Die Zuwanderung von Aussiedlern nach Deutschland


Seminararbeit, 2010

13 Seiten


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2.Historische Hintergründe

3.Aussiedlerzuwanderung: 1950-1987
3.1 Rechtliche Rahmenbedingungen der Aussiedlerzuwanderung in den 1950er Jahren

4.Aussiedlerzuwanderung 1988 – heute
4.1 Wohnortzuweisungsgesetz (1989)
4.2 Aussiedleraufnahmegesetz (1990)
4.3 Kriegsfolgenbereinigungsgesetz (1992/1993)
4.4 Die Sprachprüfung (1996)
4.5 Reduktion der Sozialleistungen

5.Die Entwicklung der Aussiedlerzuwanderung bis heute

6.Integrationsprozess

7.Fazit

Literaturverzeichnis

Verzeichnis von Internetquellen

Abbildungsverzeichnis

1.Einleitung

Die Zuwanderung von Aussiedlern (ab 1992: Spätaussiedler) nach Deutschland spielt sich mittlerweile über einen Zeitraum von knapp 60 Jahren ab und umfasst beinahe 4,5 Mio. Menschen (MIGRATIONSBERICHT 2007). Definiert werden Aussiedler im Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz (BVFG) von 1953 als „Deutsche Staatsangehörige und deutsche Volkszugehörige, die nach Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen ihre angestammte Heimat in den Staaten Ost- und Südosteuropas verloren und ihren neuen Wohnsitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes begründet haben“ (BVFG 1953). Die Staaten sind im Einzelnen: ehemalige deutsche Ostgebiete bzw. Polen, Danzig, ehemalige Sowjetunion, ehemalige Tschechoslowakei, Lettland, Estland, Litauen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, ehemaliges Jugoslawien, Albanien, China. Dabei haben sich im Laufe der Zeit die jährlichen Zuwanderungszahlen stark verändert (WENNING 1996).

Dabei steht jede Analyse der Aussiedlerzuwanderung vor dem Problem, dass die Menschen nach erfolgter Einbürgerung als Deutsche in der Bevölkerungsstatistik registriert sind und somit nicht mehr als explizite Gruppe auftauchen. Durch eine starke Verringerung des Zuzugspotenzials (bedingt durch verschiedene Gesetzesänderungen und Demographie) ist die Zuwanderung auf wenige Tausend Menschen pro Jahr zusammengeschrumpft (MIGRATIONSBERICHT 2007).

Auch wenn der eigentliche Prozess der Zuwanderung praktisch vor dem Ende steht, steht die deutsche Gesellschaft auch heute noch vor einer Vielzahl von Problemen, die durch Schwierigkeiten und Versäumnisse bei der Integration von (Spät-)Aussiedlern entstanden sind und nur durch langfristig geplante Maßnahmen zu lösen sein werden. Im Folgenden soll die Entwicklung dieses Zuwanderungsphänomens über die Zeit, die sie beinflussenden Faktoren sowie einige Konsequenzen für die Gesellschaft der Bundesrepublik analysiert werden.

2. Historische Hintergründe

Die große Zahl an (Spät-)Aussiedlern, die seit 1950 in die Bundesrepublik einwanderten, resultieren aus einer langen Geschichte der Emigration aus dem heutigen Bundesgebiet in Richtung Osten. Der zweite Weltkrieg veränderte ihre Lebenssituation so grundlegend, dass viele Deutschstämmige seit 1941 von Deportationen, Repressionen und vielerlei Benachteiligungen im täglichen Leben betroffen waren (SCHULZ-VOBACH 1989). Für das Verständnis der heutigen Situation der zurückgekehrten deutschstämmigen Bevölkerungsgruppen ist es daher zentral, zumindest in Grundzügen die historischen Hintergründe zu analysieren. Dies geschieht hier beispielhaft für die Situation in Russland, in vielen anderen Ländern Ost- und Südosteuropas sind ähnliche Prozesse abgelaufen.

Bereits unter Karl dem Großen, also ab Ende des 8. Jhd., gab es erste Wanderungsbewegungen Richtung Osten, mit dem Ziel, die östlichen Grenzen des Reiches mit Hilfe sogenannter Wehrbauern zu stabilisieren. Bedeutender war die zweite Siedlungswelle gen Osten um 1000, als ein hoher Bevölkerungsdruck, der Aufruf der Kirchen, das aus ihrer Sicht heidnische Land im Osten zu besiedeln und die Aussicht, der Leibeigenschaft zu entgehen, viele Bauern zur Emigration bewegte. Dadurch wurden viele slawische Gebiete nach und nach von Deutschen besiedelt; so sind viele Städte im heutigen Polen, Tschechien und Ungarn von deutschen Auswanderern gegründet worden (SCHULZ-VOBACH 1989).

Eine weitere Steigerung erfuhr die Ostsiedlung unter der Hanse zwischen dem 12. und 15. Jhd., als polnische Fürsten den Zuzug weiterer Deutscher aktiv unterstützen und sie auch zur Christianisierung verschiedener Gebiete (z.B. im heutigen Polen und Rumänien) einsetzten (SCHULZ-VOBACH 1989).

