Welche Kenntnis hat ein Schwimmer von seiner eigenen Bewegungsausführung? Wie kann man überhaupt mit der „falschen“ Vorstellung einer Bewegung diese trotzdem richtig ausführen?
Es gibt Theorien menschlicher Bewegungssteuerung die auf diese Frage antworten, dass die Anforderungen der jeweiligen Situation bei ausreichendem Üben den Lernenden von alleine zur richtigen Bewegung führen (z. B. die Tendenz zur Prägnanz in der Gestalttheorie oder die Attraktoren in der Synergetik). Es ist also nicht erforderlich, die richtige Form der Bewegungsausführung zu kennen oder auch nur die eigene Bewegungsform bewusst repräsentieren zu können. Das Wissen um eine Optimierung der eigenen Bewegungsfähigkeit wird dann durch die Verbesserung des Bewegungsergebnisses und durch ein „gutes Bewegungsgefühl“ begründet.
Es gibt andererseits Theorien der Bewegungssteuerung, die beim sich bewegenden Menschen ein Wissen um die äußere Form seiner Bewegung postulieren, welches einen Einfluss auf seine Bewegungssteuerung hat. Dies sind insbesondere die Handlungstheorie und die Subjektiven Theorien. Eine Beeinflussung des Lernprozesses durch Informationen zum Bewegungsablauf und zur eigenen Bewegungsausführung wurde in verschiedenen Untersuchungen nachgewiesen. Auf dieser Annahme beruhen letztendlich auch die weit verbreiteten Lehrmethoden, die mit Darstellungen der Bewegungsformen von der Schautafel bis zur Videoaufnahme arbeiten.
Zur Klärung der Frage, inwieweit kognitive Repräsentationen einer Bewegung an ihrer Steuerung beteiligt sind, will diese Arbeit beitragen.
Dazu wird zunächst eine Differenzierung von interner Bewegungsrepräsentation und kognitiver Repräsentation vorgenommen sowie die Problematik von Wissen und Können erörtert. Anschließend werden verschiedene Theorien zur Steuerung des menschlichen Bewegungshandelns beschrieben und auf ihre Aussagen zur kognitiven Repräsentation untersucht.
Im Empirischen Teil der Arbeit wird zunächst die untersuchte Bewegung dargestellt sowie die Methode erläutert. Nach der Präsentation und Diskussion der Ergebnisse wird versucht, diese auf die Theorien menschlichen Bewegungshandelns zu beziehen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 EINLEITUNG
- 2 INTERNE BEWEGUNGSREPRÄSENTATION UND KOGNITIVE REPRÄSENTATION
- 2.1 Das Wissen-Können-Problem
- 2.1.1 Können ohne Wissen
- 2.1.2 Können mit Wissen
- 2.1.3 Wissen - Können, ein fließender Übergang?
- 2.1.4 Zusammenfassung
- 2.2 Die Unterteilung der internen Repräsentation nach WIEMEYER
- 2.1 Das Wissen-Können-Problem
- 3 THEORIEN DER BEWEGUNGSSTEUERUNG
- 3.1 Motorische Programme
- 3.2 Generalisierte Motorische Programme (GMP)
- 3.2.1 Theoretischer Hintergrund
- 3.2.2 Kritik am GMP-Konzept
- 3.2.3 GMP und kognitive Repräsentation
- 3.3 Die Hierarchische Schematheorie
- 3.3.1 Die kognitive Repräsentation im Modell der Hierarchischen Schematheorie
- 3.3.2 Kritik an der Hierarchischen Schematheorie
- 3.4 Handlungstheorie
- 3.4.1 Grundannahmen der Handlungstheorie
- 3.4.2 Handlungsdeterminanten und Handlungsraum
- 3.4.3 Das Regulationssystem
- 3.4.4 Handlungsplanung und Handlungsdurchführung
- 3.4.5 Die kognitive Repräsentation in der Handlungstheorie
- 3.4.6 Kritik an der Handlungstheorie
- 3.5 Der Ökologische Realismus und die Synergetik
- 3.5.1 Transfer der Synergetik auf die Bewegungsorganisation
- 3.5.2 Kritik am Ökologischen Realismus und an der Synergetik
- 3.6 Der Konnektionismus
- 3.6.1 Begriff und Entwicklung
- 3.6.2 Wie lernen neuronale Netze?
