Management hat neben seinen funktionalen auch durchaus dysfunktionale Auswirkungen auf
die Organisation, welche es managed. Diese Dysfunktionalitäten sind nicht die rechtlichen
Fehlhandlungen, die über Aufsichtsräte, Reputationskapital, Massenmedien und dergleichen zu
sanktionieren wären. Es sind die alltäglichen Machtspiele, Mikropolitik u.a. vorhandene
Lösungen. Diese sind, intuitiv betrachtet, schlichte Abweichungen der Nutzenfunktion der
beteiligten Manager von der der Organisation, für diese also Ineffizienzen.
Jedoch scheint es Funktionen der Spielregeln zu geben, welche in diesem Zusammenhang
nutzbar zu machen sein könnten, denn die Ausgabe von organisatorischen Regeln zur stärkeren
oder andersartigen Strukturierung von Spielen ist immer ein zweischneidiges Schwert: sie
binden dem, der sie ausgibt, ebensosehr die Hände wie dem oder denen, für die sie gelten.1
Dieses sind die „Zwänge kollektiven Handelns“, in welche sich das Management, oft immer
noch entgegen der eigenen Auffassung, begibt.
Es wäre jedoch möglich, daß sich die Toleranz der Organisation gegenüber den bisherigen
Abweichungen von der eigenen Nutzenfunktion dahingehend verschiebt, daß die Bilanz aus
Anreizen und Beiträgen das Management zwingt, sich zu verändern.
Denn: Organisationen suchen sich bestimmte psychische Systeme, und psychische Systeme
suchen sich bestimmte Organisationen als Umwelt. Für beide ist dieses eine nach
Funktionalitäten selegierte Nische in ihrer selbstgewählten Umwelt.2 Die Kriterien der Selektion
sind interessant, da sie Rückschlüsse auf die Funktionalitäten, für welche dann funktionale
Äquivalente zu entwickeln wären, zulassen.
1 Vgl.: Crozier/Friedberg (1979), Macht und Organisation. Die Zwänge kollektiven Handelns, Königstein, S.
75.
2 Diese Aussage ist eine grobe Vereinfachung, welche sich nur durch die Perspektive der
Arbeit rechtfertigen läßt: Da beide über die Person strukturell gekoppelt sind läßt sich nicht immer eindeutig auf funktionale Erfordernisse des psychischen oder sozialen Systems auf der Außenseite
dieser Koppelung rückschliessen. Die Motive und daher die systeminternen Ursachen einer Nischenwahl
in der Umwelt lassen sich schon alleine durch die Kontingenz der beobachtungsleitenden Unterscheidung
des Beobachters nicht eindeutig klären. Die hier vorgenommenen Beobachtungen geben uns mehr
Auskunft über die Beobachterin (Autorin) als über die beobachteten Systeme. [...]
Inhaltsverzeichnis
- I. Einführung
- I.1. Problemstellung
- I.2. Theorie
- I.3. Äquivalenzfunktionalismus
- I.4. Koevolution
- I.5. Kontingenz
- II. Manager in Organisationen
- II.1. Identität
- II.2. Die Form Person
- II.3. Identitätswahl
- II.4. Identitätswert als Kommunikationsmedium
- II.5. Manageridentität (und Narzissmus)
- II.6. Heroisches Management
- III. Funktionale Äquivalente
- III.1. Team | Hierarchie
- III.2. Prominenz | Anonymität
- IV. Schluß
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die koevolutionäre Beziehung zwischen Organisation und Management. Ziel ist es, die dysfunktionalen Auswirkungen von Management auf Organisationen zu analysieren und Ansatzpunkte für Veränderungen aufzuzeigen. Die Perspektive der Autorin ist dabei geprägt von der Annahme, dass sich Management parasitär in die Paradoxien der Organisation einnistet.
- Dysfunktionale Auswirkungen von Management auf Organisationen
- Koevolution von Organisation und Management
- Funktionale Äquivalente als Ansatzpunkt für Veränderung
- Der Einfluss gesellschaftlicher Ausdifferenzierung auf Organisationen
- Das Konzept des postheroischen Managements
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einführung: Dieses einführende Kapitel etabliert die zentrale These der Arbeit: Management wirkt nicht nur funktional, sondern auch dysfunktional auf die Organisation. Es werden die alltäglichen Machtspiele und Ineffizienzen beleuchtet, die nicht durch rechtliche Sanktionen, sondern durch eine Veränderung der Spielregeln adressiert werden sollten. Die Autorin argumentiert, dass Organisationen bestimmte psychische Systeme anziehen und umgekehrt, und dass die Selektionskriterien dieser „Nischenwahl“ Aufschluss über funktionale Erfordernisse geben, für die dann funktionale Äquivalente entwickelt werden können. Die Koevolution von Organisation und Management wird als Folge veränderter Selektionsdrücke der Umwelt eingeführt, wobei die interne Transformation dieser Drücke an das Management weitergegeben wird. Schliesslich werden zwei Ansatzpunkte für Veränderungen der strukturellen Kopplung von Organisation und Management genannt: die Nicht-Erfüllung der funktionalen Erfordernisse des alten Managements und der Übergang zu einem neuen, sowie die Veränderung der eigenen funktionalen Erfordernisse.
