Wie Kinder Sprache lernen

Ein Überblick des Spracherwerbs bei Kindern im Elementarbereich


Hausarbeit, 2011

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Spracherwerb bei KinderŶ

3. Erziehungs- und Bildungsempfehlungen Rheinland-Pfalz

4. Sprachdidaktische Aspekte der zweisprachigen Elementarerziehung

5. Resümee

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Interkulturelle Arbeit findet zunehmend Einzug in die pädagogischen Konzepte von Kindertageseinrichtungen. Die konkrete Lebenswelt von Kindern wird heute frühzeitig durch eine multikulturelle Vielfalt geprägt. Für die meisten Kinder im Elementarbereich ist die Multikultur fester Bestandteil ihrer Lebenswelt und der alltägliche Umgang mit multikultureller Vielfalt Normalität. Die natürliche Offenheit und Neugier prädestiniert gerade die Jüngsten für eine frühe Begegnung mit verschiedenen Kulturen und schafft so die Möglichkeit Interkulturalität als durchgängiges Erziehungs- und Lernprinzip gesellschaftlich zu etablieren.[1]

Kindertageseinrichtungen stellen damit wichtige Weichen für die zukünftige Entwicklung der Kinder in Bezug auf kognitive, emotionale, soziale und sprachliche Kompetenzen und Fähigkeiten. Die Voraussetzung dieses Entwicklungsprozesses und die Grundlage des Lernens überhaupt ist eine breite kommunikative Kompetenz. Dazu gehört neben der allgemeinen Förderung der Kommunikation auch die frühe Unterstützung des natürlichen kindlichen Spracherwerbs. In einer zunehmend globalisierten und europäisierten Gesellschaft ist Mehrsprachigkeit ein wesentliches Element multikultureller Realität. Sprachförderung beinhaltet damit auch die aktive Wertschätzung und Unterstützung der Erstsprache von Kindern mit Migrationshintergrund und die frühe Hinführung aller Kinder zu Mehrsprachigkeit.[2]

Diese Ausarbeitung thematisiert interkulturelle Arbeit in Kindertageseinrichtung unter dem Schwerpunkt der sprachlichen Entwicklung in mehrsprachigen Kontexten. Die Frage wie Kinder eine bzw. mehrere Sprachen erwerben und wie diese Entwicklung im Elementarbereich gefördert werden kann, steht im Mittelpunkt des Interesses. Im ersten Teil soll daher eine kurze und prägnante Einführung in die allgemeinen Grundlagen der Sprachentwicklung bei Kindern gegeben werden. Anschließend sollen die grundlegenden Elemente der Erziehungs- und Bildungsempfehlungen des Landes Rheinland-Pfalz unter Berücksichtigung des Themenschwerpunktes der Sprache thematisiert werden. Abschließend soll in dieser Arbeit das sprachdidaktische Prinzip der Immersion, als ein mögliches interkulturelles Konzept der bilingualen Vorschulerziehung, vorgestellt werden.

2. Spracherwerb bei Kindern

Kinder erwerben eine Lautsprache in den ersten Lebensjahren intuitiv und ohne Instruktion. Sie brauchen jedoch kontinuierliche sprachliche Reize um die wichtigsten strukturellen Grundregeln einer Sprache erkennen zu können. Auf die Frage wie genau Kleinkinder die Sprache, die sie hören, dekodieren und schließlich auch verstehen, hat die Forschung bisher noch keine eindeutige Antwort gefunden.[3] Spracherwerbsprozesse sind von vielen, ineinander verflochtenen Faktoren abhängig. Eindeutig ist jedoch, dass ein Kind nur dann selbst sprechen lernen kann, wenn die Menschen in seiner unmittelbaren Umwelt mit ihm in sprachlichen Kontakt treten und es an ihrer sprachlichen Welt teilhaben lassen.[4] Innerhalb der ersten vier Lebensjahre lernen Kinder die wichtigsten strukturellen Grundregeln einer Sprache, unabhängig davon, in welchem sozialen Umfeld sie aufwachsen. Der Spracherwerb wird auf morpho-syntaktischer Ebene außerdem nicht davon beeinflusst, ob ein oder zwei Sprachen gelernt werden. Die Sprachentwicklung verläuft in beiden Fällen entlang wichtiger Meilensteine.[5]

Die Vorstufe des Sprechens wird als sogenannte Lallphase bezeichnet. Die Kinder äußern etwa bis zum zwölften Monat besagte Lall- bzw. Babbellaute. Durch die Reaktionen der Eltern erkennt das Kleinkind schließlich, dass seine Geräusche auf Resonanz stoßen und so entsteht eine erste lautliche Interkation. Bereits in dieser Phase beginnt das Kind seine eigene Sprache die seiner Umwelt anzupassen.[6] Nach ungefähr zehn bis zwölf Monaten lassen sich die ersten konkreten sprachlichen Einheiten feststellen. Die Lalllaute werden allmählich durch erste einzelne Wörter ergänzt.[7] Zwischen dem 18. und 24. Lebensmonat werden die ersten Wortkombinationen verbalisiert. Es entstehen sogenannte Zwei-Wort-Sätze. Ausdrücke wie ‚Baby weint‘ oder ‚da Auto‘ sind für diese Phase charakteristisch.[8] Daraufhin entwickeln sich die ersten einfachen Sätze. Mit ungefähr 2,5 Jahren lässt sich schon eine gewisse differenzierte grammatische Struktur erkennen. In dieser Drei- bzw. Mehrwortphase kommt es zum Ausbau von Syntax und Flexion, jedoch meist noch in übergeneralisierter Form. Zwischen dem dritten und vierten Lebensjahr werden dann auch komplexe Sätze gebildet.[9]