- 3.6.3 Die interne Repräsentation im Konnektionismus
- 3.6.4 Kritik am Konnektionismus
- 3.7 Zusammenfassung
- 4 EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG ZUR KOGNITIVEN REPRÄSENTATION IM DELPHINSCHWIMMEN
- 4.1 Die Auswahl der zu untersuchenden Bewegung
- 4.2 Das Delphinschwimmen
- 4.2.1 Entwicklung
- 4.2.2 Der Armzug
- 4.2.2.1 Eintauchen
- 4.2.2.2 Zugphase
- 4.2.2.3 Druck- und Rückführphase
- 4.2.3 Der Beinschlag
- 4.2.4 Koordination
- 4.3 Vorüberlegungen
- 4.3.1 Der Zusammenhang von Wissen und Problemlöseverhalten
- 4.3.2 Die Problematik von Innen- und Außensicht
- 4.3.2.1 Konstruktion und Rekonstruktion
- 4.3.2.2 Die Innensicht der Außensicht
- 4.3.2.3 Emotionale und motivationale Einflüsse
- 4.3.3 Der Einfluß der aktuellen Bewegung auf die Repräsentation
- 4.4 Methode
- 4.4.1 Die Itemkarten
- 4.4.1.1 Die Auswahl der Items
- 4.4.1.2 Die Karten
- 4.4.2 Plausibilitätsfragen und Kartenreihenfolge
- 4.4.3 Die Videoaufzeichung
- 4.4.4 Die Probanden
- 4.4.4.1 Auswahlkriterien
- 4.4.4.2 Demographische Daten
- 4.4.4.3 Lerngeschichte
- 4.4.5 Der Versuchsablauf
- 4.4.6 Die Auswertung
- 4.4.7 Kritische Methodenbetrachtung
- 4.4.1 Die Itemkarten
- 4.5 Darstellung und Diskussion der Ergebnisse
- 4.5.1 Die Bewegungskategorien
- 4.5.2 Einzelergebnisse
- 4.5.2.1 Proband Nr. 1
- 4.5.2.2 Proband Nr. 2
- 4.5.2.3 Proband Nr. 3
- 4.5.2.4 Proband Nr. 4
- 4.5.2.5 Proband Nr. 5
- 4.5.2.6 Proband Nr. 6
- 4.5.2.7 Proband Nr. 8
- 4.5.2.8 Proband Nr. 9
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die kognitive Repräsentation beim Delphinschwimmen. Ziel ist es, die verschiedenen theoretischen Modelle der Bewegungssteuerung auf die Praxis des Delphinschwimmens anzuwenden und zu analysieren, inwiefern diese Modelle die kognitiven Prozesse beim Erlernen und Ausführen dieser komplexen Bewegung erklären können. Die empirische Untersuchung soll dazu beitragen, das Verständnis der Interaktion zwischen Wissen, Können und kognitiver Repräsentation im Kontext sportlicher Bewegung zu vertiefen.
- Kognitive Repräsentation von Bewegungen
- Theorien der Bewegungssteuerung (GMP, hierarchische Schematheorie, Handlungstheorie etc.)
- Das Wissen-Können-Problem im Sport
- Empirische Untersuchung des Delphinschwimmens
- Analyse der Zusammenhänge zwischen kognitiver Repräsentation, Bewegungsausführung und Lernerfahrung
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Dieses Kapitel führt in die Thematik der Arbeit ein und beschreibt die Relevanz der Untersuchung der kognitiven Repräsentation von Bewegungen, insbesondere im Kontext des Delphinschwimmens. Es skizziert die Forschungsfrage und die methodische Vorgehensweise.
2 Interne Bewegungsrepräsentation und kognitive Repräsentation: Dieses Kapitel beleuchtet die theoretischen Grundlagen der internen Bewegungsrepräsentation und deren Verbindung zur kognitiven Repräsentation. Es diskutiert das "Wissen-Können-Problem", untersucht verschiedene Facetten des Könnens ohne und mit Wissen und analysiert den fließenden Übergang zwischen beiden. Die Kapitel gehen detailliert auf Wiemeyers Unterteilung der internen Repräsentation ein.
3 Theorien der Bewegungssteuerung: Hier werden verschiedene Theorien der Bewegungssteuerung vorgestellt und kritisch bewertet. Es werden die Konzepte der motorischen Programme, generalisierten motorischen Programme (GMP), der hierarchischen Schematheorie, der Handlungstheorie, des ökologischen Realismus, der Synergetik und des Konnektionismus erläutert. Für jedes Modell wird der jeweilige Ansatz zur Erklärung der kognitiven Repräsentation dargestellt und die Stärken und Schwächen der jeweiligen Theorie diskutiert.
