Das Gebiet von Angkor befindet sich rund 20 km nördlich des fischreichen Tonle-Saps, des grössten Süsswassersees Südostasiens, im heutigen Kambodscha und umfasst rund 3000 km2. In der Zeit zwischen dem 8. und dem frühen 16. Jhdt. war Angkor Sitz unter verschiedenen Dynastien Hauptstadt des Khmer-Königreiches, welches zu seiner Blütezeit über weite Teile des südostasiatischen Festlands herrschte. Sämtliche heute noch erhaltenen rund 100 Tempel, 80 Strassen und Kanäle sowie zwei grosse und mehrere Tausend kleine Bassins wurden zwischen etwa 800 und 1220 errichtet, obwohl diese Zeit von ununterbrochenen und zum Teil heftigen inneren und äusseren Unruhen geprägt war. Deren Ende markiert ein Bruch, nach welchem nur noch Gebäude aus Holz errichtet wurden, die heute nicht mehr erhalten sind. Das Khmer-Reich wich allmählich der militärischen und wirtschaftlichen Konkurrenz durch das neu gebildete Königreich Siam und Phnom Phen verschwand im 16. Jhdt. in Bedeutungslosigkeit.
Der Niedergang der Metropole blieb lange Zeit ein Mysterium, das immer noch nicht als endgültig geklärt gilt. Davon zeugt auch die lange Liste an Erklärungsversuchen, welche im Laufe der Zeit aufgegriffen wurden, wobei besonders Naturkatastrophen-Szenarien vom Erbeben über die Sintflut bis zu einem dramatischen Klimawandel die Phantasien der frühen Forscher beflügelten. Letztere sahen immerhin bereits einen Landnutzungswandel als unmittelbare Ursache für den Kollaps Angkors nach 1220. Massive Veränderungen der landwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit scheinen seither in der Forschung weitgehend unbestritten gewesen zu sein, während es für deren mittelbare Ursache auch heute noch neben zahlreichen eher kulturhistorischen verschiedene naturwissenschaftlich-geographische Erklärungsansätze gibt. Bis in die 1990er Jahre beschränkte sich ein Grossteil der wissenschaftlichen Untersuchungen auf die Tempel, während deren grossflächiges Umland vernachlässigt wurde. Danach rückten bereits in den 1950ern entstandene Theorien in den Vordergrund, welche sich mit einem Versagen des ausgedehnten Bewässerungssystems beschäftigen, welches die Ruinen umgibt. Erst der Einsatz von Fernerkundung und GIS erlaubten in den letzten Jahren die flächendeckende Kartierung des Gebiets. Dabei kamen unzählige zuvor unentdeckt gebliebene Strukturen zutage, welche Theorien stützen, die eine selbstverschuldete Umweltdegradierung als Ursache anführen.
Inhaltsverzeichnis
- Buddha, die Sintflut oder Phnom Phen: die Ursache für den Untergang von Angkor Wat
- Einleitung
- Angkor – eine Metropole der Vorindustrialisierung
- Die Ursachen des Kollapses
- Frühe Erklärungsversuche
- Der Bewässerungskomplex
- Der Zusammenbruch des Systems
- Ein Ursachenkomplex?
- Schlussfolgerung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der vorliegende Essay befasst sich mit der Frage, warum die antike Khmer-Stadt Angkor Wat im 15. Jahrhundert verfiel. Der Autor untersucht verschiedene Theorien, die für den Untergang der Metropole verantwortlich gemacht werden, wobei der Schwerpunkt auf den Aspekt der Umweltdegradierung gelegt wird.
- Die Geschichte von Angkor Wat und die Bedeutung des Bewässerungssystems
- Der Einfluss von Klimawandel und Umweltdegradierung auf die landwirtschaftliche Nutzung
- Die Rolle des Bewässerungssystems bei der Bewältigung von Trockenheit und Überschwemmung
- Die möglichen Ursachen für den Zusammenbruch des Systems und die Folgen für die Bevölkerung
- Die Relevanz von Angkor Wat als Warnung vor den Folgen von Umweltzerstörung
Zusammenfassung der Kapitel
- Der erste Abschnitt des Essays bietet eine Einleitung zu Angkor Wat als einer der grössten urbanen Zentren der Vorindustrialisierung. Er beleuchtet die Geschichte der Stadt und die Bedeutung des Bewässerungssystems für die landwirtschaftliche Nutzung.
- Der zweite Abschnitt befasst sich mit verschiedenen Erklärungsversuchen für den Untergang von Angkor Wat, von Naturkatastrophen bis hin zu Überbevölkerung und Umweltdegradierung. Er stellt verschiedene wissenschaftliche Ansätze gegenüber und untersucht die Rolle des Bewässerungssystems bei der Bewältigung von extremen Wetterereignissen.
- Der dritte Abschnitt analysiert den Zusammenbruch des Bewässerungssystems und die möglichen Ursachen für die ökologische Degradation. Er diskutiert die Auswirkungen von Klimawandel, Krustenbewegungen und Bodendegradation auf das System und die Folgen für die landwirtschaftliche Produktion.
Schlüsselwörter
Angkor Wat, Khmer-Reich, Bewässerungssystem, Umweltdegradierung, Klimawandel, Landnutzungswandel, Bodendegradation, Überbevölkerung, Kollaps, Umweltgeschichte, Archäologie, Anthropologie, Kulturgeschichte.
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- Remo Wasmer (Author), 2009, Buddha, die Sintflut oder Phnom Phen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/171716