führte, sagte Annie später: „Frank hat mich aufgezogen“. Anfangs wohnte die junge Ehefrau weiter bei ihrer Mutter, während Butler mit wechselnden männlichen Partnern zunächst mit einer Hundedressur-Nummer, später mit einer Nummer als Kunstschütze mit Showtruppen und Zirkusunter- nehmen auf Tournee ging.

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Sitting Bull (um 1831-1890)

Am 1. Mai 1882 erlebte Annie ihren ersten gemeinsamen Auftritt mit ihrem Ehemann in Springfield (Ohio). Dazu kam es, als sie in einer Show für einen erkrankten männlichen Partner ihres Gatten einsprang. Den Künstlernamen Oakley wählte sie nach einem Vorort von Cincinnati oder nach dem Geburtsnamen ihrer Großmutter väterlicherseits. Von da ab trat das Ehepaar als „Butler and Oakley“ auf. Annie schneiderte sich ihre Bühnengarderobe selbst und entwarf ein Wildwest- Outfit mit Chaps und kurzem Rock. Anfangs gingen Annie und ihr Mann mit dem Zirkus „Sells Brothers“ durch die USA und Kanada auf Tournee. Sie boten nicht nur Schieß-Kunststücke, sondern auch eine Hunde- dressur-Nummer. Außerdem betätigte sich Annie als Kunstreiterin.

Zur Legendenbildung hat eine folgenschwere Be- gegnung von Annie Oakley mit einem berühmten Indianer beigetragen. Während einer Vorstellung in St. Paul (Minnesota) besuchte der legendäre Häuptling der Hunkpapa-Sioux, Sitting Bull (um 1831-1890), die Kunstschützin in ihrer Garderobe und traf sich in der Folgezeit oft mit ihr. Sitting Bull soll vom gekonnten Auftreten der Kunstschützin und Kunstreiterin auf der Showbühne so begeistert gewesen sein, dass er sie symbolisch „adoptierte“ und ihr den Namen „Watanic Cicilia“ (englisch: „Little Sure Shot“, deutsch etwa: „Kleine Meisterschützin“) gab. Die Gespräche und die „Adoption“ durch Sittung Bull sind allerdings nur durch Aussagen von Annie selbst bezeugt und ansonsten nicht überliefert. Der Beiname „Little Shure Shot“ wurde in der Phase des größten internationalen Rufes von Annie

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Sitting Bull und Buffalo Bill

Oakley zu ihrem Markenzeichen und Bestandteil ihrer Werbung.

Das Engagement von Annie Oakley für den Zirkus „Sells Brothers“ endete jäh nach einer Saison. Annie hatte es gewagt, die schlechten Arbeitsbedingungen und mangelnden Sicherheitsvorkehrungen dieses Zirkus zu kritisieren und wegen der schlechten Wohnbedingungen für die Mitarbeiter einen Sitzstreik zu organisieren. Danach hatte sie keine Zukunft mehr bei diesem Unternehmen.

Zum Glück für Annie Oakley begeisterte sich der ehemalige Bisonjäger Buffalo Bill (1846-1917), eigentlich William Frederick Cody, in New Orleans (Louisiana) für ihre Schießkünste. Angeblich sah er ihr nur ein paar Minuten zu, bevor er sie für seine Wild- West-Show engagierte. Die Zustimmung erfolgte nur mündlich, es gab keinen schriftlichen Vertrag zwischen ihnen.

Ab 1885 gingen Frank E. Butler und Annie Oakley mit der Wild-West-Show von Buffalo Bill auf Tournee durch die USA und Kanada.

Cody nannte Annie immer nur „Missie“. Mitwirkender der Show war damals Sitting Bull, der am 25. Juni 1876 zusammen mit dem Häuptling der Ogalala-Sioux, Crazy Horse (um 1840-1877), die Schlacht gegen General George Armstrong Custer (1839-1876) am Little Bighorn River gewonnen hatte.

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Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
Annie Oakley - Die Meisterschützin des Wilden Westens
Autor
Jahr
2011
Seiten
50
Katalognummer
V171058
ISBN (eBook)
9783640902705
ISBN (Buch)
9783640902828
Dateigröße
4186 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
annie, oakley, meisterschützin, wilden, westens
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2011, Annie Oakley - Die Meisterschützin des Wilden Westens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171058

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