Am 18. Juli 1323, etwa 50 Jahre nach seinem Tod, wird Thomas von Aquin heilig
gesprochen. Die Zeugen des Kanonisationsprozesses aber nennen weder
aufsehenerregenden Taten, noch berichten sie von Wundern. Sie heben lediglich hervor:
Thomas ist ein Mensch von beispielhafter Demut gewesen, den Frieden und die
Zurückgezogenheit liebend und zeitlebens dem Ideal der Armut treu.1 Thomas selbst hat
es zu Lebzeiten so formuliert:
„…perfectio vitae magis constitat in interiori iustitia quam in exteriori
abstinenzia.“
(„Die Vollkommenheit des Lebens liegt viel mehr im inneren Richtigsein als in
äußeren Akten der Askese.“) 2
Schon kurz nach seinem Tode hatte man Thomas den Titel doctor communis,
allgemeiner Lehrer, beigelegt – wie man dies übrigens bei fast allen Lehrern des
Mittelalters tat.3 Aber Thomas soll nicht nur für die Theologie des 13. Jahrhunderts
bedeutend bleiben, sondern im Gegenteil die Theologie der Katholischen Kirche
nachhaltig bis heute prägen und bestimmen. So wird er 1567 zum Kirchenlehrer erklärt,
1918 wird er in den Codex Iuris Canonici aufgenommen, mit der Auflage an die
Priester der Katholischen Kirche, gemäß der Theologie und Philosophie des Thomas
ausgebildet zu werden, und Papst Pius XII bestätigt in der Enzyklika Humani Generis
von 1950, dass die Philosophie des Thomas den sichersten Weg zur römischkatholischen
Lehre darstellt.4 Es ist keine Übertreibung zu behaupten, dass das, was
Thomas theologisch und philosophisch geleistet hat, nicht nur auf das Leben des
Spätmittelalters einen weitreichenden Einfluss genommen hatte, sondern bis in das 20.
Jahrhundert nachwirkte. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1 Thomas von Aquin und Wirtschaftsethik im Mittelalter
- 1.1 Thomas von Aquin
- 1.1.1 Seine Umwelt – Aristokratie und Bettelorden
- 1.1.2 Die geistige Umwelt - Bibel und Aristoteles
- 1.1.3 Philosoph und Theologe – Definition des Begriffes „Welt“
- 1.1.4 Theologische Zuwendung zur natürlichen Wirklichkeit
- 1.1.5 Der Mensch als vernunftbegabtes handelndes Wesen
- 1.2 Das Mittelalter – Religion und Wirtschaftsethik im Wandel
- 1.2.1 Augustinus – „Civitas Dei“ und die Abkehr von der Welt
- 1.2.2 Mönchtum — „Vita activa“ und „Vita contemplativa“
- 1.2.3 Entwicklung ab dem 14. Jahrhundert – Rückbesinnung auf die Antike
- 1.2.4 Thomasmus und Wirtschaftsethik
- 1.2.5 Gibt es eine „Lex naturalis“? – Beeinflussung und Wandel der thomastischen Wirtschaftsethik
- 1.2.6 Spanische Naturrechtslehre des 16. und 17. Jahrhunderts
- 1.1 Thomas von Aquin
- 2 Katholische Sozialethik im 19. und 20. Jahrhundert
- 2.1 Anfänge der katholischen Bewegung
- 2.1.1 Adam Müller
- 2.1.2 Wilhelm Emmanuel von Ketteler
- 2.2 Entwicklung der katholischen Soziallehre
- 2.2.1 Abgrenzung zu Sozialismus und Liberalismus
- 2.2.2 Heinrich Pesch – Weg zwischen „christlichem Konservatismus“ und „christlichem Sozialismus“
- 2.2.3 Kritische Beurteilung der neuscholastischen Wende
- 2.3 Katholische Soziallehre im 20. Jahrhundert
- 2.3.1 Soziallehre und Marktwirtschaft
- 2.3.2 Soziallehre im Wandel - Das zweite vatikanische Konzil
- 2.3.3 Kritik an der Soziallehre
- 2.1 Anfänge der katholischen Bewegung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit untersucht die Interdependenzen von Religion und Wirtschaft im Katholizismus. Sie verfolgt das Ziel, die Entwicklung der katholischen Wirtschaftsethik von Thomas von Aquin bis ins 20. Jahrhundert nachzuzeichnen und die zentralen theologischen und philosophischen Strömungen zu analysieren, die diese Entwicklung geprägt haben.
- Die Entwicklung der katholischen Wirtschaftsethik im Mittelalter
- Der Einfluss von Thomas von Aquin auf die katholische Soziallehre
- Die Auseinandersetzung der katholischen Soziallehre mit Sozialismus und Liberalismus
- Die Rolle der katholischen Soziallehre im 20. Jahrhundert
- Kritische Auseinandersetzung mit der neuscholastischen Wende
Zusammenfassung der Kapitel
1 Thomas von Aquin und Wirtschaftsethik im Mittelalter: Dieses Kapitel befasst sich mit dem Leben und Werk des Thomas von Aquin und dessen Einfluss auf die mittelalterliche Wirtschaftsethik. Es analysiert seine geistige und soziale Umwelt, die geprägt war von Aristokratie, Bettelorden, der Bibel und der Philosophie des Aristoteles. Der Fokus liegt auf Thomas’ Versuch, Bibel und Aristoteles zu vereinen, um eine neue Sicht auf die Welt und den menschlichen Handel zu entwickeln, die über die rein theologische Weltsicht hinausgeht. Das Kapitel beleuchtet den Wandel der Wirtschaftsethik im Mittelalter, die Auseinandersetzung mit Augustinus und die Entstehung des Thomasmus als einflussreiche Strömung. Die Diskussion der „Lex naturalis“ und ihre Bedeutung für die Entwicklung der Wirtschaftsethik im 16. und 17. Jahrhundert werden ebenfalls behandelt. Die Bedeutung des Aristoteles und die neue naturwissenschaftliche Betrachtungsweise der Welt werden ebenfalls ausführlich erörtert.