4 Empirische Untersuchung zur kognitiven Repräsentation im Delphinschwimmen: Dieses Kapitel beschreibt die empirische Untersuchung, die durchgeführt wurde, um die kognitive Repräsentation beim Delphinschwimmen zu analysieren. Es beschreibt die Auswahl der Bewegung, die Methode (einschliesslich Itemkarten, Videoaufzeichnung, Probandenauswahl und -auswertung), und geht auf methodische Limitationen ein. Die Kapitel umfasst eine detaillierte Darstellung des Delphinschwimmens selbst, seiner Entwicklung und der wichtigen Bewegungsabläufe.
Schlüsselwörter
Kognitive Repräsentation, Bewegungssteuerung, Delphinschwimmen, Wissen-Können-Problem, Generalisierte Motorische Programme (GMP), Hierarchische Schematheorie, Handlungstheorie, Ökologischer Realismus, Synergetik, Konnektionismus, Empirische Untersuchung, Sportpsychologie.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Kognitive Repräsentation im Delphinschwimmen
Was ist der Hauptfokus dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die kognitive Repräsentation beim Delphinschwimmen. Der Fokus liegt auf der Anwendung und Analyse verschiedener theoretischer Modelle der Bewegungssteuerung, um die kognitiven Prozesse beim Erlernen und Ausführen dieser komplexen Bewegung zu erklären. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Untersuchung der Interaktion zwischen Wissen, Können und kognitiver Repräsentation im Sport.
Welche theoretischen Modelle der Bewegungssteuerung werden behandelt?
Die Arbeit behandelt verschiedene Theorien der Bewegungssteuerung, darunter motorische Programme, generalisierte motorische Programme (GMP), die hierarchische Schematheorie, die Handlungstheorie, den ökologischen Realismus, die Synergetik und den Konnektionismus. Für jedes Modell wird der Ansatz zur Erklärung der kognitiven Repräsentation dargestellt und kritisch bewertet.
Was ist das "Wissen-Können-Problem" im Kontext dieser Arbeit?
Das "Wissen-Können-Problem" befasst sich mit der Frage, wie Wissen und Können in Bezug auf Bewegung zusammenhängen. Die Arbeit untersucht, ob Können ohne explizites Wissen existiert, wie Wissen das Können beeinflusst und wie der Übergang zwischen beiden erfolgt. Wiemeyers Unterteilung der internen Repräsentation wird in diesem Zusammenhang analysiert.
Wie ist die empirische Untersuchung aufgebaut?
Die empirische Untersuchung analysiert die kognitive Repräsentation beim Delphinschwimmen. Die Methode umfasst die Entwicklung von Itemkarten zur Erfassung des Wissens über den Bewegungsablauf, Videoaufzeichnungen der Schwimmbewegung, die Auswahl und Charakterisierung der Probanden (inkl. Lerngeschichte) und eine detaillierte Auswertung der Ergebnisse. Die Untersuchung berücksichtigt auch die Problematik von Innen- und Außensicht sowie den Einfluss emotionaler und motivationaler Faktoren.
Welche Aspekte des Delphinschwimmens werden untersucht?
Die Untersuchung konzentriert sich auf die detaillierte Analyse des Delphinschwimmens, einschließlich der Entwicklung der Schwimmtechnik, der Arm- und Beinbewegung (Eintauchen, Zugphase, Druck- und Rückführphase beim Armzug; Beinschlag) und der Koordination der einzelnen Bewegungsabläufe.
Welche Ergebnisse werden präsentiert und wie werden sie interpretiert?
Die Arbeit präsentiert und diskutiert die Ergebnisse der empirischen Untersuchung anhand der einzelnen Probanden. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf die verschiedenen theoretischen Modelle der Bewegungssteuerung interpretiert, um ein umfassenderes Verständnis der kognitiven Repräsentation beim Delphinschwimmen zu entwickeln.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Kognitive Repräsentation, Bewegungssteuerung, Delphinschwimmen, Wissen-Können-Problem, Generalisierte Motorische Programme (GMP), Hierarchische Schematheorie, Handlungstheorie, Ökologischer Realismus, Synergetik, Konnektionismus, Empirische Untersuchung, Sportpsychologie.
Welche methodischen Limitationen werden angesprochen?
Die Arbeit thematisiert kritische Aspekte der angewandten Methoden, um die Validität und die Grenzen der Ergebnisse zu diskutieren und transparent darzustellen.
- Arbeit zitieren
- Stefan Liehr (Autor:in), 1997, Untersuchung zur kognitiven Repräsentation beim Delphinschwimmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172388