Der Glaube an ein Wirken personaler, böser Wesen in der Welt war fester Bestandteil der mittelalterlichen Lebenswelt. Wie gezeigt wurde war dies das Resultat einer langen Überlieferungsgeschichte, deren Ursprünge auf die antike Mythologie, wie auch auf heidnische Glaubensmodelle zurück zu führen sind. Da das Christentum einem heidnischen Umfeld entwuchs, war die Aufnahme heidnischen Gedankenguts in die christlich-religiösen Vorstellungen unvermeidlich. Diese ursprünglich heidnischen Glaubensvorstellungen unterlagen im Verlaufe der Zeit einem Prozess der Christianisierung und erfuhren somit eine fixe Einbettung in das christliche Gedankengut. Wie gleichfalls in Erfahrung gebracht wurde, wurzelte dieser Glaube an personale böse Wesen jedoch nicht nur in den theologischen Dogmen, sondern stiess gleichfalls auf eine sukzessive Bestätigung in der Lebenspraxis. Hexen, Dämonen und der Teufel selbst waren genauso real erfahrbar wie der göttliche Segen.
Der Frühaufklärung, die sich dem Kampf gegen den Glauben an reale, böse Mächte verschrieben hatte, gelang es durch eine analytische Untersuchung des Ursprungs und der Überlieferungsgeschichte, die religiöse Basis dieses Glaubens als heidnisch und nicht-christlich zu entlarven. Die daraus resultierende Religionskritik schuf einen Moment der Hinterfragung und des Zweifels an der bis anhin unumstösslichen Wahrnehmung von Realität und Lebenswelt. Alleine die nun eröffnete Möglichkeit des Zweifelns und Hinterfragens führte zu einem Paradigmenwechsel in der Argumentation gegen böse Mächte in der Welt. Entscheidend war dabei nicht das Resultat, welches die Frühaufklärer erzielten, dass nun auch naturwissenschaftliche Ergebnisse und Erklärungsversuche Einzug in die Argumentationsstruktur hielten, sondern die Motivation, zu solchen zu gelangen. Dies alleine ist bemerkenswert genug, denn in einem Weltbild eingebunden, dass die Existenz übermenschlicher Wesen nicht leugnete, und das noch immer theologischen Vorgaben unterlag, gelang es der Frühaufklärung dennoch, „abergläubische“ Vorstellungen zu beseitigen und als magisch verstandene Phänomene einer rationalen Weltanschauung unterzuordnen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zeitbild
- Hexenglaube; ein Konstrukt der Überlieferung
- Ursprung der Dämonenlehre
- Dämonologie der Spätantike
- Altes Testament
- Apokryphen
- Neues Testament
- Augustinus und der Dämonenpakt
- Biblische Grundlagen
- Die Konzeption der zwei „Staaten“
- Ursprung der Dämonenlehre
- Lebenspraxis als Vermittler von Realität
- Die Frühaufklärung und ihre Kritik am Hexenglauben
- Friedrich von Spee; seiner Zeit voraus
- Balthasar Bekker; radikale Teufelskritik
- Thomasius Aberglaubenskritik
- Die Frühaufklärung und ihre Hinterlassenschaft
- Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit zeichnet die Entwicklung des Glaubens an ein reales Wirken eines personalen Bösen in der Welt durch die Epochen des Mittelalters bis zur Aufklärung nach. Sie beleuchtet die Entstehung des Hexenglaubens durch die Übernahme heidnischer und vor-christlicher Vorstellungen in das christliche Glaubensmodell, insbesondere anhand von Augustinus' Dämonenlehre. Darüber hinaus vermittelt die Arbeit ein Verständnis der mittelalterlichen Realitätswahrnehmung in Bezug auf die Existenz von bösen Mächten.
- Die Übernahme heidnischer und vor-christlicher Vorstellungen von übermenschlichen, bösen Wesen in das christliche Glaubensmodell
- Die Bedeutung der Lebenswelt und Lebenspraxis des Mittelalters für die Verbreitung des Hexenglaubens
- Die Kritik am Hexenglauben durch die Frühaufklärung
- Der Wandel der Realitätswahrnehmung in Bezug auf das Böse und die Existenz von Dämonen im Zuge der Frühaufklärung
- Der Einfluss der Frühaufklärung auf die Wahrnehmung von Realität
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik des Glaubens an ein reales Wirken eines personalen Bösen in der Welt ein und stellt die zentralen Fragestellungen der Arbeit vor.
- Zeitbild: Dieses Kapitel zeichnet ein Bild der mittelalterlichen Lebenswelt, die durch Ungewissheit, politische Instabilität und gesellschaftliche Auseinandersetzungen geprägt war. Es wird die dualistische Glaubensauffassung beschrieben, die alles Gute einer göttlichen und alles Schlechte einer bösen Macht zuschrieb.
- Hexenglaube; ein Konstrukt der Überlieferung: Dieses Kapitel beleuchtet den Ursprung des Hexenglaubens in der Dämonologie der Spätantike, dem Alten Testament, den Apokryphen und dem Neuen Testament. Es analysiert auch Augustinus' Dämonenlehre und die Rolle der biblischen Grundlagen und der Konzeption der zwei „Staaten“ bei der Verbreitung des Glaubens an dämonische Mächte.
- Lebenspraxis als Vermittler von Realität: Dieses Kapitel untersucht die Bedeutung der Lebenspraxis des Mittelalters für die Wahrnehmung von Realität und die Verbreitung des Glaubens an böse Mächte.
- Die Frühaufklärung und ihre Kritik am Hexenglauben: Dieses Kapitel befasst sich mit der Kritik am Hexenglauben durch die Frühaufklärung. Es beleuchtet die Schriften von Friedrich von Spee, Balthasar Bekker und Christian Thomasius, die sich kritisch mit dem Glauben an Dämonen und Hexen auseinandersetzten.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themenbereichen des Hexenglaubens, der Dämonenlehre, der mittelalterlichen Realitätswahrnehmung, der Frühaufklärung und dem Wandel der Wahrnehmung von Realität. Wichtige Schlüsselbegriffe sind Augustinus, Dämonologie, Hexenprozesse, Aberglaube, Frühaufklärung, Realität und Wahrnehmung.
- Arbeit zitieren
- Rosann Rossi (Autor:in), 2011, Der Glaube an die Existenz personaler, böser Wesen in der Welt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172342