Das sprachliche Kenntnissystem, das Kinder in den ersten vier Lebensjahren aufbauen, entwickelt sich exponentiell. Dass diese Entwicklung jedoch allein auf die Inputmenge zurückzuführen ist, ist nach dem aktuellen Forschungsstand eher unwahrscheinlich.[10] Denn würden Kinder nur erlernen, was sie zuvor gehört haben, würde der Spracherwerb zu lange dauern. Sie behelfen sich beim Spracherwerb zusätzlich mit dem Konzept des Bootstrapping.[11] Durch Beobachtung ihrer Umwelt schließen Kinder von semantischen Eigenschaften schließlich auf Wortkategorien. Durch die semantische Verbindung dieser, schließen sie wiederum auf deren grammatikalische Beziehung zueinander. Auf diese Weise können sie erste syntaktische Strukturen bilden.[12] Das Kind nutzt sogenannte prosodische Merkmale, wie Sprachrhythmus, Betonung, Intonation und Pausen des Sprachreizes, um den Sprachstrom zu gliedern. Dieses Wissen über die Prosodie wird also für Rückschlüsse auf die syntaktische Struktur ausgenutzt. Nach Tracy & Gawlitzek-Maiwald machen sich bilinguale Kinder diese Strategie sprachübergreifend zu Nutze, indem sie meist von Strukturen der einen Sprache auf die andere schließen[13]:

Infolge des Wissens um die Existenz struktureller Elemente oder Formate aus Sprache A sollten sich äquivalente Strukturen in Sprache

B letztlich schneller entschlüsseln lassen als beim monolingualen Erwerb von B.“[14]

In der Sprachforschung wird seit Jahrzehnten die Frage diskutiert, wie bilingual aufwachsende Kinder ihre beiden Sprachen voneinander trennen und nach welchen Kriterien sie entscheiden, welche Sprachwahl sie treffen. Lange Zeit wurde dabei von der Annahme ausgegangen, dass zweisprachige Kinder zunächst ein einziges linguistisches Kenntnissystem aufbauen, welches sich schließlich erst bei einem höheren Bewusstsein über die Sprache in zwei Systeme aufspaltet.[15] Aktuelle Forschungsergebnisse verweisen jedoch auf die Annahme, dass sich bereits von Beginn an der Sprachentwicklung zwei Systeme herausbilden. Die Untersuchung syntaktischer Strategien bei bilingualen Kindern deutet auf eine separate Entwicklung einzelsprachlicher grammatischer Regularitäten.[16] Auch die „Separate Development Hypothesis’ , nach der ‚”the morphosyntactiv development of the one language does not have any fundamental effect on the morphosyntactic development of the other”, weist auf diese neueren Forschungsergebnisse hin.[17] Demnach mischen bilingual aufwachsende Kinder keine grammatischen Strukturen aus der einen Sprache mit Wörtern der anderen Sprache. Sie sind vielmehr in der Lage auch bei der Wortstellung in Sätzen diese gemäß der Regeln der jeweiligen Sprache anzuwenden. Kinder können entscheiden, in welcher Sprache sie sprechen und welche Regeln sie befolgen. Ein solcher Sprachwechsel setzt eine Separierung der Kenntnissysteme voraus.[18] Bei jeder Äußerung muss daher entschieden werden, in welcher Sprache sie gesprochen wird, da ein gleichzeitiger Ausdruck in zwei Sprachen unmöglich ist. Dieser Vorgang muss jedoch nicht zwingend beabsichtigt erfolgen, dennoch ist er unumgänglich.

[...]


[1] Flitzinger, O.(2002) S. 216ff

[2] Flitzinger, O.(2002) S. 221f

[3] Tracy, R. (1996) S. 70ff

[4] Ebd.

[5] Tracy, R. (2000) S. 524ff

[6] Ebd.

[7] Ebd.

[8] Tracy, R. (1996) S. 72ff

[9] Ebd.

[10] Ebd.

[11] Tracy, R. (2000) S. 524ff

[12] ebd

[13] ebd

[14] Tracy, R. (2000) S. 524

[15] Tracy, R. (2000) S. 524ff

[16] De Houwer, A. (1990) S.60ff

[17] De Houwer, A. (1990) S.66

[18] Tracy, R. (2000) S. 515ff

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Wie Kinder Sprache lernen
Untertitel
Ein Überblick des Spracherwerbs bei Kindern im Elementarbereich
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Interkulturelle und mehrsprachige Erziehung im Elementarbereich
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
16
Katalognummer
V171591
ISBN (eBook)
9783640911530
Dateigröße
791 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Interkulturelle Erziehung, Spracherwerb, Elementarbereich, Mehrsprachigkeit, Immersion
Arbeit zitieren
Michael Ernst (Autor:in), 2011, Wie Kinder Sprache lernen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171591

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