2 Katholische Sozialethik im 19. und 20. Jahrhundert: Dieses Kapitel behandelt die Entwicklung der katholischen Sozialethik vom 19. bis ins 20. Jahrhundert. Es beginnt mit den Anfängen der katholischen Sozialbewegung durch Persönlichkeiten wie Adam Müller und Wilhelm Emmanuel von Ketteler und analysiert deren Beiträge zur Formulierung einer christlichen Soziallehre. Der Abschnitt konzentriert sich auf die Abgrenzung der katholischen Soziallehre gegenüber dem Sozialismus und dem Liberalismus. Es werden die Ansätze von Heinrich Pesch untersucht, der versuchte, einen Weg zwischen „christlichem Konservatismus“ und „christlichem Sozialismus“ zu finden. Die kritische Beurteilung der neuscholastischen Wende sowie die Entwicklung der Soziallehre im 20. Jahrhundert, einschließlich des Einflusses des Zweiten Vatikanischen Konzils und der damit verbundenen Kritik, werden ebenfalls umfassend diskutiert. Der Zusammenhang zwischen Soziallehre und Marktwirtschaft bildet einen weiteren Schwerpunkt.
Schlüsselwörter
Thomas von Aquin, Wirtschaftsethik, Katholische Soziallehre, Mittelalter, Neuscholastik, Aristoteles, Bibel, Augustinus, Sozialismus, Liberalismus, Marktwirtschaft, Lex naturalis, Zweites Vatikanisches Konzil.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Katholische Wirtschaftsethik von Thomas von Aquin bis ins 20. Jahrhundert
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Die Seminararbeit untersucht die Entwicklung der katholischen Wirtschaftsethik vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Sie analysiert die Interdependenzen von Religion und Wirtschaft im Katholizismus und die zentralen theologischen und philosophischen Strömungen, die diese Entwicklung geprägt haben.
Welche Personen und Epochen werden behandelt?
Die Arbeit konzentriert sich auf Thomas von Aquin und seinen Einfluss auf die mittelalterliche Wirtschaftsethik. Weiterhin werden die Anfänge der katholischen Sozialbewegung im 19. Jahrhundert (Adam Müller, Wilhelm Emmanuel von Ketteler) und deren Entwicklung im 20. Jahrhundert, inklusive der Auseinandersetzung mit Sozialismus und Liberalismus und der Bedeutung des Zweiten Vatikanischen Konzils, beleuchtet. Die neuscholastische Wende und der Denker Heinrich Pesch spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.
Welche Themenschwerpunkte werden untersucht?
Die Arbeit untersucht die Entwicklung der katholischen Wirtschaftsethik im Mittelalter, den Einfluss von Thomas von Aquin auf die katholische Soziallehre, die Auseinandersetzung der katholischen Soziallehre mit Sozialismus und Liberalismus, die Rolle der katholischen Soziallehre im 20. Jahrhundert und eine kritische Auseinandersetzung mit der neuscholastischen Wende. Die Bedeutung der „Lex naturalis“ und der Einfluss von Aristoteles und Augustinus werden ebenfalls analysiert.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in zwei Hauptkapitel gegliedert. Kapitel 1 behandelt Thomas von Aquin und die Wirtschaftsethik im Mittelalter, inklusive seiner Umwelt, seiner Philosophie und des Wandels der Wirtschaftsethik in dieser Zeit. Kapitel 2 behandelt die katholische Sozialethik im 19. und 20. Jahrhundert, von den Anfängen der Bewegung bis zur Entwicklung der Soziallehre im 20. Jahrhundert und deren Auseinandersetzung mit Marktwirtschaft, Sozialismus und Liberalismus. Die Arbeit enthält ausserdem ein Inhaltsverzeichnis, eine Zielsetzung mit Themenschwerpunkten, Zusammenfassungen der Kapitel und Schlüsselwörter.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Schlüsselbegriffe sind: Thomas von Aquin, Wirtschaftsethik, Katholische Soziallehre, Mittelalter, Neuscholastik, Aristoteles, Bibel, Augustinus, Sozialismus, Liberalismus, Marktwirtschaft, Lex naturalis, Zweites Vatikanisches Konzil.
Welche Quellen werden wahrscheinlich verwendet?
Die Arbeit bezieht sich wahrscheinlich auf die Schriften von Thomas von Aquin, Augustinus, Aristoteles und anderen relevanten Theologen und Philosophen des Mittelalters und der Neuzeit. Zusätzlich werden wohl Schriften von Adam Müller, Wilhelm Emmanuel von Ketteler und Heinrich Pesch sowie Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils herangezogen.
Für wen ist diese Arbeit gedacht?
Diese Arbeit ist für ein akademisches Publikum bestimmt, das sich für die Geschichte der katholischen Wirtschaftsethik und die Interdependenzen von Religion und Wirtschaft interessiert. Sie eignet sich besonders für Studenten der Theologie, Philosophie, Wirtschaftswissenschaften und Geschichte.
- Arbeit zitieren
- MA Melanie Berg (Autor:in), 2001, Interdependenzen von Religion und Wirtschaft im Katholizismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172652