Die mit Abstand größte Siedlungswelle Richtung Osten, nämlich in das russische Zarenreich, fand unter der Herrschaft Katharinas II. statt. Dabei hatte die Zarin gar nicht speziell die deutsche Bevölkerung im Sinn, als sie mit einer Politik der aktiven Siedleranwerbung begann: zahlreiche Privilegien wie beispielsweise freie Berufswahl, freie Religionsausübung, bis zu 30 Jahre Steuerfreiheit oder zinslose Kredite sollten viele Menschen anlocken, um einige dünn besiedelte Landstriche Russlands zu bevölkern. Den mit Abstand größten Erfolg hatte diese Politik in Deutschland, wo u.a. Unterdrückung, Kriegszerstörungen, Hungersnöte, Landmangel und religiöse Verfolgung viele Menschen Richtung Osten trieben. Dies war der Anfang einer deutschen Siedlungsbewegung, die noch lange nach Katharina II. anhielt; eine Volkszählung in Russland von 1897 ergab etwa 1,8 Millionen Menschen deutscher Herkunft (DRALLE 1991).

Die Repressionen gegenüber der deutschstämmigen Volksgruppe begannen in Russland während des ersten Weltkrieges, als nationalistische Vorurteile und die relative Überrepräsentation dieser Gruppe in vielen Schlüsselstellungen (Militär, Verwaltung) zu ersten Zwangsumsiedelungen Richtung Sibirien und Baschkirien führten (DRALLE 1991).

Wesentlich umfassender gestalteten sich dann die Maßnahmen ab 1941, wenige Wochen nach dem Angriff Nazideutschlands auf die Sowjetunion, als man beschloss, „die Wolgadeutschen als potentielle Diversanten und Spione nach Sibirien und Kasachstan umzusiedeln“ (DRALLE 1991, S.233). Auch deutschstämmige aus anderen Teilen der UDSSR wurden deportiert, so dass insgesamt zwischen 1941 und 1944 690.000 Menschen nach Sibirien und Zentralasien deportiert wurden (DRALLE 1991).

Nach den Vertreibungsmaßnahmen und Flüchtlingsbewegungen aus Osteuropa in das Gebiet der heutigen Bundesrepublik blieben 1950 von den ehemals 9 Mio. Deutschen noch etwa 4 Mio. zurück. Von diesen und ihren Nachkommen wanderten in den Jahren 1951 bis 1987 etwa 1,6 Mio. nach Westdeutschland ein (BADE 1994); anschließend stieg aufgrund der sich massiv verändernden politischen Rahmenbedingungen (und damit der Wanderungsmöglichkeiten) die Zahl der jährlichen Aussiedler sprunghaft an, so dass bis 2007 etwa 4,5 Mio. Menschen als (Spät-)Aussiedler in die Bundesrepublik einwanderten (WENNING 1996, MIGRATIONSBERICHT 2007).

3. Aussiedlerzuwanderung: 1950-1987

Der Zustrom von Aussiedlern war bis zum Ende des Kalten Krieges relativ konstant bei etwa 40.000 bis 50.000 Zuzügen pro Jahr (WENNING 1996). In dieser Zeit ist der begrenzende Faktor nicht in der Bundesrepublik zu suchen, denn hier waren die Rahmenbedingungen für Aussiedler äußerst positiv (siehe PUNKT 3.1). Die Gründe für den relativ geringen Zustrom liegen in der restriktiven Auswanderungspolitik des ehemaligen Ostblocks – nur wenigen Menschen war die Ausreise erlaubt, und noch weniger Menschen schafften die Flucht über den schwer zu überwindenden eisernen Vorhang (BADE 1994). Eine skurrile Ausnahme bildet die Vereinbarung zwischen dem rumänischen Diktator Nicolae Ceausescu und dem deutschen Kanzler Helmut Schmidt aus dem Jahre 1978, in der 12.000 – 15.000 Deutschstämmigen pro Jahr die Ausreise gegen die Zahlung einer „Kopfpauschale“ seitens der Bundesregierung von anfangs 5000 DM (später wurde dieser Betrag noch deutlich erhöht) gewährt wurde (GÜNDISCH 1998).

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Details

Titel
Die Zuwanderung von Aussiedlern nach Deutschland
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Autor
Jahr
2010
Seiten
13
Katalognummer
V171068
ISBN (eBook)
9783640901548
ISBN (Buch)
9783640901777
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kommentar der Dozentin: Die Arbeit ist schlüssig strukturiert, gute Einleitung, gute historische Einbettung, kritische Reflexion, gute Darstellung der Zusammenhänge, guter Schluss, runder Text, gut lesbar (Sprache + Rechtschreibung).
Schlagworte
Migration, Aussiedler, Wohnortzuweisungsgesetz, Aussiedleraufnahmegesetz, Kriegsfolgenbereinigungsgesetz, Aussiedlerzuwanderung, Integration, Ghettobildung, Spätaussiedler
Arbeit zitieren
BSc. Alfredo Jakob (Autor:in), 2010, Die Zuwanderung von Aussiedlern nach Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171068

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