II. Manager in Organisationen: Dieses Kapitel befasst sich mit der Identität von Managern in Organisationen. Es analysiert die "Form Person" des Managers, seine Identitätswahl und den Identitätswert als Kommunikationsmedium. Ein zentraler Aspekt ist die Manageridentität im Kontext von Narzissmus und das Konzept des "heroischen Managements", welches kritisch hinterfragt wird. Der Abschnitt beleuchtet die komplexen Zusammenhänge zwischen individueller Identität, organisationaler Einbettung und den daraus resultierenden Handlungsstrategien. Die Autorin untersucht, wie die Identität des Managers seine Interaktionen und Entscheidungen innerhalb der Organisation beeinflusst und welche Rolle dies in der koevolutionären Dynamik spielt.
III. Funktionale Äquivalente: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Entwicklung von funktionalen Äquivalenten als Lösungsansatz für die identifizierten Dysfunktionalitäten im Management. Es werden exemplarisch zwei Paare funktionaler Gegensätze untersucht: "Team | Hierarchie" und "Prominenz | Anonymität". Die Analyse zeigt auf, wie die Organisation durch die gezielte Auswahl und Gestaltung dieser Äquivalente die strukturelle Kopplung an das Management verändern und somit die dysfunktionalen Auswirkungen des Managements mildern kann. Es wird ein Rahmen geschaffen, um alternative Organisationsstrukturen und Managementpraktiken zu konzipieren, die auf eine positive Koevolution von Organisation und Management abzielen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ): Koevolution von Organisation und Management
Was ist das zentrale Thema der Arbeit?
Die Arbeit untersucht die koevolutionäre Beziehung zwischen Organisation und Management. Im Fokus steht die Analyse der dysfunktionalen Auswirkungen von Management auf Organisationen und die Aufzeigen von Ansatzpunkten für Veränderungen. Die Autorin vertritt dabei die These, dass Management sich parasitär in die Paradoxien der Organisation einnistet.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Ziel ist es, die dysfunktionalen Auswirkungen von Management auf Organisationen zu analysieren und Ansatzpunkte für Veränderungen aufzuzeigen. Die Arbeit beleuchtet die alltäglichen Machtspiele und Ineffizienzen und argumentiert, dass diese nicht durch rechtliche Sanktionen, sondern durch eine Veränderung der Spielregeln adressiert werden sollten.
Welche zentralen Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: dysfunktionale Auswirkungen von Management, Koevolution von Organisation und Management, funktionale Äquivalente als Ansatzpunkt für Veränderung, Einfluss gesellschaftlicher Ausdifferenzierung auf Organisationen und das Konzept des postheroischen Managements.
Was ist unter „funktionalen Äquivalenten“ zu verstehen?
Funktionale Äquivalente sind alternative Organisationsstrukturen und Managementpraktiken, die dazu dienen, die dysfunktionalen Auswirkungen des Managements zu mildern. Die Arbeit untersucht exemplarisch die Gegensätze "Team | Hierarchie" und "Prominenz | Anonymität" als Beispiele für solche Äquivalente.
Wie wird die Identität von Managern behandelt?
Das Kapitel „Manager in Organisationen“ analysiert die Identität von Managern, ihre Identitätswahl und den Identitätswert als Kommunikationsmedium. Ein Schwerpunkt liegt auf der Manageridentität im Kontext von Narzissmus und der kritischen Hinterfragung des „heroischen Managements“. Die Arbeit untersucht den Einfluss der Manageridentität auf Interaktionen und Entscheidungen innerhalb der Organisation und deren Rolle in der koevolutionären Dynamik.
Welche Rolle spielt die Koevolution von Organisation und Management?
Die Koevolution wird als Folge veränderter Selektionsdrücke der Umwelt eingeführt. Die interne Transformation dieser Drücke wird an das Management weitergegeben. Die Arbeit untersucht, wie Organisationen bestimmte psychische Systeme anziehen und umgekehrt, und wie die Selektionskriterien dieser „Nischenwahl“ Aufschluss über funktionale Erfordernisse geben, für die dann funktionale Äquivalente entwickelt werden können.
Welche Ansatzpunkte für Veränderungen werden genannt?
Die Arbeit nennt zwei Ansatzpunkte: die Nicht-Erfüllung der funktionalen Erfordernisse des alten Managements und der Übergang zu einem neuen, sowie die Veränderung der eigenen funktionalen Erfordernisse. Die gezielte Auswahl und Gestaltung funktionaler Äquivalente bietet einen weiteren Ansatzpunkt zur Veränderung der strukturellen Kopplung von Organisation und Management.
Wie ist die Arbeit aufgebaut?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einführung, ein Kapitel über Manager in Organisationen, ein Kapitel über funktionale Äquivalente und einen Schluss. Die Einführung etabliert die zentrale These der dysfunktionalen Auswirkungen von Management. Die anderen Kapitel vertiefen die einzelnen Aspekte und bieten Lösungsansätze.
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- Marion Flötotto (Author), 2000, Koevolution von Management und Organisation I, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17218